Gesellschaftliche Ausschließung und Partizipation, Integration und Exklusion


Hausarbeit, 2020

6 Seiten, Note: 2.0


Leseprobe

1. Sozialer Ausschluss in der Gesellschaft und dessen Relevanz für die Sozial- Wissenschaften

In seinem Beitrag “Warum sich gerade jetzt mit sozialer Ausschließung befassen?” (zit. Steinert, 2000, S. 13) beschreibt Heinz Steinert zu Beginn, weshalb die Thematik rund um soziale Ausschließung eine solch hohe Bedeutung für die Soziale Arbeit und deren Sozialwissenschaften trägt. Diese Relevanz begründet er damit, dass gesellschaft-licher Ausschluss immer über eine gewisse Aktualität verfügt, wodurch wir, zumindest partiell, dauerhaft davon betroffen sind. Als konkretes Beispiel für diese bestehende Bedeutung nennen sowohl Cremer-Schäfer als auch Steinert die sogenannte “Flüchtlingskrise” und wie es dazu kommen kann, dass bestimmte Menschen kategorisch aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden sollen (vgl. Steinert, 2000, S.13). Aus diesem Grund eines wiederkehrenden gemeinsamen Anschauungs-beispiels ist eine Kombination der hier verwendeten Beiträge auch besonders hilfreich für ein besseres Verständnis der Thematik.

Und eben weil diese beiden Beiträge nun fast zwanzig Jahre auseinanderliegen, wird so deutlich wie zutreffend Steinerts Aussage bezüglich der Aktualität und Beständigkeit von sozialer Ausschließung ist, so ist die Diskussion um einen erhöhten Zuzug von “Flüchtlingen” noch immer stark thematisiert. Und weil dadurch auch immer wieder der Ausschluss eben dieser zuziehenden Menschen im Mittelpunkt steht, bleibt die Bedeutung für die Soziale Arbeit und die Sozialwissenschaft ebenfalls im Vordergrund.

Zudem ist vorab zu beachten, dass die Ansicht, sozialer Ausschluss wäre durch deviantes Verhalten der Adressaten hervorgerufen, die Betroffenen wären also lediglich selbstverantwortlich für ihre Ausgrenzung, gesellschaftlich überwiegt (vgl. Steinert, 2000, S. 16). In folgender Arbeit soll daher mittels verschiedener Thesen aus den Texten “Kritik und Freundlichkeit” von Helga Cremer-Schäfer und “Sozialer Ausschluss - Begriffe, Praktiken und Gegenwehr” von Heinz Steinert eine gegen-sätzliche Position dargestellt werden, die Exklusion im Bezug zu Integration betrachtet.

2. Darstellung von Thesen zum Thema Integration und Exklusion

These 1: Die gesellschaftliche, sowie politische Anwendung von Kategorisierung, also dem Erstellen bestimmter symbolischer Gruppen beziehungsweise Kategorien von Menschen, sowie das anschließende Einfügen bestimmter Gesellschaftsmitglieder in eben diese ist ursächlich für eine Grenzziehung zwischen Adressaten innerhalb und außerhalb dieser Kategorien.

Wie bereits kurz erläutert ist Kategorisierung oder auch Etikettierung der Vorgang, durch den bestimmte Gesellschaftsmitglieder einer spezifischen Kategorie, erstellt durch die Politik und deren Organisationen, zugeordnet werden. Dabei werden sie beispielsweise je nach ähnlichem sozialen Hintergrund, ähnlicher Lebensweisen oder auch Bewältigungsstrategien der (vermeintlich) passenden Gruppe zugeordnet, was in der Sozialen Arbeit beispielsweise den Vorteil hat, dass nicht für jeden Adressaten gesonderte Maßnahmen erstellt werden müssen, sondern diese bereits Gruppen­spezifisch erstellt wurden und lediglich noch angewandt werden müssen, sie spart also Interventionsmaßnahmen1.

Für die Betroffenen entsteht durch diese Zuordnung jedoch eine deutlich negativere Folge, so erfolgt dadurch unmittelbar eine Art Grenzziehung - Helga Cremer-Schäfer bezeichnet diesen Vorgang hier als “Aufspaltung” der Gesellschaft (zit. Cremer-Schäfer, 2019, S.68) - zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen. Als Anschauungsbeispiel für diesen Vorgang nennen sowohl Steinert als auch Cremer- Schäfer das Beispiel der “Flüchtlingskrise”, an dem diese Grenzziehung besonders deutlich zu werden scheint.

