Analog und digital geschriebene Bildergeschichten. Eine vergleichende Einzelfallanalyse


Hausarbeit (Hauptseminar), 2020

35 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Digitales Schreiben

3. Die Einzelfallanalyse

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

6. Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Jeder weiß genau, wie stark sich die Technologie in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat. Ein Alltag ohne die Technik ist kaum vorstellbar. Mit dem technologischen Fortschritt entwickeln sich auch unsere Möglichkeiten an bestimmte Dinge anders als zuvor ranzugehen. Die Digitalität, die von diesem Fortschritt beeinflusst wird, ist heutzutage in allen Bereichen vorzufinden. Mobiltelefone, Computer, Laptops und Tablets werden sowohl in der Freizeit, im Alltag als auch auf oder für die Arbeit täglich genutzt. Durch die vermehrte Nutzung der digitalen Medien ermöglicht sich für uns eine andere Arbeitsweise als sonst. Doch ob all diese Veränderungen notwendig sind und für uns einen Mehrwert haben, ist umstritten. D. h. die Technologie und Digitalität werden aus vielen Perspektiven wie aus der politischen, wirtschaftlichen, gesundheitlichen, nachhaltigen, schulischen oder didaktischen Sicht auf deren Vor- und Nachteile bzw. Chancen und Grenzen geprüft. Aufgrund dieser Entwicklungen werden auch beispielsweise in der Schule im Unterricht die Schülerinnen und Schüler (SuS) immer mehr mit der Technik und der digitalen Welt konfrontiert. Daraus ergibt sich, dass im Deutschunterricht zum Beispiel nicht nur analoge Arbeitsweisen stattfinden sollten, sondern auch digitale, da der Umgang mit der Technik heutzutage als eine vorausgesetzte Fähigkeit angesehen wird.

Um diesen Aspekt des analogen und digitalen Schreibens wird es sich dieser Arbeit handeln. Insbesondere geht es um das Schreiben einer Bildergeschichte in analoger sowie digitaler Form. Da es allgemein bisher sehr wenig Forschung in diesem Bereich gegeben hat, soll sich nun diese Hausarbeit mit diesem Thema befassen. Dabei wird eine Einzelfallanalyse durchgeführt, wobei eine analog und digital geschriebene Bildergeschichte einer Schülerin der vierten Klasse vergleichend analysiert wird. Ziel der Arbeit ist es, anhand der Einzelfallanalyse festzustellen, welche Erkenntnisse sich bezüglich des analogen und digitalen prozessorientierten Schreibens sich ableiten lassen. Unter anderem soll untersucht werden, ob und welche Gewinne bzw. Verluste eine digitale Schreibweise auf den Schreibprozess haben kann.

Zunächst wird in der Hausarbeit auf den theoretischen Hintergrund zum digitalen Schreiben eingegangen. Hierbei werden unter anderem die in der Literatur benannten allgemeinen Vor- und Nachteile sowie die aus medienwissenschaftlicher und sprachwissenschaftlicher Sicht des digitalen Schreibens beschrieben. Im nächsten großen Kapitel handelt es sich um die Einzelfallanalyse. Erst wird das Forschungsproblem erläutert, dann wird das methodische Vorgehen beschrieben. Im nächsten Schritt werden die Ergebnisse objektiv zusammengefasst, worauf eine Interpretation folgt, in der die eindeutig ableitbaren Erkenntnisse aus der Untersuchung zusammengefasst werden. Mit einem abschließenden Fazit wird die Hausarbeit abgerundet.

2. Digitales Schreiben

Das digitale Schreiben begleitet uns jeden Tag und überall. Auf dem Computer oder Laptop bedienen wir die Tastatur mit unseren Fingern. Am Handy ist es die virtuelle Tastatur auf dem Touchscreen, die wir mit den Fingern berühren. Was dann auf dem Bildschirm erscheint, ist die Summe von Bildpunkten bzw. Pixel, die wir als Buchstaben wahrnehmen. Mittlerweile ist es sogar möglich, dass wir auf den Touchscreen mit einem dafür vorgesehenen Touchpen schreiben, sodass unser per Hand Geschriebenes sofort virtuell auf dem digitalen Medium verfügbar ist. So haben wir ein „digitales Schreiben mit »Analog-Feeling«“ (Dürscheid/Frick 2016: 7).

