TV-Duelle, Polittalks und inszenierte Auftritte in Fernsehsendungen prägen das gegenwärtige Alltagsverständnis von politischem Geschehen. Dieses wird größtenteils über Massenmedien kommuniziert und auf diese Weise der Bevölkerung zugänglich gemacht. In Anlehnung an den in der Forschungsliteratur geläufigeren Begriff „Infotainment“, der Vermischung von Information und Unterhaltung, wird seit einigen Jahren zunehmend auch von „Politainment“ gesprochen, der gegenseitigen Durchdringung von Information und Unterhaltung in der Politik. Die unterhaltsame Aufbereitung politischer Kommunikation erscheint insofern brisant und als Thema der Analyse geeignet, als es sich um einen Bereich handelt, der primär keine Unterhaltungs-, sondern Informationsvermittlung zu leisten hat, die zur politischen Willensbildung der Bevölkerung beitragen soll. Eine genaue Betrachtung dieses Modus von Politikvermittlung erscheint daher aktuell, komplex und diskussionswürdig.
Politische Informiertheit ist eine wesentliche Voraussetzung für demokratische Systeme, in denen politische Akteure ihre Handlungen und Entscheidungen legitimieren müssen. Nur auf diese Weise können sie die notwendige Zustimmung in der Bevölkerung erlangen, die sich in deren Wahlentscheidung manifestiert und letztlich über politischen Machterhalt entscheidet. Diesem Mechanismus geht allerdings die Bündelung von Aufmerksamkeit voraus, welche im Zuge der Expansion von Informationsangeboten zu einem knappen Gut geworden ist. Insofern wird die Professionalisierung politischer Kommunikation, die insbesondere Elemente der Unterhaltung aufweist, zunehmend zu einer zentralen Schlüsselqualifikation, um positive Aufmerksamkeit zu erlangen. Politainment ist dementsprechend nicht nur als gegenwärtiges Phänomen zu begreifen, das aus einem neuartig komplexen Verhältnis von Politik und Medien resultiert, sondern auch als Instrument und Strategie der gelungenen Selbstdarstellung.
Inhaltsverzeichnis
- Politik versus Unterhaltung? – Einleitung.
- Zielstellung
- Fokus Fernsehen
- Herangehensweise
- Information und Unterhaltung
- Information
- Mediale Informationsvermittlung
- Unterhaltung
- Inszenierung
- Infotainment
- Zur Vermischung von Information und Unterhaltung
- Entwicklungstendenzen in Fernsehformaten
- Quantitative und qualitative Veränderungen
- Quotendiktat
- Fixierung der Rezipienten
- Amerikanisierung
- Formen des Infotainment
- Nachrichten - die inszenierte Information
- Format und Konzept
- Nachrichtenfaktoren
- Technische Darstellungseffekte
- Zum Verhältnis von Politik und Medien
- Abhängigkeits- und Wechselbeziehungen
- Öffentlichkeit
- Mediale Herstellung politischer Öffentlichkeit
- Öffentliche Kommunikation im Umbruch
- Politische Kommunikation im öffentlich-medialen Raum
- Politainment - Politik im Unterhaltungsformat
- Angewandte Nachrichtenfaktoren und Stilmittel
- Prominenz und faciale Gesellschaft
- Privatisierung und Personalisierung
- Identifikation und parasoziale Interaktion
- Emotionalisierung und Involviertheit
- Skandalisierung und Negativismus
- Simplifizierung und Stereotypisierung
- Politische Akteure und Politainment – exemplarische Beispiele
- John F. Kennedy – der erste Fernsehpräsident
- Ronald Reagan – der Präsident aus Hollywood
- Gerhard Schröder – der Medienkanzler
- Grenzen und Scheitern
- Guido Westerwelle bei „Big Brother“
- Rudolf Scharpings „Pool-Affäre“
- Zur Funktionalität von Politainment – Zusammenfassung und Ausblick
- Politainment als Negativkonnotation – Gefahren
- Untergang der Information
- Zerrbild der Realität
- Verlust an Authentizität und Ehrlichkeit
- Politainment als Ausdruck gesellschaftlicher Bedürfnisse – Chancen
- Informationszugang durch Unterhaltung
- Meinungsbildung Meinungsloser
- Aktive Rezeption
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Diplomarbeit befasst sich mit dem Phänomen des Politainments, der unterhaltsamen Aufbereitung politischer Kommunikation im Fernsehen. Ziel ist es, die Entwicklung und Funktionsweise des Politainments zu analysieren und seine Auswirkungen auf die politische Kommunikation zu untersuchen. Dabei werden die verschiedenen Formen des Politainments, die angewandten Stilmittel und die Rolle der Medien im politischen Prozess beleuchtet.
