Qualitätssicherung von Bio-Getreide entlang der Wertschöpfungskette. Gefahrenanalyse und Ermittlung von Maßnahmen zur Prävention


Bachelorarbeit, 2020

79 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Stand der Forschung
2.1 Qualität von Biogetreide
2.1.1 Qualitätsbegriff und Qualitätsmerkmale
2.1.2 Gesetze und Verordnungen zu Qualitätsanforderungen
2.2 Qualitätsausbildung - Beeinflussende Faktoren und Ursachen der Qualitätsver­luste
2.3 Transport
2.4 Getreideaufbereitung und Hygienemaßnahmen
2.5 Lagerung

3 Ergebnisse - Qualitätserhaltung entlang der Wertschöpfungskette
3.1 Ernte
3.1.1 Nacherntephysiologische Prozesse
3.1.2 Nacherntebehandlung von Getreide
3.2 Qualitätskontrollen vor und während der Warenannahme
3.2.1 Kontrolle der Getreidefeuchtigkeit
3.2.2 Besatzanalysen des Getreides
3.2.3 Vorbackversuche zur Prüfung der Qualität der Getreidechargen
3.3 Interne Qualitätskontrolle & Qualitätssicherung der Produktion und der Pro­dukte
3.3.1 Lagerung
3.3.2 Vorratsschutz und Schädlingsmanagement
3.3.3 Getreidereinigung und Hygienekonzept
3.3.4 Messung von pH-Wert und Säuregrad
3.3.5 Wöchentliche Qualitätsprüfung der Produkte
3.4 Externe Qualitätskontrollen

4 Diskussion
4.1 Einflussfaktoren auf die Qualitätsausbildung von Biogetreide
4.2 Maßnahmen zur Qualitätserhaltung und -sicherung entlang der gesamten Wertschöpfungskette

5 Ausblick

6 Zusammenfassung

7 Literaturverzeichnis

Anhang

Anmerkung der Redaktion: Der Anhang wurde aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.

Abbildungsverzeichnis

Abb. 2.1: Prozessbedingte (gelb) und biologische (violett) Ursachen für ein erhöhtes Qualitätsverlustrisiko von Getreide (verändert nach Humpisch 2014, S. 47)

Abb. 3.1: Mögliche Auswirkungen eines Befalls mit Vorratsschädlingen (verändert nach Humpisch 2014, S. 79) 42

Tabellenverzeichnis

Tab. 2.1: Übersicht über Krankheiten und unerwünschte Stoffe des Getreides (verändert nach Lindhauer et al. 2017, S. 78)

Tab. 3.1: Lagerzeit in Abhängigkeit von Lagerungstemperatur und Kornfeuchtigkeit (%) (nach Lindhauer et al. 2017, S. 412)

Tab. 3.2: Übliche pH-Werte und Säuregrade von Brot (verändert nach [1], S. 11)

Tab. 4.1: Mögliche Maßnahmen bezüglich in unterschiedlichen Prozessschritten auftre­ tende kritische Kontroll- bzw. Qualitätspunkte (CCP/CQP) (eigene Darstellung)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Global ist eine stetig steigende Nachfrage nach ökologisch erzeugten Produkten und nach Lebensmitteln in Demeter-Qualität im Besonderen zu beobachten, die sich nicht allein auf eine immer größere Relevanz von Umweltbelangen, gesundheitlichen Aspek­ten und den Klimawandel zurückführen lässt. Konsumenten erwarten des Weiteren qua­litativ hochwertige und sichere Nahrungsmittel. Döring konstatierte bereits vor mehr als 15 Jahren beim Kongress "Qualitätssicherung für Getreide als Lebensmittel“, dass sich der Qualitätsbegriff angesichts von Lebens- und Futtermittelkrisen in den vergangenen Jahren grundlegend gewandelt hat (BEHME 2003, S. 4). Dabei steht nicht nur die Pro­duktqualität allein im Vordergrund, sondern auch die Prozessqualität hat sich zum ent­scheidenden Faktor im Wettbewerb entwickelt (ebd.).

Die Ökologische Landwirtschaft hat, ebenso wie die konventionelle, mit durch den Klimawandel einhergehenden sich verändernden Anbaubedingungen zu kämpfen, wor­unter die Qualität der Nahrungsmittel leiden kann. Es besteht demnach ein genereller Anspruch und die Erwartungshaltung darauf adäquat zu reagieren. Ebenso wie die Qua­lität des Lebensmittels hinsichtlich dieser und weiterer Anforderungen, denen ein Ge­treidekorn von Anbau, über Ernte, Transport und Lagerung bis hin zur Verarbeitung ausgesetzt ist, aufrecht zu erhalten und ein sicheres Lebensmittel zu gewährleisten.

Hierbei ist es zunächst unabdingbar Qualität als solche zu definieren und sowohl äußer­liche als auch innere Merkmale, die die Qualität von Bio-Getreide kennzeichnen, aufzu­zeigen. Als ein Demeter- und Bio-Getreide verarbeitender Betrieb stellt das Märkisches Landbrot (MLB) sowohl an Rohstoffe als auch an die Verarbeitung höchste Qualitätsan­sprüche. Neben der bio-dynamischen Anbauweise, welche durch Einbeziehung und Harmonisierung der in der Natur vorkommenden Kräfte geprägt ist, nimmt auch die Regionalität der Rohstoffe einen hohen Stellenwert beim Thema Qualität in diesem Be­trieb ein.

Auf dem Weg eines Getreidekorns vom Anbau der Getreidepflanze, über die Ernte, den Transport, die Lagerung - einerseits beim Landwirt, andererseits beim verarbeitenden Betrieb - und letztendlich hin zur Verarbeitung, existieren unterschiedliche kritische Punkte, die die Qualität und die Sicherheit des Endproduktes beeinträchtigen können. Diesen Gefahren durch geeignete Maßnahmen vorzubeugen und den hohen Ansprüchen an qualitativ hochwertige und sichere Lebensmittel gerecht zu werden, fällt eine große Bedeutung zu. Seien es Feuchtigkeit, Mykotoxine, Vorratsschädlinge, Nährstoffmangel, ungünstige Witterungsverhältnisse und weitere; die Relevanz diesen Risiken vorzubeu­gen ist in unterschiedlichen Verordnungen und Gesetzen zum Verbraucherschutz und zur Lebensmittelhygiene verankert. Auch ist sie im Besonderen im Ökologischen Land­bau und den Bio-Verbänden, wie beispielsweise Demeter, nach eigenen Werten und Normen unabdingbar für ein gesundes, hochwertiges Lebensmittel.

Ziel dieser Arbeit ist die Analyse der Gefahren und der Ursachen von Qualitätsverlus­ten, die entlang der gesamten Wertschöpfungskette vom Korn zum Brot auftreten kön­nen. Es sollen präventive Maßnahmen zur Verminderung qualitätsbeeinträchtigender Risiken zur Erhaltung der Sicherheit des Lebensmittels herausgearbeitet werden. Hier­bei wird bei den Aspekten bezüglich Lagerung, internen und externen Kontrollen und Verarbeitung vor allem auf das MLB und bei Risiken hinsichtlich Anbau und Ernte auf die diesen Betrieb beliefernden Landwirte eingegangen, um vorhandene Einflüsse und Probleme bei der Qualitätsbildung und -sicherung zu analysieren. Das MLB als Deme- ter-Lieferbäckerei sieht sich aufgrund seiner Stellung und der damit einhergehenden strengeren Richtlinien und des hohen Qualitätsanspruchs an sich selbst und an seine Produkte dazu verpflichtet, regelmäßig jeden Schritt im Wertschöpfungsprozess zu kon­trollieren und zu optimieren. Grundsätzlich besteht bei allen Schritten des Qualitätsma­nagements Optimierungsbedarf, um den selbst gesetzten, von unabhängigen Kontrollin­stituten und vom Demeter-Verband gestellten Qualitätszielen zu entsprechen, den sich wandelnden Erwartungen von Verbrauchern gerecht zu werden und auf neue Herausfor­derungen adäquat zu reagieren.

