Aspekt im Türkischen


Seminararbeit, 2008

21 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Überblick über das Verbsystem des Türkischen
2.1 Der Verbalaspekt in der Türkischen Sprache
2.2 Definition Aspekt
2.3 Tempuskategorien
2.4 Tempusbildungen

3. Problemstellung und Forschungsstand
3.1 Zeit
3.2 Perspektive
3.3 Orientierungspunkte
3.4 Interne und externe Darstellungsmodi
3.5 Reihenfolge

4. Zusammenfassung

5. Literatur

1. Einleitung

Türkisch ist eine der Turksprachen, die zur ural- altaischen Sprachgruppe gehört und weist - allein von der Struktur her- im Vergleich zu Deutsch bzw. zu den anderen westeuropäischen Sprachen recht große Unterschiede auf.

Die Heimat der türkischen Sprache ist Zentralasien. Es gibt verschiedene Turksprachen wie Turkmenisch, Usbekisch, Kirgisisch, Jakutisch, Aserisch, Uigurisch, Tadschikisch, deren Verbreitung von Bosnien bis China reicht und die in weiteren Gebieten Zentralasiens sowie im iranischen Aserbaidschan, in Afghanistan und in chinesischen Grenzgebieten gesprochen werden.

Der vorliegende Text beschäftigt sich mit dem Türkisch, wie es in der Türkei seit der Gründung der Türkischen Republik 1923 als Staatssprache gesprochen wird. Um Verwechslungen zu vermeiden bezeichnete Johanson dieses Türkisch als Türkeitürkisch.[1]

Wenn im folgenden Text von Türkisch die Rede ist, dann wird damit immer auf das Türkeitürkisch wie gerade beschrieben referiert.

Nach einer kurzen Einführung in die Türkische Sprache sollen vorweg einige grundsätzliche Bestimmungen zur Aspektdefinition gegeben werden, um so den Untersuchungsgegenstand innerhalb der Forschung einzuordnen. Eine Kernfrage der traditionellen Analyse des Tempus-Aspekt-Systems ist zum einen die Frage wie viele Tempusformen im Türkeitürkischen existieren und wie sie formal realisiert werden; zum anderen die Frage, wie sich die Bedeutung der Tempuskategorien im Türkischen adäquat beschreiben lässt. Um die Besonderheiten des Türkischen herauszuarbeiten.

Zunächst wird das Verbsystems des Türkischen in einer modernen Beschreibung vorgestellt. Wobei versucht wird, eine Zuordnung der dort beschriebenen Verwendungsweisen der einzelnen Verbformen zu den Comrieschen Tempus- und Aspektunterscheidungen[2] vorzunehmen. Abschließend sollen innerhalb eines Textes finite Verbformen hinsichtlich ihrer Form, Tempus und Aspekt bestimmt werden.

2. Überblick über das Verbsystem des Türkischen

Malkoç leitet seinen Überblick über die Struktur der Türkischen Sprache mit dem Thema der Vokalharmonie ein. Er schreibt: „Das Türkische unterscheidet sich von den indogermanischen Sprachen auf der phonologischen Ebene am auffälligsten durch die Vokalharmonie.“[3]

Ein sehr sinnfälliger Einstieg, da die Vokalharmonie für Tempusallomorphe interessant ist. Ein Wort im Sinne der Vokalharmonie ist also nicht nur der Wortstamm, sondern der Stamm mit allen Affixen. So soll zunächst eine kurze Erläuterung der Vokalharmonie gegeben werden. Im Türkischen gibt es insgesamt acht Vokale, die in zwei Gruppen aufgeteilt werden.

