Während das Coronavirus den Kultursektor in seiner Praxis weitestgehend lahmgelegt hat, ist auch die Kulturtheorie nicht von einer Krise ausgenommen. In der Fakultät für Kulturwissenschaften an der Leuphana Universität Lüneburg wurde im Wintersemester 20/21 im Rahmen einer Vorlesungsreihe die Frage „Was wird Corona gewesen sein?“ aufgeworfen. Das Studieren biopolitischer Machtstrukturen stellte hierbei einen Teil der vorgestellten Analyseverfahren der Corona-Situation dar.
Ziel dieser Arbeit ist es, zu beleuchten, ob und in welchem Ausmaß etwaige Strukturen während der Pandemie weiter ausgebaut worden sind. Dies ist zunächst unabhängig davon zu betrachten, ob die neuen Dimensionen politischer Körper im Corona-Ausnahmezustand gerechtfertigt sind oder nicht. Vielmehr geht es darum, was für Gesellschaftsdispositive durch so einen Zustand ausgebaut oder gar erst hervorgebracht werden. Pionierarbeiten in technisierte Welten und der Ausbau digitaler Infrastruktur haben sich als ein herausstechendes Merkmal der Lockdown-Gesellschaft und dem Leben mit der Pandemie herauskristallisiert. Sie bilden daher den Kern dieser Arbeit.
Aus soziologischer Sichtweise wirft diese Untersuchung darüber hinaus auch die Frage nach neuen Formen sozialen Zusammenlebens und sozialer Klassen auf, weshalb sie auch die Kritik einer politischen Linken mit einem biopolitischen Pessimismus in Kontrast setzt, um schließlich zu klären, welche gesellschaftlichen Gefahren der Ausnahmezustand der Corona-Pandemie und eine parallel stattfindende Technisierung der Welt in sich birgt. Besonderes Augenmerk wird dabei auf das neue Potential des Bereichs der Kybernetik gerichtet, welcher gerade dabei ist, seine Märkte für Kontroll-, Sicherheits- und Überwachungstechnologien auszubauen. Mit dem Fazit dieser Arbeit soll schließlich ein Ausblick gebildet werden, wie zum einen Biopolitik und zum anderen die Nutzung der Technik gegen den Menschen, überwunden werden kann. Hierfür eignet sich Rosi Braidottis Philosophie des Posthumanismus besonders gut zur Veranschaulichung eines optimistischen Wegs aus der Krise.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung / Fragestellung
- 1 Ausnahmezustand Corona
- 2 Pharmapornografie und die instrumentelle Vernunft
- 3 Eine humanitäre Krise
- 4 Jenseits der Krise
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gesellschaft im Kontext der Biopolitik. Sie untersucht, ob und in welchem Ausmaß während der Pandemie biopolitische Machtstrukturen weiter ausgebaut wurden. Dabei werden die Auswirkungen der Digitalisierung, der Technisierung und die neu entstehenden Formen des sozialen Zusammenlebens beleuchtet. Die Arbeit stellt zudem die Kritik einer politischen Linken mit einem biopolitischen Pessimismus gegenüber und analysiert die gesellschaftlichen Gefahren, die im Zusammenhang mit dem Ausnahmezustand und der Technisierung bestehen.
- Die Ausweitung biopolitischer Machtstrukturen während der Corona-Pandemie
- Die Rolle der Digitalisierung und Technisierung im Kontext der Pandemie
- Neue Formen des sozialen Zusammenlebens und soziale Klassen im Kontext der Pandemie
- Die Kritik einer politischen Linken mit einem biopolitischen Pessimismus
- Die gesellschaftlichen Gefahren des Ausnahmezustands und der Technisierung
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung / Fragestellung
Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor: Wie haben sich biopolitische Machtstrukturen während der Corona-Pandemie entwickelt? Die Arbeit befasst sich mit den Auswirkungen der Pandemie auf die Gesellschaft und analysiert den Ausbau digitaler Infrastruktur im Zusammenhang mit der Technisierung der Welt. Die Einleitung setzt die Arbeit in den Kontext der Vorlesungsreihe „Was wird Corona gewesen sein?“, welche biopolitische Analyseverfahren im Rahmen der Corona-Situation erforscht.
1 Ausnahmezustand Corona
Dieses Kapitel analysiert den Ausnahmezustand der Corona-Pandemie anhand von Giorgio Agambens Essay „L'invenzione di un'epidemia“. Es wird untersucht, wie sich der Ausnahmezustand auf die Gesellschaft auswirkt und welche Einschränkungen durch die Pandemie auferlegt wurden. Dabei werden die Figuren des „nackten Lebens“ und des „homo sacer“ in den Kontext der biopolitischen Machtstrukturen gesetzt.
2 Pharmapornografie und die instrumentelle Vernunft
Dieses Kapitel behandelt die Themen „Pharmapornografie“ und „instrumentelle Vernunft“ im Kontext der Corona-Pandemie. Es untersucht die Rolle der Pharmaindustrie und der digitalen Medien in der Pandemie und analysiert die Auswirkungen der „instrumentellen Vernunft“ auf die Gesellschaft.
3 Eine humanitäre Krise
Dieses Kapitel betrachtet die Corona-Pandemie aus der Perspektive einer „humanitären Krise“. Es analysiert die Folgen der Pandemie für die Gesundheitssysteme und die sozialen Strukturen der Gesellschaft und untersucht die Auswirkungen auf die Armen und Benachteiligten.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen Biopolitik, Corona-Pandemie, Ausnahmezustand, Technisierung, Digitalisierung, Soziale Klassen, Pharmapornografie, instrumentelle Vernunft, Humanitäre Krise, Zoépolitik und Posthumanismus. Sie analysiert die Auswirkungen der Pandemie auf die Gesellschaft und die Rolle der Biopolitik im Kontext des Ausnahmezustands. Die Arbeit untersucht zudem die Entwicklung neuer Formen des sozialen Zusammenlebens und die Gefahren der Technisierung für die Menschheit.
- Arbeit zitieren
- Niklas Pernat (Autor:in), 2021, Biopolitik während der Corona-Pandemie. Erst Ausnahmezustand, dann Totalitarismus?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1147863