Die Lese-Rechtschreibschwäche und ihre Ursachen, Diagnose und Förderung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2018

17 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Definition

Ursachen
Biologische Faktoren
Neurobiologische Faktoren
Sozioökonomische und soziokulturelle Faktoren

Symptome

Diagnose

Förderung

Förderung am Beispiel des Lehrinstituts für Orthographie und Sprachkompetenz

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

„Konzentrier dich doch mal!“ Diese Forderung bekommen Kinder oft zu hören, wenn sie viele Fehler machen. Viele Rechtschreibfehler und Probleme beim Lesen werden nicht selten auf fehlende Konzentration geschoben. Doch ist es richtig, dass diese Kinder nicht aufpassen oder sich nicht konzentrieren können?

Eine der wichtigsten in der Schule erlernten Fähigkeiten ist die Beherrschung der Schriftsprache. Kinder, die damit Probleme haben, erhalten oft die Diagnose Lese­Rechtschreibschwäche (im Folgenden LRS). Mit diesem Phänomen beschäftigt sich die Forschung schon lange. Ursachen, Symptome, Diagnose und Fördermaßnahmen sollen wissenschaftlich fundiert werden, allerdings sind diese Arbeiten noch lange nicht abgeschlossen.

In dieser Hausarbeit folgt auf die Definition der LRS die verschiedenen Ursachen und Symptome. Dann werde ich die von Peter May entwickelten Diagnoseverfahren erläutern und auf die daraus resultierenden Fördermöglichkeiten am Beispiel der Lerntherapie eingehen. Exemplarisch werde ich daraufhin das Unternehmen „Lehrinstitut für Orthographie und Sprachkompetenz“ vorstellen, einen möglichen Ablauf einer dortigen Unterrichtseinheit aufzeigen. Im abschließendem Fazit gehe ich darauf ein, inwiefern mir die Ausarbeitung dieser Arbeit weitergeholfen hat und berichte von meinen eigenen Erfahrungen im LOS.

Definition

Unter LRS versteht man eine Lernproblematik, die sich in der Beeinträchtigung bei der automatisierten Worterkennung, der Geschwindigkeit des Lesens und in der Rechtschreibung äußert. Sie kann entstehen, wenn es zu Defiziten in der phonologischen Informationsverarbeitung durch neurobiologische Fehlentwicklungen kommt (Mayer 2016: 45). Die LRS hat betrifft mehrere Bereiche des Lebens einer betroffenen Person. Auswirkungen finden zum Beispiel in der sprachlichen Entwicklung statt: In das mentale Lexikon nehmen Kinder circa 3.000 Wörter pro Jahr auf, vor allem durch das Lesen von Sachtexten und Kinderbüchern. Auch die Entwicklung der Grammatik und des Ausdrucks finden dort ihre Wurzeln. Kinder mit LRS machen meist weniger Leseerfahrungen und dann kann das Lesen nicht als Quelle für neue Spracherfahrungen genutzt werden (Mayer 2016: 46). Die schriftsprachliche Kommunikation hat gerade in unserer heutigen Welt einen großen Einfluss auf nahezu alle Bereiche des Lebens. Durch die fortgeschrittene Technik spielt das Austauschen von Nachrichten über die Schriftsprache eine große Rolle bei der Schließung neuer Freundschaften, in der Freizeit, im Berufsleben und in der eigenen persönlichen Entwicklung. Im digitalen Zeitalter ist somit die Gefahr vorhanden, dass man aufgrund beeinträchtigter Fähigkeiten im Lesen und Schreiben Auswirkungen und sogar soziale Ausgrenzung erfährt. LRS hat somit auch einen Einfluss auf die soziale und personale Entwicklung. Wichtig bei der Definition von LRS ist die Anmerkung, dass diese Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben nicht die Folge von unangemessenem Unterricht oder vorhandenen schwachen kognitiven Fähigkeiten sind. Negative Auswirkungen sind allerdings in der Entwicklung von allgemeinen kognitiven Fähigkeiten anzunehmen. Dadurch, dass in unserer Gesellschaft ab der dritten Klasse die schriftsprachlichen Fähigkeiten bereits eine zentrale Rolle spielen, ist es möglich, dass ein Kind trotz kognitiver Kompetenzen nicht dazu in der Lage ist sich die schulischen Lerninhalte wie gefordert aneignen zu können (Mayer 2016: 45 ff.)