2 Stand der Forschung

2.1 Qualität von Biogetreide

Getreide ist auf seinem Weg von der Ernte bis zur Verarbeitung zu beispielsweise Brot einigen Risiken ausgesetzt, die seine Qualität und auch seine Sicherheit mindern. Bevor diese und weitere kritische Aspekte entlang der Wertschöpfungskette analysiert werden, soll zunächst der Qualitätsbegriff definiert, Qualitätsmerkmale genannt und Gesetze sowie Verordnungen, die die Qualität von Nahrungsmitteln gewährleisten sollen, erläu­tert werden.

2.1.1 Qualitätsbegriff und Qualitätsmerkmale

Qualität lässt sich als die „Übereinstimmung zwischen den festgestellten Eigenschaften und den vorher festgelegten Forderungen einer Betrachtungseinheit“ (nach IEC 2371) oder auf Getreide bezogen als „wertfreier Sammelbegriff für die Eigenschaften von Korngut“ definieren (AUFHAMMER 2003, S. 133). Dabei umfasst der Qualitätsbegriff nicht nur die stoffbezogene Produktqualität, sondern auch die Prozessqualität - beides elementare Faktoren im Wettbewerb. Hierbei ist die Gesundheit und somit auch die hy­gienische Beschaffenheit des Korns ein wichtiger Parameter, der zentrale Qualitätskrite­rien betrifft. Qualität bezieht sich demnach einerseits direkt auf das Produkt selbst und andererseits auf den Prozess, der bei Getreide Anbau, Ernte, Transport, Lagerung und Verarbeitung umfasst.

Entscheidend für ein qualitativ hochwertiges Produkt sind sowohl gesetzlich vorge­schriebene Standards, wertgebende Inhaltsstoffe, innere und äußere Parameter bzw. Kornguteigenschaften, wie seine ernährungsphysiologische Qualität und auch Eigen­schaften, die weder sensorisch noch analytisch am Produkt feststellbar sind. Zu letzte­ren, auch als Prozessqualität bezeichnet, die beim MLB ebenfalls eine fundamentale Stellung einnehmen, gehören beispielsweise der Verzicht der Verwendung gentechnisch veränderter Organismen (GVO), eine ressourcenschonende, nachhaltige Bewirtschaf- tung sowie die Nutzung von Getreide aus regionalem, aus ökologischem und bevorzugt aus Demeter-Anbau [8]. Eigenschaften der Produktqualität lassen sich auch während unterschiedlichen Stufen der Kornverarbeitung definieren, analysieren oder quantifizie­ren. Beim Vermahlen des Getreides sind dies die Kornhärte, die Enzymaktivität und die Proteincharakteristik, bei der Teigbereitung sind es Eigenschaften wie Wasseraufnahme und Kleiegehalt und beim Backen Elastizität, Stärke und Dehnbarkeit (LINDHAUER ET AL. 2017, S. 197).

Die Qualität des Produktes wird somit durch innere Parameter wie Kohlenhydrate, Pro­teine, Ballaststoffe, Vitamine, Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe, die äußere Qua­lität betreffend die Größe, Form, Farbe, Frische und Textur des Produkts und allgemein wertgebende und wertmindernde Inhaltsstoffe repräsentiert, die je nach Anforderung differieren. Parameter der Produktqualität von Bio-Getreide betreffen weiterhin die Keimfähigkeit, den Proteingehalt, die Stärkebeschaffenheit und die Backfähigkeit. Toxi­sche Stoffwechselprodukte von Schaderregern, giftige Unkrautsamen, Rückstände und Kontaminanten von Pflanzenschutzmitteln können dabei zur Beeinträchtigung der Ge­sundheit und damit zur Qualitätsminderung des Rohstoffs führen.

Die Qualität eines Getreidekorns kann bereits durch die Auswahl des Saatguts beein­flusst werden, denn die Art und Sorte bieten ein bestimmtes Qualitätspotential, welches dann hauptsächlich beim Anbau ausgebildet und entwickelt wird. Ab dem Zeitpunkt, ab dem das Korn geerntet wurde, muss auf die Erhaltung und Sicherung der Qualität ge­achtet werden, denn diese kann durch unterschiedlichste Risiken gemindert werden. Dies bedeutet, dass negativen Einflussfaktoren zunächst bei der Qualitätsausbildung und danach bei der Qualitätserhaltung bzw. -sicherung vorgebeugt und diese bei Auftre­ten beseitigt und vermieden werden sollten.

Der Qualitätsbegriff als solches setzt sich bei ökologischem Getreide aus einer Vielzahl unterschiedlichster Anforderungen zusammen, aus denen schlussendlich physiologische und technologische Kriterien resultieren. Anhand dieser unterschiedlicher Kriterien wie Ertrag, Krankheitsresistenz, Haltbarkeit, innere und äußere Eigenschaften, Geschmack und Aussehen kann die Qualität von Bio-Getreide bewertet werden. Der Qualitätsbegriff kann darüber hinaus auch anhand des Kriteriums des Gebrauchswertes sowie des Ge­nuss- und Gesundheitswertes beurteilt werden. Zu ersterem zählen Haltbarkeit, Trans­portfähigkeit, Lagerfähigkeit und Verarbeitung. Bezüglich des Genusswertes lassen sich Geschmack, Geruch, Konsistenz und Frische bewerten. Zum Gesundheitswert gehören vor allem wertgebende und wertmindernde Inhaltsstoffe, Verunreinigungen, Rückstän­de, biogene Inhaltsstoffe, Vitamine, Ballaststoffe etc. Qualitätsvorstellungen können, wie anhand der unterschiedlichen Kriterien zur Beurteilung von Qualität bereits ersicht­lich wird, große Differenzen aufweisen, je nachdem ob die Qualität des Getreides bei­spielsweise an ein bestimmtes Anbauverfahren, wie Demeter-Anbau, an die Herkunft des Rohstoffes (z. B. regionaler Bezug der Rohstoffe) oder an einen hohen physiologi­schen Wert (z. B. proteinreich) geknüpft ist (AUFHAMMER 2003, S. 133).

Qualitätsgetreide unterliegt zudem gesetzlichen Vorgaben und Kontrollen, um den Ver­brauchern eine höchstmögliche Sicherheit zu bieten. Qualität kann aber auch darüber hinaus viele Eigenschaften umfassen, die der Verbraucher beim Konsum nicht mehr festzustellen vermag. Sie können auch Standards des gewählten Anbauverfahrens, Vor­gaben des zu verarbeitenden Betriebs, bestimmten Marktanforderungen unterliegen oder subjektiven Qualitätseigenschaften entsprechen. Daraus resultieren zunächst unter­schiedliche Vorstellungen von Qualität, aus der Sicht des Verbrauchers, des Landwirtes und des Verarbeiters, und schließlich mit dem Qualitätsbegriff differenzierte Anforde­rungen. Die ernährungsphysiologische Qualität, zu der auch die mikrobiologisch-hygie­nische Qualität und die pharmazeutische Qualität als Komponenten gezählt werden können, wird charakterisiert durch den Gehalt an Nähr-, Schad- und Ballaststoffen (AUFHAMMER 2003, S. 164 ff.). Die mikrobiologisch-hygienische Qualität wird durch den Besatz an Erregern und unerwünschten Mikroorganismen bestimmt (ebd.). Die pharmazeutische Qualität umfasst den Gehalt an Vitaminen, sekundären Inhaltsstoffen und Schleimstoffen (ebd.). Mit der technologischen Qualität werden Eigenschaften de­finiert, die für die Verarbeitung bedeutend sind, wie die Mahl- und Backfähigkeit, der Stärkegehalt und die Keimfähigkeit (ebd., S. 167). Die technische Qualität hingegen betrifft direkt den Gehalt an Stärke, Farb- und Begleitstoffen, welcher zur Eignung des Getreides zur Gewinnung von Nicht-Lebensmitteln entscheidend ist (ebd.). Je nach An­forderung verbinden unterschiedliche Positionen in der Wertschöpfungskette differen- zierte Definitionen des Qualitätsbegriffs, sodass darüber hinaus weitere existieren, die hier nicht genannt sind.