Die Digitalität hat in dem letzten Jahrzehnt den Bereich der schriftlichen Kommunikationsmöglichkeiten stark verändert. Wir schreiben E-Mails, kommentieren und tauschen uns unter Blogbeiträgen gemeinsam aus, chatten per direkte Nachrichten oder schicken SMSen mit dem Mobiltelefon. Unterschiede zwischen diesen Kommunikationsformen lassen sich deutlich feststellen. E-Mails stellen eine asynchrone Kommunikationsform dar. Sie sind dadurch gekennzeichnet, dass sie zum einen internetbasiert geschehen und zum anderen kann eine zeitnahe Antwort auf eine E-Mail ebenfalls per Mail geschickt werden (vgl. Knopp 2013: 49, Dürscheid/Brommer 2009: 6). Letzteres ist in diesem Kommunikationsverkehr jedoch kein elementarer Bestandteil, d. h. ein späteres Antworten ist auch häufig der Fall. Beim Chatten hingegen liegt eine quasi-synchrone ebenfalls internetbasierte Kommunikationsform vor, die in Chaträumen geschieht, wobei die „Quasi-Synchronizität und Dialogizität die Grundlage der Kommunikation“ darstellt (ebd.). Hierbei ist das Geschriebene mit der medialen Mündlichkeit zu vergleichen, da beim direkten Chatten Wörter und Gesprächspartikel wie beim Mündlichen genutzt werden. „Je "synchroner" die Kommunikation, desto stärker nähert sich der Sprachgebrauch der konzeptionellen Mündlichkeit an und desto eher entspricht der Sprachgebrauch dem, was gemeinhin als typisch für das Schreiben in den neuen Medien bezeichnet wird“ (Dürscheid/Brommer 2009: 7). Eine SMS unterscheidet sich von E-Mails und direktem Chatten dadurch, dass diese nicht internetbasiert geschieht (vgl. Knopp 2013: 49). Was alle schriftlichen Kommunikationsformen, die über solche digitalen Medien verlaufen, gemeinsam haben, ist, dass sie eine zerdehnte Sprechsituation aufweisen, in der die Kopräsenz der Interaktanten wie in einer normalen face-to-face Interaktion nicht gegeben ist (vgl. ebd.: 58).

