Körperwahrnehmung und Essstörungen bei jungen Männern


Magisterarbeit, 2005

125 Seiten, Note: 1,4


Leseprobe


Inhalt

Vorwort

1. Die Körperaufwertung
1.1 Zeichen der Körperaufwertung
1.2 Ursachen der Körperaufwertung
1.3 Folgen der körperlichen Aufmerksamkeit
1.3.1 Magersucht
1.3.2 Bulimie
1.3.3 Binge- Eating
1.3.4 Atypische Essstörungen
1.3.5 Essstörungen als ethnische Störungen

2. Bekommt der Mann einen Körper?
2.1 Die Aufwertung des männlichen Körpers
2.2 Gründe für die Körperaufwertung der Männer
2.3 Folgen der Körperaufwertung für die Männer
2.3.1 Magersucht bei Männern
2.3.2 Binge- Eating- Disorder und Bulimie bei Männern
2.3.3 Individuelle Ursachen von Essstörungen
2.3.4 Der Adonis Komplex
2.3.5 Ursachen des Adonis Komplexes

3. Ergebnisse der Umfrage
3.1 Methodik
3.2 Allgemeine Daten
3.3 Auswertung der Fragebögen
3.4 Diätverhalten
3.5 Essstörungen der befragten Männer
3.6 Ausblick

Nachwort

Literaturverzeichnis

Anhang

Fragebogen zur Erfassung des Essverhaltens von Männern

Vorwort

Die vorliegende Magisterarbeit beschäftigt sich mit den Auswirkungen der immer stärker werdenden Körperaufwertung in unserer Gesellschaft. Der Körper ist zum Statussymbol geworden. Der Körper ist Zeichenträger, Zeichenproduzent und Objekt entsprechender ‚Erkennungen’ (z.B. ‚erster Eindruck’). An ihm werden Alter, Gesundheit, Geschlecht, soziale Schicht und Beruf sichtbar. Aber er ist auch Objekt und Ressource der (Selbst-) Gestaltung und (Selbst-) Ästhetisierung. So ist er in Grenzen durch Diät, Bodybuilding, Kosmetik und plastischer Chirurgie formbar. Eine ganze Industrie hat sich bereits den Themen Körper und Schönheit verschrieben. Sie verstärkt vorhandene Bedürfnisse und erweckt neue. Die in den Medien präsentierten Schönheitsideale geben vor, wie man auszusehen hat, wenn man nach ganz oben will. Wer erfolgreich sein will, muss möglichst dünn sein. Während Figurprobleme und Diäten vor allem als Frauenthemen galten, greift dieser Trend in den letzten drei Jahrzehnten auch verstärkt auf das männliche Geschlecht über.

Im ersten Kapitel soll illustriert werden, wo die Aufwertung des Körpers in unserer Gesellschaft sichtbar wird. Die Ursachen dieses Trends werden in Kapitel 1 ebenso untersucht, wie die Folgen, welche die Körperaufwertung mit sich bringt. Weiter werden im ersten Kapitel die verschiedenen Essstörungen näher beschrieben, die ihre soziokulturellen Ursachen in der starken Bedeutung haben, die dem Körper in unserer Gesellschaft zugeschrieben werden.

Das zweite Kapitel hat die verstärkte Aufwertung des männlichen Körpers in den letzten 25 Jahren zum Inhalt. Zunächst wird auch hier gezeigt, wo die Aufwertung des männlichen Körpers besonders sichtbar wird, wie beispielsweise in der Werbung. Weiter werden im zweiten Kapitel die Ursachen dafür gesucht, dass dem männlichen Körper diese verstärkte Aufmerksamkeit zuteil wird.

Dass Essstörungen längst nicht mehr nur Frauen betreffen, sondern bereits auch Männer betreffen, ist ebenfalls Inhalt des zweiten Kapitels.

Das dritte Kapitel enthält die Ergebnisse meiner eigenen Untersuchungen zu dem Thema „Essstörungen/Körperempfinden von Männern“. Anhand von 75 Fragen wurden bei 49 Männern zwischen 16 und 33 Einstellungen zum männlichen Körper allgemein, zum Eigenen im Speziellen sowie zum vorherrschenden Schönheitsideal von Männern und bezüglich des eigenen Essverhaltens erhoben.

1. Die Körperaufwertung

Im folgenden Kapitel wird illustriert, wo die Körperaufwertung in unserer Gesellschaft sichtbar wird und worin ihre Ursachen liegen. Weiter werden die Folgen aufgeführt, die dieser Trend hat und welche in der Ausbildung von Essstörungen liegen.

1.1 Zeichen der Körperaufwertung

Der Körper als ‚symbolisches Kapital’, wie Bourdieu es nennt, ist zwar nicht erst eine Erfindung des 20. Jahrhunderts, doch die Bedeutung des Körpers als Träger symbolischen Ausdrucks hat in den letzten Jahren einen starken Bedeutungswandel erfahren. Herbert Willems spricht von einer „Kultur der Inszenierung“.

„In allen gesellschaftlichen Bereichen wetteifern einzelne und gesellschaftliche Gruppen in der ‚Kunst’, sich selbst und ihre Lebenswelt wirkungsvoll in Szene zu setzen. Stadtplanung, Architektur und Design inszenieren unsere Umwelt als kulissenartige ‚Environments’, in denen mit wechselnden ‚Outfits’ kostümierte Individuen und Gruppen sich selbst und ihren eigenen ‚Lifestyle’ mit Effekt zur Schau stellen. Einkaufen wird hier zum ‚Shopping’- Erlebnis, bei dem der Käufer sich als Akteur durch die verschiedenen Szenerien bewegt, die geschickte Marketing-Strategien entworfen haben. Man konsumiert nicht nur, sondern stellt Konsum zugleich aus und dar.“[1]

Gegen die Annahme einer Inszenierungsgesellschaft lässt sich jedoch einwenden, dass der Körper nicht nur der Selbstinszenierung dient, sondern mittlerweile Bestandteil und wesentlicher Garant für den sozialen Status ist.

In den Vereinigten Staaten ist dies heute deutlich sichtbar. Die unteren Schichten essen hauptsächlich Fast Food, während die oberen Schichten zu Sushi oder makrobiotischer Ernährung greifen. Die Ernährungsgewohnheiten wirken sich auf das Körperbild aus. So häufen sich auch in Deutschland in letzter Zeit Berichte über Kinder aus sozial schwachen Familien, die aufgrund der Ernährung unter Übergewicht leiden. Das Gefälle arm und reich wirkt sich über die Ernährung, oder besser über den Geschmack, direkt auf ein „Dick-Dünn- Gefälle“ aus. Durch den Geschmack grenzen sich die Schichten zueinander ab, und so wird am Körper die soziale Positionierung sichtbar. So lautete ein Artikel in der ‚Bunten’ im Juli 2004 „Das neue Statussymbol: Die Waage zeigt den Wohlstand an“[2]. Je höher der soziale Status ist, desto weniger häufig tritt Übergewicht auf. Wer erfolgreich sein will, versucht dem Schönheitsideal zu entsprechen. Das heißt auch, wer gesellschaftlich aufsteigen will, passt sich dem schlanken Ideal an. Wer in unserer Gesellschaft an Gewicht verliert, erntet Anerkennung und Bewunderung für die erbrachte Leistung.

Die Vorstellung schön zu sein, veränderte sich zum „Sich- schön- Machen“. Natürlich ist „Sich- Schön- Machen“ keine neues Phänomen des 20. Jahrhunderts, jedoch war es zuvor Privileg höherer z.B. adeliger Schichten, die Puder und Korsett benutzten, um sich schön zu machen. Später trat die bürgerliche Schicht hinzu, der vor allem die Garderobe dazu diente, sich durch Schönheit von den unteren Schichten abzugrenzen[3]. Heute ist fast alles für alle zugänglich. So gibt es beispielsweise schon Banken, die sich auf Kredite für Schönheitsoperationen spezialisieren, die es auch jeder beliebigen Hausfrau erlauben, sich unters Messer zu legen, um an der „schönen Gesellschaft“ zu partizipieren. Der Körper ist zum Gestaltungsmittel geworden. Den Körper zulassen, wie er ist, ist heutzutage eine selbstbewusste Entscheidung und keine Huldigung mehr an die gottgewollte Natur. Die Arbeit am Körper ist in die Selbstverantwortung eines jeden Einzelnen gelegt worden. Der Körper wird zum Projekt. Die äußere Hülle soll dem Inneren angepasst werden. „Jetzt bin ich endlich Ich“ ist ein Satz, der häufig nach radikalen äußeren Veränderungen fällt. Das Äußere ist kein Schicksal mehr. Die Haarfarbe kann durch Färbungen, die Augenfarbe durch Kontaktlinsen verändert und der Körper durch Operationen und die großzügig bereitstehende Fitnessindustrie geformt werden. „Waren im 19. Jahrhundert noch Kleider Garant für sozialen Status oder, wie Gottfried Keller sagte, machten noch Kleider Leute, machen heute Körper Leute.“[4] Der Körper selbst ist zum Zeichen für Schönheit geworden.

Der Körper ist Zeichenträger, Zeichenproduzent und Objekt entsprechender ‚Erkennungen’ (z.B. ‚erster Eindruck’). An ihm werden Alter, Gesundheit, Geschlecht, soziale Schicht und Beruf sichtbar. Aber er ist auch Objekt und Ressource der (Selbst-) Gestaltung und (Selbst-) Ästhetisierung. So ist er in Grenzen durch Diät, Bodybuilding, Kosmetik und plastischer Chirurgie formbar.

Beobachten lassen sich diese Entwicklungen auch in diversen Fernsehshows. Ein interessantes Beispiel stellt sicherlich die Show „The Swan“ auf Pro Sieben dar, in der 16 Kandidatinnen auf ihrem Weg zum Schönheitsideal beobachtet werden konnten. Auf der Homepage des Senders heißt es hierzu:

„Wer schön sein will, muss leiden! Von dieser alten Weisheit lassen sich unsere 16 Kandidatinnen aber nicht abschrecken. Unterstützt von einem der weltweit besten Teams plastisch-ästhetischer Chirurgen, von Fitnesstrainern, Ernährungsberatern und Psychologen arbeiten sie hart an sich, um von ‚hässlichen Entlein’ zum ‚wunderschönen Schwan’ zu werden.“

Den Frauen werde nicht nur ein neuer Körper, sondern sogar ein neues Leben geschenkt. In jeder Folge hieß es zwar, dass für jede Kandidatin ein persönliches Programm zusammengestellt werde, doch glichen sich diese auf erstaunliche Weise. So wurde nahezu jeder Frau, von denen keine einzige zuvor so entstellt aussah, dass man sie überhaupt hätte operieren müssen, Fett abgesaugt, die Zähne gebleicht, die Haare verlängert, der Busen operiert und jede wurde auf eine 1200 kcal Diät gesetzt. Das ‚individuelle’ Schönheitsprogramm sollte natürlich auch nicht die ‚innere’ Schönheit vernachlässigen, und so bekam jede Frau die gleiche Anzahl an Therapie- und Qui - Gong Stunden. Hinzu kam, dass sich die Kandidatinnen während der drei Monate ihrer Verwandlung nicht im Spiegel betrachten durften, und es dementsprechend heftige Reaktionen gab, als ihnen ihr neues Antlitz in der Finalshow vor einem großen Spiegel zum ersten Mal präsentiert wurde.

