Seit ihrer Eröffnung im Jahre 1876 erfreuen sich die Bayreuther Festspiele ungetrübter Beliebtheit. Es erscheint nahezu unmöglich, eine Karte für dieses kulturelle Großereignis zu ergattern, die Preise auf dem Schwarzmarkt erreichen astronomische Höhen. Für namhafte Regisseure ist es bis heute eine große Ehre, vom Vorsitzenden der Festspiele, dem Wagner-Enkel Wolfgang Wagner, gebeten zu werden, eine der Opern oder gar den Ring in Szene zu setzen. So sorgte im letzten Jahr Christoph Schlingensief mit seiner Bearbeitung des Parsifal für einen kleinen Skandal, übernahm Christoph Marthaler für 2005 die Inszenierung von Tristan und Isolde und musste sich Lars von Trier im Frühjahr dieses Jahres eingestehen, an der Inszenierung des Rings gescheitert zu sein.
Worin nun liegt die Faszination der Wagnerschen Kunst, die seit mittlerweile 128 Jahren eine derartige Anziehungskraft ausübt, begründet?
Was Wagner von anderen Musikschöpfenden vor allem unterscheidet, ist sein Konzept des „Gesamtkunstwerkes“. Sein Ziel bestand darin, „»die drei Schwestern Tanz, Musik, Poesie« im Urei einer Kunstform väterlich zu umarmen“. In seinem Werk „Das Kunstwerk der Zukunft“ erläutert er diesen Anspruch folgendermaßen:
Tanzkunst, Tonkunst und Dichtkunst sind vereinzelt jede beschränkt; in der Berührung ihrer Schranken fühlt sich jede unfrei, sobald sie an ihrem Grenzpunkt nicht der anderen entsprechenden Kunstart die Hand reicht. (...) und sind alle Schranken in dieser Weise gefallen, so sind weder die Kunstarten, noch aber auch eben diese Schranken mehr vorhanden, sondern nur die Kunst, die gemeinsame, unbeschränkte Kunst selbst.
Und diese Kunst erfüllt für Wagner als begeisterten Anhänger der Philosophie Schopenhauers eine weitaus tiefgreifendere Aufgabe denn lediglich die Unterhaltung ihrer Rezipienten. Laut Schopenhauer geschieht die Erlösung vom durch den menschlichen Willen verursachten Leiden durch die Verneinung eben dieses Willens. Diese kann entweder durch Askese oder, zumindest zeitweise, durch kontemplative Kunstbetrachtung erreicht werden. Die Kunst wirkt somit „nach Schopenhauer als „Quietiv des Willens““. So verwundert es nicht, wenn Wagner von der Kunst als einer „neue(n) Religion“ spricht, und sein Anspruch darin besteht, durch das „als rituelles Gemeinschaftserlebnis aufgeführte() (...) Musikdrama()“ eine „transformierende Wirkung“ hervorzurufen.
(...)
Inhaltsverzeichnis
- Welche ästhetischen „Auffälligkeiten“ kennzeichnen Wagners Werk?
- Wie wird Wagner (i.e. seine Musik bzw. eine Aufführung derselben) erlebt, was zeichnet diese ästhetische Erfahrung aus?
- Gibt es etwas wie das,ideale' Wagner-Erlebnis, und wenn ja: Wie wäre dieses vorzustellen?
- Weiter: Was wäre das spezifisch „Neue“, dass Wagner in die Welt der Musik, die Welt der Oper sowie die Gestaltung von Opernräumen bzw. Räumen der Begegnung mit Musikdramen eingeführt hat?
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der ästhetischen Besonderheit des Werkes Richard Wagners. Sie untersucht die charakteristischen Merkmale seiner Musik und die Art und Weise, wie sie von den Rezipienten erlebt wird. Darüber hinaus wird das Konzept des „Gesamtkunstwerks“ analysiert und die Frage nach einem „idealen“ Wagner-Erlebnis gestellt. Die Arbeit beleuchtet auch die innovativen Elemente, die Wagner in die Welt der Musik, der Oper und der Gestaltung von Opernräumen eingebracht hat.
- Das Konzept des „Gesamtkunstwerks“
- Die ästhetische Erfahrung von Wagners Musik
- Das „ideale“ Wagner-Erlebnis
- Wagners Einfluss auf die Oper und die Gestaltung von Opernräumen
- Die Rolle des Publikums im Wagner-Erlebnis
Zusammenfassung der Kapitel
Der erste Teil der Arbeit analysiert die ästhetischen Besonderheiten von Wagners Werk. Es werden die charakteristischen Merkmale seiner Musik, wie z.B. die Verwendung von Leitmotiven, die Integration von Gesang, Orchester und Drama, sowie die Bedeutung der Dramaturgie in seinen Werken, untersucht. Der zweite Teil befasst sich mit der Frage, wie Wagners Musik erlebt wird. Es werden verschiedene Aspekte der ästhetischen Erfahrung, wie z.B. die emotionale Wirkung, die sinnliche Wahrnehmung und die kognitive Verarbeitung, beleuchtet. Der dritte Teil widmet sich dem Konzept des „Gesamtkunstwerks“ und der Frage nach einem „idealen“ Wagner-Erlebnis. Es wird untersucht, wie Wagner die verschiedenen Künste miteinander verband und welche Rolle die Gestaltung von Opernräumen für die Inszenierung seiner Werke spielte. Der vierte Teil beleuchtet die innovativen Elemente, die Wagner in die Welt der Musik, der Oper und der Gestaltung von Opernräumen eingebracht hat. Es werden die Veränderungen in der Musikdramaturgie, die Entwicklung neuer Bühnenformen und die Bedeutung der Inszenierung für das Gesamtkunstwerk analysiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Gesamtkunstwerk, die ästhetische Erfahrung, Richard Wagner, Musikdramaturgie, Oper, Opernraum, Bayreuther Festspiele, Leitmotive, Dramaturgie, Inszenierung, Publikum, Transformation, kollektive Erfahrung, Friedrich Nietzsche, Thomas Mann.
- Quote paper
- Angela Schaaf (Author), 2003, Richard Wagners Gesamtkunstwerk, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/113921