2.1 Die medienpessimistische Sichtweise

Solche schriftlichen Kommunikationsformen, die sich in den letzten Jahren sehr stark entwickelt haben, werden sowohl negativ als auch positiv bewertet. Die Öffentlichkeit betrachtet diese Entwicklung eher pessimistisch, während die Sprachwissenschaft eine optimistische Sichtweise hat. Im öffentlichen Diskurs wird an der digitalen Alltagskommunikation insbesondere die, die über Computer und Smartphone geschieht, bemängelt. Diese ersetze andere schriftliche Kommunikationsformen. Der Mensch setzte solch eine Kommunikation in viel mehr Situationen ein, wo normalerweise eine face-to-face Interaktion stattgefunden hätte. Darüber hinaus wird allgemein kritisiert, dass das „Schreiben schlampiger, das Lesen oberflächlicher“ werde (Dürscheid/Brommer 2009: 9). Nach dem Journalist Dieter E. Zimmer handle es sich in dem „Alltagsschriftdeutsch“ um eine „Grammatik- und Orthographiewüste“ (Schlobinski 2005: 63 zit. nach Dürscheid/Brommer 2009: 4). 63 Prozent aller geschriebenen Sätze seien fehlerhaft, wobei jeder Satz im Durchschnitt 1,8 Fehler enthalte (vgl. ebd.). Besorgt wird dies im öffentlichen Diskurs deshalb angesehen, da dem digitalen Schreiben im direkten Chat andere Anforderungen gestellt werden als dem Schreiben von Geschäftsbriefen. Somit wird sich um den Zustand der Sprache gesorgt, da vermutet wird, dass fehlerhafte Schreibweisen auch in anderen Schreibprozessen wie z. B. in der Schule oder auf der Arbeit auftreten, in denen diese nicht erwünscht sind (vgl. Dürscheid/Frick 2016:106). Wichtig zu erwähnen wäre, dass zwischen öffentlichen digitalen Kommunikationsformen, wie dem Schreiben oder Kommentieren unter einem Blog, und den nicht öffentlichen digitalen Kommunikationsformen, wie z. B. dem Schreiben in geschlossenen Chaträumen (z. B. WhatsApp), unterschieden wird. Im letzteren Fall seien möglicherweise mehr Fehler vorhanden, da sie private getippte Dialoge darstellen (vgl. Dürscheid/Brommer 2009: 4). Solche Fehler in der digitalen Alltagskommunikation werden häufig mit einer mangelnden Schreibkompetenz der jungen Generation erklärt. Jedoch sei ein Schreiben, welches von den Normen abweicht, auch bei Studentinnen und Studenten in den digitalen Kommunikationsformen festzustellen, obwohl man bei ihnen von Personen ausgeht, die einen hohen Schulabschluss und somit auch eine höhere Schreibkompetenz haben. Somit hängt das normabweichende und zum Teil fehlerhafte Schreiben nicht unbedingt mit der defizitären Schreibkompetenz in Kontexten, die normgebunden sind, ab (vgl. Kessler 2008 zit. nach ebd.: 7).

2.2 Die wissenschaftlich optimistische Sichtweise

Während der öffentliche Diskurs in Bezug auf das digitale Kommunizieren von einem Sprachverfall ausgeht, betont die Sprachwissenschaft diese Entwicklung als einen Sprachwandel, einen dynamischen Prozess und hebt die Vielfalt dabei hervor (vgl. Dürscheid/Frick 2016: 111). Aus sprachwissenschaftlicher Sicht werden die Veränderungen der digitalen Medien und Möglichkeiten, die damit zusammenhängen, als eine Art Herausforderung angesehen, dem sich der Mensch anpassen muss, da sie unser Sprachsystem weiterentwickeln können. Die Angemessenheit eines geschriebenen digitalen Textes bemisst sich am situativen Kontext (vgl. ebd.: 116). Je nachdem welches digitale Medium ein Schreiber nutzt, an wen sich das Geschriebene richtet, nach welchem Anlass geschrieben wird und wie die Kommunikation im Ganzen aussieht, muss der Schreiber lernen sich nach diesen Kriterien anpassend zu schreiben (vgl. Dürscheid/Brommer 2009: 10). So kann beispielsweise in einem privaten Chatraum wie auf WhatsApp ein von der Norm abweichendes Schreiben gerade richtig sein (vgl. Dürscheid/Frick 2016: 116). In einem Projekt, in dem ein Vergleich zwischen dem Schreiben im schulischen Kontext und dem außerschulischen Schreiben wie im direkten Chat hergestellt wurde, wurde folgendes Ergebnis gesichert: „Die Texte wiesen zwar eine sehr große Variationsbreite im Schreiben auf, aber es war keineswegs so, dass sich der private Schreibstil in den Schultexten wiederspiegelte“ (ebd.: 120). Das deutet darauf hin, dass SuS sehr wohl zwischen normgerechtem sowie normabweichendem Schreiben unterscheiden können.