Die erste Gruppe beinhaltet die hellen Vokale: e, i, ö, ü; die zweite Gruppe die dunklen Vokale: a, i. o, u. Das Lautgesetz, welches nahezu konsequent auf alle Wörter angewendet wird, besagt, dass ein Wort entweder nur helle oder nur dunkle Vokale enthalten darf.: „Innerhalb von Wortgrenzen, auch unter Einbezug von Klitika, assimilieren sich alle Vokale in ihren Lautqualitäten an den jeweils vorangehenden, bis hin zum letzten Vokal.“[4]

Im vorliegenden Zusammenhang der Tempus/Aspekt Analyse ist es auch relevant, da sich das Gesetz der Vollharmonie nicht nur auf den Wortstamm, sondern auch auf die jeweiligen Ergänzungen bezieht.[5] Die wenigen Ausnahmen sind zusammengesetzte Wörter und natürlich die Wörter, welche aus anderen Sprachen Eingang ins Türkische gefunden haben.

Der zweite augenfällige Unterschied zwischen der türkischen und der deutschen Sprache ist die Agglutination. Die türkische Sprache weicht in ihrem Aufbau und Struktur deutlich von den indogermanischen, flektierenden Sprachen ab. Die türkische Sprache drückt Wortbildungen, Abwandlungen und Bedeutungsmodifikationen durch verschiedene Suffixe aus, die dem Stammwort hinzugefügt werden. Man spricht deshalb vom Türkisch als einer agglutinierenden Sprache.

Charakteristisch hierbei ist, dass ein oder mehrere nicht frei vorkommende Morpheme an einen Wortstamm, der entweder ein Nominalstamm oder ein Verbalstamm sein kann, oder an ein Kompositum angefügt werden können.

Die Funktion der Suffixe kann entweder der Wortbildung oder dem Ausdruck bestimmter grammatischer Funktionen dienen. Beispiele für die Wortbildung sind: balik Fisch, balikçi Fischer, balikçilik Fischerei. Beispiele für eine grammatische Funktion ist: balikçida mit der Fischerei.

Durch die Aneinanderreihung von Morphemen entstehen die so genannten Morphem- oder Suffixketten, die beim Nomen und Verbum jeweils unterschiedliche Abfolgen aufweisen.

Zur Ergänzung sei hier erwähnt, dass folgende Suffixe an das Nomen angeheftet werden können: Plural, Progressivpronomen, Kasus.

Beim Verbstamm sind die Möglichkeiten der Suffigierung weitaus vielfältiger. Ein besonders komplexes System von Morphemen signalisiert nicht nur die Tempus-, Modus- und Aspektfunktion, sondern auch die Modalität (wie z. B. genera verbi Kausativ, Passiv), Negation und Subjektvertreter (Person, Numerus). Das folgende Beispiel gibt einen guten Überblick über komplexes Prädikat der türkischen Sprache.

kov – ul – a – mi – yor – du – k „wir konnten gerade nicht vertrieben werden“

kov – Verbstamm

ul – Passiv

a – Modussuffix

mi – Negation

yor – Tempussuffix

du – Auxillar (Vergangenheit)

k – Personalsuffix 1. P. Pl.[6]

Die Aussagen Malkoçs über das türkische Verbsystem stehen in großer Übereinstimmung mit den Ausführungen Johansons, die er über Sprachbau und Inhaltssyntax bereits 1974 niederschrieb. Johanson wies darauf hin, dass eine türkische Wortform „grundsätzlich Verbal- oder Nominalstamm sein kann, wobei das Kriterium die Fähigkeit ist, die eine oder andere von zwei distinkten Suffixklassen anzunehmen.“[7]

Eine Form kann also sowohl Verb als auch Nomen sein, was zu einer Vielzahl von Verwechslungen geführt hat. Besonders Doerfers hat darauf hingewiesen, dass morphologische Klassen und satzhierarchische Funktionen in den altaischen Sprachen häufig verwechselt wurden und forderte, dass diese unpräzisen indogermanischen Termini für die altaischen Sprachen nicht verwendet würden.[8]

