In regelmäßigen Abständen erscheinen Autobiographien von Staatsmännern, Literaten oder Fernsehstars. Gerade hat der ehemalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder seine Autobiographie Entscheidungen. Mein Leben in der Politik veröffentlicht und sich damit an die Spitze der Spiegel-Rangliste gesetzt . Schröder schildert darin die Zeit seiner Kanzlerschaft, erzählt von schweren Entscheidungen, von schlaflosen Nächten und von Ereignissen, die sein Leben und das Land verändert haben. Schröder hat aus seiner Erinnerung heraus, die Vorkommnisse im Kanzleramt zu Papier gebracht. Kann Schröder sich tatsächlich an alle Abläufe und Vorgänge während seiner Zeit als Bundeskanzler erinnern? Was ist objektiv nachprüfbar, was hat er nachträglich hinzugedichtet bzw. was scheint Teil seiner Erinnerung zu sein? Die Autobiographie als literarische Gattung ist keine objektive Berichterstattung, aber auch nicht allein Ergebnis subjektiver Autoreindrücke. Sie bewegt sich vielmehr dazwischen.
Ist eine Definition für die Autobiographie möglich? Wodurch zeichnet sich die Autobiographie aus? Was unterscheidet sie von anderen Gattungen? Diese und andere Fragen sollen in der folgenden Arbeit untersucht werden. Als Primärtext dient mir Der Autobiographische Pakt von Philippe Lejeune, der schon 1971 in L’Autobiographique en France versucht hat, eine Definition für Autobiographie aufzustellen. Lejeune sah einige Probleme nicht geklärt, die er in Der Autobiographische Pakt von 1975 erneut in Angriff nahm. In diesem neuen Definitionsversuch erhellt Lejeune die Gattungsproblematik als solche. Dabei wollte er die Position des Lesers von heute einnehmen, „der in einer Masse publizierter Texte, deren gemeinsames Thema die Schilderung eines Lebens ist, eine Ordnung auszumachen versuchte“ . Weiterhin dient mir Martina Wagner-Egelhaafs Autobiographie aus dem Jahre 2000 als Forschungsliteratur.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Autobiographie
2.1. Elemente
2.2. Identität zwischen Autor, Erzähler und Protagonist als Voraussetzung
2.3 Der Name als Identitätsnachweis - Der autobiographische Pakt
2.4. Das Modell - Fiktion und Wirklichkeit
2.5. Abgrenzung vom Roman - Der Romanpakt
3. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In regelmäßigen Abständen erscheinen Autobiographien von Staatsmännern, Literaten oder Fernsehstars. Gerade hat der ehemalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder seine Autobiographie Entscheidungen. Mein Leben in der Politik veröffentlicht und sich damit an die Spitze der Spiegel -Rangliste gesetzt[1]. Schröder schildert darin die Zeit seiner Kanzlerschaft, erzählt von schweren Entscheidungen, von schlaflosen Nächten und von Ereignissen, die sein Leben und das Land verändert haben. Schröder hat aus seiner Erinnerung heraus, die Vorkommnisse im Kanzleramt zu Papier gebracht. Kann Schröder sich tatsächlich an alle Abläufe und Vorgänge während seiner Zeit als Bundeskanzler erinnern? Was ist objektiv nachprüfbar, was hat er nachträglich hinzugedichtet bzw. was scheint Teil seiner Erinnerung zu sein? Die Autobiographie als literarische Gattung ist keine objektive Berichterstattung, aber auch nicht allein Ergebnis subjektiver Autoreindrücke. Sie bewegt sich vielmehr dazwischen.
