Fahrzeugübergreifende Systemplattformen zur Positionierung im internationalen Wettbewerb. Chancen und Risiken eines eigenen Betriebssystems für einen Automobilhersteller


Bachelorarbeit, 2021

88 Seiten, Note: 1,1

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Glossar

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Motivation
1.2 Aufgabenstellung und Abgrenzung
1.3 Struktur der Thesis
1.4 Methoden zur Erkenntnisgewinnung

2. Grundlagen
2.1 Automotive Systeme
2.1.1 Systemansatz
2.1.2 Traditioneller Verbrennungsmotor
2.1.3 Elektromotor
2.1.4 Hybride Ansätze
2.1.5 Steuerungseinheiten
2.1.6 Systemsoftware
2.1.7 Bussysteme
2.2 Betriebssystem als übergreifende Systemplattform
2.2.1 Heranführung
2.2.2 Definition
2.2.3 Grundsätzlicher Systemansatz
2.2.4 Hardwarevoraussetzungen
2.2.5 Standardisierung
2.3 Internationale Automobilbranche
2.3.1 Überblick
2.3.2 aktuelle Standardisierung

3. Chancen und Risiken einer übergreifenden Systemplattform
3.1 Methodik der Analyse
3.1.1 Randbedingungen
3.1.2 Vorgehensweise
3.2 Aktueller Entwicklungsstand
3.3 Einführung einer Systemplattform
3.4 Anforderungen einer starken Marktpositionierung
3.5 Chancen
3.5.1 weitere Chancen mit eigenem Betriebssystem
3.5.2 weitere Chancen mit fremdbezogenem Betriebssystem
3.6 Risiken
3.6.1 weitere Risiken mit eigenem Betriebssystem
3.6.1 weitere Risiken mit fremdbezogenem Betriebssystem
3.7 Abwägen von Chancen und Risiken
3.8 Bedeutung im internationalen Wettbewerb

4. Umsetzung am Beispiel Volkswagen
4.1 Umsetzung und Transformation
4.1.1 Hardware
4.1.2 Software
4.1.3 aktuelle Studienergebnisse
4.2 Marktpositionsprognose

5. Fazit und Reflexion
5.1 Resümee der Grundproblematik
5.2 Reflexion der Chancen
5.3 Reflexion der Risiken
5.4 Zusammenführung
5.5 Fazit und Entwicklungstrend

6. Zusammenfassung und Ausblick

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

Internetquellenverzeichnis

Glossar

Betriebssystem

„Sammelbegriff für Programme (Systemprogramme), die den Betrieb eines Computers erst möglich machen; auch als Operating System (OS) bezeichnet. Sie steuern und überwachen das Zusammenspiel der Hardwarekomponenten im Rahmen der Auftrags-, Daten-, Arbeitsspeicher- und Programmverwaltung (bes. die Abwicklung einzelner Anwendungsprogramme, den Zugriff von Prozessen auf bestimmte Ressourcen) sowie der Systemsicherung (Fehlererkennung und -behebung). Das Betriebssystem macht ein Datenverarbeitungssystem erst bedienbar und beherrschbar.“ 1

Ein Betriebssystem im Automobil verwaltet die virtuelle Hardware über mehrere Zentralrechner und bildet eine Verbindungsstelle zwischen Hardware und Software. Auch größere Steuergeräte besitzen ein Betriebssystem und agieren als eigener Domänenrechner im Fahrzeug. Es gibt es drei Betriebssystemarten, welche auf verschiedenen Rechnerhierarchien arbeiten:

- Grundlegende Betriebssysteme, auch Basisbetriebssysteme, sind Betriebssysteme Linux oder QNX. Diese arbeiten auf den Platinen und Systemkernen im Systemkernel und erzeugen virtuelle Maschinen. Sie sind als Open Source Software kostenlos zur Verwendung freigegeben.
- Fahrzeugbetriebssysteme sind maßgefertigte Echtzeitbetriebssysteme wie Teslas Ubuntu oder Volkswagens VW.OS. Beide sind Linux-Distribution. Ein Fahrzeugbetriebssystem ist ähnlich wie die Desktopbetriebssysteme Windows von Microsoft oder Macintosh von Apple aufgebaut, jedoch mit Echtzeitanforderungen. Es kann virtualisiert sein und nur für spezielle Systeme aufgeteilt werden. Entwickelt von dem jeweiligen Fahrzeughersteller oder Softwarelieferanten, erzeugen diese Systeme die Benutzeroberfläche und Rechensoftware.
- ROM-OS Betriebssysteme bestehen aus Applikationen wie Navigationssoftware, Bedienungsoberflächensoftware, Klimasteuerungen uvm. Sie werden auf das Fahrzeugbetriebssystem installiert und erzeugen eine eigene Betriebsoberfläche.

Digitalisierung

Nach Bendel von dem Gabler Wirtschaftslexikon heißt es: „Der Begriff der Digitalisierung hat mehrere Bedeutungen. Er kann die digitale Umwandlung und Darstellung bzw. Durchführung von Information und Kommunikation oder die digitale Modifikation von Instrumenten, Geräten und Fahrzeugen ebenso meinen wie die digitale Revolution, die auch als dritte Revolution bekannt ist, bzw. die digitale Wende.“ 2

Der Begriff Digitalisierung im Kontext mit der Automobilbranche grenzt sich in mehreren Bereichen ab. Zum einen gibt es die digitalisierte industrielle Produktion auf dem Weg zur Industrie 4.0 und zum anderen die digitalen Geschäftsprozesse mit mobilitätsorientierten Geschäftsmodellen. Der dritte Bereich ist das digitalisierte Produkt selbst, z. B. das Automobil mit einem übergreifenden Betriebssystem, welches als Software- und Systemplattform fungiert. Die Digitalisierung ist ein Veränderungsprozess zu einem vollautonomen, rohstoffsparenden und kundenorientierten Wirtschaftsprozess.

