Eine wahre Sensation war es, als im 16. Jahrhundert in Europa die ersten Berichte aus dem neu entdeckten Amerika eintrafen. Bernal Díaz del Castillo ist nur einer von vielen Chronisten, die mit blumigen und detaillierten Schilderungen weit über die Grenzen der iberischen Halbinsel
hinaus Leser in ihren Bann zogen. Ob es darum ging, die kriegerische Leistung der Spanier bei der Eroberung der fernen Territorien hervorzuheben, Flora und Fauna der Neuen Welt zu beschreiben, oder aber erste Eindrücke über die Begegnung mit den fremden Völkern und ihren Kulturen wiederzugeben: Schriften, deren Thema die Exotik des Neuen, Unbekannten war, faszinierten
wie nur wenige andere zeitgenössische Texte. – Zu keiner anderen Zeit waren Reiseberichte ein so wichtiger Bestandteil der europäischen Literatur wie kurz nach der Entdeckung Amerikas.
Und doch darf man eines nicht vergessen: Nicht nur die Europäer sahen sich durch die Expansion
des spanischen Reiches schlagartig mit einer neuen Welt konfrontiert, zeitgleich begegneten auch die amerikanischen Ureinwohner dem „Fremden“. Mit dem Eindringen der Spanier in ihr Land hatten auch sie sich mit einer ihnen völlig unbekannten Kultur auseinander zu setzen, und nicht nur dies: Mit Waffengewalt bezwungen, zu Untertanen eines fremden Königreichs erklärt,
ihres Landes, ihrer Freiheit und ihrer Rechte beraubt, mussten sie miterleben, wie die europäischen Conquistadores innerhalb kürzester Zeit fast ihre gesamte Kultur schonungslos ausrotteten.
Tempel wurden niedergerissen, heilige Stätten geschändet, Kultgegenstände zerstört und Schriftstücke vernichtet, die Ausübung jeglichen traditionellen Brauchtums schließlich, das der „Hispanisierung“ im Wege stehen könnte, untersagt. (Vgl. SIMSON 2001, S.30.)
Eines steht damit außer Frage: War schon für die Europäer die Eroberung Amerikas ein einschneidendes Ereignis, ist die Bedeutung, die sie für die amerikanische Urbevölkerung haben musste, in ihrer Größe kaum fassbar. Umso unbefriedigender erscheint daher die Tatsache, dass uns fast alle Zeugnisse der Geschehnisse der Conquista aus spanischer Hand überliefert sind.
Fragen nach den Gedanken und Assoziationen der Indianer beim Eintreffen der spanischen Schiffe, ihrer Bewertung des Erscheinungsbildes der fremden Europäer und ihrer Sicht des Hergangs der Eroberung scheinen zwar brennend, konnten auf Grund fehlender Quellen aber immer nur sehr unzureichend beantwortet werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung
- 2. Geschichtlicher Hintergrund der Eroberung Mexikos
- 2.1. Der Traum vom Gold: Hernán Cortés und der Aufbruch nach Zentralamerika
- 2.2. Das Reich der Azteken
- 3. Der Kontext der aztekischen Textproduktion
- 3.1. Wissenschaft und Schriftkultur
- 3.2. Von der Mündlichkeit zur Schriftlichkeit: die Überlieferung
- 4. Inhaltsüberblick – der Hergang der Eroberung aus indianischer Sicht
- 4.1. Die Ankunft der Spanier im Mexiko
- 4.2. Das Vordringen der Spanier auf das Festland
- 4.3. Die Eroberung Tenochtitlans
- 5. Sprachliche Analyse
- 5.1. Beachtung der Texte in der Forschung
- 5.2. Stilistische Merkmale
- 5.2.1. Deskriptivität, Wiederholungen und Rhythmisierung
- 5.2.2. Umgangssprachliche Elemente und Unmittelbarkeit des Geschehens
- 5.2.3. Emotionalität
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit verfolgt das Ziel, die indianische Perspektive auf die Eroberung Mexikos, basierend auf Miguel León-Portillas Textsammlung „Visión de los Vencidos“, nachvollziehbar zu machen. Sie analysiert die Ereignisse anhand von Zusammenfassungen und Textauszügen, wobei ein Schwerpunkt auf den sprachlichen Eigenheiten der Texte liegt, die von der mündlichen Überlieferung geprägt sind.
- Die indianische Sichtweise der Conquista Mexikos
- Sprachliche Analyse der Nahua-Texte
- Der Einfluss der mündlichen Tradition auf die Erzählweise
- Der geschichtliche Hintergrund der Eroberung
- Das aztekische Reich: Kultur und politische Situation
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einführung: Die Arbeit untersucht die indianische Sicht der spanischen Eroberung Mexikos, die im Gegensatz zu den zahlreichen spanischen Berichten lange Zeit unbeachtet blieb. Miguel León-Portillas "Visión de los vencidos" bietet eine wichtige Quelle für diese Perspektive. Die Arbeit zielt darauf ab, den Inhalt dieser Texte zusammenzufassen und sprachliche Besonderheiten zu analysieren, um die indianische Erfahrung der Conquista nachzuvollziehen und als literarisches Werk zu würdigen.
2. Geschichtlicher Hintergrund der Eroberung Mexikos: Dieses Kapitel beleuchtet den historischen Kontext der Eroberung, beginnend mit dem ehrgeizigen Hernán Cortés und seinem Aufbruch nach Mexiko, getrieben von der Hoffnung auf Reichtum. Es beschreibt das mächtige aztekische Reich in seiner Blütezeit, seine politische Organisation, Kultur und den Einfluss der Religion, insbesondere den Stellenwert von Menschenopfern. Der Mythos von Quetzalcoatl wird ebenfalls behandelt, der in der Ankunft der Spanier von manchen Azteken als dessen prophezeite Rückkehr gedeutet wurde.