Auch die Show „I want a famous face“, die 2004 auf MTV lief, hatte einen ähnlichen Inhalt. Hier wurden die Operationen von jungen Männern und Frauen gezeigt, die so aussehen wollten wie ihre berühmten Vorbilder. So ließen sich beispielsweise männliche Zwillinge zu Brad Pitt - Klonen umoperieren und ein junges Mädchen wollte wie Britney Spears aussehen. MTV behauptete zwar, dass der Sender lediglich den Weg dieser Menschen dokumentieren, jene sich unabhängig von dieser Show zu den Operationen entschlossen hatten, doch zeigte MTV regelmäßig, welche positiven Veränderungen im Leben der Kandidaten diese Operationen zur Folge hatten. Fast alle arbeiteten danach als Foto- Modells, oder ihre Karrieren als Star-Doubles erfuhren einen steilen Anstieg. Da hatte auch der obligatorisch eingeschobene Kurzbericht über gescheiterte Operationen zur Hälfte der Show keine objektivierende Wirkung mehr. Die Message war klar: Schönheitsoperationen machen dich nicht nur schöner, sondern auch erfolgreicher!

Jährlich unterziehen sich mehr als 600 000 Deutsche diversen Schönheitsoperationen. Diese Zahl ist sechsmal so hoch wie noch 1990. Fachleute gehen davon aus, dass Fettabsaugen mit 150 000 bis 200 000 Eingriffen jährlich am häufigsten durchgeführt wird. Auch die Toleranz gegenüber solchen Eingriffen hat sich gewandelt, wie eine Forsa-Umfrage für den ‚Stern’ ergab. So haben 70% der Deutschen prinzipiell nichts mehr gegen solche Eingriffe einzuwenden, 13% würden sich selbst unters Messer legen und bei den Frauen und Männern unter 30 sind sogar schon 21% (also knapp jeder Fünfte) potentielle Klienten der Schönheitschirurgen[5].

Im Gegensatz zur ‚quasi biologischen Auffassung’ des 16. Jahrhunderts, dass der Körper biologische gegebene Eigenschaften besitzt, wird in der ‚symboltheoretischen Begriffsdeutung’ seit dem 19. Jahrhundert angenommen, dass er bestimmte Eigenschaften symbolisch ausdrückt[6]. „Der Körper, gesellschaftlich produzierte und einzige sinnliche Manifestation der ‚Person’, gilt gemeinhin als natürlichster Ausdruck der innersten Natur (...)“[7]. So fanden Psychologen der Universität Regensburg heraus, dass gut aussehenden Menschen automatisch viele positive Eigenschaften zugeschrieben werden. Die Ergebnisse sind eindeutig. Es gibt ein ausgeprägtes Attraktivitätsstereotyp: Je attraktiver die präsentierten Gesichter waren, desto erfolgreicher, zufriedener, sympathischer, intelligenter, geselliger, zugänglicher, aufregender, kreativer und fleißiger wurden die Personen eingeschätzt. Für unattraktive Gesichter gilt das Gegenteil: Je unattraktiver, desto eher wurden negative Eigenschaften unterstellt.

Der Zusammenhang zwischen Attraktivität und positiven Persönlichkeitseigenschaften ist dabei sogar sehr stark (Korrelationen zwischen 0.70 und 0.90)[8]. Der ‚Stern’ berichtete darüber, dass Schönheitschirurgen in Deutschland von männlichen Patienten Dankesbriefe erhalten, weil sie nach dem Eingriff befördert wurden[9]. Über den Körper kann in unserer Gesellschaft kulturelles Kapital akkumuliert werden.

Während Elias den Wandel vom Fremdzwang zum Selbstzwang oder zur Selbstdisziplinierung beschrieb, der im Wesentlichen die modernen Persönlichkeitsstrukturen kennzeichnet[10], stellt Rittner fest, dass es in jüngster Zeit zu einem Umbau der modernen somatischen Kultur[11] kam. Am Erfolg der Zeitschrift ‚Fit for Fun’ skizziert er diese Veränderung:

„Mit Fitness wird ein körperbezogener Wert zur Orientierungsinstanz und damit eine Lockerung der Körperzensur erreicht. Mit Spaß wiederum verbindet sich eine Lockerung der Selbstkontrolle“[12]. Rittner sieht darin einen Trend hin zur Körperaufwertung und versucht diesen damit zusätzlich zu belegen, dass auch andere Publikumszeitschriften diese Themen ständig bearbeiten[13]. „An die Stelle der Körperdistanzierung treten die Identitätstechniken der Körperthematisierung“[14].

Es liege die Vermutung nahe, so Rittner weiter, dass die veränderten Körper-Ideale und Körper-Praktiken (z.B. Trendsportarten wie Inlineskating, Bungeejumping), also der Umbau der somatischen Kultur von einer körperdistanzierten hin zu einer körperbetonenden, eine Reaktion auf gesamtgesellschaftliche Verhältnisse sei.

„Zweifellos steht die Formierung neuer Identitätsmaßstäbe in einem engen Verhältnis zur Entwicklungslogik moderner Gesellschaften, die in viele Lebensstile zerfallen und die durch Fragmentierung und Pluralisierung gekennzeichnet sind“[15] (wie Beck zum Beispiel auch behauptet[16]).

Offenbar sei dadurch eine Neukomposition des Verhältnisses von Körper und Selbst erforderlich. So erwiesen sich viele Formen der Körperthematisierungen bei genauerem Betrachten „als Techniken der individuellen Selbstvergewisserung und Problemlösung in einem sozialen Raum, in dem die tradierten Möglichkeiten der Selbstidentifikation geschwunden sind, und Leistungen der Körperdistanzierung nicht länger belohnt werden“[17].

Die klassischen Lebensentwürfe ‚alteuropäischer Identität’, in welchen sich mit Leistungen des Bedürfnisaufschubs spezifische Formen der Gefühls- bzw. Körperkontrolle verbanden, verblassen in den neu strukturierten Lebensstilen.

„An Stelle des Konzepts der ‚schönen Seele’ tritt das Konzept des ‚schönen Körpers’“[18]. Die Freigabe des Körpers verbinde sich jedoch mit den Zwängen zur Herstellung des „richtigen Körpers“. Aussehen, Fitness und Gesundheit müssten „geleistet“ werden. Fitness sei mittlerweile zu einem „Synonym für Glück, Erfolg, Modernität, Mobilität und Potenz“[19] geworden. Die modernen Formen der Körperthematisierung seien demnach eine neue Form der Disziplinierung. Hier liegt sicher auch der entscheidende Punkt dieser Entwicklung. Sicher legt die sich immer noch ausweitende Körperthematisierung, besonders in Zeitschriften und Unterhaltungsmagazinen im Fernsehen[20], zunächst den Eindruck nahe, dass diese eine Enttabuisierung des Körpers zur Folge hat. Doch bei genauerem Betrachten ist es nur eine andere Form der Tabuisierung. So wird der sportliche, schlanke Körper propagiert und gezeigt, der untrainierte, weniger schlanke Körper hingegen ziert nie Titelblätter der Zeitschriften. Adorno schrieb, dass die Tabuisierung des Körpers Merkmal jeder Zivilisation ist[21] und damit behält er auch recht, denn die Tabuisierung wurde in der heutigen somatischen Kultur nicht aufgehoben, sondern in den Einzelnen verlegt. Es gilt nicht mehr das Tabu, den Körper zu zeigen, nur noch das Tabu, seinen Körper zu zeigen, wenn er nicht dem entspricht, was gemeinhin als ästhetisch empfunden wird[22].

Aus „Fit for Fun“ ist in unserer Gesellschaft mittlerweile eher „Fit for Work“ geworden. So war „Fit for success“[23] auch ein Motto, welches die Fitness als Wert postulierte und auf die Leistungsfähigkeit im Berufsleben projizierte. Dieser Zwang zur Körperarbeit zeigt sich darin, dass man heutzutage in führenden Positionen mehr und mehr zu einem fitten Äußeren gezwungen ist, wenn man Karriere machen möchte. Körperlich ausgeglichen werden müssen auch die vielen Stunden, die man sitzend am Schreibtisch verbracht hat.

Mit dem schlanken, asketischen Körperbild werden all jene Eigenschaften assoziiert, die in unserer Leistungsgesellschaft für wertvoll erachtet werden. Jemand, der schlank ist, weiß sich zusammenzureißen ob der ganzen kulinarischen Angebote, die preiswert an jeder Ecke feilgeboten werden. Er beweist Selbstdisziplin und Stärke, steht über dem Genuss. Molligen oder dicken Menschen wird nicht so viel zugetraut. Mit ihnen wird Gemütlichkeit assoziiert, jedoch auch die Annahme, dass sie sich nicht unter Kontrolle haben. Schlankheit gilt in unserer Gesellschaft als vorherrschendes Schönheitsideal, weil es mit Leistung assoziiert wird. Unterstützt wird dieses Ideal auch noch von medizinischer Seite durch die Publikationen von Gewichtstabellen, in welchen zwischen Ideal-, Normal- und Übergewicht unterschieden wird. In einer Gesellschaft wie der unseren, die auf Leistung und Erfolg ausgelegt ist, möchte niemand nur der Norm entsprechen. Das angestrebte Gewicht oder das Wunschgewicht liegt also eher im Idealbereich dieser Tabellen. Außerdem wurden medizinische Artikel veröffentlicht, welche die angeblichen Zusammenhänge von Übergewicht und Herz- Kreislauferkrankungen offen legten. Wer übergewichtig ist, riskiert somit wissentlich seine Gesundheit. Laut Professor Arnold Astrup aus Kopenhagen (9th European Congress on Obesity, ECO, Juni 1999, Mailand[24]) gilt für Adipöse ein mehr als dreifach höheres Risiko als für Normalgewichtige zu erkranken an: Diabetes mellitus Typ 2, Gallenblasenerkrankungen, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen, Atembeschwerden, Schlafapnoe. Zwei bis drei mal häufiger als bei Normalgewicht treten auf: koronare Herzkrankheiten, Arthrose, Gicht. Adipöse haben auch ein erhöhtes Risiko (bis 2 mal häufiger) für: bestimmte Krebserkrankungen (Gebärmutter-, Brust-, Gebärmutterhals-, Prostata- und Gallenblasenkarzinom), Sexualhormonstörungen, Rückenschmerzen. Übergewicht erhöhe zusätzlich die Thrombose- und Emboliegefahr und bedeute nicht zuletzt auch ein erhöhtes Risiko bei Operationen und Narkosen. Adipositas führe zu psychosozialen Problemen und Einschränkungen der Lebensqualität. Betroffene würden häufig unter Depressionen, einem verminderten Selbstwertgefühl sowie einer geringeren Anerkennung durch die Umgebung leiden. Außerdem verringere Übergewicht die Lebenserwartung. Das Sterblichkeitsrisiko sei bereits bei mäßig erhöhtem BMI[25] (= 27) 1,3fach höher als bei Normalgewichtigen. Bei einem BMI von 35 erhöhe es sich sogar auf das 2,5fache[26]. Diesem Risiko könne jedoch durch Abnehmen entgegengewirkt werden. So zeige eine 12-Jahres-Studie mit 15069 übergewichtigen 40 bis 64-jährigen Frauen, dass Gewichtsreduktion die Sterblichkeitsrate bis zu 20 Prozent senkt. Jedes Kilo weniger erhöhe also die Lebenserwartung. Unter www.gesundheit.de findet man eine Liste mit gesundheitlichen Folgen, die Übergewicht vor allem in jungen Jahren mit sich bringt:

