Untersuchung zweier Quellen des frühen Mittelalters auf den Grad der Volkssprachlichkeit. Anhand des Indovinello Veronese (770-780) und des Placito Capuano (960)


Seminararbeit, 2020

15 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe


INHALT

I. Themenvorstellung und Intention

II. Historische Einordnung und geschichtlicher Hintergrund zweier mittelalterlicher Quellen
II.1. Indovinello Veronese
II.2. Placiti Campani

III. Linguistische Merkmale de s Indovinello Veronese
III.1. Bereich der Phono- und Morphologie
III.2. Bereich der Lexikologie

IV. Linguistische Merkmale des Placito Capuano
IV.1. Bereich der Phono- und Morphologie
IV.2. Bereich der Lexikologie

V. Fazit und weiterführende Fragestellungen

VI. Bibliografie

Abstract

Come argomento della tesina è stato scelto lo sviluppo storico della lingua italiana. Per un’ottima comprensione del processo dei cambiamenti linguistici è fondamentale considerare alcuni antichi testi scritti ed esaminare le differenze grammaticali e lessicali che compaiono. Secondo la letteratura specializzata e molti teoretici, i Placiti Campani rappresentano la prima testimonianza della lingua italiana, ecco il motivo per il quale bisogna considerarli, poiché si tratta di una raccolta completa di testi, è necessario limitarsi ad un estratto più corto. Come esempio si offre il primo placito, il Placito Capuano (960 d.C.) . Tra il 770 d.C. e il 780 d.C., fu scritto l’ Indovinello Veronese. Sebbene molte ricerche mostrino che il testo ha più aspetti linguistici in comune con il latino che con l’italiano, esistono opinioni opposte e la distinzione giusta tra testi latinizzati e testi piuttosto italiani è la causa di discorsi e divergenze tra ricercatori. Quindi lo scopo della tesina è trovare le differenze che riguardano gli elementi linguistici delle due fonti, esaminarle e coordinarle analizzando a quale idioma appaiono più vicine. Alla fine, la tesina verifica che il Placito Capuano contiene più elementi volgari che l’ Indovinello Veronese, pubblicato 200 anni prima. In questo modo la tesina informa del grado di cambiamento possibile in due secoli.

I. Themenvorstellung und Intention

Die folgende Hausarbeit beschäftigt sich mit ersten volkssprachlichen Quellen des Italoromanischen aus dem frühen Mittelalter. Da das Italoromanische ein aus den Varietäten des Vulgärlateins hervorgehendes Sprachsystem darstellt, ist zunächst eine Analyse zweier Quellen und die Untersuchung der diachronischen Entwicklung sinnvoll. In diesem Zusammenhang sollen beide Quellen zuallererst historisch in den Kontext eingeordnet und dann im Hinblick auf linguistische Merkmale des Altitalienischen sowie lateinischer Varietäten untersucht werden. Dabei stehen vor allem phonologische, morphologische sowie lexikalische Besonderheiten im Mittelpunkt. Die kampanischen Schwurformeln Placiti Campani aus dem Jahre 960 stellen laut Historikern den ersten volkssprachlichen Text dar. Die Hausarbeit hat das Ziel dies zu prüfen und zu verifizieren, ob und wieso die Placiti Campani im Verhältnis zu anderen Texten diesen Stellenwert erlangen und welche Merkmale zur Definition beitragen. Aufgrund der umfangreichen Länge der Placiti Campani soll im weiteren Verlauf der Hausarbeit verstärkt und ausschließlich Bezug auf den ersten Placito Capuano genommen werden. Das Indovinello Veronese soll als bekannter Text, der 200

Jahre vor den Schwurformeln entstand, den anderen Untersuchungsgegenstand liefern, wobei sich der strukturelle Aufbau der Erarbeitung an der chronologischen Veröffentlichung der Dokumente orientiert. Dabei ist zu betonen, dass die Unterschiede im Hinblick auf die Textsorte im Zusammenhang mit dieser Hausarbeit nicht berücksichtigt werden sollen, sondern das Ziel lediglich in der Herausarbeitung linguistischer Gemeinsamkeiten und Unterschiede besteht und die Einordnung als überwiegend lateinisches beziehungsweise überwiegend italoromanisches Textzeugnis relevant ist.

II. Historische Einordnung und geschichtlicher Hintergrund zweier mittelalterlicher Quellen

II.1. Indovinello Veronese

Das Rätsel aus Verona ist laut Studien im Zeitraum zwischen 770 und 780 n. Chr. entstanden. Eine genauere Eingrenzung ist nicht bekannt (vgl. Antonelli 2018, S. 39). Der Verfasser hatte den Text in ein Gebetbuch geschrieben (vgl. ebd.), welches sich in der Biblioteca Capitolare in Verona befand, welche bis zum heutigen Zeitpunkt den Standort des Schriftstückes stellt (vgl. Castellani 1976, S. 13). Das Gebetbuch stammt ursprünglich aus Spanien, von wo aus es über Sardinien und die Toskana schließlich nach Verona gelangte (vgl. Reutner/Schwarze 2011, S. 51). Es wird davon ausgegangen, dass es sich bei dem Autor der Zeilen um einen Priesteramtsanwärter handelte (vgl. Reutner/ Schwarze 2011).