Internationale Wettbewerbsfähigkeit

Auf den Bezugsebenen der internationalen Wettbewerbsfähig von Branchen und Unternehmen heißt es bei Diez: „Die deutsche Automobilindustrie wird also dann als wettbewerbsfähig angesehen, wenn es den ihr zugehörigen Unternehmen in der Summe nachhaltig gelingt, ihre Produkte auf dem Weltmarkt mit einem als angemessenen erachteten Gewinn zu verkaufen.“ 3

Zudem ist die Wettbewerbsfähigkeit für Unternehmen „ein multidimensionales Konstrukt, welches aus wettbewerbsrelevanten Eigenschaften und Bereichen eines Unternehmens besteht, die es ihm ermöglichen, sich dauerhaft im Markt gegenüber seinen aktuellen und potenziellen Konkurrenten zu behaupten.“ 4

Multitasking

Gleichzeitige Verarbeitung von parallel laufenden Prozessen und Programmen in einem System.

Präemptives Multitasking

Präemptives Multitasking ist eine Art von Multitasking, die es Computerprogrammen ermöglicht, Betriebssysteme (OS) und zugrunde liegende Hardwareressourcen gemeinsam zu nutzen. Es teilt die gesamte Betriebs- und Rechenzeit zwischen den Prozessen auf. Die Einteilung von Ressourcen zwischen verschiedenen Prozessen erfolgt nach vordefinierten Kriterien. Präemptives Multitasking wird auch als Zeitscheiben-Multitasking bezeichnet.5 Laufende Prozesse können unterbrochen und weitergegeben werden. Ein einzelner Prozess beansprucht nie das gesamte System.

Abkürzungsverzeichnis

AG Aktiengesellschaft

APP Application Software (Applikationssoftware / Anwendungssoftware)

CAN Controller Area Network (Bussystem)

ECU Electronic Control Units

EVA Eingabe-Verarbeitung-Ausgabe

FoD Functions on Demand

GPS Global Positioning System (Globales Positionsbestimmungssystem)

HCP High Computer Performance (Hochintegrationsrechnereinheit)

HPC High Performance Computer (Plattform für zentrale Rechnerarchitektur)

HW.3 Tesla Hardware 3. Generation

ICAS InCar Application Server für Volkswagenfahrzeuge

IEEE Institute of Electrical and Electronics Engineers

IT Informationstechnik

LIN Local-Interconnect-Network (Bussystem)

MEB Modulare E-Antriebs-Baukasten oder auch Modularer Elektrobaukasten

MOST Media-Oriented-Systems-Transport-Bus

OEM Original Equipment Manufacturer (hier: Automobilhersteller)

OTA Over-the-Air (Softwareupdate über Funk)

SOTIF Safety Of The Intended Functionality (Sicherheitsvorschrift)

Tesla US-amerikanisches Unternehmen (u. a. Automobilhersteller)

TOGG Automobil Initiativgruppe (türkischer Automobilhersteller)

VW Volkswagen (deutscher Automobilhersteller)

VW.OS Volkswagen Operating System (Fahrzeug-Betriebssystem)

WLTP Worldwide harmonized Light Duty Test Procedure (Testverfahren)

zFAS zentrales Fahrerassistenzsteuergerät (Rechenzentrale)

1. Einleitung

Vor ca. 40 Jahren begannen die Automobilhersteller mit dem Einbau von elektronischen Steuergeräten und digitalen Systemen in Kraftfahrzeugen. Innerhalb des letzten Jahrzehnts wurden die Fahrzeuge zu mobilen Computern weiterentwickelt. Die Fahrzeuge bekamen immer mehr Steuergeräte mit eigenen Softwares und Betriebssystemen hinzu. Die Automobilbranche befindet sich heutzutage in einer zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung. In dem Automobil von heute können über hundert Steuergeräte, bis zu fünfzig Sensoren für die Sinne und bis zu acht Kilometer an Kabeln verbaut sein. Das Betriebssystem muss mehr und mehr mit seiner Umwelt interagieren können und mit Netzwerken wie Internet, Mobilfunk, GPS, Bluetooth kommunizieren.

Die Automobilindustrie in einem ständigen Wandel. Jedoch ist der derzeitige Wandel einer der größten, anstrengendsten, teuersten und innovativsten den es je gab. In der heutigen Zeit stehen im Vordergrund der Hersteller die Entwicklungen für das autonome (intelligente) Fahren und das vollelektrische Automobil. Dazu braucht es ein Betriebssystem.

1.1 Motivation

Der aktuelle Wandel in der Automobilbranche wird die Anforderungen von Steuerungshardware und -software, sowie deren E/E-Architektur des Fahrzeuges komplett verändern. Eine technische Weiterentwicklung von elektrifizierten, digital und autonom gesteuerten Automobilen, ist mit den bekannten Bussystemen wie dem CAN-Bus immer schwieriger bis unmöglich zu realisieren, wodurch die Automobilhersteller (OEM) gezwungen sind, eine neue digitale Fahrzeugvernetzung zu entwickeln. Die Lösung des Problems ist die Einführung einer neuen Architektur im Automobil mit zentralen Recheneinheiten und einem einheitlichen übergreifenden Betriebssystem. Die Hardware eines Software-definierten Fahrzeuges soll um die Software – genauer gesagt um die wichtigen Informationstechnologien gebaut werden. Das Hauptaugenmerk Hardware verlagert sich somit auf die Software.