Ursachen

Verschiedene Ursachen können Auslöser für eine LRS sein. An dieser Stelle ist es besonders wichtig nicht zu verallgemeinern und die Kinder nicht kollektiv, sondern individuell zu betrachten. Die Forschung beschäftigt sich bereits lange mit der Ursachenerklärung und hat mehrere Faktoren aufgelistet.

Biologische Faktoren

Es ist bekannt, dass körperliche und geistig-seelische Merkmale vererbt werden können, dieses Phänomen wird in der Humangenetik genauer betrachtet. Natürlich spielen in Familien die Gene eine wichtige Rolle, ein Einwand für die Untersuchung der Vererbung wäre allerdings, dass die Familien im Regelfall in derselben Umwelt leben und dadurch die gleichen Merkmale übernehmen können. Um die Gene von der Umwelt bei dem Vorkommen von LRS in Familien besser untersuchen zu können, wurden eineiige und zweieiige Zwillinge untersucht. Die sogenannte Zwillingsstudie von Light und DeFries aus dem Jahre 1995 ergab, dass ein deutlicher genetischer Einfluss bei der Entstehung von LRS vorhanden ist (Scheerer-Neumann 2015: 34 f.) Es wurde herausgefunden, dass bei eineiigen Zwillingen fast 70% beider Zwillinge und bei eineiigen ca. 40% beider von LRS betroffen sind. Man geht davon aus, dass nicht nur ein einziges Gen für die Entstehung von LRS verantwortlich ist. Durch die Forschung konnten verschiedene Gene herausgefiltert werden, die im Zusammenhang mit den Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben stehen. Je nach Ausprägung der Genkonstellation wird die individuelle Hirnentwicklung beeinträchtigt und es entstehen die Unterschiede in der Lese- Rechtschreibleistung (Mayer 2016: 54 f.).

Als weiterer biologischer Faktor gilt der Zusammenhang zwischen LRS und Schwangerschafts- bzw. Geburtskomplikationen. Dafür finden Mitte der 70er Jahre Balow, Rubin und Rosen einige Hinweise, behaupten aber gleichzeitig auch, dass dies keineswegs für alle Kinder gilt, die unter solchen Bedingungen zur Welt kamen. Bei einem kleinen Teil allerdings führen die Komplikationen zu einem Sauerstoffmangel, welcher dem Gehirn schädigt, sodass sich später Einschränkungen beim Lesen und Schreiben ergeben (Scheerer- Neumann 2015: 34).

Neurobiologische Faktoren

Weitere Ursachen für Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben sind neurobiologisch bedingt. Zum Beispiel können Defizite in der Verarbeitung phonologischer Informationen dazu führen, dass das Kind bei dem Erwerb von Lesefähigkeit und Rechtschreibung beeinträchtigt ist. Die Buchstaben müssen mit Lauten in Verbindung gebracht werden, dies nennt man Graphem-Phonem Korrespondenz. Wenn in der Verarbeitung Defizite vorhanden sind, erschwert es die Zuordnung von Graphemen zu Phonemen, dadurch kann der passende Laut oftmals nicht abgerufen werden oder zu dem richtigen Symbol im Langzeitgedächtnis abgespeichert werden (Mayer 2016: 55; zitiert nach: Bradley/ Bryant 1978). Die Schwierigkeiten in der phonologischen Verarbeitung können eine Folge beeinträchtigter auditiver Verarbeitungsprozesse sein. Kindern mit diesen Problemen gelingt die Differenzierung von schnell aufeinander folgenden auditiven Reizen nicht. Auch Forschungen zeigen, dass Kinder mit LRS im Vergleich zu Kindern ohne LRS größere Probleme haben ähnlich klingende Reize (z.B. b und p) voneinander zu trennen. Sie brauchen meist größere Lücken zwischen den Lauten, um die Unterschiede zu erkennen. Allerdings haben die Forschungen auch gezeigt, dass nicht alle Kinder mit LRS automatisch unter den auditiven Defiziten leiden (Mayer 2016: 55).