Zusammenfassend lässt sich nun festhalten, dass das digitale Schreiben auf der einen Seite negativ angesehen wird, da es insbesondere in der schriftlich digitalen Kommunikation von der Norm abweichen kann. Jugendliche, die viele SMSen verschicken, seien in ihrer Grammatik sehr beschränkt. Zudem sei ein Verstehen von komplexeren Texten nur sehr schwer möglich (vgl. Handelsblatt 2005 zit. nach Dürscheid/Brommer 2009: 12). Problematisch sei dies, da diese junge Generation diese Sprache auch in den nächsten Jahren als Erwachsene benutzten werden (vgl. Focus Schule 5 2007 zit. nach ebd.). Auf der anderen Seite wird das digitale Schreiben positiv bewertet, da die Jugendlichen so insgesamt mehr zum Schreiben motiviert werden, wobei auch die Kreativität und die Innovationsfreude gefördert wird (vgl. ebd.).

Insgesamt ist jedoch entscheidend, dass die Jugendlichen so früh wie möglich über die Chancen und Risiken des digitalen Schreibens vertraut werden. Damit steht dem Deutschunterricht ein wichtiger Bildungsauftrag bevor. „Das digitale Schreiben selbst muss daher Thema und Lerngegenstand im Deutschunterricht sein, damit Schülerinnen und Schüler nicht allein Kompetenzen im digitalen Schreiben (weiter-)entwickeln, sondern auch mit den digitalen Möglichkeiten bewusst und reflektiert umgehen“ (Franken/Pertzel 2019: 9).

2.3 Digitales Schreiben im Deutschunterricht

Wie bereits erwähnt, kommt dem Deutschunterricht bezogen auf das digitale Schreiben eine wichtige Aufgabe zu. Das prozessorientierte analoge Schreiben lässt sich in die drei Phasen des Planens, Formulierens und Überarbeitens gliedern (vgl. Hayes/Flower 1980 zit. nach Dürscheid/Brommer 2009: 6). Fix bezeichnet diese drei Phasen des prozessorientierten Schreibens als Vorbereitungsphase, Entwurfsphase und Überarbeitungsphase (vgl. Fix 2008: 140). In solch einem analogen Schreiben wird demnach zunächst das Schreiben geplant und vorbereitet. Im Anschluss wird dann erst der Text produziert. Zum Schluss wird das Geschriebene überarbeitet. Die letzte Phase ist mit viel Aufwand verbunden. Im digitalen Schreiben werden der Textinhalt sowie der Textaufbau häufig während des Schreibprozesses entwickelt. D. h. ein Planen vor der Textproduktion findet eher seltener statt, weil beim digitalen Schreiben das Verändern von Texten sich einfacher gestalten lässt (vgl. Dürscheid/Brommer 2009: 6). Damit lässt sich dieser Aspekt auch als erster Punkt festhalten, der sich zu den Vorteilen des digitalen Schreibens zuordnen lässt. Darüber hinaus fördert das digitale Schreiben bei den SuS das Strategiewissen über das Schreiben dadurch, dass sie Teile des Textes digital ausschneiden, kopieren und einfügen können, umstellen, duplizieren und gewisse Aspekte im Text löschen oder Textteile zwischen den Dokumenten umstellen können (vgl. Krelle 2016 zit. nach Franken/Pertzel 2019: 4). Durch das digitale Schreiben kann die Genre-Kompetenz der SuS ausgebaut werden. Dies geschieht dadurch, dass im Unterricht verschiedene Techniken der Digitalität bezogen auf das Schreiben durchgeführt werden. SuS „produzieren digitale Texte wie Wikis, Präsentationen oder auch Erklärvideos und WhatsApp-Nachrichten“ (Wolk 2018 zit. nach ebd.: 5). Im Unterricht kann auch in Gruppenarbeiten die Digitalität genutzt werden, wodurch viele Kompetenzbereiche gefördert werden. Außerdem können multimodale Texte erstellt werden, in denen Bilder, Grafiken, Filme oder Töne miteingebaut werden. Solche Techniken regen die SuS dazu an, viele verschiedene Aspekte auszuprobieren. Des Weiteren ist ein großer Vorteil des digitalen Schreibens im Vergleich zum analogen Schreiben per Hand, dass das Kommunizieren über digital Geschriebenes einfacher funktioniert. Der Inhalt, Aufbau sowie die sprachlichen Aspekte der digitalen Texte können von SuS direkt kommentiert werden. Auf solche Kommentare kann wiederum von anderen SuS schnell Bezug genommen werden. Damit ist auch unter digitalem Schreiben ein interaktionsorientiertes Schreiben möglich zu verstehen (vgl. Storrer 2018 zit. nach ebd.: 9). Folgende Vorteile nennen SuS bezogen auf das digitale Schreiben: „Wenn ich lange Texte schreiben muss, ist es mir lieber auf dem Computer zu schreiben. Es ist auch schneller.“ (Schülerin, 12. Klasse), „Man braucht nicht so viele Sachen, Stifte, Zettel etc., sondern nur einen Computer.“ (Schülerin, 10. Klasse), „Man kann alles mehrfach ändern, ohne dass man von vorne anfangen muss.“ (Schülerin, 8. Klasse) (ebd.: 4, 6, 7). So positiv sich die Argumente für das digitale Schreiben auch anhören, muss auch bedacht werden, dass das digitale Schreiben gewisse Fähigkeiten voraussetzt. Die technischen Fähigkeiten wie z. B. der Umgang mit der Tastatur oder mit dem jeweiligem Schreibprogramm sind wichtige Voraussetzungen, die die SuS erlernen sollten. Zudem müssen die SuS auch erkennen, welches digitale Medium oder Programm sie abhängig von den Inhalten und Schreibzielen wählen. So kommt es im Unterricht zunächst oftmals zu multimedialen Spielereien, wobei es danach entscheidend ist, in einer Auswertungsphase über den Einsatz der bisherigen digitalen Techniken und Programme zu reflektieren.