Diese Umsetzung gelang der Firma Tesla Incorporated als erstes Unternehmen im Jahre 2008 mit ihrer vollelektrischen, digital vernetzten und autonom fahrenden Fahrzeugflotte. Wegen fehlender Produktionskapazitäten erlangte Tesla bis heute keine starke Marktposition in der Automobilindustrie. Jedoch schaffte sie es durch ihre Marktkapitalisierung, also dem Börsenwert, zur weltweit wertvollsten Automarke im Jahre 2020 aufzusteigen (seit 2021 steht Tesla an sechster Stelle). Als ausschlaggebender Grund ist die Einführung der oben genannten Technologie als Trendgeber anzusehen. Die zwei größten Automobilkonzerne, die Toyota Motor Corporation und die Volkswagen AG, wurden innerhalb weniger Jahre von Tesla in ihrem Marktwert überholt. Der Technologietrend für die Zukunft war somit gegeben. Fast alle Automobilhersteller werden diesem Trend folgen, jedoch wird diese Transformation von dem Volkswagenkonzern am stärksten angestrebt und am schnellsten ermöglicht. In der Gewissheit, dass Tesla mit steigenden Produktionszahlen durch Produktionsstandorterweiterungen (z. B. auch in Deutschland) seine Marktposition deutlich verstärken und den führenden Konzernen Kunden entziehen wird. Der Vorteil bei Tesla sind die jetzt schon eigens entwickelten Zukunftstechnologien des Elektrofahrzeuges mit der Fähigkeit zum autonomen Fahren. Zusätzlich entstehen durch die Elektromobilisierung neue Automobilhersteller und Entwicklungspartnerschaften, da die Entwicklung und Herstellung von Fahrzeugen ohne Verbrennungsmotor deutlich einfacher sind. Beispiele neu am Markt agierende Hersteller sind die türkische Firma TOGG oder die deutsche Firma GUMPERT AIWAYS AUTOMOBILE GmbH.

Auch für Toyota ist die Transformation zu einem Automobil- und Mobilitätsunternehmen zur Kernaufgabe geworden. Nicht nur der Elektroantrieb, sondern auch die Mobilitätsdienstleistungen stehen im hier Vordergrund.6

Im Rahmen dieser Bachelorarbeit soll folgenden Fragen nachgegangen werden:

Ist ein Tesla nur ein Spartenprodukt oder ist deren Technologie wegweisend für die zukünftige Automobilbranche. Warum nimmt sich der Volkswagen Konzern ein Beispiel an Tesla? Welche Chancen und Risiken können für den einzelnen OEM bestehen?

Dies sind interessante Fragestellungen, weil der Ansatz hin zu einer führenden Software in einem Automobil eine neue Innovationsstufe und somit einen neuen Standard innerhalb der Branche hervorbringt. Zudem stellt sich die Frage, ob sich ein etablierter Automobilhersteller ohne die Umstellung zu einem einheitlichen Betriebssystem in der Zukunft auf dem Markt bestehen kann.

1.2 Aufgabenstellung und Abgrenzung

Diese Bachelorthesis soll die Chancen und Risiken eines eigenen Betriebssystems für einen Automobilhersteller, als fahrzeugübergreifende Systemplattform zur Positionierung im internationalen Wettbewerb darstellen. Das wichtigste Ziel soll das Überleben des Herstellers und eine stärkere Marktpositionierung, sowie eine hohe Rendite in der Zukunft sein. Wer diesen technologischen Wandel nicht vollzieht, wird sich am Markt durch neue gesetzliche Richtlinien oder wegen steigenden Kundenwünschen mit Bezug auf Softwarelösungen, nicht mehr durchsetzen können.

Wegen der steigenden Komplexität des mechatronischen Systems Automobil, werden diverse Systeme als leistungsstarke Kontroll- und Recheneinheiten realisiert. Dazu ist eine einheitliche Betriebssoftware notwendig, um eine effiziente übergreifende Steuerung zu ermöglichen. In Verbindung mit der Praxis werden Beispiele und aktuelle Standpunkte von verschiedenen Automobilherstellern in diese Thesis eingehen. Eine Reflexion erfolgt am Beispiel der anstrebenden Maßnahmen und Zukunftspläne der Volkswagen AG.

Der Vorstandsvorsitzende Herbert Diess zum Thema Souveränität von des VW-Konzerns: „Wenn wir unabhängig bleiben wollen, müssen wir Software im Auto selbst entwickeln […] das wichtigste Projekt in den nächsten fünf, zehn Jahren“. 7

Die Ergebnisse der Analyse sind zudem im Kontext der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit bewertet.

Die übergreifende Digitalisierung der Automobilindustrie soll hier nicht beachtet werden und somit nicht in das Ergebnis eingehen. Diese Arbeit weißt eine Abgrenzung der digitalisierten Produktion und weiterer Geschäftsprozesse mit der Erkenntnisgewinnung auf. Die Elektromobilität soll teilweise erwähnt werden, da diese einen Einfluss auf die Entwicklung des Betriebssystems hat. Es sollen somit nur die wichtigen technischen Aspekte angesprochen werden. Insbesondere nur diejenigen, die eine Bedeutung in der Entwicklung und Umsetzung eines übergreifenden Betriebssystems im Fahrzeug, in Abhängigkeit der Marktposition und des Überlebens des Herstellers und dessen Marke, haben. Dadurch wird das Thema dieser Arbeit zusätzlich weiter abgegrenzt.

Dadurch, dass verschiedene Aspekte der Digitalisierung und den zu erwartenden Produkten stark im Zusammenhang zu der Entwicklung dieses Betriebssystems stehen, werden diese kurz erwähnt. Als Beispiel liegt die Intension des Systems in der Erfüllung des angestrebten vollautomatisierten Fahrens ab dem Level 4, welches ohne ein einheitliches System nicht oder nur mit sehr viel Aufwand funktionieren kann. Oder dem Abonnementgeschäft und der Functions on Demand (FoD) für die Realisierung der Umsatzziele. „Das Marktpotenzial ist erheblich: Accenture rechnet für das vernetzte Fahren in Summe mit einem Marktvolumen von 100 Milliarden Euro im Jahr 2020 und 500 Milliarden Euro nur fünf Jahre später. Pro Neuwagen ließen sich dank vernetzter Dienste und zusätzlicher Einsparpotenziale über die gesamte Lebensdauer des Fahrzeugs hinweg leicht mehrere Tausend Euro zusätzlich erwirtschaften.“ 8

Ein wichtiger Effekt dieser Betriebssystementwicklung ist eine Reduzierung an Steuergerätevarianten, hin zum Einsatz von wenigen Zentralrechnern. Folglich soll bei dieser Thematik über den Tellerrand hinausgeschaut werden.

