Die Auswirkungen der Inflation auf die deutsche Außenpolitik


Seminararbeit, 2008

16 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Vorraussetzungen

3. Außenpolitische Maßnahmen 1920-22
3.1 Kreditaktion
3.2 Ausnutzen der Inflation
3.3 Exportoffensive
3.4 Scheitern der Maßnahmen
3.5 Zusammenfassung I
3.6 Genua-Politik
3.7 Rapallo-Politik

4. Außenpolitik unter Stresemann
4.1 Dawes, London und Locarno
4.2 Treffen von Thoiry
4.3 Berliner Vertrag, Briand-Kellog-Pakt und Young-Plan
4.4 Exportwirtschaft
4.5 Zusammenfassung II

5. Außenpolitik unter Brüning
5.1 Rolle Brünings im Vergleich mit Stresemann

6. Schluss

7. Literaturangabe

1. Einleitung

Es war der französische Außenminister, Aristide Briand, der der vor Begeisterung rauschenden Stimmung Ausdruck verlieh, als er in einer Rede aus dem Stegreif ausführte: „Das Zeichen des heutigen Tages ist der Friede für Deutschland und für Frankreich. [...] Zu Ende ist die Reihe der schmerzlichen und blutigen Zusammenstöße, von denen alle Blätter der Geschichte künden. Zu Ende ist der Krieg zwischen uns. Vorüber sind die schweren Wolken der Trauer [...]. Fort mit den Gewehren! [...] Fort mit den Kanonen! Platz für die Versöhnung, für das Schiedsgericht und für den Frieden!“[1] Mit diesen Worten schilderte er den Einzug der deutschen Delegation in die Vollversammlung des Völkerbundes in Genf am 10. September 1926; ein Ereignis, das besonders symbolkräftig den Wandel dokumentiert, den die Stellung Deutschlands in der Welt während der Mitte der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts erfahren hatte. Doch was geschah in der Weimarer Republik außenpolitisch bereits seit 1919, um an diesen Punkt zu gelangen und was passierte noch bis 1933? Besonders in Hinsicht auf die Zusammenwirkung der internationalen Politik mit der Inflationssituation versucht diese Arbeit Antworten zu geben. Wie wirkte die Inflation auf die außenpolitischen Strategien und Erfahrungen in den Jahren 1919 bis 1928 ein und wie beeinflusste sie die Krisenstrategien von 1929 bis 1933? Hierbei versuche ich besonderen Wert auf die außenpolitischen Verhältnisse vor dem wirtschaftlichen und sozialen Hintergrund zu legen.

2. Voraussetzungen

Im Gegensatz zur Habsburg-Monarchie war das Deutsche Reich zwar nicht von einer Auflösung betroffen, es musste aber aufgrund des Versailler Vertrags erhebliche territoriale Verluste und wirtschaftliche Einbußen hinnehmen. Der Wunsch nach Revision des Versailler Vertrags bestimmte die Hauptprobleme und die Ziele der deutschen Außenpolitik während der gesamten Weimarer Republik. Im internationalen Staatensystem war das Deutsche Reich isoliert, dem 1919 gegründeten, bereits angesprochenen, Völkerbund durfte es vorerst nicht beitreten. Während das Ende der deutschen "Weltgeltung" den im Kaiserreich entstandenen deutsch-britischen Gegensatz weitgehend auflöste, wurde das traditionelle Bild Frankreichs als deutscher "Erbfeind" in die neue Republik transportiert.

Im Herbst 1921 spitzte sich die schwierige Situation zu. Das Kabinett Wirth trat zurück. Wie mit der sich beschleunigenden Inflation umzugehen wäre und ob es noch Wege aus der bedrückenden Entwicklung der Reparationen gebe[2], waren die zwei zwingenden Fragen.

Doch eigentlich entstand der Zusammenhang beider Fragen nur dadurch, dass die Deutschen es stark übertrieben, den Ursprung der Inflation in den Reparationen liegen zu sehen. Demnach konnte man die Inflation eben auch nur aufhalten, indem man „die Last der Reparationen und ihrer Zahlungsmodalitäten spürbar erleichterte“[3]. Und hier kommen die Zusammenhänge stark zum Vorschein, die ich in dieser Arbeit ansprechen. Nämlich, dass die größten Probleme der Republik von Anfang an vor allem auf die Außenpolitik abgelagert wurden. Diese Hauptprobleme waren die bestehenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Unausgewogenheiten, sowie deren Folge: die Inflation. Die deutsche Außenpolitik musste also vom Beginn der Weimarer Republik bis 1933 das Innere stabilisieren.