Se pareva boves alba pratalia araba & albo versorio teneba & negro semen seminaba + gratias tibi agimus omnip(oten)s sempiterne d(eu)s (Castellani, S. 13).

Die deutsche Entsprechung des Rätsels kann wie folgt beschrieben werden: „Sie trieb Ochsen an, pflügte weiße Felder, hielt einen weißen Pflug und säte schwarzen Samen […]“ (Reutner/ Schwarze 2011, S. 52). Bemerkenswert ist, dass vor allem das Verb parere durch seine Vielzahl an Bedeutungen verschieden verstanden werden kann. Unterschiede zwischen Theoretikern bestehen jedoch häufig ausschließlich in der Wahl verschiedener Synonyme (vgl. auch Antonelli 2018, S. 37).

Die Bedeutung des Rätsels war lange Zeit unklar für die Forschung bis eine Studierende zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine mögliche Erklärung aufstellte (vgl. Reutner/ Schwarze 2011, S.51). Die Hochschülerin sah Zusammenhänge mit Versen, die sie aus der Kindheit kannte (ebd., S.51). Bei dem Gleichklang handelt es sich um einen Vergleich zwischen landwirtschaftlicher Bestellung der Äcker und des Füllens eines unbeschriebenen Dokumentes mit Tinte (Vecce 2009, S.16).

Unterhalb des Rätsels jedoch auf derselben Seite befindet sich ein Vers, dessen Inhalt eine Lobpreisung Gottes darstellt (vgl. Antonelli 2018, S.40). Dieser differenziert sich allerdings im Besonderen von den Reimen des Rätsels durch die Korrektheit und Hochsprachlichkeit der Art des verwendeten Lateinischen (vgl. ebd).

II.2. Placiti Campani

Bei den ‚Placiti Campani handelt es sich um Schwurformeln aus dem Großraum Neapels. Datiert auf März des Jahres 960 n. Chr. erhalten sie in der Forschung den Status des „atto di nascità“ (‚Geburtsakt‘) (Morgana 2009, S. 21) der italoromanischen Sprache. Besonders prägend ist hierfür die erste und älteste der Eidesformeln, der Placito Capuano (vgl. Reutner/ Schwarze 2011, S. 52). Die kampanische Stadt gehörte seinerzeit zum langobardischen Zentrum in Benevent. Im Jahre 960 fand dort eine rechtliche Auseinandersetzung statt, an der kirchliche Vertreter eines Klosters, sowie Rodelgrimo, Kläger aus Aquin, beteiligt waren (vgl. ebd.). Grund des Rechtsstreits war die Verhandlung der Eigentumsverteilung verschiedener Grundstücke, dessen Besitz durch das Kloster verwaltet wurde (vgl. ebd.). Rodelgrimo verlangte die Übergabe einzelner Ländereien an sich, während der Verwalter des Klosters sich auf die Verjährung der Frist für derartige Beanspruchungen berief (vgl. ebd.) Die Schwurformel wurde in dem Zusammenhang von Kirchenvertretern des Klosters aufgesagt und nennt die Grundstücke „dreißig Jahre [langen] […] Besitz der Mönche der Abtei von Montecassino“ (Reutner/Schwarze 2011, S. 52).

„Sao ke kelle terre, per kelle fini que ki contene, trenta anni le posette parte S(an)c(ti) Benedicti” ( Carta capuana, 960; Castellani, S.13).

Auf Deutsch könnte die Formel in etwa lauten: „Ich weiß, dass jene Ländereien, in jenen Grenzen, […] [von denen hier die Rede ist], […] [schon seit dreißig Jahren] dem Kloster des Heiligen Benedikt gehören“ (Reutner/ Schwarze 2011, S. 52).

