Rumänisches Pflegepersonal in Deutschland

Ein Vergleich des deutschen und italienischen Pflegesystems


Hausarbeit, 2020

16 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

l.Einleitung

2 .Das italienische und das deutsche Pflegesystem im Vergleich

3 .Der Entscheidungsprozess zu migrieren
3.1 Das Rubikon Modell der Handlungsphasen
3.1.1 Abwägephase
3.1.2 Planungsphase
3.1.3 Handlungsphase
3.1.4 Bewertungsphase

4 .Probleme der rumänischen Pflegekräften in Deutschland

5 .Folgen für die Migrant*innen

6 .Fazit und Ausblick

7.Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Rumänische Staatsbürger machen den größten Teil der Binnenmigration nach Deutschland aus, 15,5% aller Zuzüge lassen sich auf Rumäninnen zurückführen. Während die Migration zwar zunimmt, bleibt die Erwerbsmigration offiziell gleich. Doch ist dem tatsächlich so? Das positive Wanderungssaldo Rumäniens ist im Gegensatz zu 2017 zwar rückläufig, jedoch immer noch auffällig hoch. Auffällig ist ebenfalls, dass die Fortzüge nach einem und ein bis vier Jahren besonders hoch sind.1 Doch warum ist dem so? Eine naheliegende Erklärung ist die Tatsache, dass in 4.5 Millionen deutschen Haushalten mit Pflegeanspruch, ausländische Schwarzarbeiter*innen in der informellen Pflege tätig sind, die meist aus Rumänien stammen. Das sind 95% aller betroffenen Haushalte.2 In der hier vorliegenden Hausarbeit behandle ich die Fragen wie mit rumänischem Pflegepersonal in Deutschland umgegangen wird und wieso dies der Fall ist, ebenso behandle ich die Frage welche Konsequenzen die Arbeitsumstände für die betroffenen Menschen haben. Dazu wird zuerst darauf eingegangen weshalb man in Deutschland so häufig auf ausländische Arbeitskräfte zurückgreift. Hierzu wird das deutsche Pflegesystem mit dem italienischen Pflegesystem verglichen, in dem ebenso häufig auf ausländische Arbeitskräfte zurückgegriffen wird. Im Folgenden wird der Prozess dekomponiert, den die Migrant*innen durch ihre Auswanderung durchmachen. Hierzu wird das Rubikon­Modell der Handlungsphasen auf den Prozess angewandt und zuvor kurz erklärt. Nach der Dekomposition des Prozesses wirdauf die Probleme im Umgang mit und das Missverständnis für die rumänischen Migrantinnen durch ihre Arbeitgeber eingegangen. Abschließend wird auf die psychischen, familiären und körperlichen Folgen dessen für die Migrantinnen eingegangen.

Auf Basis dieser Unterpunkte ziehe ich abschließend ein Fazit, zu der in Deutschland vorherrschenden Gesamtsituation der betrachteten Personengruppe.

2. Das italienische und das deutsche Pflegesystem im Vergleich

Die Anzahl der sehr alten Personen steigt europaweit an, man kann von einem demographischen Trend sprechen. Durch das Steigen des Altersdurchschnitts kommt es jedoch auch zu Engpässen in den Pflegesystemen. Diese Engpässe sind vorrangig dem Mangel an Personal und der meist mangelhaften Finanzierung der Pflegesysteme geschuldet. Aber auch andere Faktoren sind maßgeblich für die Entscheidung auf südosteuropäische Pflegekräfte zurückzugreifen. Um dies zu beweisen gehe ich auf die Unterschiede und Parallelen des italienischen und des deutschen Pflegesystems ein.

Abbildung 1 Typologie europäischer Pflegesysteme3

Anmerkung der Redaktion: Die Abbildung wurde aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.