1.3 Struktur der Thesis

Diese Thesis ist in sechs Kapitel unterteilt. Nach der Einleitung mit der Motivation und Aufgabenstellung im ersten Kapitel, folgen im zweiten Kapitel die Grundlagen und deren Voraussetzungen zu den verschiedenen Technologien wie Antrieb, Bussysteme und Betriebssysteme. Ebenfalls wird ein kurzer Überblick der internationalen Automobilbranche dargestellt. In Kapitel drei befindet sich der Analyseteil mit den Chancen und Risiken, sowie den Anforderungen für den Erhalt der Marktpositionierung. Ein Fallbeispiel für die Transformation und Entwicklung der eigenen Betriebssoftware bei Volkswagen wird im vierten Kapitel dargestellt. In Kapitel fünf erfolgt das Fazit und Reflexion der Ergebnisse aus der Theorie (Kapitel 3) und der Praxis (Kapitel 4). Das Kapitel 6 stellt die Schlussfolgerung und den Ausblick dar.

1.4 Methoden zur Erkenntnisgewinnung

Diese Arbeit ist rein literarisch belegt und erfolgte ohne die Zusammenarbeit mit einem Auto­mobil- oder Softwarehersteller. Die Erkenntnisse in dieser Arbeit wurden größtenteils aus Internetquellen, wie digitalen Fachzeitschriften und Magazinen, erworben. Aus diesen Quellen wurden Inhalte und Zitate aus Interviews von führenden Managern der Automobilindustrie übernommen. Verwendet wurden deutsch- und englischsprachige Quellen. Inhalte aus dem Englischen wurden ins Deutsche übertragen. Fachliteratur wurde ebenfalls verwendet. Zur heutigen Zeit existieren nur zwei bis drei größere Automobilhersteller mit einem eigenen Betriebssystem. Deswegen lässt sich wenig praxisbezogene Fachliteratur aufweisen.

In dieser Arbeit und der Praxis kann es vorkommen, dass unterschiedliche Eigennamen von Technologien, Funktionen, Innovationen und Projekten aus Zitaten oder Quellen ein und denselben Hintergrund bzw. Bedeutung haben. In der Automobilbranche ist es üblich, dass die Funktions- und Projektnamen sich während den anfänglichen Projektphasen ändern und verschiedene Begriffe herstellerspezifisch verwendet werden.

2. Grundlagen

Dieses Kapitel beschreibt die wichtigsten Ansätze und Grundlagen der Antriebs- und Vernetzungssysteme in der Automobilindustrie. Zudem wird das Betriebssystem als übergreifende Systemplattform veranschaulicht und erklärt, was diese Software bewirken soll und zu welchem Zweck sie dient. Somit wird das Zusammenspiel der Informations- und Fahrzeugtechnik, also der Software und Hardware im Fahrzeug, dargestellt. Im Abschnitt 2.3 erfolgt ein kurzer Einblick in die Standardisierung innerhalb der internationalen Automobilbranche.

2.1 Automotive Systeme

Im Folgenden sollen, angeführt von dem Systemansatz, die zwei bedeutendsten Antriebsentwicklungen für automotive Antriebssysteme und zusätzlich ein Einblick in die Systemsoftware und deren Vernetzung über Bussysteme aufgezeigt werden.

2.1.1 Systemansatz

Im Automobilsektor beherrschen zwei Grundkonzepte von Antriebssystemen den Markt. Der Verbrennungsmotor und der Elektromotor. Diese zwei grundlegenden Konzepte können zu einem Hybridantrieb, also einem Fahrzeug mit beiden Antriebsarten, kombiniert werden.

Die Technologie der Brennstoffzelle soll hier nur als weiterer Energiewandler erwähnt werden. Hier wird Energie in eine Batterie oder direkt in einen Elektromotor abgegeben. Der genutzte Antrieb besteht weiterhin aus einem Elektromotor. Diese Technologiekombination kann somit als ein reiner Elektro- oder Hybridantrieb angesehen werden.

Für die Steuerung der heutzutage stark elektronisch geregelten Antriebe, kommen mehrere Steuerungseinheiten respektive Steuergeräte in den verschiedensten Varianten zum Einsatz. Diese Steuergeräte und deren dazugehörige Softwarekomponenten werden von nur wenigen Zulieferern hergestellt. Bekannte Systemlieferanten sind die Robert Bosch GmbH, die Continental AG und die ZF Friedrichshafen AG. Eine Vernetzung und Kommunikation der Steuergeräte erfolgt über die Bussysteme.

Bussysteme bilden eine Netzwerkstruktur für die Datentransfers zwischen den Steuergeräten, Aktoren, Sensoren und Anzeigesystemen. Je nach Einsatzgebiet im Fahrzeug verwenden unterschiedliche Netzwerkstrukturen langsame und schnelle Geschwindigkeiten (low/ high-speed). Ein international standardisierter Bus ist das CAN-Protokoll bzw. CAN-Netzwerk oder der CAN-Bus.

In den folgenden Unterabschnitten werden die grundlegenden Antriebssysteme und Bussysteme etwas ausführlicher erklärt.

2.1.2 Traditioneller Verbrennungsmotor

Ein klassischer Verbrennungsmotor verwendet Kraftstoffe wie Benzin oder Diesel, Mineralöle oder Gase, um mittels einer chemischen Umwandlung mechanische Energie über eine Verbrennung im Inneren des Motors zu erzeugen. Der Wirkungsgrad dieser Umwandlung wurde stetig verbessert, jedoch ist dieser unter 50 % anzusehen. Die restliche Energie wird unerwünschter Weise hauptsächlich in Wärmeenergie umgewandelt. Der Grundaufbau eines Verbrennungsmotors besteht aus dem Brennraum, Kolben sowie der Kurbelwelle. Je nach Ausführung werden zusätzliche Bauteile für die Zündung, Ventile mit Ventilsteuerung (Nockenwelle) und ein Kühlmechanismus benötigt. In der Automobilindustrie wird gewöhnlich ein Viertaktmotor als Hubkolbenmotor mit einer Otto- oder Dieseltechnologie verwendet. Eine weitere Verbrennungstechnologie ist der Wankel­motor, welche bei der Firma Mazda zum Einsatz kam.