Mit Qualität wird demnach etwas durchgängig Hochwertiges bezeichnet, das mithilfe des Qualitätsmanagements, ergo Planung, Steuerung und Kontrolle aller Stufen in der Wertschöpfungskette, erreicht werden kann. Dieses System aus durchgängig qualitätssi­chernden Maßnahmen ist von Risiken betroffen, die es zu vermeiden gilt und die im Folgenden analysiert werden. Das höchste Ziel ist demnach die Qualität entlang des Wertschöpfungsprozesses zu gewährleisten und Risiken vorzubeugen und zu beseitigen. Zunächst werden bereits erwähnte gesetzliche Vorgaben und Standards erläutert, die zur Gewährleistung eines sicheren und qualitativ möglichst hochwertigen Nahrungsmittels unabdingbar sind.

2.1.2 Gesetze und Verordnungen zu Qualitätsanforderungen

Zum Schutz der Verbraucher und um die Sicherheit und Qualität von Lebensmitteln zu gewährleisten, wurden unterschiedliche Gesetze verabschiedet und Verordnungen erlas­sen, welche angesichts neuer Herausforderungen immer wieder überarbeitet, erneuert und ergänzt werden. Darin enthalten sind gesetzliche Vorgaben wie beispielsweise Grenzwerte und Höchstmengen für Mykotoxine, an die sich der Landwirt und andere mit dem Getreide in Kontakt kommende Personen halten müssen. All diese Maßnahmen sollen die Qualität, Gesundheit und Bekömmlichkeit des Lebensmittels sicherstellen und dienen vornehmlich der Prävention eines qualitativ hochwertigen und sicheren Le­bensmittels.

Am 1. Januar 2006 ist das sogenannte „Hygiene-Paket“ in der Europäischen Union in Kraft getreten, welches übersichtlicher, einfacher und schlüssiger das zuvor geltende Hygienerecht größtenteils ersetzt. Es besteht aus drei Verordnungen (EG) Nr. 852/2004, 853/2004 und 854/2004 zur Lebensmittelhygiene und soll die Sicherheit der Lebensmit­tel auf allen Stufen der Wertschöpfungskette von der Primärproduktion (Landwirtschaft) bis zum Endverbraucher gewährleisten. Die im Lebensmittelgesetz enthaltene Verord- nung (EG) Nr. 852/2004 vom 01. Januar 2006 gibt Maßnahmen zur Qualitätssicherung von Brotgetreide auf Erzeugerebene vor, beinhaltet Vorschriften zur Lebensmittelhygie­ne in allen Betrieben und stellt die Rechtsgrundlage hinsichtlich des vorbeugenden Ver­braucherschutzes dar. Diese Vorschriften stellen die Lebensmittelhygiene auf allen Stu­fen der Herstellung vom Erzeuger bis zum Verkauf an den Endkonsumenten, inklusive Transport, Lagerung, Behandlung von Primärerzeugnissen am Erzeugungsort, etc., si­cher. Durch das überarbeitete Lebensmittelhygienegesetz sind die Hygienevorschriften somit auch auf die Urproduktion ausgedehnt, sodass die Sicherheit der Lebensmittel und die Forderung nach Rückverfolgbarkeit auf allen Stufen der Produktion gesetzlich geregelt sind. Das im Folgenden erläuterte „Hazard Analysis and Critical Control Points“-Konzept (HACCP) und dessen Element der Gefahrenanalyse steht hierbei in Verbindung mit einer guten Hygienepraxis.

Das HACCP-Konzept (deutsch: Gefahrenanalyse und kritische Lenkungspunkte-Kon- zept) ist ein systematischer Ansatz und ein im Jahr 1959 in den USA entwickeltes Qua­litätssicherungssystem, welches präventiv die Sicherheit von Lebensmitteln und Ver­brauchern gewährleisten soll [11]. 1998 wurde es in der deutschen Lebensmittelhygie­ne-Verordnung (Hygiene-Paket, s. o.) verankert und seit 2006 dürfen in der Europäi­schen Union nur noch Lebensmittel gehandelt werden, die die HACCP-Richtlinien er­füllen. Mithilfe dieses Konzeptes sollen Risiken von Gefahren, die mit dem Verarbei­tungsprozess von Lebensmittel zusammenhängen oder von fertigen Produkten ausge­hen, abgeschätzt werden (LINDHAUER ET AL. 2017, S. 98). Durch die Anwendung des HACCP-Konzepts sollen Verunreinigungen und Belastungen vermieden werden. Das MLB als HACCP-zertifiziertes Unternehmen verpflichtet sich die Gefahren und kriti­schen Punkte in seinem gesamten Verantwortungsbereich zu analysieren, ermitteln, do­kumentieren, überwachen und zu überprüfen (ebd.). Es müssen dann Eingreifgrenzen für mögliche Gefahren und kritische Punkte festgelegt und Korrekturmaßnahmen er­stellt werden.

Seit dem 01. Januar 2005 ist auch die Rückverfolgbarkeit für alle Stufen in der Lebens­mittelproduktion rechtlich verpflichtend und gesetzlich in der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 verankert. Dadurch wird eine Verfolgung der Lebensmittel durch alle Pro- duktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen möglich. Jeder Verarbeitungsschritt muss dokumentiert werden: Von der Aussaat bis zur Ernte muss der Landwirt nachweisen, wann und womit er gedüngt hat und welche Betriebsmittel er verwendet hat. Die Rück­verfolgbarkeit stellt somit ein bedeutendes Sicherheitsinstrument hinsichtlich immer komplexer werdender globaler Güterströme dar, um bei Vorkommnissen Schäden durch genaue Ursachenverfolgung begrenzen zu können. Es kann jederzeit festgestellt werden, wann, wo und durch wen das Produkt gewonnen, hergestellt, verarbeitet, gelagert, transportiert, verbraucht oder entsorgt wurde.

Die Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln dient dem Verbraucher­schutz bzw. dem Schutz der öffentlichen Gesundheit. Auch sie stellt eine wichtige Rechtsgrundlage zur Sicherung der Lebensmittelqualität dar und bescheinigt dem Kon­sumenten die Ungiftigkeit und Unschädlichkeit des Lebensmittels. Für den Verarbeiter ist sie ebenfalls von großer Bedeutung, denn die Produktqualität leidet durch Höchst­werte für bestimmte Kontaminanten deutlich weniger, was für gewisse Verarbeitungs­schritte wesentlich ist. Die Festsetzung der Höchstmengen folgt dem ALARA-Prinzip (As Low As Reasonable Achievable) und basiert auf Ergebnissen aus kontrollierten Feldversuchen (OTTENEDER 2010, S. 33).

