Das „Partnerschaftsprinzip“ in der EU-Strukturpolitik - Kann Partnerschaft zur Erhöhung der Legitimität der strukturpolitischen Entscheidungsfindung beitragen?


Seminararbeit, 2007

14 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Partnerschaftsprinzip
2.1 Die Entwicklung des Partnerschaftsprinzips
2.2 Die Ziele des Partnerschaftsprinzips
2.3 Strukturen und Mitglieder der Partnerschaft

3. Die Basis für alle weiteren Überlegungen:
Reaktionen der Mitgliedsstaaten auf das Partnerschaftsprinzip

4. Erhöhte Legitimität durch Partnerschaft?
4.1 Erhöhte Legitimität im Sinne eines deliberativen Demokratiemodells?
4.2 Erhöhte Legitimität im Sinne eines parlamentarischen Demokratiemodells?
4.3 Erhöhte Legitimität im Sinne eines >outputorientierten Demokratiemodells?

5. Schlussbetrachtung

Bibliographie

1. Einleitung

Mit Inkrafttreten der Einheitlichen Europäischen Akte im Jahre 1987 erhielt die Europäische Gemeinschaft die Rechtsgrundlage, eine gemeinschaftliche Strukturpolitik zu entwickeln. Zwar gab es schon vor 1987 europäische Strukturfonds[1], doch deren Mittel wurden hauptsächlich zur Unterstützung von Förderprogrammen der Mitgliedsstaaten eingesetzt. Zudem erfolgten die Förderprogramme nach nationalen Kriterien, wobei gesamteuropäische Entwicklungen häufig vernachlässigt wurden. Die Konzeption einer wirklich europäischen Strukturpolitik erfolgte erst im Rahmen des Entschlusses zur Vollendung des europäischen Binnenmarktes Mitte der 1980er Jahre. Die Strukturpolitik sollte nämlich die von den wirtschaftlich rückständigen Mitgliedsstaaten befürchteten nachteiligen Auswirkungen der Vollendung des Gemeinsamen Marktes durch ausgleichende Förderprogramme auffangen. Eine umfassende Reform 1988 erweiterte den Handlungsspielraum der Kommission in der Strukturpolitik maßgeblich, verdoppelte die Mittel der Strukturfonds, integrierte die Strukturfonds, legte die Grundziele der EU-Strukturpolitik fest und verankerte das sogenannte „Partnerschaftsprinzip“ als künftige Verfahrensweise (vgl. Tömmel 1994; Poth-Mögele 1993).

Diese Arbeit hat das 1988 eingeführte „Partnerschaftsprinzip“ zum Thema und beschäftigt sich mit der Frage, ob es zur Steigerung der Legitimität der Entscheidungsfindung in der europäischen Strukturpolitik beitragen konnte. Vor dem Hintergrund der andauernden akademischen Debatte um das Demokratiedefizit der Europäischen Union (vgl. z.B. Heinelt 2005; Abromeit 2002) ist eine Annäherung an das Thema der Partnerschaft aus demokratietheoretischer Perspektive von besonderer Aktualität.

Der erste Teil der Arbeit gibt zunächst einen Überblick über die Bedeutung und die Entwicklung des Partnerschaftsprinzips, beschreibt welche Ziele durch die partnerschaftliche Zusammenarbeit erreicht werden sollten, erläutert die institutionellen Erscheinungsformen der Partnerschaft und die Rolle der Partner auf den verschiedenen Stufen des strukturpolitischen Politikzyklus. Zudem wird überblicksartig auf die verschiedenen Reaktionsmuster der Mitgliedsstaaten auf das Partnerschaftsprinzip eingegangen, bevor im zweiten Teil der Arbeit die Frage der Legitimitätssteigerung diskutiert wird. Diese Frage wird aus der Perspektive dreier verschiedener Demokratiemodelle beleuchtet – der deliberativen Demokratie, der parlamentarischen Demokratie und der Outputdemokratie, wobei auf empirische Forschungsergebnisse einschlägiger Autoren zurückgegriffen wird. Eine zusammenfassende Stellungnahme meinerseits bildet den Abschluss der Arbeit.

