Diese Arbeit gliedert sich in vier Arbeitsschritte. Erstens wird die kritisch-kommunikative Didaktik Karl-Hermann Schäfers (1971) in Grundzügen vorgestellt. Zweitens wird die kritisch-kommunikative Didaktik Rainer Winkels (198O) referiert. Drittens wird Winkels Didaktik textimmanent kritisiert. Viertens wird Winkels Didaktik auf dem Hintergrund der Didaktik Schäfers beleuchtet. Dies leistet Dirk Rustemeyer (1985), dessen Kritik an Winkel hier nachvollzogen werden soll.
Inhaltsverzeichnis
1. Die kritisch-kommunikative Didaktik K.-H Schäfers
2. Die kritisch-kommunikative Didaktik R. Winkels
3. Textimmanente Kritik der Didaktik R. Winkels
4. Dirk Rustemeyers Kritik und Winkels Replik
Literaturverzeichnis
Diese Arbeit gliedert sich in vier Arbeitsschritte. Erstens wird die kritisch-kommunikative Didaktik Karl-Hermann Schäfers (1971) in Grundzügen vorgestellt. Zweitens wird die kritisch-kommunikative Didaktik Rainer Winkels (198O) referiert. Drittens wird Winkels Didaktik textimmanent kritisiert. Viertens wird Winkels Didaktik auf dem Hintergrund der Didaktik Schäfers beleuchtet. Dies leistet Dirk Rustemeyer (1985), dessen Kritik an Winkel hier nachvollzogen werden soll.
1. Die kritisch-kommunikative Didaktik K.-H. Schäfers
Schäfer beschreibt im Einleitungskapitel den Aufgabenbereich einer kritisch-kommunikativen Didaktik, welche "nur erreicht werden [kann] im Durchlaufen einiger gegenwärtig relevanter didaktischer Modelle" (S.127). Während die "traditionelle Didaktik im Sinne von E. Weniger und W. Klafki" (S.125) vorwiegend inhaltsorientiert sei, gehe die von P. Heimann und W. Schulz entwickelte Didaktik von einem Interdependenzverhältnis sowohl inhaltlicher als auch methodischer Fragen aus. Schäfer fordert, die "einseitige Dominanz der Inhalts- und Methodenfragen aufzugeben und stattdessen die sozialen unterrichtlichen Inter-aktionsprozesse im Zusammenhang mit den Inhalts- und Methodenfragen in das Zentrum einer kritischen Analyse des Unterrichts zu stellen" (S.126). Er bezieht sich hiermit sowohl auf die Weiterentwicklung der Kritischen Theorie durch Habermas als auch auf die sozialpsychologisch ausgerichtete Kommunikations-theorie nach Watzlawick u.a. Diese Theorien "haben gezeigt, daß interaktive Kommunikationsprozesse von der sozialen Beziehungsdimension und der Inhaltsdimension getragen werden" (S.126).
Der nun folgende Versuch, Schäfers Didaktik vorzustellen, beabsichtigt nicht "chronologisch" am Text entlang nachzuerzählen, sondern bemüht sich darum, zunächst die Relevanz sowohl der Habermas- als auch der Watzlawick-Rezeption gesondert zu verdeutlichen, um im Anschluß daran weitere Argumentationsstränge Schäfers zu exzerpieren.
Zuerst werden die Abschnitte 2-4 (3.Kap.) und 3-5 (4.Kap.) paraphrasiert, ferner lassen sich zum einen die Abschnitte 2 und 7 (4.Kap.), zum anderen die Abschnitte 8 (3.Kap.) und 4-6 (4.Kap.) aufeinander beziehen. Im Rahmen dieser Arbeit werden sie nur stichwortartig berücksichtigt. Der von Schäfer konzipierte Zweischritt von "Einführung" (3.Kap.) und "Aspekte" (4.Kap.) wird hier auf eine "aspektierte Einführung" verkürzt. Der Anspruch auf Vollständigkeit kann nicht erhoben werden. Aus Gründen der Übersichtlichkeit sei diese Art von Systematisierung jedoch erlaubt.