Als letzte bedeutende Verordnung hinsichtlich der Qualität von Bio-Getreide gilt die EU-Öko-Verordnung (EG) Nr. 834/2007, die durch die neue EU-Öko-Basisverordnung VO (EG) Nr. 2018/848, in Kraft getreten am 17. Juni 2018, ersetzt wird und ab dem 01. Januar 2021 gilt. Sie regelt für alle Produktions- und Vermarktungsstufen die Bedingun­gen, unter welchen landwirtschaftliche Erzeugnisse unter der Bezeichnung als ökologi­sches oder biologisches Produkt in der EU in Verkehr gebracht oder beworben werden dürfen. Die Öko-Verordnung ist vor allem für die Prozessqualität des Bio-Getreides be­deutend. Sie stellt für Verbraucher sicher, dass es sich bei dem erworbenen Produkt um ein unter ökologischen Bedingungen produziertes Gut handelt. Verbraucher können sich sicher sein, dass ökologisch oder biologisch gekennzeichnete Produkte zu mindestens 95% aus Bio-Produktion bestehen. Für Getreide mit dem Demeter-Logo gelten Richtli­nien und Anforderungen, die über die EU-Öko-Verordnung hinausgehen. Demeter-Brot muss zu mindestens 95% aus Demeter-zertifizierten Zutaten bestehen - wobei Wasser und Salz aus der Berechnung rausfallen -, sodass Konsumenten ein klares Bild der Pro­zessqualität bekommen. Die EU-Öko-Basisverordnung und die strengeren Richtlinien des Demeter-Anbauverbandes garantieren eine gewisse Prozess- und Produktqualität für den Verbraucher entlang der Wertschöpfungskette des Produktes und stellen die Rah­menbedingungen für ein Produkt, das den qualitativen Anforderungen sowohl der Ver­arbeiter als auch der Konsumenten entspricht.

2.2 Qualitätsausbildung - Beeinflussende Faktoren und Ursachen der Qualitätsverluste

Auswahl der Getreideart, der Getreidesorte und des Saatguts Grundsätzlich entwickeln sich die Korneigenschaften während der Wachstumsphase der Pflanze, aber die Art des Getreides und die Sorte bieten ein bestimmtes genetisches Programm und Potential an Merkmalen, das dann in unterschiedlichem Ausmaß beim Anbau realisiert wird (AUFHAMMER 2003, S. 133). Das bedeutet, dass sowohl die Aus­wahl der Getreideart als auch die Auswahl der jeweiligen Sorte beim Anbau eine bedeu­tende Rolle in der Realisierung und Ausbildung von Qualität einnehmen. Auf diesem genetischen Qualitätspotential der Getreideart und -sorte aufbauend, können dann beim Anbau der Pflanzen die Eigenschaften durch den Landwirt modifiziert werden, auf die die Umwelt und somit die Kulturbedingungen Einfluss haben. Die Anbaumaßnahmen können demnach gezielt auf die gewünschten Qualitätseigenschaften ausgerichtet wer­den.

Je nach Nutzung bzw. Verwendungszweck und damit einhergehenden Anforderungen kann die passende Sorte ausgewählt werden, wobei immer darauf geachtet wird, dass die Getreideart und -sorte auch für die Standortverhältnisse wie Witterung und Boden­güte entsprechend geeignet ist. Nur wenn die Art und Sorte den Umweltfaktoren gemäß ausgewählt wird, kann sich das vorhandene genetische Qualitätspotential optimal entfal­ten und es können durch die passenden pflanzenbaulichen Maßnahmen qualitative Ei- genschaften, die kaum genetisch bedingt sind, in die gewünschte Richtung beeinflusst werden.

Die durch die Menge der Kleberproteine und den Mengenverhältnissen der Proteintypen zueinander sich ergebende Backfähigkeit eines Getreides beispielsweise ist eine gene­tisch bedingte Eigenschaft der jeweiligen Sorte und dadurch kaum durch Anbaumaß­nahmen und Wachstumsbedingungen beeinflussbar (LINDHAUER ET AL. 2017, S. 207). Einige Eigenschaften wie Backfähigkeit, Resistenzausstattung, Ertrag und Standfestig­keit sind im Erbgut der jeweiligen Getreidesorte festgelegt und nur wenig bis gar nicht durch den Anbau veränderbar. Die unterschiedlichen Sorten bringen somit ein differen­ziertes Potenzial an Qualität mit sich, von welchem ausgehend sich die Qualität des Korngutes ausbildet. Je nach Anforderung und Nutzungsorientierung wird die passende Sorte ausgewählt, um das den Qualitätsvorstellungen entsprechende Getreide zu erhal­ten. Auch die Art des Getreides spielt im Hinblick auf die Verwendung eine bedeutende Rolle und wird entsprechend der Ansprüche, hauptsächlich hinsichtlich des gewünsch­ten Endproduktes und dessen Genusswert, ausgewählt. Es sollte bei der Wahl immer auf gesundes, robustes, typgerechtes und zertifiziertes Saatgut Wert gelegt werden. Das ver­ringert die Wahrscheinlichkeit der Produktion vorbelasteter, genetisch unstabiler oder krankheitsanfälliger und somit qualitativ minderwertiger Pflanzen.

Bodenbearbeitung und Bodeneigenschaften

Die Ausbildung der Korngutqualität ist weiterhin vom Anbauverfahren, der Bodenbear­beitung und den jeweiligen Boden- bzw. Standorteigenschaften abhängig. Diese Para­meter prägen die Qualitätsausbildung wesentlich mit. Je nach Getreideart mit ihren art­spezifischen Eigenschaften unterscheidet sich die Bodenbearbeitung zwar grundsätzlich, jedoch kann sie auch einen entscheidenden Einfluss auf die Ausbildung der Qualität des Getreides haben. Vor allem im Hinblick auf den stetig wachsenden Trend der nicht wendenden Bodenbearbeitung und immer engeren Fruchtfolgen steigt die Belastung mit toxinbildenden Feldpilzen, welche sowohl die Qualität als auch die Sicherheit des Le­bensmittels aus gesundheitlicher Sicht erheblich beeinträchtigen kann (BOLAND ET AL. 2006, S. 6). Im ökologischen Landbau ist die Verwendung des Pfluges zur Grundbodenbearbeitung weit verbreitet, denn das Pflügen vermindert den Unkrautbesatz, verbessert durch Bo­denlockerung bis in die Tiefen das Wurzelwachstum der Pflanzen, fördert die Minerali­sierung organischer Substanz und vermeidet so Gefahren, die die Qualitätsausbildung negativ beeinflussen können (BECKMANN ET AL. 2001, S. 24). Besonders hinsichtlich der Unkrautregulierung ist eine wendende Bodenbearbeitung deshalb von Vorteil, so­dass die Getreidepflanze ohne übermäßig viel konkurrierende Begleitflora nebst höhe­rem Ertrag auch genügend Nährstoffe für ein optimales Wachstum und eine maximale Qualitätsausbildung erhält.

Hinsichtlich ihrer Eignung für den Anbau an verschiedenen Standorten mit differieren­den Bodeneigenschaften unterscheiden sich die Getreidearten deutlich. Roggen bevor­zugt ärmere Standorte mit Sandböden oder sandigen Lehmböden, Gerste ebenfalls, Ha­fer ist allgemein eher anspruchslos, wobei der Boden jedoch nicht zu trocken sein sollte. Weizen hingegen stellt vergleichsweise hohe Ansprüche an den Boden und ist an kalk­haltige, humusreiche Böden angepasst (LINDHAUER ET AL. 2017, S. 59).

Durch die der Sorte und Getreideart entsprechende Bodenbearbeitung und optimale Standortwahl mit den bevorzugten Bodeneigenschaften kann die Ausbildung der Ge­treidequalität gefördert und gemäß den Nutzungsansprüchen beeinflusst werden. Nur durch einen optimal mit Nährstoffen versorgten, gelockerten Boden mit reichlich orga­nischer Substanz und möglichst wenig Unkraut und ein der Eignung für den Anbau pas­senden Bodengüte, lässt sich qualitativ hochwertiges Getreide ernten und bei der Verar­beitung eine hohe Produktqualität erreichen.