Es lässt sich zusammenfassen, dass das digitale Schreiben im Deutschunterricht einen hohen Mehrwert haben kann, da es verschiede Kompetenzen der SuS fördern kann, wenn sie richtig eingesetzt werden. So darf also nicht nur der Umgang mit digitalen Medien geübt werden. Es ist nämlich auch wichtig über die Risiken der Nutzung solcher Medien zu reflektieren und abzuwägen. Wird jedoch der richtige Umgang mit den digitalen Medien erlernt, so kann digitales Schreiben, wie es auch in der Sprachwissenschaft gesehen wird, auch dazu animieren, mehr zu schreiben sowie die Kreativität und Innovationsfreude zu fördern. D. h. digitales Schreiben kann uns im Schreibprozess große Vorteile verschaffen.

3. Die Einzelfallanalyse

3.1 Forschungsproblem

Mit zunehmender Technisierung und Digitalisierung nimmt auch im Deutschunterricht das digitale Schreiben zu. Zwar gibt es in der wissenschaftlichen sowie sprachdidaktischen Literatur Aussagen über die Vor- und Nachteile bzw. Chancen und Grenzen des digitalen Schreibens, wie sie auch bereits im 2. Kapitel dieser Arbeit erläutert worden sind, doch empirische Befunde mit deutlichen Aussagen zu dem Vergleich von Textprodukten, die analog und digital geschrieben sind und sich auch auf den Schreibprozess beziehen, gibt es keine. Aufgrund dessen befasst sich die vorliegende Hausarbeit genau mit diesem Bereich. Es soll untersucht werden, ob das digitale Schreiben im Vergleich zum analogen Schreiben im prozessorientierten Schreiben einen Mehrwert oder auch bestimmte Grenzen hat. Hierfür sollen zwei Bildergeschichten (eine analog und eine digital geschrieben) zur Bewertung herangezogen werden.

Die Fragestellung für die Hausarbeit lautet nun genauer wie folgt: Welche eindeutigen Ergebnisse lassen sich aus der Einzelfallanalyse zum digitalen und analogen prozessorientierten Schreiben ableiten? Konkreter soll außerdem untersucht werden, ob ein Gewinn durch die Digitalität im Schreibprozess vorliegt oder auch Verluste vorhanden sind.