Durch Kategorisierung wird hier ein gesellschaftliches Denken von “Wir (also in diesem Fall die in Deutschland geborenen Menschen) gegen die Anderen” (hier also die sogenannten Flüchtlinge) oder auch in besonders extremen Fällen von “Freund gegen Feind” (zit. Cremer-Schäfer, 2019, S. 68) erzeugt, wodurch sich unmittelbar voneinander abgegrenzt wird. Diese drastische Distanzierung voneinander entsteht dabei meistens, wenn eine Kategorie zusätzlich eine negative Assoziation zugewiesen bekommt, was die Denkweise von “gut und schlecht” noch zusätzlich verstärkt.

Kategorisierung stellt somit zumindest immer eine Begleiterscheinung von sozialem Ausschluss dar (vgl. Steinert, 2000, S. 16f.).

These 2: In Bezug auf soziale Ausschließung stellen Integration, beziehungsweise die daraus resultierenden Integrationsmaßnahmen einen Widerspruch in sich dar, da durch deren Anwendung eine Grenzziehung vollzogen wird, durch die Exklusion bedingt wird. Somit sind Integration und Exklusion immer unmittelbar in einem zirkulären Verfahren miteinander verbunden.

“Von Inklusion kann man sinnvoll nur sprechen, wenn es Exklusion gibt” (zit. Luhmann, zit. von Steinert, 2000, S. 16). Diese Aussage kann mittels eines Beispiels um Zugehörigkeit erklärt werden, wonach ein Individuum immer in einer gesellschaftlichen Gruppe inkludiert sein muss. Wenn diesem Individuum nun aus einem Grund die Zugehörigkeit aus dieser Gruppe aufgekündigt wird, er also aus dieser ausgeschlossen wird, muss dieser also unmittelbar in eine neue Kategorie eingefügt werden. Es wird also sozusagen eine zirkuläre Verbindung zwischen Inklusion und Ausschluss deutlich, so kann ich erst ausgeschlossen werden, wenn ich vorher integriert war und Integrationsmaßnahmen können nur dann sinnvoll durchgeführt werden, wenn ich ausgeschlossene Adressaten habe (vgl. Steinert, 2000, S. 16f.). Zusammenfassend stellt Exklusion, also sozialer Ausschluss eine Art Werkzeug dar, durch die Integration und Maßnahmen mit dem Ziel zur Integration gesellschaftlich verfestigt werden können (vgl. Cremer-Schäfer, 2019, S. 15).

These 3: Sozialer Ausschluss wird, zumindest partiell, politisch hergestellt oder zumindest von dieser geduldet, um daraus entstehende Folgen für die Gesellschafts-, sowie Wirtschaftsentwicklung nutzbar zu machen.

Zum einen hat soziale Ausschließung den politischen Nutzen, dass daraus eine selbsternannte “Krise” durch die Regierung ausgerufen werden kann, die sich auf hier bereits kategorisierte Gesellschaftsgruppen wie beispielsweise (Langzeit-) Arbeitslose bezieht. Die Regierung zeigt der Gesellschaft durch diesen ausgerufenen “Notstand” einen sofortigen Handlungsbedarf auf, gegen den nun laut ihrer Aussage vorgegangen werden muss. Nimmt die Gesellschaft diese “Krise” nun an, bietet sich daraus ein politischer Spielraum, in dem die Regierenden frei entscheiden können, wie mit der Situation umgegangen werden soll und welche gesellschaftlichen Konsequenzen daraus gezogen werden können (vgl. Steinert, 2000, S. 14). Für die Regierung bietet sich hier also die Möglichkeit zur Machtausübung über die betroffene Gesellschaftsgruppe, wegen der die “Krise” ausgelöst wurde aber auch bedingt über den Rest der Gesellschaft, wenn wirtschaftliche Konsequenzen folgen (vgl. Cremer-Schäfer, 2019, S. 75, vgl. Steinert, 2000, S. 14f.).