Krankheiten und Schadorganismen

Der Befall mit Viren, Bakterien und anderen pathogenen Organismen kann die Entwick­lung und das Wachstum einer Pflanze derart stören, dass auch die Qualität des Erzeug­nisses deutlich leidet. Insbesondere für die Verarbeitung und für den Konsum muss Ge­treide als Lebensmittel frei von Krankheiten, Korn- und Schwarzbesatz und anderen un­erwünschten Stoffen sein, denn diese können nicht nur zu Ertrags-, Qualitäts- und Hy­gieneeinbußen führen, sondern auch den Mineralstoff- und Feuchtigkeitsgehalt erhöhen (LINDHAUER ET AL. 2017, S. 77). Dies wiederum kann die technologische Qualität be­einträchtigen und Einfluss auf die hygienische und ernährungsphysiologische Qualität nehmen. Ein erhöhter Feuchtigkeitsgehalt fördert das Wachstum und die Entwicklung unerwünschter Mikroorganismen wie Schimmelpilze und kann zur Bildung toxischer Mykotoxine und zum Verderb des Getreides führen. Neben dem Hinterlassen hygie­nisch bedenklicher Rückstände oder sogar toxischer Stoffe können Krankheiten und Schadorganismen auch zu Verfärbungen und veränderten Inhaltsstoffen führen (ebd., S. 78). Eine Übersicht über bei Getreide vorkommenden Krankheiten und unerwünsch­ten Stoffen findet sich in folgender Tabelle (s. Tab. 2.1).

Tab. 2.1: Übersicht über Krankheiten und unerwünschte Stoffe des Getreides (verändert nach LINDHAUER ET AL. 2017, S. 78)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch Krankheitsbefall hervorgerufene Schadeffekte beeinträchtigen die Aufnahme von Lichtenergie, hemmen den Massezuwachs und verhindern die gleichmäßige Abreife und Abtrocknung (AUFHAMMER 2003, S. 276). Diese Effekte bergen ein großes Risiko für die Qualitätsausbildung des Korns. Die inneren Qualitätseigenschaften, allen vorweg Proteingehalt und -zusammensetzung leiden unter einem verringerten Trockenmasse­zuwachs in Form von Kornmasse in Folge einer Zerstörung der Assimilationsoberflä­chen durch Schaderreger während der Reservestoffspeicherung (ebd.). Sind die Effekte zu stark qualitätsbeeinträchtigend, können die Körner nicht weiterverarbeitet werden; bei geringen Ausmaßen kann es zu Problemen bei der Lagerung und der Verarbeitung kommen oder es können Geschmack und ernährungsphysiologische Qualität darunter leiden.

Insbesondere hinsichtlich des vorbeugenden Verbraucherschutzes ist die Minimierung des Besatzes, fusariumbefallener Körner und Körner mit Schädlingsfraß und uner­wünschter Stoffwechselprodukte aufgrund der Gesundheitsschädlichkeit und Giftigkeit ein essentielles Anliegen. Für einige Stoffe wie Nitrat und Mykotoxine wurden in der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchst­gehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln Höchstmengen, die EU-weit gelten, festgelegt. Kontaminanten sind Verunreinigungen, die von den Pflanzen durch Schadstoffe aus der Luft und dem Boden aufgenommen oder von Pilzen (Mykotoxine) gebildet werden (LINDHAUER ET AL. 2017, S. 77). Rückstände hingegen sind Stoffe, die absichtlich angewendet wurden und auf oder in den Pflanzen zurückbleiben, z. B. Pflanzenschutzmittel (ebd.). Auf Rückstände wird im nächsten Absatz näher eingegan­gen. Kontaminanten und Rückstände haben beide Einfluss auf die innere und äußere Produktqualität, indem sie Farbe und Aussehen sowie den Gehalt an wertgebenden In­haltsstoffen beeinträchtigen können. Diese Qualitätseinbußen bereits während der quali­tätsbildenden Phase erschweren nicht nur den Anbau und die Ernte, sondern auch dar­auffolgende Stufen des Wertschöpfungsprozesses wie Lagerung und Verarbeitung.

Anwendung von Düngern und Pflanzenschutzmitteln

Die Pflanze ist neben ihrem genetischen Programm, welches ein gewisses Qualitätspo­tenzial mit sich bringt, den durch den Menschen mittels Düngung und Pflanzenschutz veränderbaren Umweltfaktoren Boden und Pflanzenkrankheiten ausgesetzt. Letztere nehmen ebenfalls einen hohen Stellenwert bei der Qualitätsausbildung ein. Bodenbear­beitung und Düngung als pflanzenbauliche Maßnahmen und Pflanzenschutz zur Patho­genkontrolle und -bekämpfung dienen dem Schutz des Bestandes vor Stress- und Schadfaktoren, sorgen für optimale Wachstumsbedingungen und unterstützen die Ro­bustheit der Pflanze gegenüber Schädlings- und Krankheitsbefall, indem eine optimale Nährstoffversorgung sichergestellt wird. Diese Eigenschaften sind für eine gute Ent­wicklung und ein ideales Wachstum für die Pflanze selbst von enormer Bedeutung, denn ohne sie leidet auch die Qualität des Korngutes. Außerdem kann durch ein angepasstes Düngemanagement die innere Qualität des Korns derart beeinflusst werden, dass ge­wünschte Qualitätseigenschaften in ihrer Realisierung unterstützt werden.

Ein optimal auf die Getreideart und -sorte, auf die Entwicklungsphase der Pflanze und die Bodeneigenschaften abgestimmtes Düngemanagement bietet somit ein ideales Werkzeug, um das im Erbgut verankerte Qualitätspotenzial bestmöglich auszuschöpfen. Unter einem mangelversorgten Boden leidet die Robustheit der Pflanze gegenüber Krankheiten und Schädlingen sowie ihr Wachstum und ihre Entwicklung. Eine Überver­sorgung mit beispielsweise Stickstoff kann jedoch auch Bodenorganismen und den Überwuchs der Kulturen durch Begleitflora fördern, worunter wiederum die Qualität der Getreidepflanze leidet. Gerade im Ökologischen Landbau ist mit der Düngung ne­ben einem qualitätssteigernden Potenzial auch ein enormes Risiko verbunden. Der Ver­zicht auf mineralische Düngemittel geht mit einer erhöhten Verwendung organischer Dünger einher. Vor der Ausbringung dieser muss sichergestellt werden, dass durch aus­reichende Rotte bzw. Kompostierung der Unkraut-Eintrag auf ein Mindestmaß reduziert wird (KÜHNE ET AL. 2006, S. 18). Je größer der Unkraut-Eintrag durch organische Dün­gung, desto mehr Begleitflora tritt in Konkurrenz mit den Getreidepflanzen. Unkraut und Getreidebestand konkurrieren dann um Licht, Wasser, Platz und Nährstoffe, was sich qualitätsmindernd auf die Qualitätsausbildung der Getreidekörner auswirkt. Die Pflanzen können nicht optimal wachsen, leiden eventuell unter Nährstoffmangel, Wur­zeln finden nicht genügend Raum zum Wachsen und die Anfälligkeit Schadorganismen gegenüber nimmt zu. Doch auch generell wird das Wachstum von Kulturpflanzen und Unkräutern durch die Nährstoffversorgung - ob über Düngung, Leguminosenanbau oder Zwischenfrüchte - gleichermaßen beeinflusst. Vor allem die bereits erwähnte Stickstoff­düngung nimmt einen bedeutenden Stellenwert ein, sowohl qualitätssteigernd, als auch qualitätsmindernd. Bei den Unkräutern wird unterschieden in Arten, die in starkem Maße von der Stickstoff-Düngung profitieren, in indifferente Arten und in Arten, die bei erhöhter Stickstoff-Düngung von den Kulturpflanzen unterdrückt werden können (ebd., S. 20). Mit der Düngung hat der Landwirt ein wirksames Mittel die Ausbildung der Korngutqualität positiv zu beeinflussen, muss allerdings darauf achten, Mikroorganis­men und Unkräuter nicht in einem zu hohen Maße zu fördern, sodass keine qualitative Beeinträchtigung der Getreidebestände die Folge ist.