Folgende mögliche Hypothesen zur Fragestellung lassen sich mit Hilfe des theoretischen Teils dieser Arbeit festhalten:

1. Die digital geschriebene Bildergeschichte wird mehr Fehler aufweisen als die analog geschriebene Bildergeschichte.
2. Der digital geschriebene Text wird länger sein als der analog geschriebene Text.
3. Nach der Revision wird die digital geschriebene Geschichte mehr Veränderungen aufweisen als die analog geschriebene Geschichte.

3.2 Methodisches Vorgehen

Für die Erhebungsmethode bietet sich eine quantitative Einzelfallanalyse an. Es soll eine vergleichende Dokumentanalyse anhand von geschriebenen Schülertexten durchgeführt werden.

Beschreibung des Einzelfalls (der Schülerin )

Für die Einzelfallanalyse wurden die analog und digital geschriebenen Texte bzw. die Bildergeschichten einer Schülerin herangezogen, die gerade die vierte Klasse vollendet hat und auf den Übergang in die weiterführende Schule (Gesamtschule) wartete. Aufgrund von Datschenschutzgründen wird der Name der Schülerin anonymisiert und im weiteren Verlauf der Hausarbeit durch den Namen „Maria“ ersetzt. Maria hat einen italienischen Migrationshintergrund. Sie hat in der Schule zwar keine „Tablet-Klasse“ oder ähnliches besucht, dennoch haben sie im Deutschunterricht auch einmal das Thema „Schreiben am Computer“ gehabt, weshalb Maria sich mit der Tastatur und dem Schreiben an einem Laptop bzw. Computer auskannte. Sie kannte jedoch nicht das genutzt Schreibprogramm Word. Da die Schülerin die Grundschule überstanden hatte, wurde davon ausgegangen, dass sie im Deutschunterricht das Thema „Bildergeschichten“ bereits behandelt haben sollten. Auch nach einer Nachfrage konnte dies bestätigt werden. Für die Durchführung des Schreibprozesses war dies nämlich entscheidend.

Beschreibung der Durchführung

Für die Einzelfallanalyse wurden Vater und Sohn Bildergeschichten von Erich Ohser ausgewählt. Ohser hat zu seiner Zeit zahlreiche textfreie Bildergeschichten gezeichnet, die darüber handeln, dass die Figuren Vater und Sohn für gewisse Probleme im Alltag spektakuläre Lösungen finden. Zwei dieser zahlreichen Bildergeschichten von dem Zeichner wurden für die Untersuchung ausgewählt, da diese sich mit den gleichen Figuren abspielen und die gleiche Länge bzw. Anzahl an Bildern, nämlich sechs, aufweisen. Durch die gleichen Rahmenbedingungen, die die Geschichten aufweisen, kann ein fairer Vergleich des Geschriebenen gewährleistet werden. Die Bilder stellen kindgerechte Zeichnungen dar, die für SuS aus der Grundschule geeignet sind. Auch inhaltlich sollten sie für Kinder verständlich sein.