„Herz- und Kreislauferkrankungen, Diabetes und Bluthochdruck. Ganz besonders kritisch ist die rapide Zunahme des Diabetes vom Typ-2 schon bei Jugendlichen. Immer mehr Kinder haben auch aufgrund von Übergewicht beim Schuleintritt bereits motorische Defizite und Koordinationsstörungen. Zudem droht schwerer seelischer Schaden: Studien besagen, dass fettleibige Kinder unter demselben Psychostress stehen wie krebskranke Kinder während ihrer Behandlungsphase. Der Haltungs- und Bewegungsapparat wird überstrapaziert – so können schon früh Schäden an Gelenken auftreten. Soziale Probleme- z.B. bei der Beruf- oder Partnerwahl.“[27]

Erstaunlich ist hierbei, dass offensichtlich dicke Kinder dem selben psychischen Stress ausgesetzt sein sollen wie Kinder, die von einer tödlichen Krankheit betroffen sind. Übergewicht wird in unserer Gesellschaft geächtet. Es herrscht eine Art Fettphobie vor, die durch die medizinische Forschung eine gewisse Legitimation erfuhr. Schlankheit wird nicht mehr nur mit Schönheit, sondern auch noch mit dem wichtigen Wert Gesundheit assoziiert.

„Within consumer culture slimness has become associated with health and the health education message that being overweight is a health risk has become absorbed into the conventional wisdom.”[28]

Dicke werden in unserer Gesellschaft als Witzfiguren dargestellt:

„The images in the advertisements, popular press and health education pamphlets are of lithe, bright-eyed beautiful people, in varying states of nakedness, enjoying their body work. The fat are invariably portrayed as glumand downcast: joke figures, survivals from a bygone age.”[29]

Dies zeigt sich auch in den meisten Karikaturen. Der Dicke ist immer der Dumme[30].

Rathner hat in einer seiner Studien gezeigt, dass das Schlankheitsideal und Vorurteile gegenüber Dicken bereits von Kindern (Mädchen als auch Jungen) ab dem 7. Lebensjahr übernommen werden[31]. Das Image der Dicken wird auch sehr anschaulich in dem Lied „Dicke“ von Marius Müller Westernhagen von 1978 überspitzt dargestellt[32].

Doch noch ein weiterer hoher Wert wird mit Schlankheit verbunden, nämlich die sexuelle Leistungsfähigkeit, die wesentlich durch gesunde Ernährung und körperliche Bewegung verbessert werden kann. So kommt es auch zu Neologismen wie „Sexercise“.

„To enjoy heightened pleasure individuals have not only to consult the sexual manual and resort to a growing range of pills, aid and devices, they must look good.”[33]

1.2 Ursachen der Körperaufwertung

Offen ist jedoch noch die Frage, welche konkreten gesellschaftlichen Veränderungen für diese Körperaufwertung verantwortlich sind. Ohne die Massenmedien wäre ein solcher Körperboom wohl kaum denkbar. Sie bilden somit eine der Voraussetzungen für die Körperaufwertung, wie sie in unserer Gesellschaft vorherrscht.

Während in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts das Schlankheitsideal eher in den oberen sozialen Klassen vertreten war, breitete es sich im Zuge der allgemeinen Körperaufwertung in den 70er Jahren auch auf die anderen Klassen aus. Das Fernsehen als neues Massenmedium dürfte hierbei eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben. Bela Balázs spekulierte bereits in den frühen 20er Jahren, dass der Film das emotionale Leben der Menschen im 20.Jahrhundert dahingehend verändern werde, dass er ihn weg von Worten, hin zu Bewegung und Gestik leiten werde[34]. Eine Kultur, die von Worten dominiert wird, tendiere zu Unbestimmtheit sowie Abstraktheit und reduziere den menschlichen Körper auf den grundlegenden biologischen Organismus, während der neue Schwerpunkt auf das Bildhafte die Aufmerksamkeit auf die Erscheinung des Körpers lenke sowie die Kleidung und die Gestik. Bilder lenken die Aufmerksamkeit der Menschen mehr auf das Äußere, die Erscheinung, den „Look“. Und Bilder laden zu Vergleichen ein.

Eine weitere Voraussetzung für die Aufwertung des Körpers, bildet die Verlängerung der Freizeit, die in Folge der technischen Revolution entstand. Der Somatiker Thomas Hanna formulierte dies drastischer: „Wir wissen nicht, was wir (...) tun sollten, weil in dieser Umwelt wenig zu tun bleibt.“[35] Diese simplifizierte Begründung hat jedoch einen richtigen Ansatz. Schließlich hat erst die Herauslösung des Individuums aus den industriellen Arbeitsprozessen die Zeit für einen Freizeitkörper geschaffen. Erst diese „Freisetzung“ des Körpers schuf die Zeit, sich mit dem Äußeren des Körpers zu beschäftigen.

Nachdem die Voraussetzungen für die Körperaufwertung dargelegt wurden, sollen im Folgenden die Ursachen aufgezeigt werden.

Karl-Heinrich Bette beschäftigt sich mit dem Phänomen der Körperaufwertung in unserer Gesellschaft. In seinem Buch ‚Körperspuren’ stellt er eine Theorie über die gegensätzlichen Tendenzen aktueller Körperverhältnisse vor. Ansatzpunkt dieser Theorie ist die Annahme eines simultan verlaufenden paradoxen Prozesses von Körperdistanzierung und Körperaufwertung in modernen Gesellschaften. Paradox nennt er diese gegenläufigen Tendenzen, weil sie sich weder aufheben noch neutralisieren, folglich kein Nullsummenspiel ergeben. Seiner Meinung nach kommt es in vielen Bereichen der heutigen Gesellschaft zu einer Körperdistanzierung, worin wiederum die Ursache der Körperaufwertung liegt, wie wir sie erfahren. Die Körperdistanzierung zeige sich an bestimmten Einzelphänomenen.

So sei durch die fortschreitende Technisierung unserer Gesellschaft eine körperliche Präsenz für den sozialen Austausch nicht mehr nötig. Viele Gespräche würden am Telefon geführt und für die Kommunikation über das Internet in Chatrooms benötige man nicht einmal mehr eine menschliche Stimme. Die von Bette beschriebene Körperdistanzierung[36] wird hier besonders deutlich, denn es steht einem sogar frei jede beliebige Identität anzunehmen. Sogar Sexualität, die intimste Form der Kommunikation, wird bereits anonym durchs Netz betrieben. Tatsächlich ist es heutzutage auch nicht mehr nötig, dass beide Elternteile bei der Zeugung eines Kindes körperlich anwesend sind. Selbst die Zeugung kann körperentfremdet vollzogen werden.

Die Macht sei ebenfalls entkörperlicht worden. So zähle heute nicht mehr das Recht des Stärkeren, der den anderen körperlich überlegen ist, sondern Macht liege in der Hand der Polizei oder des Militärs.

„Der Jedermann- Körper verliert infolgedessen seine Legitimationsbasis für Drohungen und Einschüchterung. Machtträger und Machtmittel werden vom Körperbezug getrennt. Heute können vor Gericht auch Kleine und Schwache ihr Recht bekommen.“[37]

Die Darstellung der Rationalisierung von Macht in Elias’ „Zivilisationsprozess“, auf den sich Bette immer wieder bezieht, findet sich in ähnlicher Form auch in Foucaults „Überwachen und Strafen“. Er beschreibt darin für die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert den Übergang von blutigen Straf- und Folterpraktiken zu einer entkörperlichten Ökonomie des Körpers, eine indirekte auf Selbstdisziplinierung ausgerichtete Konditionierung von „gelehrigen Körpern“. Das idealtypische Beispiel für Foucaults Verständnis von Disziplinarmacht ist das Panopticon von Jeremy Bentham[38]. Es handelt sich hierbei um den Entwurf eines Gefängnisses, welches seine disziplinierende Macht durch seine Architektur entfaltet. Um einen zentralen Wachturm sind die Einzelzellen kreisförmig angeordnet, so dass die Zellen für den Wächter jederzeit einsehbar sind, die Gefangenen jedoch aus ihren Zellen heraus nicht sehen können, ob sich im Wachturm tatsächlich jemand aufhält. So besteht die Möglichkeit der theoretisch immer gegebenen Überwachung. Der permanente Sichtbarkeitszustand beim Gefangenen sichert das automatische Funktionieren der Macht. Dadurch, dass der kontrollierende Blick immer angenommen wird, wird er verinnerlicht und so kommt es schließlich zur Selbstkontrolle.

„Derjenige, welcher der Sichtbarkeit unterworfen ist und dies weiß, übernimmt die Zwangsmittel der Macht und spielt sie gegen sich selber aus; er internalisiert das Machtverhältnis, indem er gleichzeitig beide Rollen spielt; er wird zum Prinzip seiner eigenen Unterwerfung. Aus diesem Grunde kann ihn die äußere Macht von physischen Beschwerden befreien. Die Macht wird tendenziell unkörperlich und je mehr sie sich diesem Grenzwert annähert, umso beständiger, tiefer, endgültiger und anpassungsfähiger werden ihre Wirkungen: der immerwährende Sieg vermeidet jede physische Konfrontation und ist immer schon im vorhinein gewiss.“[39]

Diese Tendenz zur Entkörperlichung, die von Foucault beschrieben wird, bezieht sich nicht etwa darauf, dass das Somatische an sich irrelevant wird, sondern darauf, dass sich die Disziplinierungsmaßnahmen nicht mehr direkt an den Körper wenden, sondern an die Psyche. Gesellschaftliche Macht wird von außen nach innen verlagert, internalisiert.

