Die nationalsozialistische Propaganda im Bombenkrieg und ihre Wirkung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

38 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Analyse des Bamberger Tagblatts
2.1 Deutsche Angriffe auf ausländische Städte
2.1.1 Warschau am 25.September 1939
2.1.2 Rotterdam am 14.Mai 1940
2.1.3 London am 7./8. September 1940
2.1.4 Coventry am 14./15. November 1940
2.2 Alliierte Angriffe auf größere deutsche Städte
2.2.1 Freiburg am 10. Mai 1940
2.2.2 Lübecks am 28./29. März 1942
2.2.3 Köln am 30./31. Mai 1942
2.2.4 Berlin ab dem 25./26. August 1940
2.2.5 Der Talsperrenangriff am 16./17. Mai 1943
2.2.6 Hamburg vom 24./25. Juli bis 3. August 1943
2.2.7 Dresden am 13./14.Februar 1945
2.3 Alliierte Luftangriffe auf Bamberg und Umgebung
2.3.1 Nürnberg ab dem 28./29. August 1942
2.3.2 Bamberg ab dem 2. Januar 1945
2.3.3 Bambergs nähere Umgebung vom 20. Februar bis 26. Februar 1945
2.4 Zusammenfassung

3. Weitere propagandistische Mittel
3.1 Der Hörfunk
3.2 Spielzeug, Lektüre und Veranstaltungen

4. Die Stimmung in der Bevölkerung
4.1 Der Hass gegen England
4.2 Die Vergeltungswünsche der Bevölkerung
4.3 Die Einstellung zum Luftschutz
4.4 Die allgemeine Stimmung

5. Schlussfolgerung

1. Einleitung

Im Deutschen Universalwörterbuch wird der Begriff Propaganda definiert, als „die systematische Verbreitung politischer, weltanschaulicher oder ähnlicher Ideen und Meinungen mit dem Ziel, das allgemeine Bewusstsein in bestimmter Weise zu beeinflussen.“[1]

Für Hitler war die Propaganda ein entscheidendes Mittel der Kriegsführung.

Diese Arbeit versucht anhand des Bombenkrieges (1939-1945) aufzuzeigen, wie die nationalsozialistische Propaganda arbeitete und ob sie die erwünschte Wirkung hatte.

Schwerpunkt bildet hierbei eine inhaltliche Analyse des Bamberger Tagblatts aus den Jahren 1939 bis 1945. Dass die Presse dabei aber nicht die einzige Form der versuchten Einflussnahme war, wird in einem weiteren Kapitel gezeigt.

Abschließend soll die Stimmung in der deutschen Bevölkerung und deren Entwicklung dargestellt werden.

Vorwiegend wurden Archivalien aus dem Bamberger Stadt- bzw. Staatsarchiv untersucht und ausgewertet.

2. Analyse des Bamberger Tagblatts

Im Folgenden soll gezeigt werden, wie das Bamberger Tagblatt (abgekürzt BT) über den Bombenkrieg berichtet hat und welche Unterschiede sich in der Berichterstattung über deutsche Angriffe auf ausländische Städte und alliierte Angriffe auf Deutschland erkennen lassen. Da eine Untersuchung aller Bombenangriffe von 1939 bis 1945 den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, konzentrieren wir uns hier lediglich auf einige ausgewählte Städte, die sich in drei größere Blöcke unterteilen lassen. Der erste Abschnitt befasst sich mit der Dokumentation der Angriffe der deutschen Luftwaffe auf ausländische Städte, die besonders schwer getroffen wurden, wie Warschau, Rotterdam, London und Coventry.

Im zweiten Teil werden die Luftangriffe auf deutsche Gebiete und Städte (Hamburg, Köln, Dresden) analysiert. Neben den Angriffen auf Bamberg und die Region (Breitengüssbach, Hartlanden) beschäftigt sich der letzte Abschnitt mit der Berichterstattung des Bamberger Tagblatts über die nähere Umgebung (Nürnberg).

In einer abschließenden Zusammenfassung soll dargestellt werden, wie die einzelnen Berichterstattungen voneinander abweichen und welche propagandistischen Ziele die Nationalsozialisten damit verfolgten.

2.1 Deutsche Angriffe auf ausländische Städte

2.1.1 Warschau am 25.September 1939

Unter dem Vorwand, polnische Militärs hätten an der Grenze den deutschen Sender Gleiwitz angegriffen, beginnt Deutschland am 1. September 1939 mit dem Angriff auf Polen und damit der Zweite Weltkrieg.