„Cluster 1 zeichnet sich durch einen hohen Organisationsgrad und eine relativ gute finanzielle Ausstattung aus. [..] Cluster 2 zeichnet sich durch unterschiedliche Ausprägungen in Bezug auf die Leistungsgewährung und eine eher moderate finanzielle Ausstattung aus, kann jedoch insgesamt aus Sicht der Pflegebedürftigen noch als zufriedenstellend bezeichnet werden. [...] Cluster 3 hat bei den Organisationsvariablen ähnliche Ausprägungen wie Cluster 1, aber die finanzielle Ausstattung ist gering. [...] Cluster 4 weist relativ geringe Werte im Bereich der Organisationsvariablen gepaart mit einer geringen finanziellen Ausstattung auf.“4 Wie in der Grafik zu sehen gehört Deutschland dem relativ gut finanzierten System an, während Italien dem moderat finanzierten Sektor angehört und Rumänien, das Land aus dem die meisten unausgebildeten und ausgebildeten Pflegekräfte abwandern, dem vierten und somit am schlechtesten finanzierten Sektor angehört. Doch warum entscheidet man sich nun in scheinbar ausreichend finanzierten Sektoren für die 24-Stunden Pflege durch ausländische Arbeitskräfte? Diese Frage lässt sich für Italien etwas leichter beantworten als für Deutschland. In Italien wird die Pflege zwar vom Staat unterstützt allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. So darf beispielsweise eine bestimmte Einkommensobergrenze nicht überschritten worden sein und das Ausüben der Pflege durch eine/n Angehörige/n muss dessen Alltagstätigkeit signifikant beeinträchtigen. In Italien wird die Pflege vom Staat und von der Gesellschaft noch als Aufgabe der Familienangehörigen betrachtet, weswegen eine finanzielle Unterstützung zwar möglich, jedoch schwer zu erhalten ist.5 In Deutschland besteht die Chance Leistungen über die Pflegeversicherung zu erhalten, wenn man zwei Jahre seine Beiträge bezahlt hat. Darüber hinaus besteht der Anspruch auf finanzielle Unterstützung, wenn eine Prüfung durch einen Gutachter die Pflegebedürftigkeit der betroffenen Person bestätigen konnte und in eine der fünf Pflegestufen einordnen konnte. „Die Versicherten dürfen zwischen Geld- und Sachleistungen wählen: Statt in ein Heim zu ziehen oder die Pflegesachleistung zur Bezahlung des Pflegedienstes zu nutzen, können die pflegebedürftige Person oder ihre Angehörigen die Pflege auch selbst organisieren. Dann zahlt die Pflegekasse ein Pflegegeld.“6 Falls die pflegebedürftige Person oder deren Angehörigen jedoch die sogenannte informelle Pflege wählen reicht das Pflegegeld jedoch häufig nicht aus. Bei informeller Pflege handelt es sich um „die Übernahme von Tätigkeiten, die der Pflegebedürftige allein nicht mehr ausüben kann und die durch direkte Bezugspersonen ohne pflegerische Ausbildung, z.B. Angehörige, Nachbarn oder Freunde, geleistet werden.“7 Illegal arbeitende Pfleger*innen werden in vielen Definitionen nicht mit eingeschlossen, gehören jedoch mit in das Spektrum der informellen Pflege. Meist entscheiden sich Angehörige und Pflegebedürftige für die informelle Pflege um nicht voneinander getrennt zu sein und dem/der Pflegebedürftigen nicht das Gefühl zu geben er/sie sei eine Last.Dabei wird allerdings häufig unterschätzt wie zeitintensiv und emotional aufreibend es sein kann, die Angehörigen selbst zu pflegen.Falls sich die Pflegebedürftigkeit der Person jedoch nicht mitdem Alltag der Angehörigen vereinbaren lässt wird es schwer eine passende Lösung zu finden. Auch ist das Bild, das häufig von informellen Pfleger*innen vermittelt wird ein Falsches. Es wird als Selbstverständlichkeit gesehen eine*n Verwandte/n zu pflegen, aber nicht, dass die körperlichen und geistigen Voraussetzungen für die Übernahme solcher Aufgaben nicht zwingend gegeben sind. Ebenso ist es nahezu unmöglich das Privat- und Sozialleben aufrecht zu erhalten. Bei beiden Systemen ist also klar zu erkennen, dass Geld eine wichtige Rolle spielt, wenn es um die Entscheidung geht wie sich um die pflegebedürftige Person gekümmert werden soll. Eine weitere Parallele,die sich erkennen lässt, ist die, das immer noch die Meinung vertreten wird, es sei etwas Negatives ist eine pflegebedürftige Person in einemHeim unterzubringen, da man sie dadurch im Stich lassen würde. Durch die schwierige finanzielle Situation und die Überlegung ob die Unterbringung in einem Pflegeheim moralisch korrekt ist, fühlen sich viele Angehörige gezwungen die augenscheinlich richtige Entscheidung zu treffen, nämlich die, eine ausländische Pflegekraft zu engagieren. Diese Arbeiten meist unter dem vorgegebenen Tarif, verlangen wenig Geld für Extraleistungen, sind dazu bereit unter schlechteren Voraussetzungen zu arbeiten und sind meist in der 24-Stunden Pflege tätig, was viele potenzielle Arbeitgeber als praktisch empfinden.