Eine weitere Entkörperlichung findet sich nach Bette deutlich auf dem Arbeitssektor. Die zunehmende Industrialisierung und Technisierung heben die vormals enge Verbindung von Körper und Arbeit auf.

„Maschinen und künstliche Intelligenz haben den Menschen in vielen Bereichen bereits überflüssig gemacht. Seine immer weiter fortschreitende Verdrängung wird in der Robotisierung und Computerisierung der Arbeitswelt vordergründig.“[40]

Bette räumt jedoch ein, dass „der seit geraumer Zeit zu beobachtende Körperboom (...) sich nicht ausschließlich als eine komplementäre Gegenreaktion auf die Entkörperlichungserscheinungen entwickelter Industriegesellschaften werten“[41] lasse. Dies sei eine unangemessene Reduktion der Interdependenz zwischen Gesellschaft und personaler Umwelt. Berücksichtigen müsse man vielmehr auch jene Effekte, die infolge von Modernisierungseffekten in anderen Zusammenhängen entstanden sind, wie beispielweise die Auflösung des „lebensweltlichen Verbundes unter dem Druck funktionaler Differenzierung“[42]. So haben Familie und Religion als traditionell Orientierung und Halt gebende Sinninstanzen an Bedeutung verloren. Die Berufsrolle sei nicht mehr, wie vormals, identitätsstiftend für eine Person und die Geschlechtsrollen seien ins Wanken geraten. Bei zunehmender Differenzierung der Gesellschaft komme es zu einer Individualisierung der Person und damit zu einer Loslösung aus Ordnungssystemen wie Schichten, die einst identitätsstiftend wirkten. „Funktionssysteme berücksichtigen den Menschen nicht mehr in seiner diffusen Ganzheit, sondern lassen ihn ‚nur noch’ in rollenspezifischen, sachorientierten und unpersönlichen Ausschnitten zu“[43].

All diese Tendenzen der modernen Gesellschaft tragen nach Bette zu einer Körperaufwertung bei. Der Körper bleibe als einzige verlässliche Instanz, auf die man sich noch beziehen könne. Darin lägen die Ursachen für den „Körperboom“:

„Wenn Individuen immer weniger in der Lage sind, eine sinnvolle Einheitsformel für ihr Dasein zu finden, leuchtet es ein, wenn eine Instanz verstärkt in den Blickwinkel gerät, die nicht erst symbolisch als Einheit hergestellt und stabilisiert werden muss, wie die Identität, sondern als eine kompakte, in sich abgeschlossene biologische Ganzheit bereits vorhanden ist.“[44]

Doch könne „Entkörperlichung (...) durch Verkörperlichung nicht aus der Welt geschafft werden“:

„Selbst durch eine noch so ausgeprägte Inanspruchnahme des Körpers in Training, Therapie, Tanz, etc. wäre es nicht möglich, die Körperdistanzierung moderner Gesellschaften aufzuheben oder gar deren Strukturprinzip zu unterlaufen. Die Nähe von Körper und Gesellschaft, wie sie für geringer differenzierte Formationen zutraf, lässt sich durch Körperthematisierung nicht wiederherstellen.“[45]

Dass der Körper tatsächlich als verlässliche Instanz dient, scheint auf den ersten Blick plausibel zu sein. Doch wird der Körper in unserer Gesellschaft nicht als „abgeschlossene biologische Ganzheit“ angenommen, sondern bietet vielmehr das Rohmaterial, aus dem erst noch etwas geschaffen werden muss.

Was Karl-Heinrich Bette leider nur kurz anspricht und worin jedoch die Hauptursache des Körperbooms liegt, ist der wirtschaftliche Aspekt der Körperaufwertung, der „konsumierende Körper“, wie Bette ihn nennt. Er beschreibt diesen jedoch nur als notwendigen Link für die Wirtschaft, lässt jedoch mit diesem einfachen System- Umwelt- Bezug die Rückwirkung der Wirtschaft auf den Körper völlig außer Acht.

Jährlich wachsen die Umsätze der Kosmetikindustrie und auch der Fitness- und Wellnesbereich bilden expandierende Märkte. Mit der Körperaufwertung lassen sich Gewinne einfahren. Mit Hilfe von Werbung wird der Mensch von der Kosmetik- und Schönheitsindustrie als „Mängelwesen“ aufgewertet.

„Within the rhetoric of these ads, the accumulation of various products, each for aseparate, objectified portion of the body, was equated with the means of success. [...] Each portion of the body was to be viewed critically, as a potential bauble in a successful assemblage. Woodbury's soap was offered as a perfect treatment for the ‘newly important face of Smart Today’. (...) As the ads intimated that anything natural about the consumer was worthless or deplorable, and tried to make him schizophrenically self-conscious of that notion, they offered weapons by which even people with bad breath, enlarged nose pares, corned feet and other such maladies could eclipse themselves and ‘succeed.’”[46]

Hier beschreibt Ewen, wie eine Sensibilisierung für solche Körperaspekte stattfindet, die als defizitär und nicht gesellschaftsfähig proklamiert werden.

Die Wirtschaft macht mit Hilfe der Massenmedien auf bestimmte Körperaspekte aufmerksam, wie zum Beispiel Übergewicht, Körpergeruch oder gelbe Zähne, deren sich der Konsument so schnell als möglich annehmen sollte, da sie sonst gesellschaftliche Sanktionen nach sich ziehen könnten.

Mit Adorno lässt sich zeigen, dass es sich hierbei keinesfalls um Bedürfnisse handelt, die im Menschen selbst entstehen, sondern um solche, die erst von außen an ihn herangebracht werden.

„Die Standards seien ursprünglich aus den Bedürfnissen der Konsumenten hervorgegangen: daher würden sie so widerstandslos akzeptiert. In der Tat ist es der Zirkel von Manipulation und rückwirkendem Bedürfnis, in dem die Einheit des Systems immer dichter zusammenschließt.“[47]

Und an anderer Stelle schreibt er: „Ihr Produkt ist gar kein Stimulus, sondern ein Modell für Reaktionsweisen auf nicht vorhandene Reize.“[48]

Ein wirklich natürliches Bedürfnis des Menschen gibt es nach Adorno in der heutigen Gesellschaft gar nicht mehr. Die eigene Individualität ist dem Menschen bereits in einem „prähistorischen“ Eingriff genommen worden. Und so wird „das Bedürfnis, das der zentralen Kontrolle etwa sich entziehen könnte, (...) schon von der des individuellen Bewusstseins verdrängt.“[49] Und „hinzutritt die Verabredung, zumindest die gemeinsame Entschlossenheit der Exekutivgewaltigen, nichts herzustellen oder durchzulassen, was nicht ihren Tabellen, ihrem Begriff von Konsumenten, vor allem ihnen selbst gleicht.“[50]

Die Industrie bestimmt also bei Adorno die körperliche Nachfrage und reagiert nicht auf sie, wie Bette es annimmt.

Ein Beispiel dafür, dass die Wirtschaft Bedürfnisse weckt um sie zu erfüllen, sind die erfundenen Krankheiten der Pharmaindustrie, für die sie mit einem breiten Angebot Linderung verspricht, wie der ‚Spiegel’ im August 2003 ausführlich berichtete. Als Beispiel wurde unter anderem das Sisi- Syndrom genannt, welches erst mal 1998 auftauchte und zwar in einer Werbeanzeige des Unternehmens SmithKline Beecham. „Die betroffenen Patienten sind dem Konzern zufolge depressiv und gegebenenfalls mit Psychopharmaka zu behandeln. Allerdings überspielten sie ihre krankhafte Niedergeschlagenheit, indem sie sich besonders aktiv und lebensbejahend gäben. Das Syndrom werde nach der österreichischen Kaiserin Elisabeth („Sisi“) benannt, da sie den Patiententypus wie ein Urbild verkörpere. Seither hat das Schlagwort die Medien erobert und wird von Psychiatern propagiert: Inzwischen wird die Zahl der am Sisi- Syndrom erkrankten Deutschen bereits auf drei Millionen geschätzt.“[51]. Markus Burgmer, Psychiater und Psychotherapeut am Uniklinikum Münster hat dieses „Volksleiden“ als Erfindung der Industrie entlarvt. In einem Interview sagte er: „Nach unserer Einschätzung ist es keine anerkannte Krankheit, deswegen haben wir auch die Untersuchung gemacht. Erstens ist es überhaupt nicht international etabliert - das Sisi- Syndrom taucht nur im deutschsprachigen Raum auf. Und nach unseren Untersuchungsergebnissen ist dieses Syndrom überhaupt nicht wissenschaftlich begründet.“[52] Die Auswertung der Fachliteratur habe ergeben, dass das Krankheitsbild wissenschaftlich als nicht begründet anzusehen sei.

„Die Medienpräsenz des Sisi- Syndroms, darunter ein lanciertes Sachbuch zum Thema, gehe vielmehr zurück auf Wedopress, eine PR-Firma in Oberursel, die von dem Pillenhersteller beauftragt worden sei.“[53]

Auf der Homepage der 3Sat- Sendung „Kulturzeit“ wird außerdem noch berichtet, dass die PR- Experten von Wedopress sich im Internet mit dem Erfolg ihrer gelungenen Strategie rühmten.

Dass es zunehmend zu einer Entkörperlichung in unserer Gesellschaft kommt, wie Bette sie beschreibt, lässt sich nicht abstreiten. Und die Verunsicherungen, die durch die Entkörperlichung entstehen bilden auch erst die Angriffsfläche, welche die Industrie benötigt um zum Konsum von körperbezogenen Produkten anzuregen. Doch die Ursachen dieser Entkörperlichung werden bei Bette nicht ausreichend erläutert. Adorno hingegen beschäftigt sich gerade mit diesem Problem. Nach Adorno ist die Entkörperlichung ein wesentlicher Aspekt gesellschaftlicher Modernisierung. Termini wie „Verstümmelung“, „Verdinglichung“ charakterisieren bei ihm das ‚zivilisierte’ Verhältnis zum Körper. Die Entstellung der menschlichen Instinkte und Leidenschaften tritt in der Zivilisation in destruktiver Weise, als Zwang und Gewalt gegenüber dem eigenen und anderen Körpern zutage und äußert sich darüber hinaus in einem faschistischen Körperkult oder in der „Lobpreisung der Vitalphänomene“ durch die Kulturindustrie, die statt eines ungezwungenen oder lustvollen Umgangs mit Körperlichkeit nur „blendend weiße Zähne und Freiheit von Achselschweiß und Emotionen“[54] zulässt.