Bei ihrer Blitzkriegtaktik setzten die Nationalsozialisten die Luftwaffe zunächst lediglich zur taktischen Unterstützung der Heeresverbände ein. Damit hielten sie sich anfangs auch noch an den 25. Artikel der Haager Luftkriegsverordnung von 1907, wonach keine unverteidigten Städte, Dörfer oder Gebäude angegriffen und beschossen werden durften. Als sich am Ende des Polenfeldzugs polnische Truppen in Warschau verschanzt hatten und die Stadt nicht vom Boden aus eingenommen werden konnte, flogen am 25.September rund 400 deutsche Flugzeuge einen Angriff gegen die polnische Hauptstadt.[2]

Trotz des Versuchs nur militärische Ziele zu zerstören, forderten die von der Luftwaffe abgeworfenen 560 Tonnen Spreng- und 72 Tonnen Brandbomben in der dichtbebauten Stadt auch zahlreiche zivile Opfer[3].

Im BT vom 27. September 1939, heißt es, unter der Überschrift „Die englische Lüge von der offenen Stadt – Sinnloser Wiederstand der Festung Warschau“, das Oberkommando der deutschen Wehrmacht habe zwei ein halb Wochen lang „das Äußerste getan, um die Schrecken des Krieges von der Zivilbevölkerung Warschaus fernzuhalten.“[4]

Auf der zweiten Seite des BT wird die Schuld am Angriff der deutschen Luftwaffe auf Warschau zudem auf die Engländer abgewälzt. Die „englischen Widerstandsforderungen von den Londoner Pressejuden“ seien dafür verantwortlich, dass „die Zivilbevölkerung von Warschau ihren aussichtslosen Widerstand verlängern“ müsse.[5] Außerdem dementiert das BT Nachrichten, wonach die Deutschen auch Kirchen und Lazarette angegriffen hätten. Aus Warschau kommende Neutrale könnten „ausdrücklich bezeugen, daß nur militärische Ziele angegriffen wurden.“[6] Wer diese Neutralen aber sind, wird in dem Artikel nicht erwähnt.

In der Ausgabe vom darauffolgenden Tag berichtet das BT unter dem Titel „Warschau hat kapituliert“ von der bedingungslosen Kapitulation Warschaus, stellt den Luftkrieg gegen Polen noch einmal als großen Erfolg heraus und in einem abgedruckten Tagesbefehl bedankt sich Göring für den gelungenen Einsatz der Luftwaffe.[7]

2.1.2 Rotterdam am 14.Mai 1940

Eine weitere Stadt, die von der deutschen Luftwaffe massiv bombardiert wurde, war Rotterdam. Im Zuge des Frankreichfeldzugs, der im Mai 1940 begann, besetzten deutsche Truppen auch die beiden kriegsneutralen Länder Belgien und die Niederlande. Der Vorstoß der Wehrmacht am 14. Mai auf Rotterdam wird von einem Flächenbombardement der deutschen Luftwaffe auf besiedeltes Vorgelände vorbereitet. Das Kapitulationssignal der niederländischen Stadt wurde nur von einigen deutschen Bomberpiloten gesehen, so dass sie noch rechtzeitig abdrehen konnten, 57 weitere Flugzeuge dagegen warfen ihre Bombenlast von annähernd 97 Tonnen Sprengbomben auf die Häuser ab und lösten damit schwere Brände aus, die den größten Teil der Innenstadt zerstörten. An diesem Tag kamen etwa 900 Menschen, - vorwiegend Zivilisten - ums Leben.[8]

Das BT vom 15. Mai stellt die Einnahme Rotterdams in seiner Schlagzeile als „Einzigartige militärische Leistung“ heraus. „Dieser gewaltige Erfolg wurde errungen im Zusammenwirken der deutschen Truppen des Landheeres und der Luftwaffe.“ Die Bombardierung der Innenstadt wird als „[gewaltiger] Eindruck der Angriffe deutscher Sturzkampfflieger“ verstanden, unter dem „Rotterdam kapituliert und sich dadurch vor der Vernichtung bewahrt“ habe. Außerdem wird im Artikel hervorgehoben, dass die Deutschen zum Kampf provoziert worden seien.[9] Damit folgt das BT einer Anordnung, die Goebbels am 14. Mai 1940 in einer geheimen Ministerkonferenz im Reichspropagandaministerium erlassen hatte. Darin bestimmt Goebbels, dass in der Presse stärker herausgestellt werden sollte, dass England Deutschland den Krieg erklärt habe und dass „die Zerstörung von Städten und alles Unglück, das in Belgien und Holland über Land und Menschen hereinbricht, eine Folge dieser Kriegserklärung“ sei.[10]