Verbrennungsmotoren und deren Abgassysteme müssen stetig weiterentwickelt werden, um die gesetzlichen Änderungen zum Ausstoß von Klimagasen und einer Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs zu erreichen. Mit der Einführung der neuen Euro 7 Abgasnorm nach WLTP-Zyklus, welche ab dem Jahr 2025 in der Europäischen Union für neu zugelassene Fahrzeuge gelten soll, ist die Wirtschaftlichkeit für die Weiterentwicklung einer weiteren Motorengeneration nicht mehr gegeben. Der Aufwand wird als zu hoch und das Ergebnis als zu niedrig eingeschätzt. Die Verkaufspreise auf dem Markt für ein Automobil mit einer neuen Motorengeneration wären ggü. der Konkurrenz nicht mehr akzeptabel.

Des Weiteren benötigen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren einen hohen Material- und entwicklungsaufwand für Steuergeräte und weiteren Komponenten im Antriebs- und Abgasstrang. Denn, nicht nur die Motorenbauteile sind hiervon betroffen, sondern auch Komponenten bei den Abgasanlagen und den Getrieben, welche im Elektrofahrzeug entfallen. Nicht wenige Komponenten sind Verschleißteile und müssen im Kundendienst auf Lager gehalten werden. Um Einsparpotenziale zu erzielen, planen einige Fahrzeughersteller Neuentwicklungen und den Verkauf von Verbrennungsmotoren einzustellen.

2.1.3 Elektromotor

Der alternative Elektroantrieb ist vom Ansatz und Materialaufwand einfacher aufgebaut als ein konventioneller Antrieb. Im Groben besteht dieser aus einer Batterie, mindestens einem Elektromotor und der Lade- und Leistungselektronik (siehe Abbildung 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Aufbau des Antriebssystems eines Elektrofahrzeuges9

Nebenbei ist zu erwähnen, dass ein Automobil mit einem Elektromotor schon im Jahre 1839 erbaut wurde und somit einige Jahre vor dem ersten konventionellen Fahrzeug mit Verbrennungsmotor.

Ein Elektromotor benötigt wegen seines Drehzahlbandes kein komplexes Getriebe, sondern nur ein Planetengetriebe und wegen fehlender Verbrennung kein Abgassystem. Der Wirkungsgrad mit rein elektrisch erzeugter Energie (ohne chemische Brennstoffzelle), ist mit äußeren Einflüssen deutlich über 50 % bis 95 % angesiedelt. Die Produktion eines Elektromotors erfolgt im Gegensatz zu einem Verbrennungsmotor fast ausschließlich autonom. Der Elektroantrieb wird als das Antriebskonzept der Zukunft angesehen. Ab 2030 werden mehrere Hersteller ausschließlich Elektrofahrzeuge anbieten. Als größtes Problem stellen die Produktion und Entwicklung der Batterie bzw. Akkumulatoren und deren Ladefähigkeiten dar.

Während der Umstellung auf diese Antriebstechnologie ist zu erwähnen, dass hier der geeignetste Zeitpunkt besteht, um auf ein übergreifendes Betriebssystem zurückzugreifen.

2.1.4 Hybride Ansätze

„Ein Automotor (Ottomotor oder Dieselmotor) kann bei mittlerer bis hoher Last Wirkungsgrade im Bereich von 25 bis 40 % erreichen. Bei niedriger Auslastung (z. B. im Stadtverkehr) dagegen kann der Wirkungsgrad leicht auch unter 5 % absinken. Dieses Problem kann mit Hybridantrieben gelöst werden, bei denen niedrige Leistungen über einen Elektromotor erzeugt werden.“ 10

Hybridfahrzeuge bestehen aus mindestens zwei verschiedenen Antriebsarten bzw. Energieumwandlern, welche mechanische Energie erzeugen. Die bekannteste Variante besteht aus einem Verbrennungsmotor in Verbindung mit einem Elektromotor. Hier können leistungsarme oder leistungsstarke Elektromotoren den konventionellen Antrieb unterstützen oder separat das Automobil antreiben. In Abbildung 2 ist der Aufbau eines solchen Hybridfahrzeuges dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Aufbau eines Hybridfahrzeuges11

Hybridantriebe werden den Einsatz der aktuellen Generationen von Verbrennungsmotoren in Europa verlängern, da diese Variante die hohen gesetzlichen Abgasnormen erfüllt. Jedoch nimmt dieses Konzept sehr viel Platz im Fahrzeugbauraum in Anspruch. Hinzukommend müssen höhere Materialkosten pro Fahrzeug berechnet werden.

2.1.5 Steuerungseinheiten

Elektronische Steuerungseinheiten sind Steuergeräte, welche Signale von Sensoren verarbeiten und an andere Systeme, Steuergeräte oder Aktoren weitergeben (Abbildung 3). Sie arbeiten nach dem Eingabe-Verarbeitung-Ausgabe-Prinzip.

In einem Mittelklassewagen werden mehr als 40 Steuergeräte verbaut und über verschiedene Bussysteme vernetzt (Abbildung 4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Grundaufbau eines Steuergerätes12

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Übersicht der Vernetzung von Steuergeräten in einem Kraftfahrzeug13

Diese Steuergeräte werden sehr robust und standardisiert hergestellt, da sie über mehrere Jahre fehlerfrei Prozesse in Echtzeit regeln müssen. Für die Herstellung eines Steuergerätes wird eine große Anzahl an elektronischen Bauteilen, wie z. B. Halbleitern benötigt (siehe Abbildung 5).

