Das Gesundheitssystem Dänemarks. Eine Spiegelung des "Nordischen Modells"?


Hausarbeit, 2019

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Motivation
1.2 Vorstellung der Fragestellung
1.3 Ziel
1.4 Aufbau der Arbeit

2. Hinführung
2.1 Nordisches Wohlfahrtsstaatsmodell
2.2 Das Gesundheitssystem Dänemarks
2.2.1 Organisation
2.2.2 Finanzierung
2.2.3 Leistungen
2.3 Probleme des Systems

3. Analyse

4. Fazit

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

1.1 Hinführung

Die skandinavischen Länder werden oft als sehr fortschrittliche und einflussreiche Länder beschrieben – vor allem der Wohlfahrtsstaat im Rahmen des so oft rezipierten ‚Nordischen Modells‘ steht dabei im Mittelpunkt. Doch ist der Wohlfahrtsstaat wirklich so fortschrittlich, das System wirklich so generös, die Sicherheit und Pflege wirklich in so einem guten Zustand? Was leistet der Staat und gibt es dabei Probleme? Ist das Privileg, dass die nordischen Staaten vielerorts eine Vorbildfunktion genießen, gerechtfertigt?

1.2 Vorstellung der Fragestellung

Die vorliegende Arbeit setzt sich konkret mit dem Gesundheitssystem Dänemarks auseinander. Dabei wird in der Analyse das ‚Nordische Modell‘ mit dem Gesundheitswesen abgeglichen – inwiefern spiegelt sich es sich im ‚Nordischen Modell‘ wieder und inwiefern sind die Probleme, wenn es welche gibt, durch das Modell bedingt?

1.3 Ziel

Das Ziel dieser Hausarbeit ist es, einen umfassenden Blick in das Gesundheitssystem Dänemarks zu ermöglichen und dabei den Realtypus (also das System) mit dem Idealtypus des ‚Nordischen Modells‘ zu vergleichen.

1.4 Aufbau

Die Hinführung erfolgt durch die Beschreibung des Begriffs des ‚Nordischen Modells‘ und mündet in die Beschreibung des Gesundheitssystems. Dabei werden die Aspekte Organisation, Finanzierung und die Leistungen betrachtet und anschließend die Probleme aufgezeigt. Danach wird in der Analyse die zentrale Fragestellung beantwortet, wobei gesagt werden muss, dass die Hinführung auch durchaus Aspekte beinhaltet, welche sich auf die Problematik beziehen. Die Analyse ist somit breiter, als dies auf den ersten Blick zu sehen ist.

2. Hinführung

2.1 Beschreibung des nordischen Wohlfahrtsstaatsmodells

Das aktuelle Gesundheitssystem in Dänemark hat sich über Jahrzehnte hinweg entwickelt und etabliert. Durch die vielen Auseinandersetzungen der Schichten, vor allem aber wegen der starken Position der Bauern gegenüber den Grundbesitzern, entstanden überhaupt erst Volksbewegungen und das Bewusstsein eines Wohlfahrtsstaates (vgl. Alestalo et al. 1987 in Hort et al. 2015: 108-109). Es bildeten sich drei Klassen: die Bauernschaft, die Arbeiterklasse und die städtische Oberschicht (vgl. Flora 1999 in Hort et. al. 2015: 109). Durch verschiedene Klassenkompromisse kam es zu einer dauerhaften Politik des Einvernehmens, welche Hort et al. auch als „consensual governance“ bezeichnen (vgl. Hort et al. 2015: 111).

1933 kam es zur Einführung der Rentenversicherung in Dänemark, womit sie dann „die ersten skandinavischen Länder, die den Weg zur universellen wohlfahrtsstaatlichen Absicherung ihrer Bevölkerung ebneten“ waren (Hort et al. 2015: 112). Es ist also zu erkennen, dass diese wirtschaftlich starken und fortschrittlichen Länder schon früh soziale Sicherungssysteme einsetzten.