In der Ausgabe des BT vom folgenden Tag wird nochmals die Überlegenheit der deutschen Luftwaffe beim Hollandfeldzug herausgestellt und von einem „Bombenvolltreffer auf 6000-Tonnen-Kreuzer“ berichtet. Dieser „Störenfried im Rotterdamer Hafen wurde unschädlich gemacht“, weil er angeblich versuchte „die Eisenbahnbrücken, Straßen und Verbindungen zu zerschießen.“ Man gehe davon aus, dass der Kreuzer durch massiven Bombenangriff wahrscheinlich vernichtet wurde.[11]

2.1.3 London am 7./8. September 1940

Schon vor der Nacht vom 7. auf den 8. September 1940 hatte die deutsche Luftwaffe begonnen die englische Hauptstadt zu bombardieren. Nun aber verstärkten sich diese Angriffe und es gab nahezu keinen Tag, an dem das BT nicht den großen Erfolg der deutschen Sturzkampfbomber rühmte.

Am 9. September 1940 berichtet das BT in seiner Schlagzeile über „Riesige Feuersbrünste in London“. Im Untertitel wird von „Vergeltung“ gesprochen und dass „über eine Million Kilogramm Bomben auf das Hafen- und Industriegebiet“ abgeworfen worden seien. Die Angriffe der Luftwaffe, so der Bericht, seien „gegen die wehrwirtschaftlich besonders wichtigen Objekte Londons“ gerichtet worden.[12]

Des weiteren wird die Leistung der Flak mit den Worten „Deutsche Flak schießt genau“ dargestellt, entsprechend eines Befehls von Goebbels, wonach „unaufdringlich noch einmal die Flak herausgestrichen werden“ sollte. Es solle betont werden, dass „die Flak nicht nur feindliche Flugzeuge abzuschießen hat, sondern, daß sie in erster Linie verhindern soll, daß feindliche Flugzeuge durchdringen.“[13] Das BT schreibt, dass selbst der Londoner Nachrichtendienst die Treffsicherheit der deutschen Flak zugäbe und dass es nur wenigen Feindflugzeugen gelang den Sperrgürtel zu durchbrechen.[14]

Auch die Berichterstattung des darauffolgenden 10. September steht ganz im Zeichen der Bombenangriffe auf London. Die Titelseite unterstreicht den ununterbrochenen „Bombenregen“ auf London und dass dabei große Schäden an Docks und Hafenanlagen entstanden seien. Die Vergeltungsangriffe auf Londoner Anlagen würden fortgesetzt werden. Angaben, ob die deutsche Luftwaffe Verluste erlitten hat und wenn ja wie viele, finden sich in den Artikeln keine.[15]

In der Ausgabe vom 11. September trägt die Schlagzeile des BT den Titel „Die Vergeltungsaktion gegen Churchills Verbrechermethoden“. In der Unterüberschrift ist von schweren Bränden „im Mittelpunkt der City“ und von der Zielsicherheit der Stukas zu lesen. Das britische Luftfahrtzentrum habe zugeben müssen, dass schwere Brände in der Innenstadt und „unmittelbar neben der Guild Hall und angeblich auch neben der St. Pauls Kathedrale“ wüten würden.[16] Diese Bemerkung ist insoweit interessant, als bis dahin immer berichtet wurde, dass lediglich kriegswichtige Anlagen angegriffen worden seien.

Goebbels hatte darauf gepocht, dass immer die Behauptung aufrechterhalten werden sollte, wonach lediglich militärische Anlagen angegriffen werden würden. Würden aus Versehen auch zivile Ziele zerstört werden, so läge dies daran, dass viele militärische Ziele mitten in die Stadt hinein gebaut wären.[17] Und tatsächlich wird im gleichen Artikel des BT die englische Behauptung, wonach deutsche Bomben auf Arbeiterwohnstätten und Wohngegenden abgeworfen worden seien, als „einfach grotesk“ zurückgewiesen. Wenn auch „Kinder in einer Schule getötet worden sein sollen“, so sei dies die Schuld des verbrecherischen Leichtsinns der regierenden Kräfte, die „ohne für Schutzräume zu sorgen, das Leben des eigenen Volkes gleichgültig aufs Spiel“ setzten.[18]