Die kritisch-kommunikative Didaktik basiert auf den Prinzipien der kritischen Erziehungswissenschaft, deren wissenschaftstheoretische Prämissen der Wissenschaftstheorie des frühen Habermas zugrunde liegen. Die Erfahrungen der Menschen im alltäglichen Umgang sind von „erkenntnisleitenden Interessen“ bestimmt. Für alle durch Arbeit sich am Leben haltende Menschen sind sie gleichermaßen verbindlich, es handelt sich also um anthropologisch tiefsitzende Interessen. Diese Interessen sind die Bedingung der Möglichkeit dafür, daß gesellschaftlich handelnde Menschen im Umgang mit technisch produzierbaren und produzierten Dingen manipulative Erfahrungen (technisches Interesse), im Umgang mit sprechenden Menschen interaktive Erfahrungen (praktisches Interesse) machen können. Nicht nur die Menschen im alltäglichen Umgang, sondern auch die Objektbereiche der Natur- und Geisteswissenschaften werden von diesen erkenntnisleitenden Interessen konstituiert. Die Erkenntnisinteressen haben einen quasi-transzendentalen Status: zum einen konstituieren sie wissenschaftliche Gegenstände, sind also transzendentale Bedingungen, zum anderen stehen sie nicht jenseits von gesellschaftlicher Praxis. Ein drittes, das emanzipatorische Erkenntnisinteresse, kann sich erst dann entwickeln, wenn sich repressive Gewalt in den Strukturen verzerrter Kommunikation als Herrschaft institutionalisiert hat. Mittels Selbstreflexion soll die Legitimation von Herrschaft überprüft werden.
Zurück zur Konstitution wissenschaftlicher Forschung: Das Verhältnis von Natur- und Geisteswissenschaften kann erziehungswissenschaftlich analogisiert werden dem Verhältnis von empirisch-analytischen Verhaltens-wissenschaften und hermeneutischen Handlungs-wissenschaften.
Die Diskrepanz zwischen beiden Forschungsansätzen muß wissenschaftstheoretisch vermittelt werden, will der Anspruch eines jeden heranwachsenden Menschen auf Mündigkeit verwirklicht werden können. Einerseits kann auf die Ergebnisse der Verhaltensforschung nicht verzichtet werden, weil empirische Theorien als Wirklichkeitskontrolle unerläßlich sind. Andererseits bildet eine Handlungswissenschaft das Korrektiv zu einer virtuell manipulativen Verhaltensforschung. Beide Wissenschaftskonzeptionen müssen einander ergänzen. Dem wissenschaftstheoretischen Anspruch der kritischen Erziehungswissenschaft genügt jedoch dieses Zweiergespann nicht. Das Selbstverständnis sowohl der empirisch-analytischen als auch der hermeneutischen Wissenschaften ist ein unpolitisches: beide halten am Postulat der Werturteilsfreiheit fest. Das ist jedoch in den Augen der „kritischen Wissenschaftstheorie" deshalb gänzlich unmöglich, weil Forschung seit jeher und für immer im geschichtlichen Zusammenhang agiert und somit verwurzelt ist im Boden materieller Praxis. Wenn Wissenschaft sich ihrer Wertmaßstäbe auch nicht bewußt ist, so werden ihre Ergebnisse doch im gesellschaftlich-politisch-geschichtlichen Rahmen rezipiert. Dies zu erkennen leistet erst eine emanzipatorische Perspektive, die der Geschichte einen Zielsinn unterstellt. Die emanzipatorische Perspektive ist gleichzeitig daran „interessiert", materielle Praxis und Reflexion als die beiden konstitutiven Momente einer Dialektik der Geschichte zu begreifen.
Zusammenfassend: Eine Kombination von Empirie und Hermeneutik ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für emanzipatorisches Erkennen und Handeln. Letzteres muß vielmehr einsehen, daß Geschichte machbar ist und daß jede Wissenschaft - ob sie will oder nicht - am Werdegang von Geschichte und Gesellschaft beteiligt ist.
- Arbeit zitieren
- Detlef Rüdiger (Autor:in), 1986, Transformation der Kritisch-Kommunikativen Didaktik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113338