Von mehreren Forschern wird außerdem ein visuelles Aufmerksamkeitsdefizit als zentrale Ursache gesehen, welches dazu führt, dass Enkodierungen von Buchstabenfolgen gestört werden, da die Betroffenen nicht genug Aufmerksamkeit auf das zu lesende Wort richten können. Auch eine generelle visuelle Wahrnehmungsstörung kann ein Faktor für eine LRS sein. Bei dieser Beeinträchtigung werden Buchstaben oft vertauscht (z.B. b und d, p und q) und dadurch entstehen falschgeschriebene Wörter (Mayer 2016: 56).

Möglicherweise kann eine LRS auch durch eine Beeinträchtigung des Kleinhirns entstehen. Es ist verantwortlich für die Steuerung motorischer Prozesse, somit auch für die sprachlichen und artikulatorischen Fähigkeiten (Mayer 2016: 56 f.). Durch eine gestörte Artikulation kann die Graphem-Phonem Korrespondenz gestört werden und dadurch können Fehler in der Schriftsprache entstehen. Ein verbreitetes Beispiel ist die Aussprache des Wortes „ich“ als „isch“, es kann dann passieren, dass man in seinen Texten auch das Graphem „isch“ verwendet.

Es ist wichtig auch bei diesen Faktoren festzuhalten, dass die bisherigen Ergebnisse der neurobiologischen Erforschung von LRS nicht für alle Personen zutreffend sind. Es kann also nicht von einer einheitlichen Entwicklung von LRS gesprochen werden, stattdessen muss jedes Kind genau betrachtet werden, um die individuellen Ursachen zu benennen.

Sozioökonomische und soziokulturelle Faktoren

Auch die Einwirkungen der Umwelt haben einen Einfluss auf die Entwicklung der Lese- und Schreibkompetenz. Wenn Kinder z.B. in einer Familie aufwachsen, in der selten gelesen oder geschrieben wird, tendieren sie dazu ebenfalls eine sehr geringe Motivation für solche Aktivitäten zu haben. Spärliche mündliche Kommunikation seitens der Eltern zu ihren Kindern kann auch zu einer Störung des Spracherwerbs führen - wie eine UNICEF Studie im Jahr 2007 veröffentlichte. Etwa 60% der Eltern finden keine Zeit sich täglich mit ihren Kindern zu unterhalten (Günther 2007: 79). Darunter leidet vor allem der Wortschatz, denn sie lernen deutlich weniger Worte kennen. In der heutigen Zeit kann man auch die Statussymbole wie Kleidung, Technologie etc. als ein Motiv zur Demotivation am Lesen sehen. Das Interesse der Kinder richtet sich mehr auf den Konsum und auf die Bildung des eigenen Status als auf die Erfahrung von Sprache durch Lesen und Schreiben (Günther 2007: 79).

Auffällig ist ebenfalls, dass Kinder aus sozialschwachen Familien oder aus einem Elternhaus mit einem niedrigen Bildungsniveau einer ca. dreimal höheren Wahrscheinlichkeit unterliegen von LRS betroffen zu sein, da im heimischen Umfeld oft weniger gelesen und geschrieben wird. Dies zeigt wie wichtig die Unterstützung der Eltern bei der Sprachentwicklung ist (Günther 2007: 79). Ihre Aufgabe sollte darin bestehen in der Freizeit mit den Kindern zu lesen und schreiben und ihnen bei den Schulaufgaben unterstützend zur Seite zu stehen.

Ein weiterer Einfluss auf die Lese- und Schreibkompetenz ist, wenn Eltern mit Migrationshintergrund zuhause durchgängig in ihrer Muttersprache mit dem Kind kommunizieren. Es reicht nicht aus, wenn die Kinder nur in der Schulzeit die Möglichkeit haben ihre Sprachkompetenz auszubilden und neue Wörter kennenzulernen. Dadurch, dass zuhause ständig eine andere Sprache gesprochen wird, entstehen Schwierigkeiten beim Verstehen und Verfassen von Texten und Aussprechen der deutschen Sprache (Scheerer- Neumann 2015: 36f.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Lese-Rechtschreibschwäche und ihre Ursachen, Diagnose und Förderung
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig
Note
1,7
Jahr
2018
Seiten
17
Katalognummer
V1145731
ISBN (eBook)
9783346526533
ISBN (Buch)
9783346526540
Sprache
Deutsch
Schlagworte
lese-rechtschreibschwäche, ursachen, diagnose, förderung
Arbeit zitieren
Anonym, 2018, Die Lese-Rechtschreibschwäche und ihre Ursachen, Diagnose und Förderung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1145731

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