Im ökologischen Landbau sind chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel grundsätz­lich nicht erlaubt, können aber bei erwiesenem Bedarf angewendet werden, wenn mit präventiven Maßnahmen der Befall mit Schadorganismen nicht unter Kontrolle gehalten werden kann. Und auch dann können ökologisch wirtschaftende Landwirte nur auf eine eng begrenzte Auswahl an Pflanzenschutzmitteln zurückgreifen, darunter hauptsächlich Fungizide gegen Fusarium-Arten und Echten Mehltau [5]. Deshalb ist bei ökologisch angebautem Getreide kaum mit Rückständen von Pflanzenschutzmitteln zu rechnen. Bei Demeter Betrieben sind nochmals deutlich weniger Mittel für den Pflanzenschutz, ei­nerseits weniger zugelassene Pflanzenschutzmittel, andererseits geringere Mengen z. B. an Kupferpräparaten erlaubt, sodass Rückstände die Pflanzen in äußerst seltenen Fällen und sehr geringem Maße qualitativ beeinträchtigen. Einzig durch Abdrift von benach­barten Feldern oder durch ubiquitäre oder regionale Belastungen mit Kontaminanten, können die Getreidebestände belastet sein. Es können dennoch bereits geringe Konzen­trationen an Schadstoffen wie Kontaminanten und Rückstände spürbare Auswirkungen auf den Gesamtorganismus haben (OTTENEDER 2010, Vorwort).

Beim Anbau der Getreidepflanzen zielt das Qualitätsmanagement vorwiegend auf quali­tätsbildende Maßnahmen ab, um das genetisch vorhandene qualitative Potenzial mög­lichst optimal auszunutzen und gesunde Pflanzen mit gut entwickelten Körnen, einem hohen Ertrag, wertvollen Inhaltsstoffen und anderen je nach Anspruch gewünschten Ei­genschaften, wie einer bestimmten Backfähigkeit, Enzymaktivität oder hohem Protein­gehalt, zu erhalten. Die Qualitätsausbildung liegt dabei nur bedingt in den Händen des Landwirtes, da einerseits das Erbgut des Saatgutes ein gewisses qualitatives Potenzial vorgibt und andererseits schwer beeinflussbare Variablen und das Klima den anthropo­genen Einfluss mindern. Ab dem Zeitpunkt der Ernte liegt der Fokus dann auf qualitäts­erhaltenden bzw. qualitätssichernden Maßnahmen, um das Korngut vor etwaigen quali­tätsbeeinträchtigenden Risiken zu schützen. Diese können während allen Stufen des Wertschöpfungsprozesses auftreten; beim Transport, der Aufbereitung und der Lage­rung.

2.3 Transport

Abgesehen von Anbau, Lagerung und Aufbereitung landwirtschaftlicher Produkte müs­sen auch beim Transport gründlich Maßnahmen zur Qualitätssicherung durchgeführt werden. Ein Transport des Getreides wird sowohl nach der Ernte zum Lager des Land­wirtes als auch zum verarbeitenden Betrieb nach der Lagerung beim Landwirt notwen­dig. Je nachdem, ob der verarbeitende Betrieb das Getreide selbst mahlt, wird dann ein zusätzlicher Transport des Getreides zur Mühle und von der Mühle zum Betrieb, wel­cher das Mehl verarbeitet, nötig. Das Korngut ist somit mehreren Transportwegen aus­gesetzt, wobei jeder Weg und jedes Ein-, Ab- und Umladen mit qualitätsbeeinträchti- genden Risiken verbunden sind. Jeder Kontakt, jedes Umladen in andere Fahrzeuge, in die Silos usw. stellt ein Risiko für die Verunreinigung des Getreides mit Fremdstoffen, für die Adsorption von Fremdgerüchen durch das Getreide, für den Befall mit Mikroor­ganismen oder Pathogenen und ein generelles Risiko für die Beeinträchtigung der Pro­duktqualität durch andere externe Einflüsse wie Klima und Luft dar.

Alle Transportfahrzeuge und der Mähdrescher sowie Silozellen, die Schnecken und an­dere Höhenförderer sollten mittels Sichtkontrolle sorgfältig kontrolliert werden, um bei allen Teilen, die mit dem Erntegut auf irgendeine Weise in Kontakt kommen, einwand­freie Beschaffenheit, Sauberkeit und Schädlingsfreiheit zu gewährleisten (BOLAND ET AL. 2006, S. 30). Bei der Annahme des Getreides von Straßenfahrzeugen erfolgt die Entladung in größeren Anlagen an einer überdachten, leicht erhöhten Schüttgosse oder alternativen oberirdischen Vorrichtungen, sodass die Körner vor Regen geschützt sind und die Entladezeit nur wenige Minuten beträgt (LINDHAUER ET AL. 2017, S. 405). Die­se Präventivmaßnahmen dienen dazu, die gelieferte Ware vor Verunreinigungen mit Fremdstoffen aus der Luft, Feuchtigkeit (durch Regen, Schnee), Sonneneinstrahlung und Hitze, Fremdgerüchen, etc., welche die Qualität der Körner beeinflussen können, zu schützen. Getreide hat im Allgemeinen ein sehr hohes Absorptionsvermögen für Fremd­gerüche, nimmt diese also sehr leicht auf (ebd., S. 386). Die Ursache liegt in der rauen Oberfläche der Körner und den einzelnen Hüllen der Frucht- und Samenschale, welche Risse aufweisen, durch die sie mit der sie umgebenden Luft in Kontakt stehen (ebd.). Durch dieses große Absorptionsvermögen werden Gase und Geruchsstoffe leicht aufge­nommen. Daraus ergibt sich ein bedeutendes Risiko für den Genusswert des Getreides und daraus hergestellter Produkte.

Ein erster wichtiger und effektiver Schritt in der Qualitätskontrolle und Hygienevorsor­ge ist die sensorische Beurteilung einer Getreidepartie mittels einer Probenahme nach der Anlieferung. Anhand dieser kann ein erster Eindruck über den Gesundheitszustand gewonnen werden. Bei der Anlieferung oder Abholung werden Rückstellproben der je­weiligen Getreidecharge entweder durch den Landwirt selbst, den Transporteur oder den Abnehmer entnommen (BOLAND ET AL. 2006, S. 8). Meist geschieht die Probenahme an der Getreideannahmestelle des verarbeitenden Betriebs. Mit ihr soll die Beschaffenheit und Zusammensetzung der jeweiligen Getreidepartie analysiert werden, um davon aus­gehend ein Qualitätsprofil zu erstellen. Diese Kontrolle der Qualität und des Gesund­heitszustandes ist der Ausgangspunkt für die Qualitätslenkung, also die Separierung, Art und Dringlichkeit der Pflegemaßnahme (LINDHAUER ET AL. 2017, S. 404).

Um das Risiko von Fremdverschmutzungen bei der Entnahme der Probe so gering wie möglich zu halten - denn bereits geringe Verschmutzungen können die Ergebnisse ver­fälschen - sollte auf den Einsatz sauberer Geräte und Hilfsmittel ohne den Einfluss ex­terner Faktoren (zu beachten ist beispielsweise das große Geruchsadsorptionsvermögen von Getreidekörnern für Fremdgerüche) geachtet werden. Anhand der Probe wird der Feuchtigkeitsgehalt der Getreidecharge bestimmt, welcher einen hohen Stellenwert bei der Lagerung und Vermahlung einnimmt, und es wird der Besatz analysiert (s. 3.2.1 und 3.2.2). Weiterhin wird eine sensorische Beurteilung, bestehend aus der Prüfung des Aus­sehens und der Prüfung des Geruchs, durchgeführt (LINDHAUER ET AL. 2017, S. 385 f.). Diese hilft bei der Feststellung, ob es sich um einwandfreies, gesundes Getreide handelt. Veränderungen des Geruchs oder des Aussehens lassen auf Schädigungen schließen, häufig ausgelöst durch Ernteschäden, Krankheiten, unsachgemäße Lagerung oder Über­hitzung (ebd.). Mithilfe der sensorischen Beurteilung, dem ermittelten Feuchtigkeitsge­halt und der Besatzanalyse kann ein Qualitätsprofil des gelieferten Getreides erstellt werden. Dieses ist ein wichtiger Bestandteil zur Kontrolle der Qualität und des Gesund­heitszustandes und elementar für die weiteren Stufen im Wertschöpfungsprozess.