Ist eine Definition für die Autobiographie möglich? Wodurch zeichnet sich die Autobiographie aus? Was unterscheidet sie von anderen Gattungen? Diese und andere Fragen sollen in der folgenden Arbeit untersucht werden. Als Primärtext dient mir Der Autobiographische Pakt von Philippe Lejeune, der schon 1971 in L’Autobiographique en France[2] versucht hat, eine Definition für Autobiographie aufzustellen. Lejeune sah einige Probleme nicht geklärt, die er in Der Autobiographische Pakt von 1975 erneut in Angriff nahm. In diesem neuen Definitionsversuch erhellt Lejeune die Gattungsproblematik als solche. Dabei wollte er die Position des Lesers von heute einnehmen, „der in einer Masse publizierter Texte, deren gemeinsames Thema die Schilderung eines Lebens ist, eine Ordnung auszumachen versuchte“[3]. Weiterhin dient mir Martina Wagner-Egelhaafs Autobiographie aus dem Jahre 2000 als Forschungsliteratur.
2. Die Autobiographie
2.1. Elemente
Philippe Lejeune geht in Der Autobiographische Pakt auf die maximal 200 Jahre alte aus Europa stammende persönliche Literatur ein. Zugrunde liegt seiner Untersuchung folgende Definition. Die Autobiographie ist eine
Rückblickende Prosaerzählung einer tatsächlichen Person über ihre eigene Existenz, wenn sie den Nachdruck auf ihr persönliches Leben und insbesondere auf die Geschichte ihrer Persönlichkeit legt.[4]
Diese Definition bringt mehrere Elemente ins Spiel. Zunächst nennt Lejeune die sprachliche Form, die eine Erzählung bzw. ein in Prosa geschriebener Text ist. Weiterhin gibt es ein Thema, also das individuelle Leben bzw. die Geschichte einer Persönlichkeit. Ebenso wird die Situation des Autors thematisiert, d. h. die Identität zwischen dem Autor, dessen Namen auf eine tatsächliche Person verweist, und dem Erzähler genannt. Zuletzt wird die Position des Erzählers erörtert; also die Identität zwischen dem Erzähler und der Hauptfigur bzw. die rückblickende Erzählperspektive.
Für Lejeune ist eine Autobiographie jedes Werk, „das sämtliche Bedingungen in jeder einzelnen Kategorie erfüllt“[5]. Nach einem Vergleich mit Nachbargattungen der Autobiographie (Memoiren, Biographie, personaler Roman (Ich-Roman), autobiographisches Gedicht, Tagebuch, Selbstportrait/Essay) wird klar, dass die verschiedenen Kategorien unterschiedlich zwingend sind.
2.2. Identität zwischen Autor, Erzähler und Protagonist als Voraussetzung
Für Lejeune ist es unverzichtbar, dass Identität zwischen dem Autor, dem Erzähler und dem Protagonisten besteht. „Die in der Autobiographie vorausgesetzte Identität zwischen dem Erzähler und dem Protagonisten wird meistens durch die Verwendung der ersten Person angezeigt.“[6] Gérard Genette bezeichnet dies als autodiegetische Narration. Als homodiegetisch bezeichnet Genette eine Ich-Erzählung, in der Erzähler und Protagonist nicht dieselbe Person sind. In diesem Fall könnte jede andere Gattung in Frage kommen. Auch von einer Biographie könnte gesprochen werden, einer Lebensgeschichte also, die der Protagonist nicht selbst erzählt bzw. die der Erzähler nicht selbst erlebt hat. Nicht zwangsläufig muss für eine Autobiographie die Erste Person verwendet werden. Lejeune stellt fest, dass Erzähler und Protagonist identisch sein können, ohne dass die erste Person verwendet wird.
[...]
[1] Vgl. Bestsellerliste. In: Der Spiegel, Nr. 45 vom 6.11.2006, S. 211.
[2] Philippe Lejeune: L’Autobiographique en France, Paris, 1971.
[3] Philippe Lejeune: Der autobiographische Pakt, Frankfurt am Main, 1994, S. 13.
[4] Philippe Lejeune: Der autobiographische Pakt, Frankfurt am Main, 1994, S. 14.
[5] Philippe Lejeune: Der autobiographische Pakt, Frankfurt am Main, 1994, S. 14.
[6] Philippe Lejeune: Der autobiographische Pakt, Frankfurt am Main, 1994, S. 16.
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