Am 06.08.2020 wurden die Bildergeschichten geschrieben. Maria hat zunächst die erste Bildergeschichte (vgl. Anhang (A.): 1. Bildergeschichte) in ausgedruckter Form sowie Papier, Bleistift und Radiergummi vorgelegt bekommen. Sie hat mündlich die Aufgabe erhalten, eine Bildergeschichte mit einer passenden Überschrift zu den Bildern zu schreiben. Außerdem hat sie die Information erhalten, dass es sich bei den Charakteren um einen Vater und Sohn handelt. So hat sie die erste Bildergeschichte in analoger Form geschrieben. Im Anschluss an die erste Bildergeschichte hat das Kind die zweite Bildergeschichte (vgl. A.: 2. Bildergeschichte) ebenfalls in ausgedruckter Form sowie einen Laptop mit Tastatur und Touchscreen-Funktion vorgelegt bekommen und die gleiche mündliche Aufgabenstellung wie zuvor erhalten. Im zweiten Fall hat sie in dem Schreibprogramm Word ihre digitale Bildergeschichte verfasst. Damit die Störfaktoren beim Schreibprozess minimiert werden, wurde in beiden Schreibprozessen keine Zeitangabe angegeben, in der der Text produziert werden musste. So konnte verhindert werden, dass zusätzliche Fehler o. ä. durch Zeitdruck entstehen. Außerdem wurde die Bildergeschichte in beiden Fällen vorher nicht gemeinsam besprochen. Damit jedoch das prozessorientierte Schreiben, welches aus drei Phasen besteht, entsprechend durchgeführt werden konnte, hat Maria für beide Bildergeschichten vorab durch eine Vorgabe die Aufgabe erhalten, sich die vorgelegten Bilder in Ruhe anzuschauen und ggf. Fragen zu stellen oder auch sich Stichpunkte zu machen. Dadurch ist die sogenannte Vorbereitungsphase erfüllt gewesen. Die Textproduktion Marias kann der Entwurfsphase zugeordnet werden, wobei der Fokus auf dem inhaltlichen Schwerpunkt liegt. Die Überarbeitungsphase, in der der Text revidiert wurde, fand vier Tage nach der Textproduktion am 10.08.2020 statt. Somit wurden alle drei Phasen des Schreibprozesses erfüllt (vgl. Fix 2008: 140). Ganz zum Schluss wurden ein paar Fragen bezüglich des digitalen und analogen Schreibens gestellt. Zudem wurde nach der Überarbeitungsphase noch einmal über beide Bildergeschichten gesprochen, wobei die Schülerin dann auch die Geschichte mündlich erzählt hat. Auf diese Aspekte wird im weiteren Verlauf noch näher eingegangen.

Aufbereitungsmethode

Die entstandenen Texte der Schülerin sind in originaler Form im Anhang zu finden. Es liegen insgesamt fünf Texte vor, wobei der fünfte Textentwurf für die weitere Analyse keine große Rolle spielt. Der erste Text ist der analog geschriebene und nicht überarbeitete Text der ersten Bildergeschichte (vgl. A.: Text 1). Der zweite Text ist das fertige Textprodukt und stellt den ersten Text in überarbeiteter Form dar (vgl. ebd.: Text 2). Der dritte Text ist der digital geschriebene, nicht überarbeitete Text der zweiten Bildergeschichte (vgl. ebd.: Text 3). Der nächste vierte Text ist die vollständige Endfassung, welches den dritten Text in überarbeiteter Form darstellt (vgl. A.: Text 4). Der letzte Text ist der Entwurf, der zum Schluss noch gemeinsam überarbeitet worden ist, da das Schreibprogramm nach der Überarbeitung auf weitere orthographische und Interpunktionsfehler verwiesen hat (vgl. ebd.: Text 5). Maria wusste nämlich vorher nicht, dass die roten und blauen Unterstreichungen, die von Word angezeigt werden, die Stellen sind, an denen noch Fehler vorliegen.