III. Linguistische Merkmale des Indovinello Veronese

III.1. Bereich der Phono- und Morphologie

Im Hinblick auf lautliche und morphologische Merkmale lassen sich zunächst Veränderungen am Ende der einzelnen Wörter feststellen. Das Phänomen der Apokope, also der Tilgung von Konsonanten am Wortende findet erste Anwendung. So verschwinden die Endungen <-m> wie in ALBUM > albo (,weiß‘) und VERSORIUM > versorio (‚Pflug‘) (vgl. Vecce 2009, S. 17). Des Weiteren findet ein Wandel bezüglich der Vokale statt, wobei u > -o wird (vgl. ebd.). Dadurch entfällt die für synthetische Sprachsysteme typische Markierung von Fällen am Wortende. Der Wandel des Vokalsystems findet sich auch von Î > e wie beispielsweise von NIGRU(M) > negro (vgl. ebd.) . Die zunehmende Apokopierung wird ebenfalls deutlich durch negro semen (,schwarzer Samen‘), welches sich von dem lateinischen „Dativ nigro semini […] [und] Ablativ nigro semine“ (Michel 1997, S. 141) abhebt. Dadurch gleicht die im Rätsel verwendete Form eher der italienischen Entsprechung seme nero (‚schwarzer Samen‘). Trotzdem deutet das Suffix <-n> auf eine am Lateinischen orientierte Orthographie hin (vgl. ebd.). Dieses Phänomen lässt sich als das lateinische Neutrum in der Einzahl beschreiben (vgl. Vecce 2009, S. 17). Diese latinisierte Endung auf Konsonanten trifft ebenfalls auf boves (‚Ochsen‘) und et (‚und‘) zu (vgl. Reutner/ Schwarze 2011, S. 51). Es handelt sich hier um die Beibehaltung der Endung für den maskulinen Akkusativ im Plural (vgl. Vecce 2009, S. 17). Ein weiteres Vorkommen für lateinische Kasusendungen beschreibt pratalia als vierter Fall des neutralen Akkusativs im Plural (vgl. ebd.). Im Bereich der Verbformen finden sich ebenfalls Abweichungen. Das finale -t wird apokopiert (vgl. ebd.). So bildet sich aus PAREBAT > pareba als konjugierte Form des Infinitivs parere (‚einspannen‘, ‚gleichen‘, ‚antreiben‘) (vgl. ebd.). Dadurch wird zwar eine Veränderung vorgenommen, die für die Zeitform des Imperfekts im modernen Italienischen zentral ist, allerdings existiert weiterhin das <b>, was sich im italoromanischen Sprachsystem zu einem <v> gewandelt hat (vgl. ebd.).

Das einleitende se wird seitens der Forschung auf unterschiedliche Weisen gedeutet. Es kann für klassisch lateinisch SEX (‚sechs‘), SIBI (‚sich‘), SI (‚wenn‘) oder SIC (‚so‘) stehen (vgl. Reutner/ Schwarze 2011, S. 51). Aufgrund von fehlender Standardisierung und unzureichender Quellenzeugnisse ist die Bestimmung der tatsächlichen Bedeutung problematisch (vgl. Antonelli 2018, S. 40).

Weitere Merkmale neben der phonologischen und morphologischen Ebene bieten Beispiele, die die Wahl des Wortschatzes des Rätsels betreffen.

III.2. Bereich der Lexikologie

Im Bereich der Lexikologie finden sich Divergenzen, was die Verwendung von Vokabular aus dem Klassischen Latein und die von Wörtern aus volkssprachlichem Latein angeht. Anstelle von ager oder campus (‚Acker‘/,Feld‘) findet sich im Text das Wort pratalia (,Feld‘), was semantisch an lat. PRATUM angelehnt ist (vgl. Michel 1997, S. 140). Ein weiteres vorwiegend vulgärlateinisches Nomen wird durch versorio (‚Pflug‘) beschrieben, welches sich von der klassisch lateinischen Form ARATRUM abhebt (vgl. ebd.). Neben Änderungen bezüglich der Verwendung von Substantiven finden sich deviante Verbformen. Das Verb parere kann auf drei unterschiedliche Bedeutungen zurückgreifen: ‚einspannen‘, ‚antreiben‘ sowie ‚gleichen‘. Im Gegensatz zu letzterer Übersetzung stellt parere im Sinne von ‚einspannen‘ und ‚antreiben‘ eine Abspaltung vom klassischen Latein dar, wo incitare, impellere (‚antreiben‘) beziehungsweise parare (‚einspannen‘) als korrekte Formen gelten (vgl. ebd.). Einige lexikalische Merkmale des Textes weisen auf venetische Dialekte hin (vgl. Michel 1997, S. 141). Ein Beispiel liefert das Wort Pflug, welches im Raum Venedigs nicht mit aratro (italienisch), sondern mit versor übersetzt wird (vgl. ebd.).

Auf der anderen Seite weist das Rätsel jedoch auch für das Klassische Latein typische Vokabeln auf. So findet sich im Text beispielsweise das Adjektiv albo (‚weiß‘) anstelle der volkssprachlichen Form bianco (vgl. ebd.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Untersuchung zweier Quellen des frühen Mittelalters auf den Grad der Volkssprachlichkeit. Anhand des Indovinello Veronese (770-780) und des Placito Capuano (960)
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
2.0
Autor
Jahr
2020
Seiten
15
Katalognummer
V1132933
ISBN (eBook)
9783346506511
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Placito Capuano, Indovinello veronese, Letteratura italiana, Placiti campani, Italienische Literatur, Rätsel von Verona
Arbeit zitieren
Lina Gertzmann (Autor:in), 2020, Untersuchung zweier Quellen des frühen Mittelalters auf den Grad der Volkssprachlichkeit. Anhand des Indovinello Veronese (770-780) und des Placito Capuano (960), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1132933

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