2.1.4 Coventry am 14./15. November 1940

Als gegen Ende des Jahres 1940 die Engländer noch nicht kapituliert hatten und es der deutschen Luftwaffe nicht gelang die Lufthoheit über England zu gewinnen, begannen die deutschen Bomber wichtige Industriestädte wie Birmingham, Sheffield, Liverpool und Glasgow anzugreifen. Höhepunkt bildete dabei die Bombardierung von Coventry in der Nacht vom 14. auf den 15. November. 500 Tonnen Spreng- und 30 Tonnen Brandbomben wurden von 449 Flugzeugen über der Stadt abgeworfen.[19]

Die Wochenendausgabe des BT vom 16./17. November 1940 feiert in zahlreichen Erfolgsmeldungen das Großereignis. Dies hatte Goebbels schon am 15. November angeordnet: „Auch diese Aktion soll in der Presse aufmachungsmäßig gut herausgestellt werden.“[20] Unter der Schlagzeile „Über 500 000 kg Bomben abgeworfen“ wird von einem besonders schweren Schlag „gegen das britische Rüstungszentrum Coventry als Vergeltung für die Angriffe auf München“ berichtet. „Im ganzen wurden über 500 000 Kilogramm Sprengbomben und etwa 30 000 Kilogramm Brandbomben abgeworfen“. Durch das vorteilhafte Wetter hätten bereits nach kurzer Zeit die Fabriken in Brand gestanden und nach wenigen Stunden nur noch ein einziges Flammenmeer gebildet. Mit diesem Angriff sei eines der wichtigsten Rüstungszentren zerschlagen worden.[21]

Ein Nebenartikel erklärt zudem, dass England die „verheerenden Wirkungen der deutschen Vergeltungsangriffe auf Coventry, sowie schwere eigene Verluste“ hat zugeben müssen. Offenbar seien große Teile der Stadt „buchstäblich in Schutt und Asche“ gelegt worden und etwa 1000 Opfer zu beklagen.[22]

Auf der fünften Seite bringt das BT unter der Überschrift „Dieser deutsche Hieb saß vernichtend“ einen Kriegsbericht von Dr. Werner Keller, in dem der Korrespondent das Inferno von Coventry schildert und von einer 1000 Meter hohen Brandwolke erzählt.[23]

In einem Artikel des folgenden 18. Novembers wird ausdrücklich betont, dass die Bomben lediglich militärische Ziele getroffen hätten und der Angriff auf Coventry eine Vergeltung für die „Pulverisierungstaktik“ der Engländer gewesen sei. „Aber inzwischen hat sie die Strafe für diese verbrecherische Kampfweise am eigenen Leib getroffen.“ Ferner stellt das BT heraus, dass „der Schlag auf Coventry, nach übereinstimmenden neutralen Meldungen das furchtbarste war, das England bisher erlitten hat.“ Auch hier gibt das BT keine weiteren Erläuterungen, wer diese neutralen Meldungen herausgegeben haben soll.[24]

2.2 Alliierte Angriffe auf größere deutsche Städte

2.2.1 Freiburg am 10. Mai 1940

Bis Anfang Mai 1940 hielten sich, sowohl Deutschland als auch die alliierten Westmächte an die Bestimmungen des Washington-Abkommens. Laut dieser Vereinbarung aus dem Jahre 1922 war ein „Luftbombardement zu dem Zwecke, die Zivilbevölkerung zu terrorisieren oder Privateigentum zu zerstören, das nichtmilitärischen Charakter hat“, verboten.[25]

Dies änderte sich allerdings mit dem 10. Mai 1940. An diesem Tag, der als der Beginn des uneingeschränkten Luftkrieges gilt, fielen die ersten Bomben auf die offene Stadt Freiburg in Brandenburg. 57 Menschen kamen dabei ums Leben, darunter 13 Kinder.[26]

In dem Artikel „Die Bombardierung Freiburgs“ in der Sonderausgabe des BT vom 13. Mai 1940 heißt es:

