William Shakespeares 'The Tempest' ist in der vierhundertjährigen Forschungsgeschichte bereits von diversen Blickwinkeln und unter Zuhilfenahme der unterschiedlichsten Theorien analysiert und interpretiert worden – in jüngster Vergangenheit nicht selten auch unter bewusster Ignorierung der eigentlichen Intentionen Shakespeares bzw. seines mutmaßlichen (Er-)Kenntnisstandes. Diese interpretative Vielfältigkeit des Werkes trägt aufgrund der oftmals aus ihr resultierenden Gegensätzlichkeit der Herangehensweisen und Schlussfolgerungen, nicht zuletzt aber auch dank seines anscheinend unbegrenzten Kontextualisierungspotentials, immer mehr zu seiner Mystifizierung bei.
Auf den folgenden Seiten sollen lediglich zwei dieser zahllosen Möglichkeiten, das Stück zu verstehen, vorgestellt werden. Die erste und hier extensiver ausgeführte Lesart lehnt sich an Überlegungen vor allem naturphilosophisch-kosmologischen Charakters an, die unter den Denkern und Forschern der Renaissance für viel Diskussionsstoff sorgten. Die alchemistischen Theorien beinhalteten vor allem die Relationen zwischen dem Universum, den Planeten, der Erde, der Natur und dem Menschen aus einer holistischen Perspektive unter gleichzeitiger Annahme einer göttlichen Kraft als oberster Instanz. In dieser Arbeit soll das Hauptaugenmerk auf den dem Verhältnis Mensch-Natur gewidmeten Lehren liegen.
Die namenlose und geographisch höchst arbiträre Insel, die als Hauptschauplatz in The Tempest dient, versinnbildlicht den Austragungsort des in der Renaissance viel diskutierten Konflikts zwischen den dichotomen Konstituenten der Natur: zum Einen ihrer tugendhaften, unverfälschten und spirituellen Seite und, in Opposition dazu, ihr lasterhafter, korrumpierter und dämonischer Konterpart. Der Mensch wird als Teil dieses Naturbildes während seiner gesamten irdischen Existenz als Objekt dieses Tauziehens zwischen den ihm inhärenten und ihn gleichzeitig von außen her einschließenden Kräften betrachtet, die sowohl von oben, d.h. von göttlicher Seite, als auch von unten, also vonseiten des Teufels, entweder in Form von göttlich inspirierender Kraft oder als sündhafte Versuchungen auf ihn einwirken. Jedoch steht der Mensch (und die Natur generell), so wie er im England des 16. und 17. Jahrhundert gesehen wurde, diesem inneren Konflikt nicht gänzlich ohnmächtig und teilnahmslos bei.
Inhaltsverzeichnis
- Prosperos Natur
- Caliban
- Miranda
- Ariel
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Analyse von William Shakespeares The Tempest befasst sich mit der Interpretation des Stückes aus einer naturphilosophisch-kosmologischen Perspektive, die in der Renaissance weit verbreitet war. Dabei wird der Fokus auf das Verhältnis zwischen Mensch und Natur gelegt, insbesondere auf die Frage, wie sich der Mensch in der natürlichen Ordnung zwischen göttlichen und dämonischen Kräften positioniert.
- Die Insel als Symbol für den Konflikt zwischen den beiden Seiten der Natur
- Prosperos Prozess der Selbstfindung und Selbstvollendung
- Die Rolle von Caliban als Verkörperung der dämonischen Seite der Natur
- Die Bedeutung von Wissen und Kultur für die menschliche Perfektionierung
- Die Ambivalenz von Prosperos Macht und seine Rolle als Herrscher
Zusammenfassung der Kapitel
Der Text analysiert zunächst die Insel als Schauplatz des Konflikts zwischen den beiden Seiten der Natur: der tugendhaften, unverfälschten und spirituellen Seite und ihrer lasterhaften, korrumpierten und dämonischen Seite. Der Mensch wird als Teil dieses Naturbildes betrachtet, der zwischen diesen beiden Kräften hin- und hergerissen wird. Die Analyse beleuchtet dann Prosperos Prozess der Selbstfindung und Selbstvollendung, der durch seine Usurpation und Expatriierung ausgelöst wird. Die Insel bietet ihm den Raum, um seine spirituellen Ziele zu verwirklichen und sich mit den göttlichen Kräften zu vereinen.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Rolle von Caliban, der als Verkörperung der dämonischen Seite der Natur dargestellt wird. Caliban wird von Prospero versklavt und unterdrückt, da er als Produkt aus der Vereinigung des Teufels mit der Hexe Sycorax gilt. Die Analyse untersucht, wie Caliban als Symbol für die animalisch-dämonische Seite der Natur dient und warum er sich nicht zu einem spirituellen Wesen entwickeln kann.
Der Text beleuchtet außerdem die Bedeutung von Wissen und Kultur für die menschliche Perfektionierung. Prospero bringt Bücher aus seiner Heimat mit, die ihm als Symbol für das Wissen stehen, das er für seine Selbstfindung und Selbstvollendung benötigt. Die Analyse zeigt, wie Prosperos obsessive Beschäftigung mit Wissen zu seinem Sturz geführt hat und wie er auf der Insel versucht, dieses Wissen mit der Natur zu vereinen.
Schließlich wird die Ambivalenz von Prosperos Macht und seine Rolle als Herrscher untersucht. Prospero ist ein mächtiger Zauberer, der über die Insel und ihre Bewohner herrscht. Die Analyse zeigt, wie Prosperos Macht sowohl positive als auch negative Seiten hat und wie er mit seiner Macht umgehen muss, um seine Ziele zu erreichen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Naturphilosophie der Renaissance, das Verhältnis zwischen Mensch und Natur, die Insel als Symbol für den Konflikt zwischen den beiden Seiten der Natur, Prosperos Prozess der Selbstfindung und Selbstvollendung, Caliban als Verkörperung der dämonischen Seite der Natur, die Bedeutung von Wissen und Kultur für die menschliche Perfektionierung sowie die Ambivalenz von Prosperos Macht und seine Rolle als Herrscher.
- Arbeit zitieren
- Alexander Zuckschwerdt (Autor:in), 2008, Prosperos Natur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113395