2. Das Partnerschaftsprinzip

2.1 Die Entwicklung des Partnerschaftsprinzips

Die Reform der EU-Strukturpolitik 1988 beinhaltete die Vorgabe, dass die Kommission im Implementationsprozess eng mit nationalen, regionalen und lokalen Akteuren zusammenarbeiten sollte. Von der Programmplanung bis zur –durchführung sollten die Verhandlungsforen nun auch für subnationale Akteure geöffnet werden, um eine partnerschaftliche Entscheidungsfindung zu ermöglichen (vgl. z.B. Petzold 2006: 203). Nach Olsson (2003) konnten die subnationalen Akteure vor 1988 auf die Strukturpolitik nur marginal Einfluss nehmen (Olsson 2003: 286). Petzold (2006) weist allerdings darauf hin, dass „bereits vor der Einführung des ‚Partnerschaftsprinzips’ [...] konzeptionelle und experimentelle Grundlagen für eine breite Beteiligung regionaler Akteure gelegt“ wurden (Petzold 2006: 205).[2] Artikel 4 Absatz 1 der Durchführungsverordnung des Rates vom 24. Juni 1988 definiert die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Ebenen der EU als

enge Konzertierung zwischen der Kommission, dem betreffenden Mitgliedstaat und von ihm bezeichneten, auf nationaler, regionaler, lokaler oder sonstiger Ebene zuständigen Behörden, wobei alle Parteien als Partner ein gemeinsames Ziel verfolgen. (Verordnung des Rates Nr. 2052/1988).

Im Jahre 1993 wurde dieser Artikel um die Einbeziehung der Wirtschafts- und Sozialpartner erweitert, allerdings „nach Maßgabe der institutionellen Regeln und der Praxis des Mitgliedsstaats“ (Verordnung des Rates Nr. 2081/1993). Aus einer weiteren Präzisierung des Partnerschaftsprinzips im Jahre 1999 geht hervor, dass die Mitgliedsstaaten bei der Auswahl der „Partner“ (zu denen nunmehr auch die „sonstigen zuständigen Einrichtungen“ gehörten) der Förderung der Chancengleichheit von Männern von Frauen und dem Schutz der Umwelt Rechnung zu tragen haben (vgl. Verordnung des Rates Nr. 1260/1999). In der aktuellen Fassung der allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds wurden die „sonstigen zuständigen Einrichtungen“ weiter konkretisiert, indem hier von Vertretern der „Zivilgesellschaft“ und „Nichtregierungsorganisationen“ gesprochen wird (vgl. Verordnung des Rates Nr. 1083/2006). Die Zusammenarbeit zwischen der Kommission, dem Mitgliedsstaat, den Regionen und den Kommunen wird als vertikale Dimension der Partnerschaft der Partnerschaft bezeichnet, die Einbeziehung weiterer nichtsstaatlicher Akteure aus dem Mitgliedsstaat hingegen als horizontale Dimension (vgl. Batterbury et al. 1999: 39).