3. Der Kontext der aztekischen Textproduktion: Dieses Kapitel befasst sich mit der aztekischen Schriftkultur und dem Einfluss der mündlichen Überlieferung. Es beschreibt die aztekische Schrift als ideographisch und noch in Entwicklung begriffen, während die mündliche Tradition die Hauptform der Wissensvermittlung und -bewahrung darstellte. Die Rolle der spanischen Missionare, insbesondere Fray Bernardino de Sahagún, bei der schriftlichen Fixierung der mündlichen Erzählungen wird betont, sowie die verschiedenen Quellen, die die indianische Sicht auf die Conquista übermitteln.
4. Inhaltsüberblick – der Hergang der Eroberung aus indianischer Sicht: Dieses Kapitel präsentiert einen Überblick über den Verlauf der Eroberung aus indianischer Perspektive, beginnend mit den Vorzeichen, die die Ankunft der Spanier ankündigten. Es beschreibt die ersten Begegnungen mit den Spaniern, ihre Reaktion auf aztekische Geschenke und Bräuche, und das fortschreitende Vordringen der Spanier ins Landesinnere. Der Einzug in Tenochtitlan und die darauf folgenden blutigen Ereignisse, einschließlich des Massakers während des Huitzilopochtli-Festes, werden detailliert geschildert.
5. Sprachliche Analyse: Dieses Kapitel analysiert die stilistischen Merkmale der Nahua-Texte. Die hohe Deskriptivität, die Verwendung von Vergleichen und Metaphern, sowie die wiederholende Struktur der Texte werden beleuchtet und im Kontext der mündlichen Überlieferung interpretiert. Die Nähe zur Umgangssprache, die Direktheit der Darstellung und die hohe Emotionalität des Erzählstils werden ebenfalls untersucht.
Schlüsselwörter
Aztekische Conquista, Nahua-Texte, Miguel León-Portilla, Visión de los vencidos, Mündliche Tradition, Sprachliche Analyse, Hernán Cortés, Aztekisches Reich, Motecuhzoma, Tenochtitlan, Menschenopfer, Kultureller Kontext.
Häufig gestellte Fragen zu "Visión de los Vencidos"
Was ist der Inhalt von Miguel León-Portillas "Visión de los Vencidos"?
Das Buch "Visión de los Vencidos" von Miguel León-Portilla bietet eine Sammlung von Nahua-Texten, die die Eroberung Mexikos aus der Sicht der indigenen Bevölkerung beschreiben. Es präsentiert eine Gegenperspektive zu den meist spanisch dominierten historischen Darstellungen der Conquista.
Welche Themen werden in der HTML-Datei behandelt?
Die HTML-Datei bietet einen umfassenden Überblick über das Werk. Sie beinhaltet ein Inhaltsverzeichnis, eine Zusammenfassung der Zielsetzung und der Themenschwerpunkte, Kapitelzusammenfassungen und eine Liste der Schlüsselwörter. Der Fokus liegt auf der Analyse der Texte aus "Visión de los Vencidos", insbesondere ihrer sprachlichen Besonderheiten, die durch die mündliche Überlieferung geprägt sind.
Welche Aspekte der aztekischen Kultur werden beleuchtet?
Die Datei behandelt den historischen Kontext der Eroberung, inklusive einer Beschreibung des aztekischen Reiches, seiner politischen Organisation, seiner Kultur und Religion, insbesondere die Bedeutung der Menschenopfer und den Mythos von Quetzalcoatl. Die aztekische Schriftkultur und der Einfluss der mündlichen Überlieferung auf die Textproduktion werden ebenfalls erläutert.
Wie wird die Eroberung Mexikos aus indianischer Sicht dargestellt?
Die Datei skizziert den Verlauf der Eroberung aus der Perspektive der indigenen Bevölkerung, beginnend mit der Ankunft der Spanier, ihren ersten Begegnungen, dem Vordringen ins Landesinnere und der Eroberung von Tenochtitlan. Die Schilderung konzentriert sich auf die Ereignisse aus der Sicht der Betroffenen und berücksichtigt ihre Erfahrungen und Emotionen.
Welche sprachlichen Besonderheiten der Nahua-Texte werden analysiert?
Die sprachliche Analyse konzentriert sich auf stilistische Merkmale wie Deskriptivität, Wiederholungen, den Gebrauch von Metaphern und Vergleichen, Umgangssprachliche Elemente, die Direktheit der Darstellung und die Emotionalität. Die Analyse stellt diese Merkmale im Kontext der mündlichen Überlieferung dar.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Datei?
Schlüsselwörter umfassen: Aztekische Conquista, Nahua-Texte, Miguel León-Portilla, Visión de los vencidos, Mündliche Tradition, Sprachliche Analyse, Hernán Cortés, Aztekisches Reich, Motecuhzoma, Tenochtitlan, Menschenopfer, Kultureller Kontext.
Welche Zielsetzung verfolgt die Analyse der Texte?
Die Analyse zielt darauf ab, die indianische Perspektive auf die Eroberung Mexikos nachzuvollziehen und verständlich zu machen. Sie will die Texte nicht nur inhaltlich zusammenfassen, sondern auch die sprachlichen Eigenheiten analysieren und ihre Bedeutung im Kontext der mündlichen Überlieferung hervorheben. Der Wert der Texte als literarisches Werk wird dabei hervorgehoben.
- Arbeit zitieren
- Magistra Artium Verena Wenz (Autor:in), 2005, "Visión de los vencidos" - Die Eroberung Mexikos aus der Sicht der indianischen Urbevölkerung am Beispiel erhaltener Nahua-Aufzeichnungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113800