Betrachten wir nun die Definition des Wohlfahrtsstaates: Piet Thoenes bezeichnet den Wohlfahrtsstaat als

„a form of society characterized by a system of democratic, government sponsored welfare placed on a new footing and offering a guarantee of collective social care to its citizens […]“ ( in Board 1970: 229).

Diese Ausführung lässt sich ungefähr so auf die nordischen Staaten übertragen. Wendet man sich den Grundpfeilern der dortigen Wohlfahrtsstaaten zu, so sind folgende Grundsätze essentiell: Staatlichkeit, Universalismus und Egalität (vgl. Nedergaard/Wivel 2018: 15). Staatlichkeit bezieht sich dabei konkret darauf, dass der Staat für das Wohl seiner Bürger verantwortlich ist. Gleichzeitig meint es aber auch einen geringeren Einfluss von intermediären Organisationen wie zum Beispiel Kirchen, gemeinnützigen oder privaten Organisationen (vgl. ebd.: 16). Universalismus beschreibt den Zustand, dass jeder profitiert und sich deshalb auch jeder am System beteiligen muss. Egalität ist weitgehend selbsterklärend. Es muss allerdings hinzugefügt werden, dass die Geschlechtsunterschiede gezielt minimiert werden und Einkommensunterschiede in Dänemark limitiert sind (vgl. ebd.: 17). Außerdem kommt es auch zu einer starken Umverteilung – unabhängig vom Einkommen erhalten alle Bürger bedarfsorientierte Leistungen („Bedarfsprinzip“) (vgl. Skuban 2004: 198).

Gemäß der politischen Kultur ist es „nach allgemeiner Auffassung die Aufgabe des Staates für die Wohlfahrt der Bürger zu sorgen.“ (Henningsen 2009: 52). Erziehung und Pflege sind in Dänemark „selbstverständliche Aufgabe des Staates“ (Schmid 2002: 123 in Skuban 2004: 177). Deshalb herrscht in diesen Ländern auch laut Heinze eine positivere Einstellung gegenüber dem Staat – denn er agiert in diesen Situationen als Helfer (vgl. Heinze at al 1999 in Skuban 2004: 177). Board beschreibt, dass es einen starken Sinn für soziale Verantwortung für Probleme gibt, mit denen der Individuelle nur schwer zurechtkommen würde (Board 1970: 229).

Als viertes Charakteristikum wird oft auch die konsensuale Praxis gezählt. Die Konzertierung und das Einvernehmen werden dabei auch beschrieben. Gesetzliche Regelungen des Sozialen etc. werden immer unter Absprache von Staat, Gewerkschaften und Arbeitgeberorganisationen geführt (vgl. Schmid 2002: 123 in Skuban 2004: 177). Des Weiteren kommt es auch noch zu Verhandlungen unter Einbezug von regionalen Komitees, in denen dann die Gesundheitspläne für die kommenden Jahre erstellt werden (OECD Country Health Profile 2017: 15).

Wirtschaftlicher Aufschwung ist auch ein wichtiges Merkmal des ‚Nordischen Modells‘. Der menschliche Entwicklungsindex (HDI), in welchen auch das Pro-Kopf Einkommen miteinfließt, zeigt, dass die nordischen Länder unter den ersten 11 der Welt sind (Quelle: hdr.undp.org). Wirtschaftswachstum, sowie der Wandel der Arbeitswelt führten nämlich erst zum Erfolg der nordischen Wohlfahrtsstaaten (vgl. Hort et al. 2015: 115). Sie bezeichnen auch die Arbeitsmarktintegration als zentrale Grundlage des Wohlfahrtsstaats. Dies meint, dass man die soziale Sicherheit gewährleistet und eine integrierende Arbeitsmarktpolitik sichert, die alle einbezieht (ebd.: 116). Das ist auch der Grund für die hohen Beschäftigungsraten in diesen Staaten. Sie werden deshalb oft zu den „frauen-, familienund kinderfreundlichsten Staaten“ der Welt gezählt (Kuhnle et al. 2003 in Hort et al. 2015: 117).

