Unsere Vorfahren die Barbaren?

Die römische Sicht auf die Germanen am Beispiel von Caesars Bellum Gallicum


Hausarbeit, 2008

13 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.) Einleitung

2.) Quellen zu den Germanen

3.) Wer sind überhaupt Germanen?

4.) Barbarentopos und seine Theorien

5.) Caesars Germanenbild und sein politischer Hintergrund

6.) Rhein als ethnische Grenze

7.) Der moderne Germanenbegriff seit dem 19.Jahrhundert

8.) Asterix und die Goten – Ein Beispiel für moderne Germanendarstellung

9.) Fazit

10.) Quellenverzeichnis

Literaturangaben

1.) Einleitung

Im Rahmen meiner Hausarbeit beschäftige ich mich mit dem Germanenbild der Römer in der Antike. Ich lege dabei meinen Fokus auf die Darstellung der Germanen in Caesars Werk zum „Bellum Gallicum“. Diese Beschränkung erscheint mir besonders sinnvoll, da Caesars Ausführung über seine Zeit in Gallien eins der meist gelesenen Werke der Antike ist und ein politisch hochbrisantes dazu. Generationen von Schülern mussten die Beschreibung des gallischen Krieges im Lateinunterricht übersetzen.

Die Germanendarstellung war im 19. und 20. Jahrhundert stark verklärt, das zeigen besonders Schulbücher aus dieser Zeit. Es fand ein geradezu Glorifizierung der Germanen statt, erst in den letzten 30 Jahren begann eine rationalere Debatte, in der nationale Ideologien ausgeblendet werden konnten. Ich möchte mich zuerst mit den im Seminar erarbeiteten Merkmalen vom Barbarentum beschäftigen und diese auf Caesars Beschreibungen beziehen. Dabei soll auch eine Destruktion der Berichte stattfinden, durch zum Beispiel archäologische Erkenntnisse. Hinter Caesars Werk stand eine politische Intention. Caesar brauchte eine Rechtfertigung für seine Legionen. Wie könnte man den Besitz von Soldaten besser in Rom begründen, als mit einer akuten Bedrohung für das Reich?

Der Destruktion des Germanenbildes Caesars soll der Vergleich mit einer weiteren berühmten Darstellung der Antike, allerdings aus unserer Zeit, folgen und zwar mit Asterix und Obelix.

In „Asterix und die Goten“ wird ein sehr schönes Germanenbild gezeichnet. Mögliche Parallelen und ihre Hintergründe sollen hierbei aufgezeigt werden.

Hauptziel meiner Arbeit ist es, die Vorurteile und ihre Konstruktion am Beispiel der Germanen nachvollziehbar zu machen.

2.) Quellen zu den Germanen

Über die Germanen gibt es nur zwei Arten von Quellen. Zum einem die Kunst und die Literatur der Griechen und Römer und zum anderen archäologische Funde. Die Kultur der Germanen ist zur Zeit Caesars schriftlos. Die Grundproblematik der Schriftquellenforschung ist die mangelnde Glaubwürdigkeit vieler historischer Quellen. Nur wenig antike Historiographen waren wirklich „vor Ort“, große Teile stammen aus Erzählungen oder anderen Schriften. Zudem kommen keine neuen Quellen hinzu, die eine These möglicherweise komplettieren oder korrigieren könnten. Archäologische Funde sind nicht weniger problematisch. Sie liegen kommentarlos in der Erde und müssen oft mühselig entschlüsselt werden. Schriftliche Quellen über die Germanen sind vor Christi Geburt rar. Im 1. Jhd. v. Chr. berichtet der griechische Gelehrte Poseidonios in seinen Historien von Germanen[1]. Aber Caesars Werk ist die erste zusammenhängende Darstellung[2], die die Forschung über die Germanen und ihr Leben bietet. Aber auch Caesar hat nur einen kleinen Teil „Germaniens“ gesehen. Sein Wissen muss daher teilweise wohl aus mündlichen Quellen stammen. Denkbar wären dafür Gallische Händler, die regen Handel mit den Germanen trieben. Die Forschung sieht auch einen gewissen Einfluss von Poseidonios Schriften auf Caesars Werk.[3] Dennoch wusste Caesar aus eigener Erfahrung mehr über die Germanen als seine Zeitgenossen[4]. Mit der Weitergabe dieses Wissens in sein „Bellum Gallicum“ prägte er das Germanenbild bis in die heutige Zeit. Darin ist sich die Forschung einig, Caesars Werk ist die wichtigste Schriftquelle über die Germanen.

3.) Wer sind überhaupt Germanen?

Die Germanen als Volk oder Stamm gab es nicht. Germane ist ein ähnlicher Kunstbegriff wie Indianer. Er wurde ihnen von den Römern verliehen. Doch die verschiedenen Ethnien hatten nie auch nur Ansätze einer Volksgemeinschaft. Weder eine gemeinsame Sprache noch ein politischer Verband hat je bestanden, auch kulturell gab es kaum Übereinstimmungen. Dennoch nimmt die Öffentlichkeit die Germanen als „die ersten Deutschen“ wahr.[5] Woher stammt der Name Germanen? Genau kann diese Frage von der Forschung nicht beantwortet werden. Tacitus gibt in seinem Werk „Germania“ folgende Erklärung: „Diejenigen, die als erstes den Rhein überschritten und die Gallier vertrieben haben, nannten sich damals Germanen.“[6] Die Gallier sollen daraufhin den Begriff „Germanen“ für alle Bewohner der rechten Rheinseite verwendet haben, bis diese sich selbst Germanen genannten. Dieser Stamm wird von Tacitus später „Tunger“ genannt. Diese Theorie wirkt eher zweifelhaft, der Begriff „Germanoi“ scheint viel mehr auf griechische Historiographen zurückzugehen. Trotzdem bleibt der Name ein Fremdbegriff. Gab es also keine germanische Ethnogenese?

