Die Entwicklung der Musikindustrie seit der Jahrtausendwende

Wie es einer von der Digitalisierung gefährdeten Branche gelingt, sich digitalen Technologien anzupassen


Seminararbeit, 2021

20 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Musikindustrie zur Zeit der Jahrtausendwende

3. Napster und die Folgen

4. Einführung neuer Technologien
4.1 Klingeltöne
4.2 MP3
4.3 Streaming

5. Prognosen über die Zukunft der Branche

6. Fazit

Literaturverzeichnis

Internetquellen

I. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die Benutzeroberfläche von Napster im Jahr 1999

Abbildung 2: Umsätze der Musikindustrie in den U.S.A. nach Formaten

Abbildung 3: Digitale Umsätze mit Musik in den Jahren 2004 bis 2020 (in Mrd. US-Dollar)

Abbildung 4: Akteure der Musikindustrie

1. Einleitung

Neue Technologien sorgen häufig für sozioökonomische Veränderungen, die Gesellschaften kurz- und langfristig prägen. Das Einführen neuer Geschäftsmodelle, die Verschiebung von Kooperations- und Konkurrenzsituationen, die Abänderung von Lebensstilen oder der Wandel des Konsumverhaltens sind nur ein paar Beispiele für mögliche Auswirkungen von Innovationen (vgl. Dolata, 2008, S.5). Wird von neuen Technologien gesprochen, ist das Internet allerdings hervorzuheben. Keine Technologie konnte bislang einen so hohen Grad an Veränderungen in so vielen, verschiedenen Bereichen hervorrufen, wie das World Wide Web. Durch die bessere Zugänglichkeit für Privatpersonen, die Gründung von zahlreichen IT-Unternehmen und die damit verbundene Digitalisierung der Absatzkanäle für Produkte und Dienstleistungen würden viele Branchen nach der Jahrtausendwende eine starke Disruption erfahren, die oftmals noch bis heute anhält.

Hierzu zählt auch die Musikindustrie, die vom digitalen Wandel nicht „verschont“ blieb. Eine Branche, die jahrelang von etablierten Strukturen und Technologien und steigenden Umsatzzahlen geprägt war, erlebte zu Beginn des 21. Jahrhunderts ein Maß an kreativer Zerstörung, das für diese Industrie bis zu diesem Zeitpunkt beispiellos war. Der komplette Musik-Lebenszyklus von der Entstehung, bis hin zur Verarbeitung, zur Distribution und letztendlich zum Konsum war nahezu schlagartig grundlegenden Veränderungen ausgesetzt. Besonders der Verkauf von Musik an den Musikhörer wurde so sehr erschwert, dass Umsatzzahlen rapide sanken und die Musikbranche von Fachleuten zunehmend als „tot“ beschrieben wurde (Ermert, 2008). Mittlerweile ist Digitalisierung in Bezug auf die Musikbranche jedoch nicht mehr rein negativ konnotiert, sondern hat einer eher ambivalente Rolle angenommen, die zwar Risiken aber gleichzeitig Chancen bietet (vgl. Friedrich et al., 2018, S.11).

In der vorliegenden Arbeit soll dieser Wandel untersucht und die Frage beantwortet werden, wie es einer von der Digitalisierung gefährdeten Branche gelingt, sich digitalen Technologien anzupassen. Da die Jahrtausendwende für den Beginn der Digitalisierung innerhalb der Branche steht, wird im zweiten Kapitel zunächst der Stand der Musikindustrie zur Zeit der Jahrtausende aufgezeigt. Daraufhin wird dargestellt, wie das Internet innerhalb der Musikindustrie zunächst bestehende Strukturen zerschlug und wie sich dies mehrere Jahre auf die Branche auswirkte. Die Vorteile von digitaler Musik, und wie Akteure innerhalb und außerhalb der Branche diese Vorteile in neue Technologien einbetteten und so legale, digitale Vertriebskanäle ermöglichten, wird ebenfalls untersucht. Im Anschluss wird im vierten Kapitel der heutige technologische und wirtschaftliche Status der Musikindustrie beschrieben. Im fünften Kapitel wird ein Ausblick über die Zukunft der Branche hinsichtlich möglichen technologische und wirtschaftliche Entwicklungen preisgegeben.