Adorno beschreibt die Individuen als eingeborene Kinder der Gesellschaft, und diese ist auch wesentlich die Substanz des Individuums[55]. Die Gesellschaft umklammert und deformiert jedoch die Individuen nicht nur, sondern sie reicht „in jene Humanität hinab, die sie einmal als Individuen bestimmte.“[56] Das gesellschaftliche System dringt also bis in den privatesten Bereich vor, der Mensch wird dem System angepasst und sich selbst entfremdet. Der wesentliche Unterschied zu Bette liegt bei Adorno darin, dass die Entfremdung nicht erst Ergebnis einer gesellschaftlichen Entwicklung ist, sondern „Deformierung“ dazu dient, das Individuum in den materiellen Arbeitsprozess einzufügen. Das Individuum wird entindividualisiert. So ist die wirtschaftliche Produktion nicht mehr Mittel zum erfüllten individuellen Leben, sondern das entindividualisierte Leben ist Mittel für den reibungslosen Ablauf von Produktion, Verkauf und Konsum. Das Objektive des Systems führt zur Auflösung des Subjekts. Dass heißt, dass das Subjekt die Objektivität des Systems derart internalisiert, dass dies in letzter Konsequenz den Verlust der Subjektivität zur Folge hat. Das Bewusstsein des Individuums wird im gesellschaftlichen Sein aufgelöst. Das Individuum wird dem Rationalisierungsmechanismus, der Anpassung unterworfen. Durch Rationalisierung ist das Individuum in der Lage, auf seine Triebe zu verzichten und kann sich dann dem Realitätsprinzip einordnen.

„Wird Anpassung an die Realität (...) für den Einzelnen vernünftiger als die Vernunft, so wurde inzwischen der ganze Mensch zum Subjekt-Objekt der Repression. Wird jene Realitätsgerechtigkeit des Ichs, die einst aus dessen Realitätsprüfung resultierte, nun unmittelbar vom Räderwerk der Industrie hergestellt, so wurde das Individuum überwunden, (...) in dem (...) es als Subjekt ausgelöscht wurde.“[57]

„Jeder ist nur noch Exemplar, das Individuum ist das absolut Ersetzbare, das reine Nichts geworden.“ Verfällt der Individualismus tritt an seine Stelle der Pseudo-Individualismus oder Subjektivismus. Ein Beispiel für diesen Pseudo-Individualismus bringt Adorno in einer Hörfunksendung des Hessischen Rundfunks. Er bezieht sich dabei auf eine Karikatur, die einmal in der amerikanischen Zeitschrift ‚The New Yorker’ erschienen ist.

„Da sah man ein Kanalloch in einer Straße, an dem ein Personenschild ‚Mr. Smith’ befestigt war, so wie ja heute auch bei uns an allen Schaltern Schilder mit dem Namen der betreffenden Beamten sich befinden, und es erscheint ein Besucher und fragt den Arbeiter im Kanal: ‚Ist Mr. Smith zu Hause?’. Nun das ist Pseudoindividualisiserung, d.h. je mehr alles eingespannt ist, umso mehr soll uns allen weisgemacht werden, dass wir noch Herr Soundso, ganz besondere menschliche Wesen mit eigenem Namen seien. Und es ist eine der wichtigsten Aufgaben, um der verwalteten Welt sich zu entziehen, dass wir auf diesen Schwindel der falschen Individualisierung nicht hereinfallen“[58]

Der Pseudo-Individualismus ist in der modernen Welt Ideologie im strengeren Sinn, also ‚gesellschaftlich notwendig falsches Bewusstsein’. Gesellschaftlich notwendig ist dieses Bewusstsein, weil die kapitalistische Produktionsweise sonst nicht funktionieren würde, weil sie auf „freigesetzte“ Arbeitskräfte angewiesen ist, die nicht nur externe Motive reagieren. Das heißt, es muss auch einen inneren Antrieb, Eigenantrieb zur Arbeit geben. Dieser ergibt sich aus dem Wunsch zum Konsum.

Die Gesellschaft, welche die Individuen zerstört, reproduziert sich jedoch nur durch diese. Deshalb ist ‚Individualität’ insofern gesellschaftlich notwendig, aber nicht die einzelnen Individuen. Jeder ist ersetzbar.

Der Pseudo-Individualismus wird auch in der Werbung sehr deutlich, wo versprochen wird, durch den Konsum eines Produktes etwas ganz Besonderes zu werden. Ikea wirbt sogar damit, dass der Konsument endlich beginnt zu leben, wenn er sich dazu entschließt, Ikea- Möbel zu kaufen[59]. Mit Produkten wird heute gleichzeitig ein Image verkauft und nichts anderes geschieht im Körperboom. Der trainierte Körper wird mit einem besonderen Image verkauft. Wer trainiert, hat eine bessere Ausstrahlung, besseren Sex, mehr Glück bei der Partnersuche, ist gesünder und hat den besseren Job. Pseudoindividualisierung kann durch den Körper erlangt werden. Und um diesen Körper zu bekommen, wird kräftig konsumiert. Das Angebot an Diätpillen, Pulvern, Fitnessstudios, Fitnessgeräten für zu Hause, Rollstudios, in denen man sich das Fett wegrollen lassen kann, Crèmes zur Straffung oder zur Fettreduktion und sogenannter Fachliteratur ist schier unendlich. Selbst Yoga, das zur Entspannung dienen soll, verspricht einen straffen, muskulösen „Madonna“- Körper.

Wie Bette sind auch Horkheimer und Adorno der Meinung, dass sich die Körperdistanzierung durch Körperthematisierung nicht aufheben lässt. Sie behaupten, dass jeder Versuch, den Körper „wieder zurückzuverwandeln in den Leib“, bereits zum Scheitern verurteilt sei, weil dadurch implizit die Unterscheidung zwischen Körper und Geist verstärkt würde. Diese Unterscheidung, die in unserer Kultur vorgenommen werde, verdingliche den Körper auf Darstellungsebene zu einem bloßen physischen Objekt, was Adorno die „Leiche“ nennt, im Unterschied zum lebendigen inneren Geist[60]. „Er (der Körper) bleibt die Leiche auch wenn er noch so sehr ertüchtigt wird.“[61] Die Aufmerksamkeit für den Körper ist somit immer schon entfremdete Aufmerksamkeit für die äußere Darstellung. Sie dient im Sinne Adornos zwangsläufig den korrupten Zwecken von Werbung und Propaganda.

„Die drüben den Körper priesen, die Turner und Geländespieler, hatten seit je zum Töten die nächste Affinität. (...) Sie sehen den Körper als beweglichen Mechanismus, die Teile in ihren Gelenken, das Fleisch als Polsterung des Skeletts. Sie gehen mit dem Körper um, hantieren mit seinen Gliedern, als wären sie schon abgetrennt. ... Sie messen den anderen, ohne es zu wissen, mit dem Blick des Sargmachers (...), sie nennen den Menschen lang, kurz, fett und schwer (...) Die Sprache hält mit Ihnen Schritt. Sie hat den Spaziergang in Bewegung und die Speise in Kalorien verwandelt.“[62]

Der Pessimismus, der sich bei Adorno hinsichtlich der Rolle des Körpers in der ‚zivilisierten’ Welt ausdrückt, muss sicherlich im historischen Zusammenhang des Entstehens der „Dialektik der Aufklärung“ gesehen werden, doch, wie Tischleder richtig erkannte, hat Adornos Diagnose ebenso wenig an Aktualität eingebüßt, „wie Rassismus und das Diktat der Werbung zur Makellosigkeit und Jugend hinter uns liegen“[63].

In der Werbung werden falsche Bilder von körperlicher Vollkommenheit verbreitet. Das gezeigte Ideal ist kaum mehr auf natürlichem Wege, ohne chemische oder mechanische Hilfe zu erreichen. Der Körper wird auf einen äußeren Mechanismus reduziert. Er wird als bloßes Instrument behandelt, das man benutzt. Der Körper wird nicht als Aspekt der menschlichen Individualität betrachtet, sondern als eine Hülle, die je nach Belieben verändert werden kann und soll[64].

„Daher untergräbt die Somatik unvermeidlich die Individualität, wenn sie von uns verlangt, dass wir bestimmten Standardmaßen und Modellen entsprechen, weil sie ein Optimum an Instrumentalität und Anziehungskraft in unserer Gesellschaft gewährleisten, Modellen im übrigen, die bestehende gesellschaftliche Hierarchien stärken (so trägt das nordamerikanische Ideal, das einem großen, schlanken, gebräunten Körper mit blondem Haar und blauen Augen den Vorzug gibt, eindeutig ethnische Züge)“[65].

Erst durch die Pseudoindividualität, wie sie Adorno beschreibt, ist es überhaupt möglich zu erklären, wieso die präsentierten Ideale so einen großen Einfluss auf den Menschen haben. Nur weil der Mensch keine eigenen, natürlichen Bedürfnisse mehr besitzt, ist es der Industrie möglich, ihm Bedürfnisse zu „impfen“. Die idealen Körper, die ihm präsentiert werden, werden gleichsam von ihm als Ideal internalisiert. Er empfindet es schließlich als sein eigenes Bedürfnis, diesem Ideal zu entsprechen und greift zu allen möglichen Mitteln um dies zu erreichen. Es wird versucht, Pseudoindividualität durch das Nacheifern dieser Ideale zu gewinnen. Models und Stars sind schön, reich, erfolgreich und schlank. All dies möchte man auch erreichen. Da in unserer Gesellschaft Schönheit und Erfolg mit Schlanksein assoziiert werden, führt der Weg zum Erreichen dieser Pseudoindividualität meist über eine Diät, da kaum jemand von Natur aus einen solchen Körper besitzt, wie die Models, die uns auch gerade aus diesem Grunde in der Werbung als Ideale präsentiert werden. Denn je weiter das präsentierte Ideal vom normalen Körper entfernt ist, desto mehr regt es zum Konsum von Produkten an, die ihn diesem Ideal näher bringen. Je dünner das präsentierte Ideal ist, desto mehr schlankheitsfördernde Mittel werden verkauft. Man könnte sagen, je dünner das Ideal, desto mehr Menschen regt es zum Konsum an.