Doch es herrschte Uneinigkeit, wenn es um die Lösungen zu Inflation und Reparationslast ging. Kurz- und langfristige Nachwirkungen sollten daraufhin folgen.

3. Außenpolitische Maßnahmen 1920-22

3.1 Kreditaktion

Die Außenpolitik versuchte die von der Inflation beschleunigte Krise zunächst wie folgt zu bewältigen: Man näherte sich England an. Man versuchte den Inflations- und Reparationsddruck an die Kriegsalliierten von einst abzuwenden. Die Mark verlor im Aus- mehr an Wert als im Inland und so konnte man den Export steigern. Besonders die Handelspolitik hatte zu dieser Zeit einen hohen Stellenwert und war Teil der Lösungsansätze der deutschen Außenpolitik in Hinsicht auf die Weltwirtschaft.[4]

Hier trat nun die Kreditaktion der deutschen Industrie in Erscheinung. Um noch ein Jahr die Erfüllungspolitik durchhalten zu können sah man eine Anleihe langfristiger Art für unabdingbar. Man erhoffte sich natürlich außerdem weiterhin die Einsicht der alliierten Siegermächte zur Revision der Reparationszahlungen. Dies schien auch sinnvoll zu sein, wenn man sich die Konsequenzen eines Wirtschafts-zusammenbruchs Deutschlands für die ganze Welt vorstellte.

Die deutsche Wirtschaftssituation war aber auch bereits verheerend. Die Stabilisierungsphase von April 1920 bis Juni 1921 wurde durch das Londoner Ultimatum und die darauf folgende Politik der Erfüllung beendet.[5] Die Mark verlor extrem an Wert. Die Verschuldung kurz zu halten, war nicht mehr möglich. Auch weil die erste gezahlte Milliarde im August 1921 die weiteren Raten unerreichbar schienen ließ.

„Der ganze Fragenkomplex stehe im engsten Zusammenhang mit dem Reparationsproblem. Streng vertraulich bemerke er, daß England mit Besprechungen über eine Revision der Reparationsverpflichtungen bereits im Winter rechne. Gerade deshalb habe er wegen der wirtschaftlichen und politischen Wirkung auf die pünktliche Zahlung der ersten Milliarde gedrängt. Er richte nun die Frage an die Industrie, welchen Weg sie vorschlagen könne, um dem Reich Gold zuzuführen. Es handle sich um etwa 1½ Milliarden Goldmark.“[6] So beschrieb der Protokolleur die Worte Wirths in einer Besprechung zur Kreditaktion im September 1921. Mit der Kreditwürdigkeit der Industrie sollte eine Anleihe aus dem Ausland aufgenommen werden, die für das Reich Reparationszahlungen übernehmen sollte. Doch die Industrie gab diese Gelder nicht umsonst. Die Ausgabenpolitik brachte nämlich weitgehende Vollbeschäftigung, sowie einen Aufschwung der Produktion mit sich. Die Industrie ist nun in einer entscheidenden Position, die sie für sich nutzen will und kann. Eine unkontrollierbare Inflation, mit beeinträchtigtem Außenhandel galt es in dieser Lage ebenso zu vermeiden, wie eine harte Deflationspolitik, die die Grundmauern des Staates zum Zittern bringen hätte können.[7]

Die Reparationsforderungen und Sanktionsdrohungen ließen die Mark in ihrem Wert immer weiter fallen. Die Maßnahmen der Alliierten, die zum Erfolg führen sollten, die Reparationen zahlen zu können waren in der Art nicht durchführbar.[8] Die Industrie war also von der Kreditidee angetan. Eben auch weil diese zeigen sollte, dass eine Erfüllung der Reparationen gar nicht machbar sei und dann zu einer Revision führen sollte.

Diese Aktion zeigte den Alliierten Mächten erneut, dass das Reich sich sehr bemühte und willens war, die Forderungen zu erfüllen. Auch wenn anderes dahinter steckte.