Zum anderen kann sozialer Ausschluss als Folge bestimmter politischer, beziehungsweise wirtschaftlicher Maßnahmen auftreten, ohne dass dies direkt gewollt wird, sondern eher geduldet wird. Dabei steht wiederrum die Globalisierung im Vordergrund, die eine sogenannte “internationale Wanderung” auslöst (zit. Steinert, 2000, S. 14). Eine solche Wanderung kann zum einen dadurch entstehen, dass Menschen aufgrund von verfügbaren oder lediglich besseren Arbeitsbedingungen in ein anderes Land migrieren, zum anderen, weil sich aufgrund von Wettbewerbstreiben oder wirtschaftlichem Konkurrenzkampf die Bedingungen in ihrem Heimatland deutlich verschlechtert, weshalb sie aus unterschiedlichsten Gründen von dort flüchten müssen (vgl. Steinert, 2000, S. 14f.). Hier kann Bezug zur ersten These genommen werden, die belegt inwiefern bestimmte gesellschaftliche Gruppen, wie zum Beispiel “Flüchtlinge” kategorisch ausgegrenzt werden und welche Konflikte dieser innergesellschaftlich auslöst. Da von der Situation jedoch wirtschaftlich profitiert werden kann, wird die Ausschließung dieser bestimmten Menschen von der Politik akzeptiert (vgl. Steinert, 2000, S. 14).

These 4: Eine angrenzende These stellt diese dar, dass Kategorisierung von bestimmten Individuen, zudem institutionell gefördert und nutzbar gemacht wird, um soziale Kontrolle durch die Politik zu legitimieren.

Einen besonders hohen Nutzen von sozialer Ausschließung tragen in der Regel Institutionen, die sich mit abgeschwächten Formen des Ausschlusses beschäftigen und sich an der sogenannten “inneren Verbannung” ihrer Adressaten beteiligen (zit. Steinert, 2000, S. 15). Bei dieser Art der Ausschließung geht es darum, den betroffenen Adressaten für zumindest eine begrenzte Zeit, gegebenenfalls auch dauerhaft in einer Institution mit einsperrendem Charakter unterzubringen. Eine dieser Einrichtungen, die sich mit der Kategorie der Straftaten und Verbrechen beschäftigt, stellt dabei das Gefängnis dar. Daher werden die Adressaten dieser Institution ebenfalls einer Kategorisierung unterzogen und erhalten dadurch durch das Sozial- sowie dem Strafwesen das Etikett der “Kriminalität”, beziehungsweise der “Kriminellen”, was politisch und gesellschaftlich eine negative Assoziation erteilt bekommt (vgl. Cremer- Schäfer, 2019, S. 70ff., vgl. Steinert, 2000, S. 17). Diese Assoziation stellt eine symbolische Zuordnung mit ausschließendem Charakter dar, die der Politik aber vor allem der betreffenden Organisation erneut einen großen Handlungsspielraum bietet. In diesem Fall wird dieser Spielraum besonders für disziplinierende/ bestrafende, aber auch normierende Handlungen ausgenutzt, die durch das TINA-Prinzip, also die politische Vermittlung es gäbe keine Alternative mit dieser Situation umzugehen, propagiert wird. Dieses Prinzip wird aber nicht nur für die Art der Strafe im Gefängnis verwendet, sondern eben auch dafür, dass eine Unterbringung in dieser Einrichtung überhaupt nötig ist (vgl. Cremer-Schäfer, 2019, S. 75). Zusammenfassend wird die soziale Ausschließung und das Ausgrenzen der Betroffenen also dafür ausgenutzt, um die Einsperrung dieser moralisch zu legitimieren, was wiederrum soziale Kontrolle durch die Institution legitimiert (vgl. Cremer-Schäfer, 2019, S.70, S. 75f.).

[...]


1 Die Soziale Arbeit wendet kategorisierende Techniken an, um ihre Interventionsbereiche vorab möglichst einzugrenzen und so die Fälle herauszuheben, für die sie die nötigen Ressourcen zur Hilfe besitzen (vgl. Castel, 2008, S. 75f.).

Ende der Leseprobe aus 6 Seiten

Details

Titel
Gesellschaftliche Ausschließung und Partizipation, Integration und Exklusion
Note
2.0
Autor
Jahr
2020
Seiten
6
Katalognummer
V1147444
ISBN (eBook)
9783346527196
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Inklusion, Exklusion, gesellschaftliche Teilhabe, Partizipation, Soziale Arbeit, Thesenpapier
Arbeit zitieren
Samira Kluge (Autor:in), 2020, Gesellschaftliche Ausschließung und Partizipation, Integration und Exklusion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1147444

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