Der Entwicklungsgedanke für die Verwendung eines Steuergerätes pro Fahrzeugfunktion ist heutzutage nicht mehr tragbar. Der Bauraum im Fahrzeug wird trotz Vergrößerung der Fahrzeuge immer knapper, die Entwicklungskosten steigen stetig an. Das Ziel zur Reduzierung von Steuergeräten und deren Verkabelungen, Kosten und Material ist nur über den Einsatz von zentralen Recheneinheiten und unterstützend mit dem Umstieg auf Elektromotoren möglich. Bis zu 70 Kg wiegt die Verkabelung der gesamten Steuergeräte in einem Fahrzeug.

Für eine Optimierung Standardisierung der Vernetzung und Kommunikation der Steuergeräte wurden Entwicklungspartnerschaften wie die Automotive Open System Architecture (AUTOSAR) gegründet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Platine eines Steuergerätes14

2.1.6 Systemsoftware

Fahrzeugsoftwares, also Basissoftwares und Betriebssysteme, lösten die mechanisch- und elektronisch geregelten Funktionen ab. Infolge sich die Technik weiterentwickelte und die Anzahl von über 700 Funktionen nicht mehr steuerbar waren.15 Kleinere Steuergeräte und Mikrocontroller besitzen gewöhnlich kein Betriebssystem, was jedoch bei komplexen Aufgaben Nachteile hervorruft. Auch hier muss der Durchlauf in Echtzeit und ohne Fehler geschehen.

Größtenteils wird die Grundsoftware für Steuergeräte und Infotainmentsysteme von den Zulieferfirmen der Hardware entwickelt und ausgeliefert. Der OEM gibt diesen Firmen einen gewissen Rahmen der Softwarevarianz vor, sodass die Kommunikation der verschiedenen Steuergeräte gewährleistet wird. Diese Datensätze werden beim Automobilhersteller spezialisiert, also angepasst bzw. erweitert. Pro Steuergerät wird eine einzelne Software verwendet und auf dessen Flashspeicher abgespeichert und abgerufen. In Fahrzeugen ohne zentralisierter Systemsoftwaresteuerung für sämtliche Fahrzeugfunktionen, arbeitet das Steuergerät meist als ein einzelnes domänenspezifisches Computersystem mit einer eigenen Betriebssoftware als Echtzeit-OS (siehe Abbildung 6). Somit als Funktionssoftware in einer Satellitenarchitektur.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Grundlegende Struktur der Steuergerätesoftware16

Einige Funktionen wurden in den letzten Jahren schrittweise in zentrale Steuergeräte zusammengeführt, wodurch eine einzelne Softwarevariante mehrere Funktionen steuern kann. Am Beispiel von Audi‘s zFAS (zentrales Fahrerassistenzsteuergerät) wird sichtbar, dass die Automobilindustrie den Weg in Richtung von vereinheitlichter Steuerungselektronik einnimmt, da die Verarbeitung von größeren Datenpaketen nur zentral stattfinden kann. Softwarefunktionen können dadurch gebündelt und vereinfacht werden.

Ein weiteres Beispiel für eine Softwarevereinheitlichung im Fahrzeug, ist die oben erwähnte Entwicklungspartnerschaft AUTOSAR. Diese bietet Software-standardisierte Module und Lösungen an, welche übergreifend Verwendung finden. Dies trägt der Entwicklung von Software zwischen Zulieferer und Hersteller bei.

Die Systemsoftware soll nicht detaillierter beschrieben werden, denn dies würde über den Rahmen dieser Thesis hinausgehen. Treibersoftwares und weitere Schnittstellen werden nicht behandelt.

2.1.7 Bussysteme

Die verschiedenen Fahrzeugsysteme und deren Steuergeräte werden über serielle Datenbussysteme gegenseitig mit Informationen versorgt. Eine Interaktion über mehrere Steuergeräte mit unterschiedlichen Informationen über die gleichen elektronischen Leitungen bzw. Verbindungen in Echtzeit soll gewährleistet werden. Hierfür werden verschiedene digitale Bus-Arten in einem Fahrzeug verwendet, weil die Systeme jeweils verschiedene Eigenschaften besitzen oder herstellerspezifisch bevorzugt werden (Abbildung 7).

Die wichtigste, älteste und bekannteste Technologie ist der CAN-Bus mit seinen verschiedenen Leistungsarten. Dieser kommt in jedem Fahrzeug herstellerübergreifend zur Verwendung. Weitere bekannte Bussysteme sind der Media-Oriented-Systems-Transport-Bus (MOST) für die Infotainmentsysteme, der Local-Interconnect-Network-Bus (LIN) für den Informationsaustausch zwischen den Sensoren und Aktoren und der FlexRay (BMW und Daimler) für Sicherheitssysteme (Abbildung 8).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Vernetzungsdarstellung eines Audi A6 (6. Generation)17

Bussysteme werden in die drei Klassen A, B und C kategorisiert. Verwendet werden sie als Systembus zur Kommunikation zwischen dem Prozessor und deren Umgebung, als Speicherbus für die Verbindung der Recheneinheiten mit dem Speicher, als Peripheriebus zur Verbindung des Speichers mit den anderen Komponenten im System und dem Ein- und Ausgabebus zur Verbindung mit weiteren Peripheriegeräten.18 Verbunden sind diese über Gateways.

Die altbewährte Bustechnologie soll nach Anbetracht der Automobilhersteller, gegen eine einheitliche und für sämtliche Funktionen einsetzbare Netzwerkarchitektur ausgetauscht werden. Die kostengünstigste und für Echtzeitdaten geeignete Technik ist das Ethernet-Protokoll in Verbindung mit wenigen zentralen Recheneinheiten und einem übergreifenden Betriebssystem. BroadR-Reach lautet ein technologischer Standard des automotiven Ethernets für eine sichere Echtzeitübertragung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Kombination der Bussysteme19

2.2 Betriebssystem als übergreifende Systemplattform

Ziel in der aktuellen Fahrzeugentwicklung ist das Betriebssystem als gesamtheitliche Steuerungseinheit in einem Automobil. In diesem Abschnitt sollen das übergreifende Betriebssystem und die technischen und wirtschaftlichen Ziele etwas ausführlicher dargestellt werden.