Der Begriff Ethnogenese beschreibt die „Volkwerdung“ und meint die notwendigen Aspekte um eine Stammesgruppe unter einen übergeordneten Volksbegriff erfassen zu können. Die germanische Ethnogenese ist schon seit Jahrhunderten eine wissenschaftliche Diskussion. Auf die verschiedenen Strömungen der Germanendarstellung in der Geschichtswissenschaft werde ich im weiteren Verlauf meiner Hausarbeit noch genauer eingehen.

Doch leider gibt es für die Germanen keinen eigenen politischen Raum. Die germanischen Ethnien haben keine besondere gemeinsame Abstammung. Untereinander gibt es nicht einmal einen politischen Verband und auch die kulturellen Übereinstimmungen scheinen kaum nachweisbar[7]. Der ethnographische Sammelbegriff „Germane“ ist also unangebracht. Archäologisch nachweisbar ist zwar die weit verbreitete Jastorf-Kultur im 1 Jhd v. Chr[8] zwischen Elbe und Oder. Walter Pohl allerdings hält es für fragwürdig[9] hier von einem zusammenhängenden Volk zu sprechen. Trotzdem könnte man sicher von einer Ursprungskultur für spätere Kulturen sprechen. Meiner Meinung nach beginnt die eigentliche Ethnogenese erst durch Caesars Werk. Er bestimmte durch seine Beschreibung das römische Wissen und die Germanienpolitik für Jahrhunderte[10]. Besonders die Vorstellung des Rheins als politische und ethnische Grenze hat sich verfestigt.

4.) Barbarentopos und seine Theorien

Der Begriff „Barbaren“ stammt von den Griechen und beschreibt alle Völker, die nicht Griechen sind. Barbaros waren Menschen, deren Sprache sich für die Griechen anhörte nur wie Bar-Bar. Ephoros listete um 350 v. Chr. alle ihm bekannten Barbaren auf, die Kelten, Perser, Skythen und Libyer. Die Germanen waren noch nicht dabei. Der Begriff „Barbar“ kam auch ins Römische Reich und beschrieb dort alle Völker außerhalb des Reiches.

Barbarisch war alles Fremde und Unbekannte. „Kriterien“ für das Barbarentum sind eine mangelnde Kultur und Zivilisation, unbekannte Religion und fremdartiges Aussehen. Ein Barbar ist einem Tier ähnlicher als dem Menschen.

Der Beschreibung der Germanen als Barbaren durch Caesar liegen zwei Theorien des Barbarentopos zu Grunde. Die erste ist die Klimatheorie und stammt von Vitruv.

„Die Völker, die im Norden leben, sind mit ungeheuer großen Körpern, heller Farbe, geraden und rötlichen Haaren, blauen Augen und viel Blut gebildet infolge der Fülle der Feuchtigkeit und des kalten Klimas. […] Daher fürchten die Körper, die im Norden geboren werden, das Fieber mehr und sind anfällig; infolge ihrer Blutfülle aber leisten sie dem Eisen ohne Furcht Widerstand.“[11]

Je wärmer das Land umso, weichlicher werden die Völker. In der Mitte lagen natürlich Römer und Griechen als „perfekte Menschen“.

Die zweite Theorie ist die Zivilisationstheorie. Sie besagt, dass umso weiter ein Volk von Rom entfernt lebt, desto unzivilisierter lebt es. Hier erklärt sich auch der Umstand, warum die Germanen als die wilden Barbaren und die Gallier dagegen eher als zivilisiert dargestellt werden. Aber auf diesen Umstand und seine Gründe gehe ich noch im weiteren Verlauf meiner Hausarbeit näher ein.

Vieles spricht dafür, dass sich Caesar durch diese topische Sichtweise mehr leiten lassen hat, als durch selbst gemachte Erfahrungen.[12]

[...]


[1] Wolters, Reinhard: Die Römer in Germanien. München 2006 S.19

[2] Todd, Malcolm: Die Germanen Stuttgart 2000 S.10

[3] Todd, Malcolm: Die Germanen Stuttgart 2000 S.11

[4] Gelzer, Matthias: Caesar. Der Politiker und Staatsmann. Wiesbaden 1983 S.98

[5] Pohl, Walter. Die Germanen. 2000 S.1

[6] Tacitus Germania 2,3

[7] Pohl, Walter. Die Germanen S.10

[8] Künzl, Ernst. Die Germanen S.25

[9] Pohl, Walter. Die Germanen S.10

[10] Wolters, Reinhard. Die Römer in Germanien S. 19

[11] Vitruv 6,1,3f in Wolters, Reinhard: Die Römer in Germanien S.14f

[12] Gunnewig, Beatrix: Das Bild der Germanen und Britannier S. 51

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Unsere Vorfahren die Barbaren?
Untertitel
Die römische Sicht auf die Germanen am Beispiel von Caesars Bellum Gallicum
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover  (Historischen Seminar)
Veranstaltung
Rekonstruktion des Fremden in der Antike
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
13
Katalognummer
V113443
ISBN (eBook)
9783640137893
Dateigröße
459 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unsere, Vorfahren, Barbaren, Rekonstruktion, Fremden, Antike
Arbeit zitieren
Birk Grüling (Autor:in), 2008, Unsere Vorfahren die Barbaren?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113443

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