Auswertungsmethode

Die geschriebenen Texte der Schülerin sollen nicht, wie es in der Schule im Deutschunterricht üblich ist, anhand von Noten bewertet und miteinander verglichen werden. Dennoch soll ein Vergleich beider Bildergeschichten nach der ähnlichen Beurteilung wie in der Schule vorgegangen werden. Da es das Ziel der Hausarbeit unter anderem ist, festzustellen, ob der digital geschriebene Text im prozessorientierten Schreiben Gewinne oder Verluste aufweist, soll die Textqualität in beiden Fällen ausgewertet werden. Im Unterricht sollen die Bewertungskriterien den SuS im Normalfall bekannt sein, damit die Transparenz der Beurteilung erfüllt ist (vgl. Fix 2008: 204). In diesem Fall wurde mit Maria vorab nicht besprochen, ob und wonach das Geschriebene beurteilt wird. Aus diesem Grund soll sich die Qualität der Texte nach den üblichen Kriterien, die für alle Texte in der Schule allgemein gelten, bemessen. Auf qualitativer Beurteilungsebene sollen Erst- und Endfassung der Texte betrachtet werden. Hier kommt es auf die Revisionen an, die in den jeweiligen Texten vorgenommen worden sind. Analoge sowie digitale Revisionen sollen berücksichtig werden. Dabei bietet sich das Raster zur Klassifikation von Textrevisionen an (vgl. Fix 2000 zit. nach Fix 2008: 168). Es wird jedoch nicht das ganze Raster genutzt, da es an einigen Stellen nicht für die Arbeit wie gewünscht geeignet ist. Aus diesem Grund wird auch die Klassifikation von Revisionen nach Baurmann/Ludwig 1984 berücksichtigt (vgl. Fix 2008: 166). Außerdem ist die inhaltliche sowie formale Ebene, d. h. Titel, Einleitung, Hauptteil, Schluss und inhaltliche Klarheit auf qualitativer Ebene zu bewerten. Unter inhaltlicher Klarheit ist zu verstehen, ob das Geschrieben den Bildern entspricht. Auf quantitativer Beurteilungsebene zählt zur sprachlichen Ebene die Orthographie (Rechtschreibung), Interpunktion (Zeichensetzung), Grammatik, der Ausdruck sowie der Satzbau. Diese werden als Anzahl von Fehlern notiert. Auch soll die Länge des Geschriebenen anhand der Anzahl der Wörter miteinander verglichen werden. Hierbei soll die Zeit, die die Schülerin zum Verfassen der Bildergeschichte benötigt hat, berücksichtigt werden. Ebenfalls spielt auf quantitativer Ebene die Tempusform der Verben eine Rolle, wobei die Fehler einzeln gezählt werden (gedanklich übernommen aus vgl. Fix 2008: 224).

3.3 Ergebnisse

Beschreibung/Beobachtung des Schreibprozesses

Während des Schreibprozesses konnten einige Aspekte beobachtet werden, die im Folgenden beschrieben werden. Maria hat die erste analoge Geschichte von 10:12 Uhr bis 10:30 Uhr geschrieben, demnach hat sie für die Bearbeitung 18 Minuten gebraucht. Sie hat sich nacheinander jedes einzelne Bild der Bildergeschichte zunächst genauer angeschaut und hat dann weitergeschrieben. Folgende Fragen hat die Schülerin gestellt: „Soll ich in Schreibschrift oder Druckschrift schreiben?“, „Kann ich mir vielleicht für den Hund einen Namen aussuchen?“, „Was kommt nochmal in die Einleitung?“, „Soll ich zu jedem Bild etwas schreiben?“ Letzteres wurde vermutlich gefragt, da auf den Bildern zu erkennen ist, dass auf drei dieser Bilder die ähnliche Handlung geschieht nämlich, dass der Hund sein Geschäft erledigt (vgl. A.: 1. Bildergeschichte; Bild 1, 2, 3). Auf alle Fragen hat Maria auch Antworten erhalten. Ein weiterer Punkt, der beobachtet wurde, ist, dass das Kind zunächst die Bildergeschichte geschrieben hat und zum Schluss sich eine passende Überschrift ausgesucht hat. Es konnte gezählt werden, dass die Schülerin während des Schreibens des ersten Textes fünf Mal im Text und zwei Mal im Titel etwas wegradiert und neu geschrieben hat.

[...]

Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
Analog und digital geschriebene Bildergeschichten. Eine vergleichende Einzelfallanalyse
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal
Veranstaltung
Sprachdidaktik: Schreiben lehren lernen
Note
1,0
Jahr
2020
Seiten
35
Katalognummer
V1130313
ISBN (eBook)
9783346491039
ISBN (Buch)
9783346491046
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Analyse, analogesSchreiben, digitalesSchreiben, Bildergeschichte, analogvsdigital
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Analog und digital geschriebene Bildergeschichten. Eine vergleichende Einzelfallanalyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1130313

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