Aufgabe dieser Arbeit soll es zunächst sein, die Bilder christlicher Symbolik in Natura morta zu identifizieren. Dafür werden Lexika zur christlichen Ikonographie herangezogen und auf bisherige Forschungsergebnisse zu Natura morta verwiesen. Die darauf aufbauende Interpretationsarbeit soll helfen, die hinter den Symbolen verborgene Bedeutung zu erkennen. In einem abstrakteren Interpretationsschritt soll abschließend geprüft werden, ob wir eine Analogie zur Heilsgeschichte des Neuen Testaments annehmen dürfen. Eine Analogie, in deren Zentrum auf Seiten der Novelle eine unerhörte Begebenheit steht und auf Seite des Neuen Testaments die Kreuzigung Christi, die Auferstehung und die damit verbundene Befreiung von Sünden. Insofern kann die Arbeit als mutiger Vorstoß im Untersuchungsfeld von Religiosität in Josef Winklers Natura morta verstanden werden, der sich stark auf christliche Symbolik sowie die Figur des Piccolettos fokussiert und erlaubt, den Blick auf Religiosität im Gesamtwerk Winklers außer Acht zu lassen.
„Natura morta. Eine römische Novelle“ weckt beim ersten Lesen keinerlei christliche oder religiöse Stimmung im Leser. Dabei spielt die Erzählung, wie der Untertitel bereits ankündigt, in Rom, dem weltlichen Zentrum der Katholischen Kirche. Auf nahezu jeder der etwa hundert Buchseiten werden Kruzifixe, Jesus-Figuren, Marienstatuen, Kleriker, Bekreuzigungen, Stoßgebete oder Rosenkränze beschrieben. Das Werk führt den Leser zum Petersdom, vorbei an Beichtstühlen, der Pietà Michelangelos, den Vatikanischen Grotten und zahlreichen Heiligenbildern und dennoch, ein andächtiger oder zumindest spiritueller Sinn wird nicht angesprochen. Die Darstellung der religiösen Attribute wirkt widersprüchlich, doch sie ist keinesfalls zufällig gewählt.
Im Aufsatz Jenseits der Blasphemien findet sich eine wissenschaftliche Theorie, die erklärt, wieso viele der christlichen Symbole in der Novelle sinnentleert und teilweise blasphemisch erscheinen. Hinter diesen sinnentleerten Motiven, die gelöst aus ihrem religiösen Kontext nichts weiter als Modeerscheinungen und Produkte der Kulturindustrie sind, existiert sehr wohl eine Bedeutungsebene, die christliche Symbole nutzt, um eine Botschaft zu vermitteln.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Erzählperspektive und Wandel
- Christliche Symbole in Natura morta
- Symbolik um Piccoletto
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die christliche Symbolik in Josef Winklers Novelle „Natura morta“. Ziel ist die Identifizierung und Interpretation der religiösen Bilder, um die verborgene Bedeutungsebene hinter den scheinbar sinnentleerten Motiven zu entschlüsseln. Es wird geprüft, ob eine Analogie zur Heilsgeschichte des Neuen Testaments besteht.
- Analyse der Erzählperspektive und deren Wandel
- Identifizierung und Interpretation christlicher Symbole
- Untersuchung der Bedeutungsebene der Symbole
- Prüfung einer Analogie zur Heilsgeschichte
- Kirchenkritik in der Darstellung der Symbole
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt die Forschungsfrage nach der Bedeutung der christlichen Symbolik in „Natura morta“. Sie kontrastiert den scheinbar nicht-religiösen ersten Eindruck der Novelle mit der Fülle an religiösen Attributen, die im Text beschrieben werden. Die Arbeit verfolgt das Ziel, diese Symbole zu identifizieren und ihre Bedeutung im Kontext der Novelle zu interpretieren, indem sie auf bestehende Forschungsergebnisse zurückgreift und eine mögliche Analogie zur Heilsgeschichte untersucht.
Erzählperspektive und Wandel: Dieses Kapitel analysiert die Erzählperspektive in Winklers Novelle. Es beschreibt die anfängliche externe Fokalisierung, die den Leser mit einer kameraartigen Darstellung der Ereignisse konfrontiert und eine eigene Interpretation der Geschehnisse erfordert. Der Wechsel zur internen Fokalisierung im fünften und sechsten Teil, besonders während der Trauerfeier für Piccoletto, markiert einen Wendepunkt in der Erzählweise und offenbart ein Erzählerbewusstsein, das über bloße Beschreibung hinausgeht und Bewertungen vornimmt. Dieser Perspektivwechsel deckt sich mit einem strukturellen Wendepunkt der Novelle.