2. Die Musikindustrie zur Zeit der Jahrtausendwende

Mit der Einführung der Compact Disk und der Gründung von TV-Sendern wie MTV, die hauptsächlich Musikvideos ausstrahlten, erlebte die Musikindustrie ab dem Anfang der 1980er Jahre einen Aufschwung, der knapp 20 Jahre andauern sollte. Der wachsende Markt wurde fortan von diversen Akquisitions- und Fusionsgeschäften geprägt. Ab der zweiten Hälfte der 80er Jahre wurde die weltweite Musikindustrie von den Musikkonzernen Universal/Polygram, Sony Music Entertainment, EMI, Warner Music Group und Bertelmann Music Group (BMG) kontrolliert. Diese sogenannten „Major Labels“ würden bis Ende der 1990er Jahre die nahezu komplette Wertschöpfungskette der Musikindustrie beherrschen und einen Marktanteil von 80 Prozent besitzen (vgl. Dolata, 2008, S.8). Prozesse, wie die Auswahl und das Management der Künstler, die Produktion und Aufnahmen von Alben, sowie der Besitz und die Verwaltung der Verwertungsrechte der Musik wurden fast ausschließlich von den Konzernen durchgeführt. Zusätzlich setzten sie die in eigenen Pressewerken produzierten Tonträger über die eigenen Vertriebswege ab, sodass sie häufig ebenfalls Herr der Distribution waren (vgl. Kulle, 1998, S.136 f.). Die Macht und der Einfluss dieser „Majors“ mag umstritten sein, allerdings lässt sich der Erfolg der Musikindustrie zu dieser Zeit nicht abstreiten. Im Jahr 1981 betrug der globale Umsatz der Musikbranche 12,3 Mrd. $. Knapp 10 Jahre später, im Jahr 1990 hatte sich dieser mit 24,05 Mrd. $ fast verdoppelt, und im Jahr 1999 wurde das Allzeithoch von 40,536 Mrd. $ erreicht. In den ersten zwei Jahren des 21. Jahrhunderts lag der Umsatz jeweils noch bei fast 40 Mrd. $ (2000 bei 39,963 Mrd. $ und 2001 bei 39,559 Mrd. $) was zu dem Zeitpunkt auf einen stabilen Markt hinwies (vgl. Dolata, 2008, S.9).

Hinsichtlich der Tonträger war die CD das mit Abstand weltweit beliebteste Medium. Die Anzahl der verkauften CDs war seit der Einführung im Jahr 1982 von einem dauerhaften Anstieg geprägt und erreichte im Jahr 2000 den Spitzenwert von 2.454 Mio. Stück. Mit dem regelrechten „Boom“ der CD sank die Absatzmenge von Musikkassetten ab Anfang der 1990er stetig ab: Im Jahr 2000 wurden nur noch 736 Mio. Kassetten verkauft – ca. die Hälfte der Menge 1991. Das vormalig am weitesten verbreitete Musikmedium die Langspielplatte wurde 2000 mit weltweit 12 Mio. abgesetzten Tonträgern kaum noch verkauft (vgl. Dolata, 2008, S.9). Digitale Musik war zu diesem Zeitpunkt zwar in einem bestimmten Maß vorhanden, wurde allerdings noch nicht legal und kostenpflichtig vertrieben.

3. Napster und die Folgen

Parallel zum stetigen Wachstum der Musikindustrie stieg Mitte bis Ende der 1990er Jahre gleichzeitig die Nutzung des Internets für Privatpersonen rasant an. Während die branchenbeherrschenden Konzerne das Internet nicht als revolutionären, neuen Vertriebskanal ansahen, erkannten kleine Akteure das Potenzial, Musik digital und dadurch in einer zuvor noch nie gewesenen Menge anzubieten (vgl. Clement, Schusser, Papies, 2008, S.3). Im Jahr 1999 – als die Branche ihren höchsten Umsatz aller Zeiten erzielte – gründeten amerikanische Universitätsstudenten die Plattform, die das Zeitalter der illegalen Downloads und damit verbunden die bislang größte Krise der Musikindustrie einleiten würde: eine Website namens Napster. Die hierbei verwendete Technik der Peer-to-Peer-Verbindung (P2P)1 war zwar bereits seit den 1970ern bekannt, sollte aber erst durch Napster großflächige Bekanntheit erlangen (vgl. Röttgers, 2003, S.19). Durch den P2P-Ansatz ermöglichte es Napster, seinen Nutzern direkt auf die Festplatten anderen Nutzer zuzugreifen und so Musik im MP3-Format kostenfrei voneinander zu kopieren. Dies hatte zur Folge, dass die Anzahl der zur Verfügung stehenden Lieder schnell ins Unermessliche anstieg.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die Benutzeroberfläche von Napster im Jahr 1999

Quelle: Reddit: https://www.reddit.com/r/nostalgia/comments/gfu6id/the_old_napster_interface/ Zugriff 2021-04-26

Anmerkung der Redaktion: Die Abbildung wurde aus urheberrechtlichen Gründen entfernt.

