Die Konstitution kulturell-bedingter Bedeutungsstrukturen von Stereotypen in und durch Werbung


Hausarbeit, 2021

35 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung: Einordnung der Forschungsansatzes

2 Überblick theoretischer und empirischer Literatur
2.1 Die interaktive Konstruktion einer soziokulturellen Identität des Individuums
2.2 Werbebilder und der Nutzen stereotyper Rollendarstellung

3 Methodisches Vorgehen: Die hermeneutische Videoanalyse

4 Eine analytische Betrachtung des Werbefilms „Wir sagen Danke.“

5 Abschließende Betrachtung und Ausblick

6 Abbildungsverzeichnis

7 Literaturverzeichnis

Einleitung: Einordnung des Forschungsansatzes

„Die Realität existiert im menschlichen Geist und sonst nirgends. Nicht im Geist des einzelnen, der irren kann und ohnehin bald untergeht: nur im Geist der Partei, die kollektiv und unsterblich ist. Was immer die Partei für Wahrheit erachtet, ist Wahrheit. Die Realität läßt [sic!] sich ausschließlich durch die Augen der Partei erkennen.“ (Orwell 2001: 300)

Vor bereits über 70 Jahren schrieb George Orwell sein viel diskutiertes Werk „1984“, in welchem er einen totalitären Staat entwirft, der nach einer vollkommenen Kontrolle über seine Bürger strebt. Auch wenn seine Ideen von einem starken Determinismus durchdrungen sind, veranlasst dieser polarisierende Blickwinkel Orwells, soziale Phänomene dazu, an die Öffentlichkeit zu gelangen. Den konstruktivistischen Gedanken, dass die Realität ausschließlich im kollektiven, menschlichen Geist existiere, unterfüttert Orwell mit der Macht der Sprache. In „1984“ erschafft der totalitäre Staat eine ganz eigene Sprache, ,Neusprech‘ genannt. Diese Sprache ist an die Leitdoktrin der herrschenden Partei des Staates angelehnt und soll eine kollektive Identität im Volk konstruieren, damit gesellschaftliches Handeln nur im Rahmen der Leitdoktrin möglich ist. Dieser sozialkonstruktivistische Ansatz beinhaltet den theoretischen Ansatz, dass eine Identität, oder Geist aus der Kommunikation emergiert, durch eine Übermittlung von Gesten, die in einen gesellschaftlichen Prozess oder Erfahrungszusammenhang eingebettet sind (vgl. Mead 2020 1973: 89). Demnach ist die Sprache, als vokale Geste gedacht, nicht bloß eine Möglichkeit der Verständigung und Vermittlung von Wünschen und Ideen. Sie ist viel basaler dafür verantwortlich, dass wir diese Wünsche und Ideen in uns selbst erschaffen können, um diese dann in veräußerlichter, reziproker, verbaler Kommunikation kundzutun. Sprache strukturiert nicht bloß, sie erschafft. Aber es ist nicht die Sprache als eine bloße Aneinanderreihung willkürlicher Buchstaben, die Geist erschafft, sondern die Bilder und Bedeutungen, die mit der Sprache verbunden sind. So handeln Menschen „in Bezug auf Dinge auf Grundlage der Bedeutungen, die sie ihnen zuschreiben[.]“ (Blumer 2013: 7). Blumer war ebenfalls der Ansicht, dass diese Bedeutungen erst innerhalb sozialer Interaktionen entstehen können. Doch beinhaltet eine soziale Interaktion nicht bloß die Sprache als vokale Geste, sondern schließt viel grundlegender auch die nicht vokalen Gesten mit ein, die unter anderem die Mimik beinhalten. Ein Stirnrunzeln bedeutet in dem Fall das Zweifeln oder Ungläubigkeit, auf den jeweiligen Bezugsgegenstand gerichtet. Die dadurch evozierte Bedeutung ist das Herausgreifen und Bewerten einer Situation und eines Dinges. Wir werden später sehen, dass diese Art der Interaktion nicht nur Lebewesen zugeschrieben werden kann.

Die derzeit bestehende Gesellschaftsform ist die kapitalistische, welche im 18. Jahrhundert mit der industriellen Revolution begann und sich bis heute fortsetzt. Der Kapitalismus lebt vom Konsum, welcher wiederum durch einen globalen, internationalen Waren- und Ideenaustausch begünstigt wird. Einer Globalisierung vom Waren- und Ideenaustausch folgt unweigerlich auch eine immer stärkere Ausdifferenzierung der Gesellschaft, indem eine Vervielfältigung kultureller Vorstellungen mit den Produkten über den Arbeitsmarkt fließt. Dieser Differenzierung und der damit nicht selten einhergehenden kognitiven Belastung einer stets präsenten Informationsflut wird eine Komplexitätsreduktion entgegengesetzt, um Handlungs­und Interaktionssicherheit stets - wenn auch bloß oberflächlich - gewährleisten zu können; um zwischenmenschlich verstanden zu werden, bzw. um sich aufeinander einstellen zu können. Das Entstehen von Stereotypen ist dabei bloß eine der verschiedenen Möglichkeiten Komplexität zu reduzieren.

