[...] Glaubt man Annette Insdorf, dann werden durch Komödien über den Holocaust zwei wesentliche Fragen aufgeworfen: In wiefern ist Humor ein adäquates Mittel, um das Grauen darzustellen? Und: Welche neuen Erkenntnisse kann ein humoristischer Ansatz zu diesem Thema bringen? Die Annahme, dass eine komödiantische Bearbeitung eines eigentlich tragischen Themas einen Erkenntniszuwachs bietet, scheint erst mal sehr abwegig. Wird doch seit Aristoteles die Komödie als oberflächliche Stiefschwester der Tragödie
angesehen. Es scheint immer noch so, dass ein wirklich ernstzunehmender Film, der dem Attribut kritisch gerecht werden soll, eine dramatische oder tragische
Bearbeitung der entsprechenden Thematik aufweisen muss. Das dies nicht immer so sein muss, zeigt sich anhand der Anti-Nazi-Komödie TO BE OR NOT TO BE von Ernst Lubitsch. Hier mischen sich intelligente Gesellschaftskomödie und Anti-Nazi-Film zu einem anspruchsvollen und sehr kritischen Gesamtkunstwerk, das seit 1942 kaum an Aktualität verloren hat. Dem stelle ich als Vertreter einer tragisch-dramatischen Bearbeitung der Holocaust-Thematik SCHINDLER’S LIST gegenüber. So zeigt sich, dass die scheinbar „authentischere“ Tragödie sich dem Risiko aussetzt, den Zuschauer zu überwältigen und dadurch in seinen angenommenen Ansichten zu bestätigen. [...] Die intelligente Komödie dagegen bietet durch ihren subversiven Witz die Grundlage für neue Reflexions- und Erkenntnisprozesse. Die so bezogene Position des Zuschauers zum Film, die durch und mit dem Lachen entsteht ’impft’ gegen die Versuchung, sich fürderhin in irgendeiner Weise – sei es durch Faszination, sei es durch Furcht – von ihm [dem Diktator] beeindrucken zu lassen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- TO BE OR NOT TO BE
- Inhalt von TO BE OR NOT TO BE
- Wahrnehmung und Wirkung
- TO BE OR NOT TO BE und der polnische Widerstand
- Das Remake von Brooks
- Lachen über Hitler- Komödie vs. Tragödie
- Die Tragödie- das ästhetische Mitleid
- Die Tragödie bei Aristoteles
- Die Tragödie und der Rezipient
- Tragödie und Manipulation
- SCHINDLER'S LIST
- Inhalt und Wirkung
- Gemeinsamkeiten
- Die reflexive Kraft der Komödie
- Die Komödie im Verhältnis zur Tragödie
- Die Komödie und das Lachen des Publikums
- Das Wissen des Rezipienten
- Komödie und Stellungnahme
- Die Tragödie- das ästhetische Mitleid
- Fazit
- Bibliographie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Frage, ob und inwiefern Humor ein adäquates Mittel ist, um den Holocaust darzustellen und welche neuen Erkenntnisse ein humoristischer Ansatz zu diesem Thema bringen kann. Dabei werden die Anti-Nazi-Komödie TO BE OR NOT TO BE von Ernst Lubitsch und der tragisch-dramatische Film SCHINDLER'S LIST als Beispiele herangezogen. Die Arbeit analysiert die Wirkung beider Filme auf den Zuschauer und untersucht die Möglichkeiten und Grenzen der Komödie im Umgang mit dem Holocaust.
- Die Rolle der Komödie im Umgang mit dem Holocaust
- Die Wirkung von Komödie und Tragödie auf den Zuschauer
- Die Möglichkeiten und Grenzen des Humors im Umgang mit dem Grauen
- Die reflexive Kraft der Komödie
- Die Bedeutung des Wissens des Zuschauers für die Rezeption des Films
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor und beleuchtet die Debatte um den Einsatz von Humor im Umgang mit dem Holocaust. Sie führt die beiden zentralen Filme TO BE OR NOT TO BE und SCHINDLER'S LIST ein und skizziert die Argumentationslinie der Arbeit.
Das erste Kapitel analysiert die Anti-Nazi-Komödie TO BE OR NOT TO BE von Ernst Lubitsch. Es werden Inhalt, Wahrnehmung und Wirkung des Films beleuchtet, wobei der Fokus auf die Rolle des Humors im Kontext des polnischen Widerstands und des Remakes von Mel Brooks liegt.
Das zweite Kapitel setzt sich mit der Frage auseinander, ob und inwiefern die Komödie als Mittel der Auseinandersetzung mit dem Holocaust der Tragödie überlegen ist. Es werden die ästhetischen und manipulativen Aspekte der Tragödie anhand von Aristoteles' Theorie und am Beispiel von SCHINDLER'S LIST untersucht. Anschließend wird die reflexive Kraft der Komödie beleuchtet und ihre Bedeutung für die Stellungnahme des Zuschauers zum Thema Holocaust diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Holocaust, Komödie, Tragödie, Humor, Anti-Nazi-Film, TO BE OR NOT TO BE, SCHINDLER'S LIST, Ernst Lubitsch, Mel Brooks, Steven Spielberg, polnischer Widerstand, Rezeption, Wirkung, Reflexion, Erkenntnis, Manipulation, ästhetisches Mitleid.
- Quote paper
- Asadeh Mansouri (Author), 2008, Lachen über Hitler?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114019