Die Ideale entstehen nicht zufällig, sondern werden bewusst von der Schönheitsindustrie danach ausgewählt, ob sie genügend Distanz zum normalen Durchschnittsmenschen mitbringen, um diesen bei seinem Streben nach dem Ideal zum Konsum diverser Produkten anzuregen. In der oben bereits erwähnten Studie der Universität- Regensburg[66] gehen die Psychologen auch der Frage nach, inwieweit sich Schönheitsideale von der Natur entfernen. Beispiel hierfür sind zum Beispiel die Heldinnen mancher Filme, die große Brüste, aber schmale Hüften haben, wie „Lara Croft“, gespielt von Angelina Jolie in dem Film „Tomb Raider“. In der Natur komme diese Kombination aber kaum vor, denn Frauen mit großen Brüsten, hätten auch meist eher breite Hüften. Dieses naturferne Ideal ist deshalb eher ein Kunstprodukt, oder das Ergebnis einer Schönheitsoperation, bei der sich schmale Schauspielerinnen die Brüste vergrößern lassen. Und dieses Ideal, obwohl es in der Natur so gar nicht existiert bestimmt unsere Vorstellung von Schönheit. Hier wird besonders deutlich, dass es nicht unser natürlicher Geschmack ist, der für die Wahl der Vorbilder verantwortlich ist, sondern wir von artifiziellen Idealen beeinflusst sind. „Der herrschende Geschmack bezieht sein Ideal von der Reklame, der Gebrauchsschönheit.“[67]

Ohne das Bedürfnis nach Pseudoindividualität ließe sich der Erfolg, den die Industrie mit der Bewerbung von Idealen und ihren Produkten hat, nicht ausreichend erklären. Und erst diese Erklärung macht es erst möglich, zu verstehen, wieso jedes Jahr so viele Mädchen und Jungen an Essstörungen erkranken. Meist in der Pubertät und ohnehin auf der Suche nach „sich selbst“, sind sie besonders anfällig für die Bewerbung von Produkten, die ihnen Pseudoindividualität versprechen. Die präsentierten Ideale wollen von ihnen nachgeahmt werden. Da diese Ideale in den meisten Fällen sehr dünn oder sehr muskulös sind und sich somit vom Durchschnittskörper weit unterscheiden, machen sich viele junge Menschen permanent Sorgen um ihre Figur, da sie diesem Ideal entsprechen möchten. Nicht wenige erkranken an sogenannten Essstörungen, wie Magersucht, Bulimie oder einer Binge- Eating- Disorder, was jedoch in den nächsten Kapiteln noch weiter ausgeführt wird.

Die Phänomene der Entkörperlichung in unserer Gesellschaft, z.B. die Entkörperlichung im Arbeitssektor, wie sie Bette beispielsweise beschreibt, bieten die Angriffsfläche für eine Industrie, die körperbezogene Produkte verkaufen will. Entscheidend ist jedoch, dass diese Industrie erst mit Hilfe von Werbung und Propaganda das Bedürfnis nach körperbezogenen Produkten wie Kosmetik im Menschen entstehen lassen kann, es ihm also „impft“.

Die Krankheiten, wie sie Essstörungen darstellen, sind ein Zeichen dafür, dass das Streben nach den Idealen kein natürliches, eigenes Bedürfnis ist. „Auf dem Grund der herrschenden Gesundheit liegt der Tod“[68]. Wie Luftblasen steigen die Symptome an die Oberfläche und werden dort sichtbar. An den Essstörungen wird deutlich, dass ein Missverhältnis zwischen den gezeigten Vorbildern und der Realität besteht. Essstörungen machen das Scheitern an diesen Idealen deutlich.

„Der regular guy, das popular girl müssen nicht nur ihre Begierden und Erkenntnisse verdrängen, sondern auch noch alle die Symptome, die in bürgerlichen Zeiten aus der Verdrängung folgten. (...) Die finsteren Abtritte wurden als peinliche Raumvergeudung beseitigt und ins Badezimmer verlegt“[69].

Obwohl sich in den letzten Jahren viel geändert hat, man viel mehr über Essstörungen weiß und sie gesellschaftlich als Krankheiten akzeptiert sind, fällt es den meisten Kranken auch heute noch schwer sich und anderen einzugestehen, dass sie ein Problem haben, dass sie an dem gesellschaftlich vorgegebenen Ideal gescheitert sind. Im Falle der Essstörungen, insbesondere der Bulimie, wird der „Abtritt“ sogar tatsächlich „ins Badezimmer verlegt“[70].

An den immer häufiger auftretenden Fällen von Essstörungen zeigt sich deutlich die „beschädigte Gesellschaft“[71], in welcher die kollektive Instanz a priori über die Bedürfnisse des Einzelnen triumphiert.

1.3 Folgen der körperlichen Aufmerksamkeit

Wie zuvor bereits angesprochen wurde, breitete sich das Schönheitsideal in den 70er Jahren unter dem Einfluss des Fernsehens als neues Massenmedium auch auf die unteren Schichten aus.

„The massive spread of the cult of thinness through the media is perhaps the reason for the infiltration of this ‚body ideal’ from the upper socioeconomic strata to all social classes, thus highlighting the interface between markets and media.”[72]

Entscheidend ist eigentlich nicht so sehr, dass die Menschen auf diesen Bildern als ideal präsentiert werden, sondern dass sie sich als so zwingende Vorbilder erweisen. Es gibt eine zirkuläre Beziehung zwischen den Konsumenten und den Medien. Jede mediale Präsentation, sei es eine Fotografie, ein Film oder eine Werbung, hat die Funktion, eine Botschaft zu verkaufen, die als Bild vercoded ist. Unternehmen investieren in diese Bildercodes, um ihre Produkte zu verkaufen. Der Konsument eines Bildes ist nicht nur passives Opfer sondern partizipiert aktiv. Der Körper wird als Produkt präsentiert, das von jedem persönlich verändert oder gekauft werden kann, ebenso wie ein Auto. Die Rolle der Medien besteht darin, die Möglichkeiten der persönlichen Veränderung durch das Medium des Bildes zu verkaufen. Das Problem ist hierbei jedoch nicht das Bild per se, sondern das Verkaufen der Vorstellung der Unfertigkeit des menschlichen Körpers.

„Society purports false assumptions that the body is infinitely malleable and that an imperfect body reflects an imperfect self, hence the necessity to perfect the human body.”[73]

Sicherlich wirkt sich der Einfluss der Medien nicht isoliert von anderen soziokulturellen Einflüssen wie der peer- group oder der Familie aus. Der Medieneinfluss wirkt sich wahrscheinlich indirekt über diese Bezugsgruppen aus. Subkulturen, wie zum Beispiel die Techno Szene, die sich mit Gewicht und Körperformen beschäftigen, tragen signifikant zu der individuellen Vorliebe für eine bestimmte Körperform, sowie zu einem bestimmten Essverhalten bei.

Wir leben in einem Umfeld, in dem wir permanent einer Bilderflut ausgesetzt sind. Bilder lenken die Aufmerksamkeit der Menschen auf das Äußere, die Erscheinung, den „Look“. Und Bilder laden zu Vergleichen ein.

Die Ideale, die in den Medien vorgeführt werden, werden immer radikaler, immer perfekter. Die Diskrepanz zwischen dem vorgeführten Ideal, nach dem gestrebt wird, und der Realität wird somit immer größer. Einerseits nimmt die Zahl der übergewichtigen Deutschen immer weiter zu, andererseits werden die medial präsentierten Models immer schlanker beziehungsweise muskulöser. 47% der Bundesbürger weisen einen Body- Mass- Index von mehr als 25 auf und gelten damit als übergewichtig. 11% sind sogar stark übergewichtig mit einem BMI von über 30[74]. Garner et al. fanden heraus, dass die Playboy Centerfold Models wie auch die Gewinnerinnen des Miss America Wettbewerbes in den letzten 30 Jahren immer dünner wurden[75]. Zwar liegen keine vergleichbaren Studien über deutsche Schönheitsköniginnen vor, doch kann man davon ausgehen, dass sich hier eine ähnliche Entwicklung vollzieht, da Amerika Maßstäbe für Körperbilder setzt. Auch bei Männern lässt sich dieser Trend beobachten. So nimmt die Körperfettmasse der männlichen Models immer weiter ab (siehe Kapitel 2). Foucault spricht in seinem Buch „Überwachen und Strafen“ von der „Macht der Norm“[76], die auch auf Körperbilder übergreift. Nur wird von der Werbung ein Ideal als Norm inszeniert. Wer diesem nicht entspricht, wer z.B. fettleibig ist, bekommt Sanktionen zu spüren. Er, oder auch sie, wird im Schwimmbad angegafft, wahrscheinlich auch beschimpft und kann selten mit dem modischen Chic mithalten, da die Kleider der ‚Norm’ entsprechend geschneidert werden.

Die immer größer werdende Distanz, die zwischen dem als Norm geltenden Ideal und der Realität entsteht, führt wiederum zu einer Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, der nicht dem Ideal entspricht, ja diesem eigentlich schon fast nicht mehr entsprechen kann. Jaeger et al.[77] untersuchten die Wechselbeziehungen von Körperunzufriedenheit mit anderen Risikofaktoren für Bulimie. Zunächst stellten sie die Körperunzufriedenheit anhand von verschiedenen Körpersilhouetten fest, die sie den Frauen vorlegten, und aus denen diese ihre tatsächliche Körperform, die Körperform, die ihrer Meinung nach ideal sei und jene, welche sie am attraktivsten finden, aussuchen sollten. Die Ergebnisse zeigten für Deutschland, dass eine enorme Distanz zwischen der eigenen, der idealen und der attraktivsten Körperform lag. Während die Frauen im Schnitt einen BMI von 21,4 hatten, hielten sie eine Körperform, die einem BMI von 17 entsprach, für ideal, und eine Silhouette, die einem BMI von unter 17 entsprach, für am attraktivsten. Eine Frau mit einem BMI von 17 würde von einem Arzt als untergewichtig eingestuft werden. Aus der Differenz von eigener Körperform und der als ideal angegebenen Körperform wurde die Körperunzufriedenheit ermittelt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Das Schema wurde leicht vereinfacht von Jaeger et al.[78] übernommen)

Body dissatisfaction; ermittelt aus der Differenz zwischen der tatsächlichem und als ideal angegebenen Körpersilhouette

EDINEF; ‚ineffectiveness’ Skala aus dem EDI (Eating Disorder Inventory) EATDIET; ‚dieting’ Skala aus dem EAT (Eating Attitude Inventory) SLIIDEAL; die Silhouette, die als Ideal eingestuft wurde

Es gibt einen starken Einfluss des BMI auf die Körperunzufriedenheit. Je höher der BMI, desto höher die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper. Übergewicht ist einen Risikofaktor bei der Entstehung von Essstörungen.

Aufgrund der Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, werden Maßnahmen zur Gewichtsreduktion ergriffen wie beispielsweise Diäten, Abführmittel, Entwässerungsmittel, Diätpillen etc.. Dies bildet die Basis für die Entwicklung einer Essstörung. Es gibt einen schier unendlichen Markt an Mitteln, die eine Gewichtsreduktion versprechen und ein nahezu grenzenloses, meist nicht medizinisch fundiertes Körperwissen, wie man am besten und schnellsten Gewicht verliert.