„Wie bereits gemeldet, haben am 10. Mai 3 feindliche Flugzeuge die offene Stadt Freiburg i. Br. mit Bomben angegriffen, obwohl sich in Freiburg keinerlei militärische Anlagen befinden. Die feindlichen Flugzeuge bewarfen einen Kinderspielplatz mit Bomben, auf dem sich eine größere Anzahl von Kindern sorglos vergnügte. 13 Kinder im Alter von 5 bis 12 Jahren wurden durch den Bombeneinschlag getötet. Zu dem abscheulichen Verbrechen der Bombardierung der freien Stadt Freiburg wird von englischer Seite mit verdächtiger Eile erklärt, englische Flugzeuge seien an diesem Frontabschnitt am Freitag nicht tätig gewesen. Es wird gleichzeitig von London aus hingewiesen, Frankreich habe sofort nach den Ereignissen vom Freitag erklärt, dass es jetzt freie Hand auf dem Gebiet der Luftangriffe habe (!!!). Sollte London vielleicht mit dieser Erklärung erneut versuchen, die eigene Schuld an der Kriegsverschärfung zu vertuschen und die rächende Nemesis von sich selbst abzulenken?“[27]

Die Nationalsozialisten betonen in diesem Artikel den Verstoß der alliierten Streitkräfte gegen die Bestimmungen des Washington-Abkommens. Nach ihren Angaben hätten die feindlichen Flugzeuge die freie Stadt Freiburg ganz gezielt angegriffen, obwohl sie wussten, dass sich dort keine militärischen Anlagen befanden.

In einem Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte an der Universität München aus dem Jahre 1956 erfährt man allerdings etwas anderes: Bei dem Bombenabwurf auf Freiburg handelte sich keinesfalls um einen feindlichen Angriff, vielmehr um einen Zielirrtum der deutschen Luftwaffe.[28] Dieses eigene „Missgeschick“ wird von der nationalsozialistischen Presse zur Propaganda gegen die alliierten Westmächte verwendet. Sie stellen die Grausamkeit dieses „Verbrechens“ in den Vordergrund, indem sie die Anzahl der zu Tode gekommenen Kinder ganz besonders betonen. Ein gezielter Versuch den Hass in der Bevölkerung gegen England und auch Frankreich zu schüren. Auch wird der Vorfall vom 10. Mai genutzt, um den Engländern die alleinige Schuld für den Krieg und dessen Verschärfung zu geben.

Ein Vorgehen, das Reichspropagandaminister Joseph Goebbels bereits in der geheimen Ministerkonferenz vom 11. Mai 1940 vorgibt, in der er die Anweisung erteilt, „der ganzen Welt“ solle gezeigt werden, dass England und Frankreich es gewesen seien, die „uns den Krieg erklärt haben“.[29]

In den Zeitungsausgaben der darauf folgenden Tage wird die Bombardierung Freiburgs mit keinem Wort mehr erwähnt. Die Berichterstattung fokussiert sich ausschließlich auf die Erfolgsmeldungen der deutschen Luftwaffe und deren Luftüberlegenheit. So lautet beispielsweise eine Überschrift des BT vom 15. Mai 1940: „Luftschlacht bei Sedan – 70 Feindflugzeuge abgeschossen.“[30]

2.2.2 Lübecks am 28./29. März 1942

Der erste größere Städteangriff der englischen Luftwaffe fand in der Nacht vom 28. zum 29. März 1942 auf Lübeck statt. Die Hansestadt war der erste sichtbare Erfolg der englischen Bomberwaffe und zugleich der erste große Misserfolg der deutschen Luftverteidigung, die sich nicht imstande zeigte die Stadt zu schützen. Neben Stabbrandbomben wurden erstmals auch Flüssigkeits-Brandbomben abgeworfen, die ihre katastrophale Wirkung zeigten. Insgesamt sind bei diesem Bombarde-ment 320 Menschen getötet und 785 weitere verletzt worden. Auch der Verlust an Sachgütern war enorm hoch. 1044 Wohnhäuser wurden zerstört, darunter befanden sich weltberühmte Kulturdenkmäler, wie die Marienkirche und der von Heinrich dem Löwen gegründete Dom aus dem Jahre 1173.[31]

[...]


[1] Kunkel-Razum, Kathrin u. a. (Hg.) (2003): Duden. Deutsches Universalwörterbuch. 5., überarbeitete Auflage. Mannheim u. a.: Dudenverlag, S. 1247, Spalte 2.

[2] Vgl. Thieme, Hans: „... Kriegsmethoden, welche die ganze zivilisierte Welt in Schreckenversetzen“. Die Zivilbevölkerung als Opfer eines uneingeschränkten Bombenkriegs. In: Hampel, Johannes (1993): Der Nationalsozialismus. Band 3. Das bittere Ende 1939-1945. Bayrische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. München, S. 414f.