Die fortschreitende Digitalisierung im Alltag trägt nicht wenig zur Informationsflut bei, wäre jedoch nicht wegzudenken in der heutigen Zeit, die so sehr auf Fortschritt geeicht ist. So ist beispielsweise das Fernsehen in vielen Haushalten zum „Abendprogramm“ geworden, oft um der Suche nach Zerstreuung. Auf dieser Grundlage basieren zwischengeschaltete Werbespots. Sie dienen dem Verkauf bestimmter Produkte und dem Verbreiten der Markennamen, wobei Sie sich oft komplexitätsreduzierender Operationen bedienen. Um die breite Masse des Publikums anzusprechen, unterstützen stereotypisierende Situationen und Handlungen die Veranschaulichung und Präsentation relevanter Informationen - der des Produktes. Bezeichnungen wie „Vater“ und „Mutter“ existieren als allgemein anerkannte Symbole, um in entsprechenden Kontexten verstanden zu werden und nicht etwa aneinander vorbei zu reden. Symbole beinhalten somit einerseits präskriptive und andererseits deskriptive Bedeutungen, die sich innerhalb der Bezeichnungen als Sedimentschichten ablagern und Erwartungssicherheit garantieren (vgl. Onnen 2016: 68).

In dieser Hausarbeit liegt der Untersuchungsbereich auf der Betrachtung, wie sich über dargestellte Muster mittels Interaktion Typen bilden, die von der breiten Gesellschaft angenommen, mitgetragen und verbreitet werden. Expliziter beinhaltet diese Hausarbeit eine empirische Analyse eines Werbespots, anhand welcher dargestellt werden soll, wie sich eine kulturspezifische Rolle mittels Interaktion konstituiert. Als Beispiel dient das männliche Geschlecht in der Rolle des Vaters, wobei der im Jahr 2019 auf der Videoplattform „YouTube“ erschienene Werbespot „Wir sagen Danke.“ zur Analyse herangezogen wird. Dass Werbung, als Mittel der Interaktion zwischen Unternehmen und Konsument, einen wesentlichen Einfluss auf die gesellschaftliche Wahrnehmung der väterlichen Rolle hat, soll im Folgenden eine Kernhypothese sein, die es zu untersuchen gilt. Dafür gilt es zunächst, die Relevanz gestischer Interaktion und das theoretische Gerüst heranzuziehen, um eine Sensibilität gegenüber dem Forschungsgegenstand zu entwickeln. Dies unterstützt den nächsten Arbeitsschritt, in welchem die bereits bestehende Literatur vorgestellt und die zu behandelnde Thematik ebendort eingeordnet werden soll. Um ein solches Phänomen, wie das interaktive Manifestieren von Geschlechterrollen, analysieren zu können, bedarf es einer standardisierten Methodik. Der dafür verwendete methodische Ansatz ist ein hermeneutischer. Die verstehende Soziologie beschäftigt sich mit einer methodisch kontrollierten Herausarbeitung von Sinnbezügen, die Hinweise darauf geben, warum Handlung so und nicht anders zustande kam (vgl. Hitzler et al. 1997: 112). Dabei fokussiert sich der verstehende Ansatz im vorliegenden videoanalytischen Fall insbesondere auf die Kamerahandlung und dessen Sinnbezüge - der Darstellung einer Situation. Nachdem die Grundzüge dieser Methodik und des Vorgehens der Analyse erläutert wurden, behandelt das nächste Kapitel die analytische Betrachtung und zieht sowohl theoretische, sowie bereits empirisch existierende Ansätze mit ein. Im abschließenden Kapitel werden alle wichtigen Ergebnisse zusammengefasst und kritisch betrachtet, des Weiteren soll ein Ausblick auf weitere Forschungsmöglichkeiten gegeben werden.

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Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
Die Konstitution kulturell-bedingter Bedeutungsstrukturen von Stereotypen in und durch Werbung
Hochschule
Philipps-Universität Marburg
Note
1,7
Autor
Jahr
2021
Seiten
35
Katalognummer
V1132547
ISBN (eBook)
9783346500786
ISBN (Buch)
9783346500793
Sprache
Deutsch
Schlagworte
stereotypen, Werbung, Marketing, Kultur, Bedeutung, Gesellschaft, Soziologie, Wissenssoziologie, Wirtschaft, Ökonomie, Beeinflussung, Suggestion, Vater, Rolle, Rollenbild, Identität
Arbeit zitieren
Alexander Harms (Autor:in), 2021, Die Konstitution kulturell-bedingter Bedeutungsstrukturen von Stereotypen in und durch Werbung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1132547

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