Die polaren Regionen gehören zu den unwirtlichsten und am schwersten zugänglichen Regionen der Erde. Noch hundert Jahre nach der Wiederentdeckung
Amerikas 1492 war über die Arktis wenig bekannt. Die der Einleitung dieser Arbeit vorangestellte Landkarte von C. Loew aus dem Jahre 1598 zeigt einen eisfreien arktischen Ozean im Bereich des Nordpols. Diese Vorstellung von einem eisfreien Meer hinter einer Eisbarriere hielt sich noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Existenz des antarktischen Kontinents galt lange als ungewiss. Die Vorstellung von einem unbekannten südlichen Land Terra Australis taucht zwar schon in der griechischen Mythologie auf und auch die Europäer des 16. Jahrhunderts zeichneten oft einen Fantasiekontinent, als Ausgleich für die nördlichen Landmassen, in ihre Karten ein. Doch noch James Cook, der als erster Europäer den südlichen Polarkreis überschreitet, geht 1773 davon aus, dass hinter dem südlichen Meereis kein Kontinent existieren kann. Erst 1820 entdeckt die russische Antarktisexpedition unter Fabian Bellinghausen das antarktische Festland.
Heute gibt es keine weißen Flecken mehr auf der Landkarte, aber die Anzahl der aus den polaren Regionen zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Messungen, sei es der Atmosphäre, Kryosphäre oder des Ozeans, ist gering. Dies begründet sich hauptsächlich aus den menschenfeindlichen Bedingungen in der Arktis und Antarktis und den daraus resultierenden hohen Kosten für Forschungsstationen und nicht aus einer geringen Bedeutung dieser Gebiete, denn die Bedeutsamkeit der Polargebiete für das globale Klima ist unbestritten. Vor allem die Wechselwirkung zwischen Atmosphäre, Ozean und Kryosphäre ist hierbei von Belang. Zur Kryosphäre gehören schneebedeckte Gebiete, eisbedeckte Gebiete und Permafrost-Böden. Dabei werden verschiedene Eisarten unterschieden: Landeis, das Gletscher und Schelfeis umfasst, außerdem See-, Fluss- und Meereis (WMO, 1989). Meereis ist ein wichtiger Parameter im Klimasystem. Bis zu 7% der Meeresoberfläche können mit Meereis bedeckt sein (Cavalieri und St. Germain, 1995). Im Winter beträgt die Eisfläche in der Arktis etwa 16·106 km2 und in der Antarktis mehr als 18·106 km2. Im Sommer sind es nur 7·106 km2 und 3·106 km2 entsprechend für Arktis und Antarktis (Cavalieri et al., 1997). Bei vielen Prozessen im Klimasystem spielt Meereis eine entscheidende Rolle. Die wichtigsten sollen hier kurz benannt werden [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Physikalische Grundlagen
- Elektromagnetische Strahlung
- Mikrowellenfernerkundung
- Thermische Strahlung
- Helligkeitstemperatur und Emissivität
- Mikrowelleneigenschaften von Meerwasser und Meereis
- Entwicklung und Aufbau von Meereis
- Einfluss der Atmosphäre
- Sensoren, Satelliten und Daten
- AMSR(-E)
- Abtastgeometrie
- Datenprodukte
- SSM/I
- MODIS
- RADARSAT
- AMSR(-E)
- Eiskonzentrationsberechnung
- BOOTSTRAP-Algorithmus
- ARTIST Sea Ice (ASI) Algorithmus
- 89 GHz Algorithmus
- Wetterfilter
- Gitterprojektion
- Abtastabstand der Schwaddaten
- Polarstereographische Projektion
- Gitterinterpolation
- Kartendarstellung
- Validierung
- Vergleich mit BOOTSTRAP-Daten
- Anpassung an NASA-TEAM-SSM/I-Daten
- Fehlerbetrachtung
- Fallstudien und Anwendungen
- Ochotskisches Meer
- North Water Polynye
- Nord-West-Passage
- Eis auf Seen und Flüssen
- Eiskantendetektion
- Ice Edge Detection(IED) Algorithmus
- Vergleich und Validierung
- MODIS
- Eiskantendetektion mit ASI
- RADARSAT
- Zusammenfassung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit befasst sich mit der Meereisfernerkundung mithilfe des satellitengestützten Mikrowellenradiometers AMSR(-E). Das Hauptziel ist die Bestimmung der Eiskonzentration und der Lage der Eiskante in der Arktis und der Antarktis, unter Verwendung der 89 GHz-Kanäle von AMSR(-E).
- Physikalische Grundlagen der Mikrowellenfernerkundung
- Entwicklung und Aufbau von Meereis
- Einsatz von Mikrowellenradiometern zur Meereisfernerkundung
- Entwicklung und Validierung von Algorithmen zur Eiskonzentrations- und Eiskantendetektion
- Anwendung der entwickelten Algorithmen und Analyse von Fallstudien
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 beleuchtet die physikalischen Grundlagen der Mikrowellenfernerkundung, einschließlich der Wechselwirkung elektromagnetischer Strahlung mit Materie, insbesondere mit Meerwasser und Meereis. Weiterhin werden die Entwicklung und der Aufbau von Meereis sowie der Einfluss der Atmosphäre auf Mikrowellenmessungen diskutiert. Kapitel 3 stellt die verwendeten Sensoren und Daten vor, wobei der Fokus auf AMSR(-E) liegt. Zum Vergleich werden auch SSM/I, MODIS und RADARSAT kurz vorgestellt. Kapitel 4 widmet sich der Eiskonzentrationsberechnung und behandelt verschiedene Algorithmen, darunter der BOOTSTRAP-Algorithmus und der ASI-Algorithmus, der speziell für die 89 GHz-Kanäle des AMSR(-E) entwickelt wurde. Die Kapitel 5 befasst sich mit der Eiskantendetektion und präsentiert den IED-Algorithmus, der die Eiskante mit hoher räumlicher Auflösung ermittelt. Dieser Algorithmus wird anschließend anhand von RADARSAT-Szenen und MODIS-Daten validiert. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse und einem Ausblick auf zukünftige Forschungsaktivitäten in Kapitel 6.
Schlüsselwörter
Die Diplomarbeit beschäftigt sich mit Schlüsselthemen wie Meereisfernerkundung, Mikrowellenradiometrie, AMSR(-E), Eiskonzentration, Eiskantendetektion, Algorithmenentwicklung und Validierung, sowie Anwendungen in der Schifffahrt und Klimaforschung. Wichtige Konzepte sind die elektromagnetische Strahlung, die Wechselwirkung mit Meerwasser und Meereis, die atmosphärische Opazität, die Polarisationsdifferenz und das Polarisationsverhältnis.
- Arbeit zitieren
- Dr. Gunnar Spreen (Autor:in), 2004, Meereisfernerkundung mit dem satellitengestützten Mikrowellenradiometer AMSR(-E), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113748