2.2 Die Ziele des Partnerschaftsprinzips

Von der Umsetzung des Partnerschaftsprinzips in der Strukturpolitik versprach sich die Kommission eine Reihe positiver Effekte, die in der Literatur häufig als „added value“ oder „nicht-monetärer Mehrwert“ (Petzold 2006: 206) bezeichnet werden. Zu diesen positiven Effekten zählt insbesondere eine größere Effizienz der Strukturpolitik durch die Auswahl von Projekten, die den regionalen Bedingungen besser angepasst sind und durch eine höhere Ausschöpfung der Strukturfonds sowie durch eine Erhöhung der Identifikation der regionalen Akteure mit den Strukturfondsprogrammen.[3] Daneben ging die Kommission davon aus, dass die Partnerschaft zur Stärkung bzw. zum Aufbau institutioneller Arrangements auf der regionalen Ebene beitragen könnte. In diesem Zusammenhang wurde nicht nur ein Aufbau institutioneller Kapazitäten mit direktem Bezug auf die Strukturfondsprogramme, sondern langfristig auch ein Spillover-Effekt auf nationale Entscheidungsfindung, d.h. ein Politikwechsel innerhalb der Mitgliedsstaaten erwartet (vgl. Batterbury et al. 1999: 23ff.). Darüber hinaus sollte das Partnerschaftsprinzip auch die Legitimität der Entscheidungsfindung in der EU-Strukturpolitik erhöhen, indem mehr Akteure in die Entscheidungsfindung miteinbezogen und die Strukturfonds auf der regionalen und lokalen Ebene transparenter werden (vgl. Bache/Olsson 2001: 216). Auch in den Strategischen Kohäsionsleitlinien des Rates aus dem Jahre 2006 wurde erneut betont, welche positiven Effekte sich die Gemeinschaft von der partnerschaftlichen Zusammenarbeit in der Strukturpolitik verspricht. So wird den Strukturfonds hier die Fähigkeit zugesprochen „in vielen Bereichen eine wirksame Politikgestaltung und –umsetzung mit Beteiligung aller maßgeblich Beteiligten [zu] fördern“ (Strategische Kohäsionsleitlinien 2006).

2.3 Strukturen und Mitglieder der Partnerschaft

Die partnerschaftliche Zusammenarbeit manifestiert sich in bestimmten institutionellen Strukturen. Management, Überwachung, begleitende Evaluation und Diskussion der Projekte findet im Überwachungsausschuss („Monitoring Committee“) statt, in dem die Partner zusammentreffen und welches von einem Sekretariat unterstützt wird. Die sogenannte „Managing Authority“ wird meist von nationalen Vertretern des Mitgliedsstaats ausgeübt. Neben diesen formellen Strukturen findet die eigentliche Zusammenarbeit aber auch in informellen Foren wie Arbeitsgruppen oder Unterausschüssen statt (vgl. Batterbury et al. 1999: 51ff.).

[...]


[1] Zu diesem Zeitpunkt gab es den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), den Europäischen Sozialfonds (ESF), den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und das Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei (FIAF) (vgl. Poth-Mögele 1993).

[2] So betont z.B. Tömmel, dass die Verankerung des Partnerschaftsprinzips die formelle „Umsetzung der zuvor erprobten Experimente sowie der quasi unter der Hand entstandenen informellen Verfahrensweisen“ (Tömmel 1994: 108) darstellt.

[3] Es muss an dieser Stelle allerdings auch darauf hingewiesen werden, dass von verschiedenen Akteuren auch Zweifel geäußert wurden, dass das Partnerschaftsprinzip eine Effizienzsteigerung mit sich bringen würde. Von diesen Beobachtern wurde vielmehr erwartet, dass eine Ausweitung der involvierten Akteure negative Konsequenzen für die Effizienz der Strukturpolitik hätte (vgl. Batterbury et al. 1999: 23).

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Das „Partnerschaftsprinzip“ in der EU-Strukturpolitik - Kann Partnerschaft zur Erhöhung der Legitimität der strukturpolitischen Entscheidungsfindung beitragen?
Hochschule
Universität Osnabrück  (Fachbereich: Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Policy-Making der EU II: Einführung in die EU-Regionalpolitik
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
14
Katalognummer
V113077
ISBN (eBook)
9783640133017
Dateigröße
451 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
EU-Strukturpolitik, Kann, Partnerschaft, Erhöhung, Legitimität, Entscheidungsfindung, Policy-Making, Einführung, EU-Regionalpolitik
Arbeit zitieren
Sara Becker (Autor:in), 2007, Das „Partnerschaftsprinzip“ in der EU-Strukturpolitik - Kann Partnerschaft zur Erhöhung der Legitimität der strukturpolitischen Entscheidungsfindung beitragen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113077

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