In den nordischen Staaten herrscht eigens die Wahrnehmung „Gesellschaft und Politik seien egalitär ausgerichtet, demokratischer und friedlicher.“ (Henningsen 2009: 43). Sie beanspruchen einen Sonderstatus bzw. eine eigene Bezeichnung, welche sie von den anderen abhebt. Henningsen ist allerdings der Meinung, dass sich die nordischen Staaten normal entwickelt haben (ebd.: 42) und auch keinen ‚skandinavischen Sonderweg‘ darstellen - er bezeichnet sie als „ganz normale Fälle“ (Henningsen 2009: 58).

„Nordic welfare states have had their ups and downs over the last half century, but they have appeared to be fairly robust and viable over the long term.“ (Nedergaard/Wivel 2018: 22).

Nedergaard et al. ziehen hier ein Fazit, ungeachtet von allen Formulierungen oder Meinungen, welche ein „Nordisches Modell” in den Raum stellen. Sie kommen zu der Schlussfolgerung, dass es sowohl gute, als auch schlechte Zeiten gab und dass sich diese Länder und deren Systeme letztlich als stabil und funktionsfähig bewährt haben.

2.2 Das Gesundheitssystem Dänemarks

2.2.1 Organisation

Das Gesundheitswesen Dänemarks ist solidarisch, steuerfinanziert, (eher) dezentralisiert, öffentlich und universell (vgl. Schölkopf 2010: 39; Hort et al. 2015: 118; Horn 2019: 135; Böcken et al. 2001: 34). Dies bedeutet, dass es ein System ist, zu dem jede gemeldete Person Zugang hat (vgl. Horn 2019: 135; Skuban 2004: 186). Es findet also kein Ausschluss von Personen statt, die über weniger (Einkommen) verfügen – alle werden gleich behandelt (vgl. Hort et al. 2015: 108). Schölkopf redet deshalb vom „öffentlichen Gesundheitsdienst“ (Schölkopf 2010: 38). „Jede dänische Krone, die erwirtschaftet wird und der Steuerpflicht unterliegt, trägt zur Finanzierung der Sozialleistungen bei.“ (Skuban 2004: 190). Es beteiligen sich somit also mehr Personen an der Finanzierung der Sozialleistungen als im Bismarck-Modell ( siehe Deutschland). Laut dem Country Health Profile 2017 der OECD ist das System zu 84% steuerfinanziert (Stand: 2015). Bei einem steuerfinanzierten System kann man laut Skuban

„flexibler auf Her-ausforderungen“ reagieren und das System schneller reformieren (Skuban 2004: 190) – in Deutschland wäre dies aufgrund des beitragsfinanzierten Systems nicht möglich. Dänemark gibt laut Horn 7% des BIP (Stand: 2018/19) für Gesundheit aus (Horn 2019: 141). Zum Ver-gleich: im Jahr 2015 war diese Zahl noch im zweistelligen Bereich mit 10,3% des BIP (vgl. OECD Country Health Profile 2017: 6). Alexander Horn bezeichnet Dänemark wegen dem Grad der sozialen Leistungen auch als „Sozialinvestitionsstaat“ (Horn 2019: 106).