Die Probe und das Rückstellmuster sollten sachgerecht bei maximal 12 °C und 65 - 80 % relativer Luftfeuchte gelagert werden, um Veränderungen so gering wie möglich zu halten und den lagerzeitabhängigen Verlust einiger Stoffe und Eigenschaften so lang wie möglich heraus zu zögern (LINDHAUER ET AL. 2017, S. 384). Mit der Probenahme sollen spätere Risiken durch eine Qualitätskontrolle im Vorfeld analysiert und dadurch vermindert, beseitigt und kontrolliert werden. Von der Probe ausgehend können quali­tätslenkende Maßnahmen, eine ideale Lagerung und die optimalen Pflegebedingungen geplant werden, um die bestmögliche Qualitätserhaltung zu garantieren. Auch im Sinne der Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln über alle Stufen der Produktkette nach der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 müssen Rückstellmuster gezogen und diese mit der Art, Sorte, Probennummer, Probenahmedatum, Probenahmeort, Name des Probenehmers sowie Betrieb oder Lagerstelle gekennzeichnet und durch den Landwirt und den Abho­ler unterschrieben werden (BOLAND ET AL. 2006, S. 8).

2.4 Getreideaufbereitung und Hygienemaßnahmen

Nachdem die Getreidebestände geerntet wurden, werden die Körner bis zum Verbrauch gelagert, entweder beim Landwirt direkt oder nach dem Transport beim verarbeitenden Betrieb. Um Qualitäts- und Substanzverluste während der Lagerung möglichst gering zu halten, wird das Getreide nach der Annahme vorgereinigt und bearbeitet. Nicht nur um eine verlustfreie Lagerung zu ermöglichen, sondern auch weil die Homogenität, Rein­heit und Feuchtigkeit von Mähdruschgetreide meist nicht den Anforderungen der Wei­terverarbeiter entsprechen, ist eine Aufbereitung notwendig (AUFHAMMER 2003, S. 187). Das Erntegut durchläuft zunächst eine Vorreinigung, um die Hygiene und Ho­mogenität der Charge zu erhöhen und die Lagerung unproblematischer zu gestalten (LINDHAUER ET AL. 2017, S. 417). Falls nötig erfolgt im Anschluss die Trocknung der Getreidekörner.

Die Getreideaufbereitung nach der Ernte und vor der Lagerung - Vorreinigen und even­tuelles Trocknen - stellt eine effektive Gegenmaßnahme gegen Lagerpilze dar und dient der Prävention weiterer Lagerrisiken (BOLAND ET AL. 2003, S. 17). Zur Gewährleistung der Qualität und Sicherheit des Getreides und daraus hergestellter Produkte gehört auch, Hygienemaßnahmen zu ergreifen. Diese werden definiert als „alle Handlungsweisen [...], die zur Sicherstellung der Qualität von gesunden und bekömmlichen Lebensmit­teln erforderlich sind“ (ebd., S. 9). Einwandfreie und gesunde Körner müssen vor der Einlagerung von Verunreinigungen (Besatz) getrennt werden. Dies vermindert neben der Mykotoxinbildung auch den Verderb und Substanzverlust und verlängert die Lager­fähigkeit der Körnerfrüchte (HUMPISCH 2014, S. 95). Die Durchführung - mittels einer Probe bei der Annahme des Getreides (s. 2.3) - und Notwendigkeit von Besatzanalysen wird unter Punkt 3.2.2 näher erläutert. Bei der Getreidereinigung werden Staub und mit ihm Mikroorganismen wie Pilze und Bakterien, des weiteren Feinanteile, Unkrautsa- men, Steine, Erdklumpen, Holzstöckchen usw. vom einwandfreien Grundgetreide ge­trennt. Diese Trennung ist die für die Lagerung effektivste Maßnahme zur Senkung des Toxingehaltes im Getreide, da durch die Reinigung die an Spelzen und Stäuben haften­den Mikroorganismen mit entfernt werden (ebd.).

Reinheit und hygienische Beschaffenheit einer Getreidecharge bestimmen ihre Qualität und repräsentieren somit wichtige Qualitätsparameter. Charakterisiert werden diese ne­ben Verunreinigungen mit Schmutz, schadstoff- und/oder toxinhaltigen Stäuben, Fremdkörpern, toten Insekten und Exkrementen von Schadnagern und anderen Tieren, auch durch den Befall mit Schaderregern wie Motten, Käfern, Milben und ihren Aus­scheidungen, den Besatz mit mikrobiell geschädigten Körnern, z. B. von Pilzen (Schwärze-, Schimmel-, Hefepilze) und Bakterien sowie deren Toxinen befallenes Ern­tegut und einem arttypischen und sensorisch einwandfreien Geruch ohne Fremdgeruch“ (BOLAND ET AL. 2006, S. 10). Abgesehen von Toxinbildung und Verur­sachung von Verunreinigungen sind Mikroorganismen auch für eine verringerte mögli­che Lagerdauer des Erntegutes verantwortlich. Denn Verunreinigungen weisen meist einen höheren Feuchtigkeitsgehalt als die Getreidekörner auf, sodass die durchschnittli­che Feuchte im Lager erhöht wird. Welche Folgen eine hohe Feuchtigkeit im Lager hat wird unter dem Punkt 3.2.1 detailliert erläutert.

Die hygienische Beschaffenheit ist nicht nur für den Produzenten oder den Landwirt aus ökonomischen und qualitativen Aspekten von Bedeutung, sondern ist auch gesetzlich geregelt, sodass eine Aufbereitung des Getreides auch aus dieser Sicht unabdingbar ist. Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 werden Höchstmengen für Mykotoxinwerte bei unverarbeitetem Getreide zum Schutz der Verbraucher festgelegt. Demnach darf Ge­treide mit Kontaminanten (z. B. Mykotoxine, aber auch andere Arten von Toxinen) in einer für die menschliche Gesundheit bedenklichen Menge nicht in den Verkehr ge­bracht werden, sofern dieses durch Reinigung oder hygienische Aufbereitung nicht als gesundheitlich unbedenklich eingestuft werden kann. Um dies zu vermeiden kann neben einer guten Reinigung des Getreides mit Entfernung des Schwarzbesatzes vor der Ein­lagerung und die eventuell darauf folgende Mischung des gereinigten Grundgetreides mit einwandfreien, gereinigten Partien auch der Landwirt durch separate Erfassung ge- fährdeter Zonen zu einer Reduzierung eines Kontaminationsrisikos beitragen (BOLAND ET AL. 2006, S. 16). Außerdem können bei Verdacht oder sichtbarem Befall die Gehalte an Toxinen in der Partie mittels Stichproben direkt überprüft werden. Für die Reinigung des Getreides wir in den meisten Fällen eine mechanische Trennung mittels Sieb, Wind und Zellenausleser, auch Trieur genannt, angewandt (HUMPISCH 2014, S. 95). Die Rei­nigung vor der Vermahlung des Getreides zu Mehl wird im Kapitel 3.3.3 näher geschil­dert.

2.5 Lagerung

Nachdem das Getreide geerntet wurde, wird es bis zum Verbrauch eingelagert und ist im Lager biotischen und abiotischen Faktoren ausgesetzt, die seine Qualität durch Verderb und Substanzabbau mindern (HUMPISCH 2014, S. 46). Das Getreide wird zunächst nach der Ernte beim Landwirt gelagert und bei Bedarf auf Anfrage per Spedition zum verar­beitenden Betrieb transportiert. In diesem Zeitraum, in dem das Getreide über das Jahr hinweg bis zur nächsten Ernte gelagert wird, müssen qualitätserhaltende Maßnahmen das Getreide vor Qualitätsverlust bewahren. Nach dem Transport wird es erneut bis zur Verwendung bei der Produktion von Brot, Backwaren oder ähnlichem beim verarbei­tenden Betrieb gelagert (s. 3.3.1). Die Lagerung birgt in der Wertschöpfungskette mitun­ter die größten Risiken für die Produktqualität, sodass hier besonders Wert auf eine op­timale Qualitätssicherung gelegt wird.