2.2.1 Heranführung

Im Abschnitt 2.1 und dessen Unterabschnitten wurden die aktuellen Standards in der Automobilbranche dargestellt. Die hohe Anzahl von Steuergeräte- und Softwarevarianten und den daraus folgenden Kostenaufwand konnten als resultierenden Probleme erkannt werden. Auch die komplexe Vernetzung bei den Bussystemen sollte stark vereinheitlicht werden. Die Lösung dieser Probleme wurde durch ein übergreifendes Betriebssystem und einer Veränderung der Architektur in den letzten Jahren von den Firmen Tesla und Volkswagen umgesetzt. Zusätzlich liegt nicht nur das alleinige Ziel in der Vereinfachung, sondern auch in den neuen Chancen im Verkauf und Service zu erschaffen. Das Potenzial von Softwaretechnologien wird in der Zukunft stetig steigen (siehe Abbildung 9).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Potenzial von Softwarefunktionen (Stand: 2003)20

Technische Ziele

Die Standardvernetzung von Steuergeräten soll grundlegend geändert werden, um die Anzahl derer deutlich reduzieren zu können. Durch zwei bis fünf zentrale Recheneinheiten als Mehr-Domänen-Rechner in einer End-to-End-Elektronikarchitektur wird ein Großteil von Steuergeräten wegfallen (vereinfacht in Abbildung 10 dargestellt). Hauptgründe hierfür sind die Reduzierung der Komplexität und Steigerung der Robustheit der Software.

Betroffen sind alle möglichen Arten von Steuergeräten, wie etwa die Komfortsteuergeräte, Sicherheitssteuergeräte oder Antriebssteuergeräte. Die resultierenden positiven Effekte sind unter anderem Einsparungen im Gewicht, von Rohstoffen, Halbleiterelementen und Verkabelungen, ein niedrigerer Energieverbrauch, eine schnellere Kommunikation untereinander, Reduzierung des Platzbedarfes im Bauraum, geringere Entwicklungszeiten, einfachere Wartung und ein verbesserter Kundendienst. Die Umsetzung der Elektromobilität mit einer neuen Netzwerkarchitektur wird mit geringerem Aufwand möglich sein. Jedoch wird erwartet, dass die Elektromobilität den Halbleiterbedarf wegen des Einsatzes der Leistungselektronik erhöhen wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Wandel zur End-to-End-Elektronikarchitektur E3 mit 3 zentralen Recheneinheiten21

Innerhalb der neuen Architektur sollen verbleibende Steuergeräte und High Performance Computer mit einer einheitlichen Programmiersprache über ein übergreifendes Betriebssystem kommunizieren. Wegfallende Electronic Control Units (ECU) sollen bei Bedarf als virtuelle Hardware im OS ersetzt werden. Innerhalb der E3-Architektur von VW wird über Ethernetverbindungen zwischen drei Hauptrechnern und den restlichen Steuergeräten, Sensoren und Aktoren kommuniziert, welche deutlich leichter, dünner und günstiger als die CAN-Bus-Verbindungen sind.22

Nach dem Plattformgedanken des VW-Konzerns wird in den nächsten Jahren jedes Model mit dieser einheitlichen Computer-Hardware und dem eigenen übergreifenden Betriebssystem VW.OS ausgestattet. Softwareupdates, funktionale Erweiterungen und Freischaltungen sollen via Over-the-Air (Funk oder mobile Daten) als Functions on Demand bezogen werden. Es soll so möglich sein, nach der Produktion und dem Verkauf des Fahrzeuges, verschiedene Eigenschaften wie Leistungsparameter oder die Komfortsysteme anpassen zu können.

[...]


1 Lackes, Richard (2018): Definition: Betriebssystem (BS). In: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 19.02.2018. Online verfügbar unter https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/betriebssystem-bs-30823, zuletzt geprüft am 18.04.2021.

2 Bendel, Oliver (2018): Definition: Digitalisierung. In: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 19.02.2018. Online verfügbar unter https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/digitalisierung-54195, zuletzt geprüft am 13.06.2021.

3 Diez, Willi (2012): Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie. Herausforderungen und Perspektiven. Berlin: Oldenburger Verlag. S. 6.

4 Arzt, Rowena (2007): Wettbewerbsfähigkeit europäischer Messeveranstalter. Entwicklung und empirische Anwendung eines multidimensionalen Bezugsrahmens. Kölner Wissenschaftsverlag, Köln. S. 16.

5 (eigene Übersetzung). Janssen, Dale (2013): Preemptive Multitasking. In: Techopedia, 16.02.2013. Online verfügbar unter https://www.techopedia.com/definition/8949/preemptive-multitasking, zuletzt geprüft am 13.06.2021.

6 Vgl. Eberhardt, Henning (2021): Harrison soll Transformation von Toyota in Europa treiben. Hg. v. absatzwirtschaft – Zeitschrift für Marketing. Online verfügbar unter https://www.absatzwirtschaft.de/harrison-soll-transformation-von-toyota-in-europa-treiben-178210/, zuletzt aktualisiert am 22.05.2021, zuletzt geprüft am 22.05.2021.

7 Krogh, Henning (2021): VW-Chef Diess: "Eigene Software, wenn wir unabhängig bleiben wollen". In: Business Insider, 14.02.2021. Online verfügbar unter https://www.businessinsider.de/wirtschaft/vw-chef-diess-in-sorge-um-souveraenitaet-des-gesamten-konzerns-wenn-wir-unabhaengig-bleiben-wollen-muessen-wir-software-im-auto-selbst-entwickeln-c/, zuletzt geprüft am 20.02.2021.

8 Accenture GmbH (2015): Wie die Autoindustrie die Chancen der Digitalisierung richtig nutzt. Accenture-Automobilwoche-Beilage-2015-German. Online verfügbar unter https://www.accenture.com/_acnmedia/Accenture/Conversion-Assets/DotCom/Documents/Global/PDF/Industries_18/Accenture-Automobilwoche-Beilage-2015-German.pdf, zuletzt geprüft am 20.02.2021. S. 6.