Christliche Symbole in Natura morta: Dieses Kapitel befasst sich mit der Entschlüsselung der christlichen Symbolik in ausgewählten Textstellen. Es betont die "unzeitgemäße" Natur dieses Versuchs aufgrund der Entfremdung von christlicher Tradition im Laufe der Zeit. Die Analyse konzentriert sich auf die Mehrdeutigkeit der Symbole und deren kirchenkritische Interpretation. Am Beispiel des zerbrochenen Granatapfels wird die Beschädigung oder das Auseinanderbrechen der Kirche symbolisch dargestellt, ein Element, das sich durch die gesamte Novelle zieht und die kritische Auseinandersetzung mit dem religiösen Kontext verdeutlicht.
Schlüsselwörter
Natura morta, Josef Winkler, Christliche Symbolik, Erzählperspektive, Ikonographie, Heilsgeschichte, Kirchenkritik, Symbolinterpretation, Rom, Granatapfel.
Häufig gestellte Fragen zu Josef Winklers "Natura morta"
Was ist der Gegenstand dieser wissenschaftlichen Arbeit?
Die Arbeit analysiert die christliche Symbolik in Josef Winklers Novelle „Natura morta“. Sie untersucht die religiösen Bilder und ihre Bedeutung im Kontext der scheinbar sinnentleerten Motive, um eine verborgene Bedeutungsebene zu entschlüsseln und eine mögliche Analogie zur Heilsgeschichte des Neuen Testaments aufzuzeigen.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in ihnen?
Die Arbeit beinhaltet eine Einleitung, ein Kapitel zur Erzählperspektive und ihrem Wandel, ein Kapitel zur christlichen Symbolik in der Novelle, sowie ein Fazit. Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und das Ziel der Arbeit vor. Das Kapitel zur Erzählperspektive analysiert den Perspektivwechsel in der Novelle und dessen Bedeutung. Das Kapitel zur christlichen Symbolik entschlüsselt ausgewählte Symbole und deren kirchenkritische Interpretation. Ein Fazit fasst die Ergebnisse zusammen.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die christliche Symbolik in „Natura morta“ zu identifizieren und zu interpretieren. Sie untersucht die Bedeutungsebene der Symbole und prüft, ob eine Analogie zur Heilsgeschichte besteht. Ein weiterer Fokus liegt auf der Analyse der Erzählperspektive und deren Wandel im Verlauf der Novelle.
Welche Schlüsselthemen werden in der Arbeit behandelt?
Schlüsselthemen sind die Analyse der Erzählperspektive (insbesondere der Wechsel von externer zu interner Fokalisierung), die Identifizierung und Interpretation christlicher Symbole (z.B. der Granatapfel), die Untersuchung der Mehrdeutigkeit der Symbole und deren kirchenkritische Interpretation, sowie die Prüfung einer möglichen Analogie zur Heilsgeschichte.
Wie wird die christliche Symbolik in der Novelle interpretiert?
Die Arbeit interpretiert die christlichen Symbole im Kontext der Novelle und betont deren Mehrdeutigkeit. Sie analysiert, wie diese Symbole eine kirchenkritische Perspektive verdeutlichen, beispielsweise durch die Darstellung des zerbrochenen Granatapfels als Symbol für die Beschädigung oder das Auseinanderbrechen der Kirche. Die "unzeitgemäße" Natur des Versuchs, christliche Symbolik in einem modernen Kontext zu deuten, wird ebenfalls thematisiert.
Welche Rolle spielt die Erzählperspektive?
Die Erzählperspektive spielt eine entscheidende Rolle. Die Arbeit analysiert den Wandel von einer anfänglichen externen Fokalisierung hin zu einer internen Fokalisierung im späteren Verlauf der Novelle. Dieser Perspektivwechsel wird als struktureller Wendepunkt interpretiert und ermöglicht eine tiefere Einblicke in die Gedanken und Emotionen der Figuren.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Natura morta, Josef Winkler, Christliche Symbolik, Erzählperspektive, Ikonographie, Heilsgeschichte, Kirchenkritik, Symbolinterpretation, Rom, Granatapfel.
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- Anonym (Author), 2019, Christliche Symbolik in Natura morta. Ein unzeitgemäßer Versuch zur Rekonstruktion von verborgenen Bildern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1142394