Wie schon in der Beschreibung des Wohlfahrtsstaates erläutert, ist es die Aufgabe des Staa-tes für die Wohlfahrt der Bürger zu sorgen (vgl. Henningsen 2009; Nedergaard/Wivel 2018). Der Zentralstaat bzw. das Gesundheitsministerium ist insofern wichtig, als das er die Rahmen-gesetzgebung festsetzt und die Formulierung gesundheitspolitischer Ziele verfolgt (vgl. Schölkopf 2010: 38). Die gesetzlichen Grundlagen für das System sind das Sozialfürsorgege-setz und das Gesetz über häusliche Pflege (vgl. Skuban 2004: 180). Der grobe Rahmen wird durch diese Ordnungen zwar geregelt, allerdings überlässt das Gesetz den Regionen und Kom-munen, die ‚verordneten‘ Ziele mit eigenen Maßnahmen zu verfolgen (vgl. ebd.: 181). Es ist also zu erkennen, dass einerseits alle sozialpolitischen Aufgaben dem Staat zugewiesen sind (Zentralisierung), aber andererseits Regionen und Kommunen auch sehr viel Autonomie besitzen (Dezentralisierung) (vgl. Skuban 2004: 199). Somit kommen wir zu den eigentlichen Einheiten, welche das Gesundheitswesen tragen: die 5 Regionen und 98 Kommunen. Diesen wird sehr viel Autonomie eingeräumt („Autonomiemerkmal“) wie im obigen Satz beschrieben (Schölkopf 2010: 38). 2007 wurde durch eine strukturelle Reform die Zahl der Regionen und Kommunen gesenkt, mit dem Ziel, dadurch die Effektivität zu verbessern (OECD Country Health Profile 2017: 15). Deshalb wird auch von einer „Rezentralisierung“ geredet (ebd.: 15). Die Regionen sind im Wesentlichen für die medizinische Versorgung zuständig, während die Kommunen für die Erbringung von Pflegeleistungen verantwortlich sind (Skuban 2004: 180).

„Dem Sozialfürsorgegesetz zufolge haben die Gemeinden dafür Sorge zu tragen, dass pflegebedürftige Personen bedarfsgerechte Pflege erhalten können.“ (Skuban 2004: 185). Skuban führt an, dass sich die Gemeinde in Kooperation mit dem Hausarzt ein Urteil über den individuellen Hilfebedarf bildet – es ist also eine ‚ Bedarfslogik ‘ zu erkennen (vgl. ebd.: 186). Sie erhalten direkte Steuern der Einwohner und staatliche Zuschüsse, mit denen sie die Pflegeleistungen finanzieren (Skuban 2004: 183). Seit den Reformen 2007 sind die Kommunen auch für die „Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung“ zuständig (OECD Country Health Profile 2017: 15).

Die Regionen hingegen haben die alleinige Verantwortung für die Krankenhäuser (vgl. ebd.: 179) und finanzieren auch die Fachund Allgemeinärzte, sowie die Physiotherapeuten und teilweise die Zahnärzte (vgl. ebd.: 182). Durch die Reformen 2007 kam es dazu, dass die damaligen Konsultationen, welche alle vier Jahre geführt wurden, an deren Ende Gesundheitspläne standen, durch standardisierte Verhandlungen mit regionalen Komitees und Ärzten ersetzt wurden (vgl. ebd.: 15).

Durch diese weitreichenden Kompetenzen und den Freiheiten der Regionen und Kommunen, entstehen auch regionale Unterschiede zwischen den einzelnen Einheiten (vgl. Horn 2019: 145). Dies betrifft vor allem die Wartezeiten, die Verfügbarkeiten in den Krankenhäusern bzw. deren Ausstattung und die Durchführung diagnostischer Aktivitäten und Behandlungen. In diesem System steht die regionale Autonomie über einer einheitlichen Gesundheitsversorgung. In der Folge kommt es aufgrund diesen Disparitäten zu einer wachsenden Ungleichheit (vgl. Skuban 2004: 183-184).

Die gesamte Bevölkerung ist durch die staatliche Krankenversicherung („ Sygesikring“) versichert (Böcken et al. 2001: 24). Entsprechend gibt es zwei Kategorien zwischen denen sich ein Bürger entscheiden muss: Kategorie 1, welche von 98-99% der Dänen bevorzugt wird, verpflichtet die Bürger sich für einen Arzt (im Umkreis von 10 Kilometern) zu entscheiden. Dieser Arzt fungiert auch als sogenannter ‚Gatekeeper‘ – das heißt, er hat die Möglichkeit nach der Untersuchung, die Patienten in Krankenhäuser und/oder an Fachärzte zu überweisen. Die Patienten zahlen somit im Rahmen der staatlichen Versicherung keine zusätzlichen oder versteckten Gebühren (vgl. Schölkopf 2010: 40). Kategorie 2 hingegen berechtigt die Bürger, sich ihren Arzt frei wählen zu können bzw. zu allen Ärzten zu gehen. Allerdings sind diese dann nicht an die Vorgaben zur Höhe der Gebühren gebunden. Das bedeutet, dass der Versicherte die Kosten, welche über die Grenze der staatlichen Versorgung hinausragen, eigens übernehmen muss (vgl. Schölkopf 2010: 40). Deshalb wird diese Art der Versicherung auch nur von 1-2% der Bevölkerung gewählt.

