1. Einleitung
„»Um ehrlich zu sein«, begann Dr. H. später, […] »um ehrlich zu sein, ich habe nie viel von Kriminalromanen gehalten und bedaure, daß auch Sie sich damit abgeben. Zeitverschwendung.«“
Dieses einleitende Zitat aus dem Munde des Kommandanten der Züricher Kantonspolizei Dr. H. stammt aus dem dritten Detektivroman Dürrenmatts Das Versprechen. Angesichts des Themas dieser Arbeit „Friedrich Dürrenmatts Detektivromane – die Destruktion einer Gattung?“ gewinnt dieser Standpunkt an Brisanz, ist er doch symptomatisch für die jahrzehntelange Missachtung der Gattung des Detektivsroman durch die Literaturwissenschaft und deren Vorwurf der Trivialität: „Das Lesen von Detektivromanen gehört zu den Dingen, die man zwar gerne tut, von denen man aber nicht gerne spricht. Man kann seinen Ruf kaum wirksamer gefährden, als indem man sich ernsthaft damit befaßt, zumindest in deutschen Landen. Anstößig ist seine Popularität, und für anstößig gilt sein Thema.“ Erst in den letzten Jahrzehnten setzte sich sowohl eine intensive wissenschaftliche Beschäftigung als auch die kritische Auseinandersetzung der Autoren selbst mit der Gattung durch. Als prominenter Kritiker des Detektivromans gilt Friedrich Dürrenmatt, welcher sich nicht theoretisch, sondern mittels der gattungsimmanenten Kriterien mit dem Genre auseinander setzte. Aus diesem Grund gilt es in der folgenden schriftlichen Examensarbeit die gattungskonventionellen und gattungsinnovativen Elemente der Detektivromane Dürrenmatts zu erarbeiten. Zu den analysierten Romanen zählen die zwischen 1950 und 1957 erschienenen Romane Der Richter und sein Henker, Der Verdacht sowie Das Versprechen. Unberücksichtigt werden die Erzählungen Die Panne (1956) und Der Auftrag (1986) sowie der Roman Justiz (1985) bleiben, welche sich thematisch zwar auch mit der Aufdeckung von Verbrechen beschäftigen, jedoch meist nicht als Detektivromane bezeichnet werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Terminologie
- 2.1 Verbrechensliteratur
- 2.2 Kriminalliteratur
- 2.2.1 Der Detektivroman
- 2.2.2 Der Thriller / Der kriminalistische Aktionsroman
- 3. Gattungsgeschichte
- 4. Gattungstypische Elemente
- 4.1 Die Handlungselemente und ihre erzähltechnische Umsetzung
- 4.1.1 Das rätselhafte Verbrechen/ Der Mord
- 4.1.2 Die Fahndung
- 4.1.3 Die Lösung des Falles
- 4.2 Die Figuren des Detektivromans
- 4.3 Das Milieu im klassischen Detektivroman
- 4.4 Handlungsschauplätze des Detektivromans
- 5. Die Detektivromane Friedrich Dürrenmatts
- 5.1 Der Richter und sein Henker
- 5.1.1 Handlungselemente
- 5.1.2 Figuren
- 5.1.3 Milieu-/Gesellschaftsdarstellung
- 5.1.4 Topographie
- 5.2 Der Verdacht
- 5.2.1 Handlungselemente
- 5.2.2 Figuren
- 5.2.3 Milieu-/Gesellschaftsdarstellung
- 5.2.4 Topographie
- 5.3 Das Versprechen - Requiem auf den Kriminalroman
- 5.3.1 Handlungselemente
- 5.3.2 Figuren
- 5.3.3 Milieu-/Gesellschaftsdarstellung
- 5.3.4 Topographie
- 6. Fazit
- 7. Bibliographie
- 7.1 Primärliteratur
- 7.2 Sekundärliteratur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende wissenschaftliche Hausarbeit befasst sich mit den Detektivromanen Friedrich Dürrenmatts und untersucht, ob diese eine Destruktion der Gattung des Detektivromans darstellen oder ob es sich eher um Variationen innerhalb des Genres handelt. Die Arbeit analysiert die drei Romane „Der Richter und sein Henker“, „Der Verdacht“ und „Das Versprechen“ hinsichtlich ihrer gattungstypischen Elemente und untersucht, inwieweit Dürrenmatt diese Elemente aufgreift, verändert oder gar zerstört.
- Gattungsgeschichte des Detektivromans
- Gattungstypische Elemente des Detektivromans
- Analyse der Detektivromane Dürrenmatts hinsichtlich ihrer gattungskonventionellen und gattungsinnovativen Elemente
- Beantwortung der Frage, ob Dürrenmatt die Gattung des Detektivromans zerstört oder variiert
- Kritische Bewertung der Ergebnisse der Analyse hinsichtlich der Verwendung klassischer Bestandteile von Kriminalromanen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und stellt die Relevanz der Detektivromane Dürrenmatts für die Literaturwissenschaft dar. Sie beleuchtet die jahrzehntelange Missachtung der Gattung des Detektivromans und die kritische Auseinandersetzung mit dem Genre, insbesondere durch Dürrenmatt selbst. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die gattungskonventionellen und gattungsinnovativen Elemente der Detektivromane Dürrenmatts zu erarbeiten und die Frage zu beantworten, ob Dürrenmatt die Gattung des Detektivromans zerstört oder variiert.
Das Kapitel „Terminologie“ definiert die Gattung des Kriminalromans und seine beiden Ausprägungen Detektivroman und Thriller. Es grenzt diese Gattungen von der Verbrechensdichtung ab und bewertet die teilweise divergierenden Forschungspositionen, um eine begründete Definition als Arbeitsgrundlage für die Romane Dürrenmatts zu erwirken.
Das Kapitel „Gattungsgeschichte“ beleuchtet die Geschichte des Detektivromans und ordnet die drei Romane Dürrenmatts in diese gattungsgeschichtliche Entwicklung ein. Es werden neben den Vertretern des Golden Age of Crime Novel auch die Detektivromane Simenons und Glausers betrachtet, um innovative und traditionelle Elemente bei Dürrenmatt als solche wahrnehmen zu können.
Das Kapitel „Gattungstypische Elemente“ erarbeitet die Merkmale des klassischen Detektivromans, die als Grundlage für die sich anschließende Analyse der Dürrenmattschen Romane dienen. Es werden die Handlungselemente, die Figuren, das Milieu und die Handlungsschauplätze des klassischen Detektivromans betrachtet.
Das Kapitel „Die Detektivromane Friedrich Dürrenmatts“ analysiert die drei Romane „Der Richter und sein Henker“, „Der Verdacht“ und „Das Versprechen“ hinsichtlich ihrer gattungskonventionellen und gattungsinnovativen Elemente. Es werden die Handlungselemente, die Figuren, das Milieu und die Topographie der Romane untersucht, um die spezifischen Destruktionsbemühungen Dürrenmatts in den ausgewählten Romanen ausmachen zu können.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Detektivroman, Friedrich Dürrenmatt, Gattungsgeschichte, Gattungstypische Elemente, Destruktion, Variation, „Der Richter und sein Henker“, „Der Verdacht“, „Das Versprechen“, Kriminalroman, Thriller, Verbrechensliteratur, klassische Elemente, innovative Elemente, Literaturwissenschaft, Trivialität, Produktionsbedingungen, mediale Kontexte.
- Quote paper
- Kira Stiehr (Author), 2007, Friedrich Dürrenmatts Detektivromane - Destruktion einer Gattung?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113483