3.2 Ausnutzen der Inflation

Mit der angesprochenen Politik des Entgegenkommens hatten Wirth und Rathenau erreicht, dass man im Ausland wieder mehr Vertrauen in Deutschland gewann. Auf diesem weiter auszubauenden Weg wollte man schlussendlich auch eine Einsicht der Alliierten erreichen. Man erhoffte sich so gemäßigte Zahlungen zu erreichen. Mit diesen Maßnahmen wurde versucht einen gemeinsamen Wiederaufbau der Handelsverhältnisse und die Überwindung der Wirtschaftskrise in ganz Europa erreichen. Und man wollte vor allem klar machen, dass diese Ziele nur mit Hilfe Deutschlands zu realisieren wären. So sollte das Reich wieder erstarken. Die Inflation wurde geschickt für die eigenen Zwecke in der internationalen Politik ausgenutzt.

Das Nutzen der Inflation für außenpolitische Zwecke hatte nur den Hintergedanken, die Reparationen des Versailler Vertrages zu widerrufen und Deutschland wieder auf eine Stufe mit den Großmächten zu stellen.

3.3 Exportoffensive

Die moralische Einwirkung auf die Siegermächte durch die Kreditaktion sollte jedoch nicht alles sein, was die Außenpolitik zu bieten hatte, um ihrem eigentlichen Ziel – der Revision – näher zu kommen.

In Zusammenhang mit der Kreditaktion der deutschen Industrie war es vor allem die noch weiter steigende Exportoffensive, die die Druckmittel von außen verringern sollte und von der man sich eine Verschnaufpause erhoffte.

Die immer weiter schreitende Inflation und der dadurch gefährdete deutsche Markt brachte vor allem England dazu, über eine Wiederherstellung normaler Verhältnisse und das Verhindern einer Katastrophe in Deutschland, nachzudenken.[9] Die deutsche Situation war für England äußerst gefährlich. Auf Reparationsverpflichtungen folgte geschwächte Kaufkraft in Deutschland und daraufhin folgte Erwerbslosigkeit in England – ein Teufelskreis, der England dazu zwang, die Wiederherstellung gesunder wirtschaftlicher Verhältnisse im Reich als zwingend notwendig zu erachten. Wenn die Forderungen des Londoner Ultimatums weiter aufrecht gehalten würden, so sah man eine Wirtschaftskatastrophe auf dem ganzen Kontinent vor sich.

Die Exportoffensive der deutschen Wirtschaft, die englischen Einbußen und die Absicht mit der Inflation die Reparationsleistungen revidieren zu können, machten Hoffnung in Deutschland. Doch das reichte nicht.

[...]


[1] Schulze, Hagen: Weimar. Deutschland 1917-1933, Berlin 1982, S. 281.

[2] Vgl. Krüger, Peter: Die Auswirkungen der Inflation auf die deutsche Außenpolitik, in: Feldman, Gerald D. (Hg.), Die Nachwirkungen der Inflation auf die deutsche Geschichte 1924-1933, München 1985, S. 297.

[3] Ebd.

[4] Vgl. Krüger, S. 299.

[5] Vgl. Ebd., S. 300.

[6] Bundesarchiv: Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik. Nr. 82 Besprechung mit Vertretern des Reichsverbandes der deutschen Industrie. 7. September 1921, 11 Uhr. [Steuerpolitik des Reichs – Kreditaktion der deutschen Industrie], in: http://www.bundesarchiv.de/aktenreichskanzlei/1919-1933/1021/wir/wir1p/kap1_2/kap2_85/para3_1.html am 29. Januar 2008.

[7] Vgl. Krüger, S. 300.

[8] Zur genaueren Beschreibung der Aufbringungsmaßnahmen vgl. Krüger, S. 300.

[9] Stamm, Christoph: Lloyd George zwischen Innen- und Außenpolitik. Die britische Deutschlandpolitik 1921/22, Köln 1977, S. 174 ff.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die Auswirkungen der Inflation auf die deutsche Außenpolitik
Hochschule
Technische Universität Chemnitz  (Philosophische Fakultät, Fachbereich Geschichte)
Veranstaltung
Der Schwarze Freitag 1929 – eine transnationale Katastrophe? Wirtschafts-, sozial- und kulturhistorische Aspekte der Weltwirtschaftskrise in Deutschland und Europa
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
16
Katalognummer
V113292
ISBN (eBook)
9783640138159
Dateigröße
415 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Auswirkungen, Inflation, Außenpolitik, Schwarze, Freitag, Katastrophe, Wirtschafts-, Aspekte, Weltwirtschaftskrise, Deutschland, Europa
Arbeit zitieren
Michael Behrens (Autor:in), 2008, Die Auswirkungen der Inflation auf die deutsche Außenpolitik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113292

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