[3] Vgl. ebd. S. 415.

[4] Die englische Lüge von der offenen Stadt – Sinnloser Wiederstand der Festung Warschau, in: Bamberger Tagblatt (abgekürzt BT), Nr. 225/Jg.1939, 27.9.1939, S.1.

[5] Warum Warschau kämpfen muss, in: BT, Nr. 225/Jg.1939, 27.9.1939, S.2.

[6] Warum Warschau kämpfen muss, in: BT, Nr. 225/Jg.1939, 27.9.1939, S.2.

[7] Vgl. Warschau hat kapituliert, in: BT, Nr. 226/Jg.1939, 28.9.1939, S.1.

[8] Vgl. Thieme, Kriegsmethoden, S. 415f.

[9] Einzigartige militärische Leistung, in: BT, Nr. 111/Jg.1940, 15.5.1940, S.1.

[10] Boelcke, Willi (Hg.) (1966): Kriegspropaganda 1939-1941. Geheime Ministerkonferenzen im Reichspropagandaministerium. Deutsche Verlags-Anstalt: Stuttgart, S.349.

[11] Bombenvolltreffer auf 6000-Tonnen-Kreuzer, in: BT, Nr. 112/Jg.1940, 16.5.1940, S.5.

[12] Riesige Feuersbrünste in London, in: BT, Nr. 211/Jg.1940, 9.9.1940, S.1.

[13] Boelcke, Kriegspropaganda 1939-1941, S.493.

[14] Vgl. Deutsche Flak schießt genau, in: BT, Nr. 211/Jg.1940, 9.9.1940, S.1.

[15] Vgl. Ununterbrochener Bombenregen auf London, in: BT, Nr. 212/Jg.1940, 10.9.1940, S.1.

[16] Die Vergeltungsaktion gegen Churchills Verbrechermethoden, in: BT, Nr. 213/Jg.1940, 11.9.1940, S.1.

[17] Vgl. Boelcke, Kriegspropaganda 1939-1941, S.495.

[18] Die Vergeltungsaktion gegen Churchills Verbrechermethoden, in BT, Nr. 213/Jg.1940, 11.9.1940, S.1.

[19] Vgl. Thieme, Kriegsmethoden, S. 417.

[20] Boelcke, Kriegspropaganda 1939-1941, S.568.

[21] Über 500 000 kg Bomben abgeworfen, in BT, Nr. 270/Jg.1940, 16./17.11.1940, S.1.

[22] Londons Eingeständnis, in BT, Nr. 270/Jg.1940, 16./17.11.1940, S.1.

[23] Vgl. Dieser deutsche Hieb saß vernichtend, in BT, Nr. 270/Jg.1940, 16./17.11.1940, S.5.

[24] Ständiger Strom von Bomben, in BT, Nr. 271/Jg.1940, 18.11.1940, S.1.

[25] Rumpf, Hans (1961): Das war der Bombenkrieg. Deutsche Städte im Feuersturm. Oldenburg/Hamburg: Gerhard Stalling Verlag, S. 15.

[26] Vgl. Rumpf, Bombenkrieg, S. 19f.

[27] Die Bombardierung Freiburgs, in: BT, Sonderausgabe/Jg.1940, 13.5.1940, S. 3.

[28] Vgl. Rumpf, Bombenkrieg, S. 20.

[29] Boelcke, Willi A. ( Hg.) (1969): Wollt Ihr den totalen Krieg? Die geheimen Goebbels-Konferenzen 1933-1943. München: Deutscher Taschenbuch Verlag, S. 68.

[30] Luftschlacht bei Sedan – 70 Feindflugzeuge abgeschossen, in: BT, Nr. 111/Jg.1940, 15.5.1940, S. 1.

[31] Vgl. Rumpf, Bombenkrieg, S. 36f.

Ende der Leseprobe aus 38 Seiten

Details

Titel
Die nationalsozialistische Propaganda im Bombenkrieg und ihre Wirkung
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Veranstaltung
Franken im Nationalsozialismus
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
38
Katalognummer
V112996
ISBN (eBook)
9783640137404
ISBN (Buch)
9783640137626
Dateigröße
561 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Propaganda, Bombenkrieg, Wirkung, Franken, Nationalsozialismus
Arbeit zitieren
Stefanie Dietsch (Autor:in), 2006, Die nationalsozialistische Propaganda im Bombenkrieg und ihre Wirkung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/112996

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