- Die Vermischung von Information und Unterhaltung im Fernsehen
- Die Entwicklung und Verbreitung von Infotainment-Formaten
- Die Rolle der Medien in der politischen Kommunikation
- Die Auswirkungen von Politainment auf die Meinungsbildung
- Die Chancen und Risiken des Politainments für die Demokratie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Zielsetzung der Arbeit vor und erläutert den Fokus auf das Fernsehen als Medium der politischen Kommunikation. Sie skizziert die Herangehensweise und die methodischen Grundlagen der Untersuchung. Das zweite Kapitel befasst sich mit den Begriffen Information und Unterhaltung und analysiert deren Bedeutung im Kontext der medialen Informationsvermittlung. Es werden die verschiedenen Formen der Inszenierung und die damit verbundenen Herausforderungen für die Rezeption beleuchtet.
Das dritte Kapitel widmet sich dem Phänomen des Infotainments. Es wird die Entwicklung und Verbreitung von Infotainment-Formaten im Fernsehen untersucht, wobei die quantitative und qualitative Veränderung der Medienlandschaft, das Quotendiktat, die Fixierung der Rezipienten und die Amerikanisierung als wichtige Einflussfaktoren betrachtet werden. Die verschiedenen Formen des Infotainments werden vorgestellt und die Rolle der Nachrichten als inszenierte Information wird analysiert.
Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Politik und Medien. Es werden die Abhängigkeits- und Wechselbeziehungen zwischen Politik und Medien beleuchtet, die Rolle der Medien in der Herstellung politischer Öffentlichkeit und die Herausforderungen der öffentlichen Kommunikation im Umbruch analysiert. Die politische Kommunikation im öffentlich-medialen Raum wird im Kontext der medialen Macht und der Einflussnahme auf die öffentliche Meinung betrachtet.
Das fünfte Kapitel widmet sich dem Politainment als spezifischer Form der politischen Kommunikation im Unterhaltungsformat. Es werden die angewandten Nachrichtenfaktoren und Stilmittel, wie Prominenz, Privatisierung, Identifikation, Emotionalisierung, Skandalisierung und Simplifizierung, analysiert. Exemplarische Beispiele aus der politischen Praxis, wie John F. Kennedy, Ronald Reagan und Gerhard Schröder, werden vorgestellt und die Grenzen und das Scheitern von Politainment-Strategien werden anhand von Fallbeispielen wie Guido Westerwelle bei „Big Brother“ und Rudolf Scharpings „Pool-Affäre“ beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Politainment, politische Kommunikation, Fernsehen, Infotainment, Medien, Öffentlichkeit, Meinungsbildung, Demokratie, Nachrichtenfaktoren, Stilmittel, Inszenierung, Rezeption, Prominenz, Privatisierung, Identifikation, Emotionalisierung, Skandalisierung, Simplifizierung, Amerikanisierung, Quotendiktat, Medienmacht, politische Akteure, politische Kultur, Medienlandschaft, Medienwandel.
- Quote paper
- Diplom-Medienberaterin Sarah Tschernigow (Author), 2008, Politainment. Zur unterhaltsamen Aufbereitung politischer Kommunikation im Fernsehen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113459