Hiermit ist ein grundsätzliches Problem angesprochen, welches im Verlauf der vorliegenden Arbeit noch häufiger auftauchen wird. Nimmt man die Kategorien, die sich durch die linguistische Sprachanalyse der meist indogermanischen Sprachen herausgebildet hat, so ist sind Linguisten versucht, diese Kategorien auf die türkische Sprache zu übertragen, aber mit zweifelhaftem Erfolg. Auch Doerfes prägte für einzelne Wortkategorien typische Funktionen aus.[9] Johanson zeigt aber deutlich,

„dass den Kardinalfunktionen ‚Prädikativ’, ‚Absolutiv’, und ‚Komplementiv’ in europäischen Sprachen die Wortklassen ‚Verb’, ‚Substantiv’, und ‚Adjektiv’ in typischer Weise entsprechen. Verwendet man nun die letztgenannten Termini auch für ‚entsprechende’ türkische ‚Wortklassen’ im syntaktisch-funktionalem Sinne (…), sollte die eindeutig nicht-morphologische Verwendung der Termini klargestellt werden.“[10]

Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, dass die linguistische Analyse des Türkischen sehr häufig an ihre Grenzen kommt durch eine Verwechslung und Konfusion der linguistischen Begriffe, die auf das Türkische übertragen werden. Besonders deutlich wird diese Tatsache bei der Erörterung des Verbalaspektes, der in den indogermanischen Sprachen auf einer Zeitstruktur basiert im Türkischen aber auf einer Beziehungsstruktur, wie in den folgenden Kapiteln deutlich werden wird.

2.1 Der Verbalaspekt in der Türkischen Sprache

Unter den Turkologen besteht eine Meinungsvielfalt ob überhaupt die Kategorie des Verbalaspektes im Türkischen existiert. In den türkischen Grammatiken, die in der Türkei erschienen sind, wird der Verbalaspekt negiert. Oft werden auch die Termini Aspekt und Aktionsart vermischt oder synonym gebraucht. es gibt eine Tradition vor allem der sowjetischen Turkologen, die den Aspekt im Türkischen anerkennen.[11]

[...]


[1] Vgl. Johanson, Lars: Türkeitürkische Aspektotempora. In: Thieroff, Rolf/ Ballweg, Joachim (Hrsg .): Tense systems in European languages. Tübingen: Niemeyer. 1994, S. 247.

[2] Vgl. Comrie, Bernhard: Aspect. An Introduction to the Study of verbal Aspekt and related Problems. Cambridge u. a. 1976.

[3] Malkoç, Muzaffer: Das Tempus und Aspektsystem im Deutschen und im Türkischen. Versuch einer konfrontativen Untersuchung am Beispiel der Vergangenheitsformen. Heidelberg 2004, S. 121.

[4] Ebd., S. 121

[5] Vgl. Ebd., S. 121.

[6] Vgl. Malkoç 2004, S. 120ff.

[7] Johanson, Lars: Sprachbau und Inhaltssyntax am Beispiel des Türkischen. In: ders.: Linguistische Beiträge zur Gesamtturkologie. Budapest 1991, S. 13.

[8] Vgl. Doerfer, Gerhard: Sprachbau. In: Spuler, Bertold: Handbuch der Orientalistik. Abt. 1. Bd. 5:2. Leiden Köln 1964, S. 51-75.

[9] Vgl. Ebd. (Doerfer)

[10] Johanson 1991, S. 17.

[11] Moustakas, Athanassios: Das Konverb im Türkischen und seine funktionale Entsprechungen im Neugriechischen, Bulgarischen und Rumänischen aus der Perspektive des Verbalaspekts. Neuried 1996, S. 134.

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Details

Titel
Aspekt im Türkischen
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Institut für Deutsch als Fremdsprache)
Veranstaltung
Aspekttypologie
Autor
Jahr
2008
Seiten
21
Katalognummer
V114124
ISBN (eBook)
9783640152056
ISBN (Buch)
9783640154333
Dateigröße
456 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aspekt, Türkischen, Aspekttypologie
Arbeit zitieren
Aydin Günbeyi (Autor:in), 2008, Aspekt im Türkischen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114124

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