Als letzten Punkt muss der Aspekt ‚eHealth‘ angesprochen werden, welcher als zentrales Merkmal des Gesundheitssystems hervorsticht. Diese Technologisierung des Gesundheitssystems ermöglicht es, eine elektronische Krankengeschichte anzulegen, zu der jeder Patient und sein zuständiger Hausarzt Zugang hat. „Alle Praxen sind am Internet angeschlossen und nehmen am Datenaustausch teil.“ (Bhend 2008: 44). Alle Ergebnisse, verschriebenen Medikamente, sonstigen Informationen werden dabei eingetragen (vgl. Horn 2019: 145; Bhend 2008: 44-45, Zürcher 2007: 108). Verschreibt der Arzt beispielsweise ein Arzneimittel, so wird dieses eRezept direkt an die gewählte Apotheke weitergeleitet und die Medikamente dort ausgegeben (vgl. Bhend 2008: 44-45). Durch das sogenannte Hausarztsystem und durch die Selbstverständlichkeit, dass alle Patienten immer zuerst zum Hausarzt gehen, funktioniert dieses System überhaupt erst. Nach der Untersuchung des Hausarztes wird der Patient je nach Krankheitsfall in ein Krankenhaus oder zu einem Facharzt überwiesen. Dort werden dann die weiterführenden Ergebnisse der Tests (Laborresultate, Röntgen etc.) eingetragen und hochgeladen. Der Hausarzt kann durch den Zugriff auf die Krankenakte die Ergebnisse einsehen und den Patient beim nächsten Besuch besser beraten und behandeln (vgl. Bhend 2008: 44-45).

Es besteht auch die Möglichkeit, die Wartezeiten der Praxen und Kliniken einzusehen; stellenweise sind sogar Terminvereinbarungen möglich (vgl. Zürcher 2007: 108).

2.2.2 Finanzierung

Das Gesundheitswesen ist, wie bereits beschrieben, steuerfinanziert und folgt somit dem sogenannten ‚Beveridge-Modell‘. Das System ist zu 84% direkt steuerfinanziert. Böcken et al. schreibt, dass der Rest durch die privaten Haushalte getragen wird: 15% durch Selbstbeteiligungen und 1-2% durch Privatversicherungen (Böcken et al. 2001: 24). Die OECD hat diesbezüglich auch naheliegende Werte ermittelt (vgl. OECD Country Health Profile 2017).

Die maximale Steuerhöhe wird jährlich zwischen Regierung, Regionalrat und Gemeinderat vereinbart. Die Kommunen besitzen eine eigene Steuerfähigkeit (vgl. Schölkopf 2010: 39). Die Steuern werden also autonom erhoben und fallen deshalb unterschiedlich aus – je nach Kommune/Region (vgl. Skuban 2004: 189). Deshalb kommt es auch zu den unterschiedlichen Leistungen und den regionalen Unterschieden in der Versorgung. Zur Kompensation dieser Divergenzen kommt es deshalb jährlich zum Finanzausgleich zwischen den Regionen und Gemeinden (vgl. ebd.: 189). Außerdem kommt es jedes Jahr zu Budgetverhandlungen zwischen den drei Ebenen. Diese sind allerdings nicht bindend, sondern legen nur einen Handlungsrahmen fest (vgl. ebd.: 182).