Das übersteigerte Schlankheitsideal, die Fettphobie und Stigmatisierung von Übergewicht, die Überbewertung der äußeren Erscheinung in unserer Gesellschaft sowie die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper sind die wichtigsten soziokulturelle Ursachen für Essstörungen.

Soziokulturelle Ursachen für Essstörungen sind hinreichende, aber nicht notwendige Bedingungen[79].

Für die Entstehung von Essstörungen ist ein Überfluss an Nahrung notwendig, d.h. die Subsistenzbedürfnisse müssen erfüllt sein. In den Ländern der Dritten Welt treten nur sehr selten, wenn überhaupt dann nur in den höheren Schichten, die stark unter westlichem Einfluss stehen, Essstörungen auf[80]. Zum einen liegt das am kulturellen Hintergrund, da das westliche Schlankheitsideal dort nicht vorherrscht, zum anderen daran, dass die Nahrungsversorgung das Hauptproblem darstellt und somit der Überfluss an Nahrung als Voraussetzung für die Entwicklung von Essstörungen nicht gegeben ist. Da die

Nahrungsmittel nicht im Überfluss vorhanden sind, eignen sie sich auch nicht als Suchtmittel. In den letzten drei Dekaden nahm die Zahl der Essgestörten stetig zu.

Essstörungen betreffen auch heute noch mehr junge Frauen als Männer. Epidemiologische Forschungen haben einheitlich drei große Risikogruppen gefunden, die drei „W“, also westlich, weiblich, weiß[81]. Es gibt jedoch bei der epidemiologischen Verteilung von Essstörungen in der westlichen Welt im Allgemeinen kaum noch Unterschiede zwischen Stadt und Land[82] und in Deutschland im Besonderen auch keine Schichtunterschiede mehr.

Essstörungen gelten als kulturgebundene oder ethnische Syndrome[83], da sie fast ausschließlich in der westlichen Welt auftreten. Essstörungen sind jedoch weiter verbreitet als man zunächst denkt, weshalb sie ein durchaus ernstzunehmendes gesellschaftliches Problem darstellen. Etwa 5 Millionen Frauen und Männer in Deutschland leiden an Essstörungen. Die Dunkelziffern dürften jedoch noch weit darüber liegen. Bei jeder dritten Schülerin finden sich Frühformen von Essstörungen, so das Ergebnis einer aktuell präsentierten Studie des Instituts für Medizinische Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Untersucht wurden 736 Personen im Alter von 12 bis 32 Jahren auf Frühsymptome von Essstörungen: 29% der Frauen und 13% der Männer weisen derartige Anzeichen auf[84].

Im Folgenden sollen die einzelnen Essstörungen näher charakterisiert werden.

1.3.1 Magersucht

Der medizinische Ausdruck für Magersucht lautet „Anorexia nervosa“. Diese Bezeichnung ist eigentlich nicht korrekt, da sie Appetitlosigkeit bedeutet und die Betroffenen nicht unter Appetitlosigkeit leiden. Ganz im Gegenteil beschäftigen sie sich sogar intensiv mit dem Thema Essen und Nahrung. Sie lesen Kochbücher, kochen für ihre Familien und gehen meist sehr gerne Lebensmittel einkaufen. Die Nahrungsverweigerung gibt ihnen ein Gefühl von Stärke und Überlegenheit, da sie darauf verzichten können. Beim Einkaufen oder Kochen ist dieses Gefühl der Überlegenheit deutlich für sie zu spüren.

Bezogen auf die Gesamtbevölkerung tritt die Anorexie relativ selten auf. Bei Frauen in der Altersspanne vom 15. bis zum 25 Lebensjahr, die als Risikogruppe für Magersucht gelten, findet sich die Erkrankung allerdings bei ca. 1%. Etwa 5% der Erkrankten sind Männer.

Die Magersucht beginnt häufig mit einer normalen Diät. Diät halten ist in unserer Gesellschaft durchaus positiv sanktioniert. Die Betroffenen werden so meist anfänglich in ihrem Verhalten noch bestärkt und gelobt. Mit dem gezügelten Essverhalten werden Verhaltensweisen wie Mäßigung, Entbehrungsfähigkeit und Selbstkontrolle verbunden, die in unserer Gesellschaft durchaus positiv bewertet werden. Diese moralische Wertung strahlt auf die Person ab, welche die Diät praktiziert.

„Denn mehrheitlich wird ein solcher Ernährungsstil als Indiz dafür angesehen, dass diese Person ihre ganze Lebensführung systematisch und selbstbeherrscht gestaltet und dies insbesondere für ihre Arbeits- und Leistungsbereitschaft zutrifft.“[85]

Anfänglich unterscheiden sich die Verhaltensweisen der an Magersucht Erkrankten nicht von denen, die eine Schlankheitskur machen. Der Unterschied wird allerdings sichtbar, wenn das zu Beginn der Diät erwünschte Gewicht erreicht ist. Spätestens dann beenden Menschen mit gesunder Körperwahrnehmung ihre Fastenkuren und kehren zu ihren normalen Eßgewohnheiten zurück. Magersüchtige hungern jedoch weiter, auch wenn sie ihr zuvor angestrebtes Zielgewicht längst unterschritten haben. Sie finden ein immer niedrigeres Wunschgewicht. Ist dies erreicht, verschierschritten haben. Sie finden ein immer niedrigeres Wunschgewicht. Ist dies erreicht, verschiebt es sich wieder weiter nach unten. Sie hungern auch dann weiter, wenn ihr Gewicht bereits gesundheitsschädliche und bedrohliche Ausmaße angenommen hat.

[...]


[1] Willems, H., Jurga, M. (1998) „Inszenierungsgesellschaft. Ein einführendes Handbuch“, Opladen, S.160

[2] Bunte vom 15. Juli 2004

[3] Vgl. Elias, N., (1969) „Über den Prozess der Zivilisation“, Bd.1 u. 2, Basel : Haus zum Falken

[4] Vortrag von Prof. Gabriele Klein „Körper machen Leute - Über Körperdiskurse in der Moderne“ (31.Mai 2004) zitiert aus dem Manuskript von der SWR2 Radio Akademie.

[5] Alle Zahlen stammen aus dem Stern-Artikel „Dünner, hübscher, jugendlicher“ (Stern, 13.11.2004)

[6] vgl. Gebauer, G. (1994) „Ausdruck und Einbildung. Zur symbolischen Funktion des Körpers“, In: Dietmar Kamper, Christoph Wulf (Hrsg.), Die Wiederkehr des Körpers, Frankfurt a. M., Suhrkamp, S. 320

[7] Bourdieu, P. (1987) „Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft“, Frankfurt a. M., Suhrkamp, S.310

[8] Braun, Chr., Gründl, M., Marberger, C., Scherber, Chr., „Beautycheck- Ursachen und Folgen von Attraktivität“; Universität Regensburg (man erhält den kompletten Bericht auch auf der Homepage www.uniregensburg.de)

[9] Stern vom 13.11.2004

[10] Elias, N., (1969)

[11] Unter „somatischer Kultur“ versteht Rittner ein soziokulturelles Regelsystem, das die Wahrnehmung und Handhabung des Körpers reguliert. Er unterscheidet folgende Dimensionen der somatischen Kultur: „Einstellungen zu Krankheit und Gesundheit, Sexualität, Essen und Trinken, ästhetische Ideale, hygienische Praktiken, die Verwendung des Körpers bei der Arbeit, Sport und Bewegungspraktiken sowie die Körpersprache“11.

[12] Rittner, V. (1999) “Körper und Identität: Zum Wandel des individuellen Selbstbeschreibungsvokabulars in der Erlebnisgesellschaft”, In: H.-G. Homfeld (Hrsg.), ‚Sozialer Brennpunkt’ Körper. Körpertheoretische und – praktische Grundlagen für die Soziale Arbeit, Hohengehren, S.106

[13] „Was von Frauenzeitschriften schon seit geraumer Zeit vorbereitet wurde ("Der Urlaubs- Body in 14Tagen"; ,,100 Beauty-Farmen im Überblick"), hat zunehmend mehr auch die Familienzeitschriften erfasst. Sollten Marxkenner auch "Hör Zu" mit seinen Mecki-Comics lesen, so dürften sie ihre Freude an der Ausgabe Nr. 13 (1996) und der Titelaufschrift "Hör auf die Signale deines Körpers" gehabt haben, mit der eine "neue Serie Gesundheit!" eröffnet wurde. Wann immer man eine Familienzeitschrift aufschlägt, immer schon wird man mit Gesundheitsempfehlungen und Tipps zur Schönheitspflege und immer mal mit einem "Gesundheits- Check-up" konfrontiert. Demnach wären auch die Familienzeitschriften Archive bzw. Dokumente einer veränderten somatischen Kultur, in der Symptome, Kalorien, Vitamine und Spurenelemente wie der schöne Po und die straffe Brust figurieren.“, Rittner,V. (1999), S.106

[14] Rittner, V. (1999), S.107

[15] Rittner, V. (1999), S.107

[16] Beck, U. (2003) „Risikogesellschaft: Auf dem Weg in eine andere Moderne“, Frankfurt a. M., Suhrkamp

[17] Rittner, V. (1999), S.107

[18] Rittner, V. (1999), S.107

[19] Rittner, V. (1999), S.109

[20] So hat die Zeitschrift ‚Fit for Fun’ mittlerweile seit März 1999 einen wöchentlichen Sendeplatz für ihre gleichnamige Fernsehsendung.

[21] Adorno, T. W., Horkheimer, M. (2003) „Dialektik der Aufklärung“, S.Fischer Verlag GmbH, Frankfurt a. M.

[22] Ein Zitat von Michel Foucault kennzeichnet sehr anschaulich den Zwang zu Körperarbeit, zu Disziplin und zu permanenter Kontrolle. Sinngemäß heißt es: „Du kannst dich heute ausziehen, aber sei schlank, fit, braun und wohlgeformt.“

[23] Scholz&Friends 1996

[24] www.gesundheit.de/ernaehrung/essstoerungen/folgen-von-uebergewicht/

[25] Der Body-Mass-Index (BMI) dient zur Beurteilung des Körpergewichts in Relation zur Körpergröße: BMI = Körpergewicht (kg) / Körpergröße (m) ². In Anlehnung an die Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Adipositasforschung wird hier die Klassifikation in Normalgewicht, beginnendes Untergewicht, starkes Untergewicht, Übergewicht, Adipositas sowie extreme Adipositas übernommen:
1) Untergewicht: BMI < 17,5
2) Beginnendes Untergewicht: 17,5 < BMI < 20
3) Normalgewicht: 20 < BMI < 25
4) Übergewicht: 25 < BMI < 30
5) Adipositas: 30 < BMI < 40
6) Extreme Adipositas: BMI > 40

[26] Die Weltgesundheitsorganisation stuft Menschen mit einem BMI über 25 als übergewichtig und mit einem BMI über 30 als stark übergewichtig ein.