3. Der Entscheidungsprozess zu migrieren

3.1 Das Rubikon Modell der Handlungsphasen

Das Rubikon Modell der Handlungsphasen ist ein motivations-psychologisches Modell, das die Handlungsschritte in vier Phasen unterteilt und von H. Heckhausen und P.M. Gollwitzer entwickelt wurde.8 Es bietet sich an dieses Modell auf die Migration der rumänischen Pflegekräfte anzuwenden, da die klare Struktur einen besseren Überblick über die Motivationen, Handlungsschritte, Handlungsmöglichkeiten und Erwartungen der Betroffenen verschafft, das Modell jedoch trotzdem offen gestaltet werden kann und man kein konkretes Fallbeispiel heranziehen muss. Die erste Phase ist die sogenannte Abwägephase (Punkt 3.1.1) in der untersucht wird welche Intentionen die Personen haben. In der zweiten Phase, der Planungsphase (Punkt 3.1.2), betrachtet man die Umsetzungsmöglichkeiten, die man hat, um seine, in der Abwägephase entwickelte, Intention zu erreichen. Es folgt die Handlungsphase (Punkt 3.1.3), in der die Idee umgesetzt wird und aktiv versucht wird die Intention zu erreichen. Abgeschlossen wird das Modell mit der Bewertungsphase (Punkt 3.1.4). Diese beinhaltet die Reflektion des Erreichens oder Nichterreichen der in Phase einer entwickelten Intention. Im Folgenden wird eben jenes Modell auf den Migrationsprozess der rumänischen Pflegekräfte angewandt.

3.1.1 Abwägephase

Die meisten Rumänen und Rumäninnen, die sich dafür entscheiden in Deutschland in der Pflege zu arbeiten, kommen aus ärmlichen Verhältnissen und/oder sehen keinen Ausweg aus der Arbeitslosigkeit obwohl sie eine abgeschlossene Berufsausbildung oder ein abgeschlossenes Studium vorweisen können. In Deutschland steigt währenddessen die Nachfrage nach günstigen Arbeitskräften, die meist selbst bei schlechter Bezahlung mehr verdienen als in ihrer Heimat.

[...]


1 https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/migration/migrationsbericht- 2018.pdf?__ blob=publicationFile&v=2

2 https://www.boell.de/de/deutschland-im-pflegenotstand-perspektiven-und-probleme-der-care- migration?dimensionl=division_sp

3 https://www.boell.de/de/2014/03/03/das-deutsche-pflegesystem-ist-im-eu-vergleich- unterdurchschnittlich-finanziert?dimensionl=division_sp#

4 https://www.boell.de/de/2014/03/03/das-deutsche-pflegesystem-ist-im-eu-vergleich- unterdurchschnittlich-finanziert

5 https://ec.europa.eu/social/main.jsp?catld=1116&langld=de&intPageld=4623

6 https://ec.europa.eu/social/main.jsp?catld=llll&langld=de&intPageld=4548

7 https://flexikon.doccheck.com/de/lnformelle_Pflege

8 https://de.wikipedia.org/wiki/Rubikonmodell_der_Handlungsphasen#Abw%C3%A4gephase_(Pr%C3%A 4dezisionale_Phase)

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Rumänisches Pflegepersonal in Deutschland
Untertitel
Ein Vergleich des deutschen und italienischen Pflegesystems
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Note
1,7
Autor
Jahr
2020
Seiten
16
Katalognummer
V1137611
ISBN (eBook)
9783346511867
ISBN (Buch)
9783346511874
Sprache
Deutsch
Schlagworte
rumänisches, pflegepersonal, deutschland, vergleich, pflegesystems
Arbeit zitieren
Melina Blumenröther (Autor:in), 2020, Rumänisches Pflegepersonal in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1137611

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