9 Sommer, Gerd Stegmaier, Annette Bender-Napp, Clemens Hirschfeld, Marcel (2018): Modularer Elektrobaukasten (MEB) für VW E-Autos: E-Auto-Technik für Millionen zu Diesel-Preisen. auto motor und sport. Online verfügbar unter https://www.auto-motor-und-sport.de/elektroauto/vw-id-elektroauto-meb-22-millionen-technik/#bildergalerie, zuletzt aktualisiert am 18.04.2021, zuletzt geprüft am 18.04.2021.

10 Paschotta, Rüdiger (2021): Wirkungsgrad. RP Photonics Consulting GmbH. Online verfügbar unter https://www.energie-lexikon.info/wirkungsgrad.html, zuletzt aktualisiert am 18.04.2021, zuletzt geprüft am 18.04.2021.

11 AUDI AG: Leitfaden für Rettungskräfte. Fahrzeuge mit alternativen Antrieben. Online verfügbar unter https://www.audi.de/dam/nemo/models/misc/special-purpose-vehicles/PDF/IG_DE_RL_Audi_Web.pdf, zuletzt geprüft am 18.04.2021.

12 Wolf, Fabian (2018): Fahrzeuginformatik. Eine Einführung in die Software- und Elektronikentwicklung aus der Praxis der Automobilindustrie. 1. Auflage. Wiesbaden: Springer Vieweg (ATZ/MTZ-Fachbuch). S. 3.

13 Schröder-Preikschat, Wolfgang: Automotive Betriebssysteme. Verteilte Systeme und Betriebssysteme. Online verfügbar unter https://www.real-time.de/archiv/p2004/SchrPreik.pdf, zuletzt geprüft am 08.03.2021. S. 4.

14 PR KONSTANT (2012): Asienpremiere: Huber Group präsentiert neues E-Mobility Steuergerät auf der Auto China 2012 in Peking - PR KONSTANT. Online verfügbar unter https://www.konstant.de/pressefach/huber-group/ecu21/, zuletzt aktualisiert am 11.04.2012, zuletzt geprüft am 23.05.2021.

15 Vgl. Weber-Wulff, D.; Siedersleben, J. (2003): Software im Automobil – Anforderungen und Chancen. Relevanz und Status von Software, S. 2. Online verfügbar unter http://www.seuh.org/SEUH8_2003/01_Weinmann.pdf, zuletzt geprüft am 20.06.2021. S. 2.

16 Borgeest, Kai (2014): Elektronik in der Fahrzeugtechnik. Hardware, Software, Systeme und Projektmanagement. 3., aktualisierte und verb. Aufl. Wiesbaden: Springer Vieweg (ATZ/MTZ-Fachbuch). S. 215.

17 Nosper; Prof. Dr.-Ing. Tim J. (2006): Mechatronische Systemtechnik im KFZ Kapitel 2: CAN. Controller-Area-Network. Online verfügbar unter https://docplayer.org/13862436-Mechatronische-systemtechnik-im-kfz-kapitel-2-can-prof-dr-ing-tim-j-nosper.html, zuletzt geprüft am 08.03.2021. S. 3.

18 Vgl. KUNBUS GMBH (2021): KFZ Bussysteme, Protokolle und Standards 1. Was sind Kfz- Bussysteme. Online verfügbar unter https://www.kunbus.de/kfz-bussysteme-protokolle-und-standards-1.html, zuletzt aktualisiert am 30.04.2021, zuletzt geprüft am 30.04.2021.

19 Wolf, Fabian (2018): Fahrzeuginformatik. Eine Einführung in die Software- und Elektronikentwicklung aus der Praxis der Automobilindustrie. 1. Auflage. Wiesbaden: Springer Vieweg (ATZ/MTZ-Fachbuch). S. 26.

20 Weber-Wulff, D.; Siedersleben, J. (2003): Software im Automobil – Anforderungen und Chancen. Relevanz und Status von Software, S. 2. Online verfügbar unter http://www.seuh.org/SEUH8_2003/01_Weinmann.pdf, zuletzt geprüft am 20.06.2021. S. 2.

21 Berlin, Claas (2019): E/E-Architekturen. Frischzellenkur. Hg. v. Media-Manufaktur GmbH. Online verfügbar unter https://www.automotiveit.eu/exklusiv/frischzellenkur-210.html, zuletzt aktualisiert am 11.03.2021, zuletzt geprüft am 11.03.2021.

22 Vgl. Berlin, Claas (2019): E/E-Architekturen. Frischzellenkur. Hg. v. Media-Manufaktur GmbH. Online verfügbar unter https://www.automotiveit.eu/exklusiv/frischzellenkur-210.html, zuletzt aktualisiert am 11.03.2021, zuletzt geprüft am 11.03.2021.

Ende der Leseprobe aus 88 Seiten

Details

Titel
Fahrzeugübergreifende Systemplattformen zur Positionierung im internationalen Wettbewerb. Chancen und Risiken eines eigenen Betriebssystems für einen Automobilhersteller
Hochschule
DIPLOMA Fachhochschule Nordhessen; Abt. München
Note
1,1
Jahr
2021
Seiten
88
Katalognummer
V1142422
ISBN (eBook)
9783346518378
ISBN (Buch)
9783346518385
Sprache
Deutsch
Schlagworte
VW.OS, CARIAD, Tesla, Betriebssystem, HPC, Fahrzeugbetriebssystem, Chancen und Risiken, automobilhersteller, elektromobilität, Bachelorarbeit, Volkswagen, Toyota, Aufbau Elektroauto, HCP, ID.3, ID.4, Model 3, Automobilbetriebssytem, Model S
Arbeit zitieren
Anonym, 2021, Fahrzeugübergreifende Systemplattformen zur Positionierung im internationalen Wettbewerb. Chancen und Risiken eines eigenen Betriebssystems für einen Automobilhersteller, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1142422

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