[27] “Deutschlands Kinder werden dicker und dicker”, Artikel auf www.ernährung.de, 15.05.2004

[28] Featherstone, M. (1991) „The body in consumer culture“, In: M. Featherstone/ M. Hepworth/ B.S. Turner (Hg.), The Body. London, S.185

[29] Featherstone, M. (1991), S.184

[30] Heinisch, S. (2003) „Dick und Dünn. Körperbilder und Schönheitsideale in der Karikatur“, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt a. M.

[31] Rathner, G. (1996) “Soziokulturelle Faktoren für die Entstehung von Essstörungen”, Psycho 22: 179-187

[32] „Ich bin froh, dass ich kein Dicker bin, denn dick sein ist ‘ne Quälerei/Ich bin froh, dass ich so'n dürrer Hering bin/ Denn dünn bedeutet frei zu sein /Mit Dicken macht man gerne Späße, Dicke haben Atemnot/ Für Dicke gibt's nichts anzuzieh’n, Dicke sind zu dick zum flieh’n/ Dicke haben schrecklich dicke Beine, Dicke ha’m ein Doppelkinn/ Dicke schwitzen wie die Schweine, stopfen Fressen in sich ‘rin UND DARUM Bin ich froh, dass ich kein Dicker bin, denn dick sein ist ‘ne Quälerei/Ich bin froh, dass ich so'n dürrer Hering bin/Denn dünn bedeutet frei zu sein /Dicke haben Blähungen, Dicke ha’m ‘nen dicken Po/Und von den ganzen Abführmitteln, rennen Dicke oft aufs Klo UND DARUM Bin ich froh, dass ich kein Dicker bin, denn dick sein ist ‘ne Quälerei/Ich bin froh, dass ich so’n dürrer Hering bin/Denn dünn bedeutet frei zu sein /Dicke müssen ständig fasten, damit sie nicht noch dicker werden/Und ha’m sie endlich zehn Pfund abgenommen/Dann kann man es noch nicht mal sehn /Dicke ham's auch schrecklich schwer mit Frauen, denn Dicke sind nicht angesagt/Drum müssen Dicke auch Karriere machen/Mit Kohle ist man auch als Dicker gefragt UND DARUM Bin ich froh, dass ich kein Dicker bin, denn dick sein ist ‘ne Quälerei/ Ich bin froh, dass ich so'n dürrer Hering bin/Denn dünn bedeutet frei zu sein“

[33] Featherstone, M. (1991), S.182

[34] Featherstone, M. (1991) „The body in consumer culture“, In: M. Featherstone/ M. Hepworth/ B.S. Turner (Hg.), The Body. London: 170-196

[35] Hanna, T. (1970) “Bodies in Revolt”, New York, S.7,9,212,216,297

[36] Bette, K.-H., (1989)

[37] Bette, K.-H., (1989) „Zur gleichzeitigen Steigerung von Körperdistanzierung und Körperaufwertung“, In: Karl-Heinrich Bette (Hrsg.), Körperspuren. Zur Semantik und Paradoxie moderner Körperlichkeit, S.20

[38] Foucault, M., (1977) “Überwachen und Strafen”, Frankfurt a. M.

[39] Foucault, M. (1977), S. 260f.

[40] Bette, K.-H. (1989), S.21

[41] Bette, K.-H. (1989), S. 27

[42] Bette, K.-H. (1989), S. 28

[43] Bette, K.-H. (1989), S.28

[44] Bette, K.-H. (1989), S.31

[45] Bette, K.-H. (1989), S.41

[46] Ewen, S. (2001) „Captains of Consciousness. Advertising and the Social Roots of the Consumer Culture“, Basic Books, S.47f.

[47] Adorno, T. W., Horkheimer, M. (2003) “Kulturindustrie”, In: Dialektik der Aufklärung, S.Fischer Verlag GmbH, Frankfurt a. M., S.129

[48] Adorno, T.W. (2001) „Minima Moralia – Reflexionen aus dem beschädigten Leben“, Suhrkamp Verlag, Berlin und Frankfurt a. M., Aphorismus 129, S. 384

[49] Adorno, T. W., Horkheimer, M. (2003), S.129

[50] Adorno, T. W., Horkheimer, M. (2003), S.130

[51] ‚Der Spiegel’, 08.2003, S.117

[52] Interview mit 3Sat Kulturzeit, nachzulesen auf www.3sat.de/kulturzeit/themen/50294/ (12.6.2005)

[53] ‚Der Spiegel’, 08.2003, S.117

[54] Adorno, T. W., Horkheimer, M. (2003), S.176

[55] Adorno, T.W. (2001) „Minima Moralia – Reflexionen aus dem beschädigten Leben“, Suhrkamp Verlag, Berlin und Frankfurt a. M., S.12

[56]Adorno, T.W. (2001), Aphorismus 97, S. 281

[57] Adorno, T. W., Horkheimer, M. (2003), S.240/41

[58] „Die verwaltete Welt oder: Die Krisis des Individuums“, Hörfunksendung des Hessischen Rundfunks, Frankfurt a. M. am 4.September 1950; In: Max Horkheimer, Gesammelte Schriften, Bd. 13, S. Fischer 1953

[59] “Wohnst Du noch, oder lebst Du schon?”; Ikea-Werbeslogan 2002

[60] Vgl. Shusterman, R. ( 1994) “Die Sorge um den Körper in der heutigen Kultur”, In: Andreas Kuhlmann (Hrsg.), Philosophische Ansichten der Kultur der Moderne, Kuhlmann, Fischer Taschenbuch Verlag, S.248

[61] Adorno, T. W., Horkheimer, M. (2003), S.248

[62] Adorno, T. W., Horkheimer, M. (2003), S.249 f.

[63] Tischleder, B. (2001) „Body trouble : Entkörperlichung, Whiteness und das amerikanische Gegenwartskino“, Frankfurt am Main; Basel, Stroemfeld / Nexus, S.84

[64] Der Begriff „Bodybuilding“ zeigt deutlich diese Einstellung.

[65] Shusterman, R. (1994), S.249 f.

[66] Braun, Chr., Gründl, M., Marberger, C., Scherber, Chr. (2001) „Beautycheck- Ursachen und Folgen von Attraktivität“, Universität Regensburg. http://www.uniregensburg.de/Fakultaeten/phil_Fak_II/Psychologie/Psy_II/beautycheck/zusammen/zusammen_d. htm

[67] Adorno, T. W., Horkheimer, M. (2003), S.165

[68] Adorno, T.W. (2001), Aphorismus 36, S.99

[69] Adorno, T.W. (2001), Aphorismus 36, S.97

[70] Adorno, T.W. (2001), Aphorismus 36, S.97

[71] Adorno, T.W. (2001), Aphorismus 36, S.98

[72] Rathner, G. (2001) “Post-communism and the marketing of the thin ideal”, In: M. Nasser, M. A. Katzman, R. A. Gordon (Hrsg.), Eating disorders and cultures in transitions. New York: Taylor & Francis, S.100

[73] Rathner, G. (2001), S.100 f.

[74] Daten übernommen von der Homepage des deutschen grünen Kreuzes; www.dgk.de, 17.3.2004

[75] Garner, D.M., Garfinkel, P.E., Schwartz, D., Thompson, M. (1980) „Cultural Expectations of Thinnes in females“, Psychological Reports, 47: 483-491

[76] Foucault, M. (1977), S.236

[77] Jaeger, B., Ruggiero, G.M., Edlund, B., Gomez- Perretta, C., Lang, F., Mohammadkhani, P., Sahleen-Veasey, C., Schomer, H., Lamprecht, F. (2002) „Body Dissatisfaction and ist Interrrelations with other Risk Factors for Bulimia nervosa in 12 countries.“, Psychotherapy and Psychosomatics, 71;1: 54-61

[78] Jaeger et al. (2002), S. 58

[79] Rathner, G. (1996) “Soziokulturelle Faktoren für die Entstehung von Essstörungen”, Psycho 22, S.179

[80] Rathner, G. (1996), S.180

[81] Rathner, G. (1996), S.180

[82] Vgl. Rathner, G., Messner, K., „Detection of eating disorders in a small rural town: an epidemiological study“, Psychological Medicine, 23;1: 175-184

[83] Die Merkmale von ethnischen Störungen sind nach Devereux:
1. a.) Die Symptome verletzen Normen, die in der jeweiligen Kultur bestehen.
b.) Die normale Verantwortlichkeit wird außer Kraft gesetzt, d.h. dem Betroffenen, also dem Kranken wird für sein normverletzendes Verhalten keine Verantwortlichkeit zugeschrieben.
c.) Der Betroffene oder Kranke wird auch als krank oder verrückt angesehen und nicht etwa als Krimineller oder Zauberer.
2. a.) Das „Modell des Fehlverhaltens“ ist allgemein bekannt und auch gesellschaftlich als Krankheit anerkannt. Das „Fehlverhalten“ bietet ein gesellschaftlich anerkanntes Mittel im Umgang mit intrapsychischen Spannungen.
b.) Alle ethnischen Störungen, die eine soziale Modellfunktion übernehmen, bedienen sich in gewissem Ausmaß hysterischer Mechanismen.
c.) Das „Modell des Fehlverhaltens“ knüpft an positiv sanktionierte kulturelle Praktiken und Themen an.
3. a.) Es Symptomkomplex steht für diverse Probleme
→ Prinzip der Überdeterminiertheit durch mehr als einen Konflikt
b.) Die Abwehrmittel, also das „Fehlverhalten“ ist spezifischer als der zugrunde liegende Konflikt, der die intrapsychische Spannung auslöst.
c.) Die zugrunde liegenden Probleme sind nicht ganz beliebig
→ Es gibt gewisse Affinitäten von Konflikten zu gerade diesem oder jenem Abwehrmittel/ „Fehlverhalten“

[84]Aschenbacher, K., Aschenbacher, F., Kirchmann, H., Strauß, B., (2004) „Störungen des Essverhaltens bei Gymnasiasten und Studenten“, Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie, 54: 1T-T13

[85] Barlösius, E. (1999) „Soziologie des Essens“, Weinheim, Juventa-Verlag, S.56

Ende der Leseprobe aus 125 Seiten

Details

Titel
Körperwahrnehmung und Essstörungen bei jungen Männern
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Note
1,4
Autor
Jahr
2005
Seiten
125
Katalognummer
V113033
ISBN (eBook)
9783640151509
ISBN (Buch)
9783640154050
Dateigröße
1545 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Körperwahrnehmung, Essstörungen, Männern
Arbeit zitieren
Magistra Artium Sabrina Fütterer (Autor:in), 2005, Körperwahrnehmung und Essstörungen bei jungen Männern, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113033

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