Nach der Ernte stellen Lagerpilze (Schimmelpilze) das größte Qualitätsrisiko bei der Getreidelagerung dar. Als lebende Individuen sind Getreidekörner von einer natürlichen Keimflora aus Bakterien, Hefen und Schimmelpilzen umgeben (BOLAND ET AL. 2006, S. 14). Bei der Einlagerung besteht somit das größte Potenzial Einfluss auf das Ausmaß des Befalls und anderer qualitätsmindernden Faktoren zu nehmen. Wichtige Gegenmaß­nahmen vor der Einlagerung sind die Vorreinigung zur Reduzierung von Besatz und ge­gebenenfalls Trocknung zur Senkung der Kornfeuchte der geernteten Getreidepartie und während der Lagerung eine gute Belüftung und die Vermeidung großer Temperatur­schwankungen (ebd., S. 17). Die Getreidefeuchtigkeit und somit Luftfeuchte und Tem- peratur im Lager sind die bedeutendsten Variablen. Diese Parameter bestimmen maß­geblich die Lagerdauer des Getreides. Auch bei sommerlichen Temperaturen kann ein­gelagertes Getreide lagerstabil bleiben, wenn die Getreidefeuchte nicht über 14 % liegt (ebd., S. 14). Aus diesem Zusammenhang resultiert die Bedeutung einer Feuchtigkeits­kontrolle vor der Einlagerung sowie Vorreinigen und - je nach Feuchtigkeitsgehalt - ge­gebenenfalls Trocknen des Ernteguts. Aus einer erhöhten Feuchtigkeit und damit ein­hergehendem Schimmelbefall resultiert eine erschwerte Lagerung. Veränderte Mineral­stoffgehalte führen dazu, dass das Getreide entsprechend seinem ursprünglichen Nut­zungsanspruch nicht mehr verwendet werden kann oder andere veränderte Nährstoffge­halte können den Backprozess verkomplizieren.

Durch Faktoren, die prozessbedingt auftreten oder durch biologische Vorgänge entste­hen, werden Substanz- und Qualitätsverlust gefördert. Bei hohen Temperaturen und ei­nem hohen Feuchtigkeitsgehalt im Lager sowie durch Bearbeitungsfehler kann es zu einer Keimung des Getreides kommen (HUMPISCH 2014, S. 47). Die als Auswuchs be­zeichneten Körner weisen einen geringen Nährstoffgehalt und verschlechterte funktio­nelle Nährstoffeigenschaften auf. Dadurch eignen sie sich nicht mehr zur Weiterverar­beitung in der Müllerei, Mälzerei oder zur Saatgutgewinnung (ebd.). Nach der Ernte sind Getreidekörner weiterhin lebende Individuen, in welchen Stoffwechselprozesse ablaufen. Diese getreideeigene Atmung geht mit mehr oder weniger großen Substanz- und Energieverlusten einher (LINDHAUER ET AL. 2017, S. 411). Der Wassergehalt und die Temperatur der Körner beeinflussen das Ausmaß der Atmungsverluste und spielen eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung von Mikroorganismen und Schädlingen. Der durch Organismen hervorgerufene biologische Verderb wird durch eine hohe Sauer­stoff-Verfügbarkeit, Feuchtigkeit, ideale pH-Wert-Verhältnisse und Wärme begünstigt (HUMPISCH 2014, S. 48). Auch belastende Stoffwechselprodukte, z. B. Mykotoxine können im Zuge des Verderbs auftreten und die Qualität beeinträchtigen. Durch mecha­nische Beschädigungen entstandenes Bruchkorn verliert seine Keimfähigkeit und stellt ebenfalls ein erhöhtes Risiko für Verderb und daraus resultierenden Qualitätsverlust dar (ebd.). Hitze bzw. hohe Temperaturen im Lager fördern nicht nur die Entwicklung von Mikroorganismen, die getreideeigene Atmung und Verderb, sondern führen außerdem zu einem Verlust der Keimfähigkeit sowie der Enzymaktivität (ebd.). Letztere ist für die Verarbeitung des Getreides essentiell. Kontaminationen durch Tiere oder verschmutzte Arbeitsgeräte und ein ungereinigtes Lager können zu Geruchs- und Geschmacksverän­derungen und einem erhöhten gesundheitlichen Risiko führen. Die für ein erhöhtes Qua­litätsverlustrisiko verantwortlichen Ursachen sind zusammenfassend schematisch in der Abbildung 2.1 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2.1: Prozessbedingte (gelb) und biologische (violett) Ursachen für ein erhöhtes Qualitätsverlustrisiko von Getreide (verändert nach HUMPISCH 2014, S. 47)

Maßnahmen, die der Qualitätserhaltung im Lager dienen, betreffen meist den Zustand der Lagerräume, den Zustand des Korngutes bei der Einlagerung und das Verhalten des Korngutes während der Lagerung (AUFHAMMER 2003, S. 203). Das Ziel einer fachge­rechten Lagerung und präventiver Maßnahmen ist die bestmögliche Reduktion von Masseverlusten und die Vermeidung von Verderb durch Mikroorganismen und Schäd­lingsbefall. Neben idealen Lagerbedingungen ist vor allem eine Nacherntebehandlung bzw. Getreideaufbereitung zur Prävention typischer Lagerrisiken wichtig. Vor der Einlagerung sollten die Körner deshalb vorgereinigt und gegebenenfalls getrocknet werden. Bei der Trocknung besteht allerdings die Gefahr der Qualitätsminderung durch Überhitzung. Zur Reduzierung der Atmungsverluste und zur Eindämmung von Lagerschädlingen kann eine zusätzliche Kühlung und/oder Belüftung notwendig sein. Eine gründliche Reinigung des Lagers im Zuge der Vorbereitung ist hierbei ebenso bedeutend wie die Lagerung des Getreides unter optimalen Bedingungen. Unzureichende Konservierungsverfahren und Lagerbedingungen mindern wesentliche Qualitätsmerkmale, wie z. B. die Mehl- und Backfähigkeit und können so zu einer Verschlechterung der Vermarktungschancen führen (BECKMANN ET AL. 2001, S. 50). Präventive Maßnahmen haben eine herausragende Bedeutung im Lager (und grundsätzlich) in ökologisch wirtschaftenden Betrieben, da hier der Einsatz von direkten Bekämpfungsmethoden nur eingeschränkt möglich ist.

[...]

Ende der Leseprobe aus 79 Seiten

Details

Titel
Qualitätssicherung von Bio-Getreide entlang der Wertschöpfungskette. Gefahrenanalyse und Ermittlung von Maßnahmen zur Prävention
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Albrecht-Daniel-Thaer-Institut)
Note
2,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
79
Katalognummer
V1144073
ISBN (eBook)
9783346522030
ISBN (Buch)
9783346522047
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Getreide, Wertschöpfungskette, Gefahrenanalyse, HACCP, Qualitätssicherung, Prävention, Qualitätsausbildung, Qualitätserhaltung, Qualitätskontrolle, Nacherntebahndlung, Getreidefeuchtigkeit, Besatz, Vorbackversuche, Vorratsschutz, Schädlingsmanagement, Getreidereinigung, Säuregrad, Qualitätsprüfung, Maßnahmen, Fallzahl, SäuregradKlimawandel
Arbeit zitieren
Lisa Stahlschmitt (Autor:in), 2020, Qualitätssicherung von Bio-Getreide entlang der Wertschöpfungskette. Gefahrenanalyse und Ermittlung von Maßnahmen zur Prävention, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1144073

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