2.2.3 Leistungen

Betrachten wir nun die Leistungen dieses Gesundheitswesens. Die gesetzliche Grundlage dafür ist das Sozialfürsorgegesetz. Dessen Zielsetzung ist eine „Verhinderung einer Verschlimmerung von ‚persönlichen Problemen‘“, eine „Verbesserung der ‚sozialen und persönlichen Fähigkeiten‘, sowie die Entwicklung individueller Möglichkeiten“ und die Verbesserung der Chancen ‚am Leben teilzunehmen‘ (vgl. Consolidation Act on Social Services i.d.F. 17.06. §67 (i-iiii) in Skuban 2004: 181). Wie bereits erwähnt, wird vom Gesetz kein konkreter Leistungskatalog vorgegeben. Sondern die Kommunen und Regionen sind diesbezüglich selbst verantwortlich was ihre Maßnahmen betrifft (vgl. Skuban 2004: 181). Schölkopf beschreibt, dass der Leistungsumfang dennoch sehr umfassend ist (vgl. Schölkopf 2010: 40). Natürlich werden Ziele der Gesundheitspolitik formuliert, dies auch auf zentralstaatlicher Ebene, allerdings gibt es keine festgesetzten Maßnahmen. Viel mehr kommt es dazu, dass gemäß dem „Bedarfsprinzip“ im Rahmen einer „individuellen Überprüfung des Hilfebedarfs [...] einzelfallbezogen ein ‚Leistungsprogramm‘ erstellt wird (Skuban 2004: 196).

Der Consolidation Act on Social Services schreibt den Gemeinden folgende Aufgaben zu: Persönliche Pflege und Betreuung, Unterstützung bei notwendigen häuslichen praktischen Arbeiten und Unterstützung zur Erhaltung körperlicher und geistiger Fähigkeiten.

Jeder gemeldete Bürger in einer Kommune genießt die staatliche Krankenversicherung. Das Prinzip der Solidarität, der Universalität und dass alle Bürger gleich versichert sind, unabhängig vom Einkommen, sei auch nochmals erwähnt. Der Versicherte wählt zwischen den zwei Kate-gorien ( siehe Seite 5 ). Dementsprechend ist er dann versichert. Der Patient ist somit bei Haus-arztgängen und Krankenhausgängen versichert. Es kann jedoch auch zu ‚out-of- pocket pay-ments‘ (also: Eigenleistungen) kommen. Diese fallen vor allem in der Zahnpflege, der Physio-therapie und bei sehr vielen Arzneimitteln an (vgl. Skuban 2004: 189). Böcken et al. spricht davon, dass Arzneimittelkosten immer seltener gedeckt werden; nur Insulin und Medikamente im Rahmen der stationären Versorgung werden erstattet. Laut ihm fallen bei den meisten Me-dikamenten Eigenbeteiligungen von bis zu 25-100% an (vgl. Böcken et al. 2001: 29-30). Ge-mäß der aktuellen Forschungslage ist festzuhalten, dass wenn Medikamente von ambulant täti-gen Ärzten verschrieben werden, es auch zu diesen Zuzahlungen, je nach Höhe der Kosten für die Mittel kommt. Wenn der Betrag für Medikamente im Jahr allerdings umgerechnet 70€ über-steigt, so wird ein bestimmter Teil davon übernommen. Bei chronisch Kranken, Rentnern und Geringverdienern werden auch Nachlässe ermöglicht (vgl. Schölkopf 2010: 39). Der am stärks-ten privatisierte Bereich ist und bleibt der der Zahngesundheit (vgl. Horn 2019: 137). Zuzah-lungen von bis zu 35-60% der Leistungen sind geläufig (vgl. Schölkopf 2010: 39).

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Das Gesundheitssystem Dänemarks. Eine Spiegelung des "Nordischen Modells"?
Hochschule
Universität Trier
Note
1,7
Autor
Jahr
2019
Seiten
18
Katalognummer
V1137305
ISBN (eBook)
9783346509222
ISBN (Buch)
9783346509239
Sprache
Deutsch
Schlagworte
gesundheitssystem, dänemarks, eine, spiegelung, nordischen, modells
Arbeit zitieren
Umut Günes (Autor:in), 2019, Das Gesundheitssystem Dänemarks. Eine Spiegelung des "Nordischen Modells"?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1137305

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