Zuzüglich des schnellen und massenhaften Herunterladens von Musik, wurde die Attraktivität der Plattform durch eine eingebaute Chat-Funktion erhöht. Nutzer konnten miteinander kommunizieren und sich beispielsweise über die heruntergeladene Musik unterhalten. Die Tauschbörse beinhaltete somit für Nutzer auch eine gewisse soziale Komponente. Im Napster-Kontext wird deshalb auch oftmals von einer „Gemeinschaft“ unter den Nutzern gesprochen (vgl. Röttgers, 2003, S.21).

Dass es sich bei der Plattform um eine legitime Gefahr für die Musikindustrie handelte, zeigte sich sowohl an der schieren Masse der illegalen Downloads, als auch an dem Umsatzrückgang der Branche. Im Vergleich zu den Umsatzzahlen im Jahr 2001, hatte 2003 bereits eine Verringerung von etwa 13% stattgefunden (vgl. Dolata, 2008, S.9). Eine sinnvolle Erklärung für den Rückgang lieferte der amerikanische Musikmanager und Leiter der National Academy of Recording Artists bei seiner Grammy2 -Rede im Jahr 2002: Die illegale Nutzung von Tauschbörsen sei zu stark verbreitet und mittlerweile nicht mehr zu kontrollieren. Dies bestärkte er mit einem Experiment, dass er der Menge an dem Abend präsentierte. Er hatte in den Tagen zuvor drei Studenten damit beauftragt, drei Tage lang Musik herunterzuladen. Das Ergebnis war, dass die Studenten in dem Zeitraum fast 6000 Lieder heruntergeladen hatten. Daraufhin forderte Greene das Publikum dazu auf, diese Zahl nun mit Millionen von weiteren Internetnutzern zu multiplizieren, um sich den täglich angerichteten Schaden zu vergegenwärtigen. Er löste die Rechnung mit einer Schätzung der RIAA3 auf, die von monatlich 3,6 Milliarden illegalen Musik-Downloads ausgingen.4

[...]


1 Unter „P2P“ oder auch „file-sharing“ wird die Verbindung von Festplatten durch das Internet verstanden, wodurch ein Austausch von Daten und Dateien aller Art ermöglicht wird (vgl. Becker 2004, S.40).

2 Die Grammy-Awards (abgekürzt „Grammys“) ist die international bedeutendste Preisverleihung für Künstler, Akteure und Aufnahmeteams der Musikindustrie. Die Auszeichnung ist mit dem Oscar in der Filmindustrie vergleichbar.

3 Die RIAA (Recording Industry Association of America) ist die etablierteste Interessengemeinschaft für Firmen in der Musikindustrie in den Vereinigten Staaten. Ihr breitgefächertes Tätigkeitsfeld umfasst u.a. das Führen von Statistiken hinsichtlich verkauften CDs, Gesamtumsatz der Musikindustrie, etc.

4 Michael Greenes Auftritt bei den Grammys ist auf YouTube abrufbar: https://www.youtube.com/watch?v=6b-MPX_z66g [Zugriff 2021-04-27]. Von 1:36:28 bis 1:39:49 hält er seine Rede.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Entwicklung der Musikindustrie seit der Jahrtausendwende
Untertitel
Wie es einer von der Digitalisierung gefährdeten Branche gelingt, sich digitalen Technologien anzupassen
Hochschule
FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Düsseldorf früher Fachhochschule
Veranstaltung
Strategie und digitale Transformation
Note
2,3
Autor
Jahr
2021
Seiten
20
Katalognummer
V1147801
ISBN (eBook)
9783346528674
ISBN (Buch)
9783346528681
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Musikindustrie Musikbranche Spotify Napster Streaming mp3 Klingelton
Arbeit zitieren
B.A. Henry Quevedo (Autor:in), 2021, Die Entwicklung der Musikindustrie seit der Jahrtausendwende, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1147801

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