Über 50 Jahre sind seit der Befreiung der Konzentrations- und Vernichtungslager der Nationalsozialisten vergangen. Betrachtet man die Anzahl der errichteten Gedenkstätten und Mahnmale, die große Fülle an wissenschaftlichen und literarischen Publikationen so wie die unüberschaubare Menge an dokumentarischen Beiträgen im Fernsehen und cineastischen Thematisierungen, sollte man meinen, dass die Erinnerung an die 6 Millionen ermordeten Juden, Sinti und Roma, Homosexuellen, Kommunisten und Widerständler sowie anderer Opfergruppen nie zuvor so lebendig war.
Das wachsende Interesse an diesem Thema kann im Wesentlichen auf drei Gründe zurückgeführt werden. Zum einen erleben wir durch die Innovationen der elektronischen Medien externer Speicherung und damit des künstlichen Gedächtnisses eine kulturelle Revolution, die in ihrer Auswirkung mit der Erfindung der Schrift und des Buchdrucks vergleichbar ist.2 Zum anderen lässt die moderne Gesellschaft komplementär dazu die eigene kulturelle Tradition nur
noch als Gegenstand der Erinnerung und als kommentierende Aufarbeitung in den Blick treten. Viel persönlicher und existentieller betrifft uns aber das Sterben der letzten Zeitzeugen der schwersten Verbrechen der Menschheitsgeschichte. Darin liegt vielleicht das entscheidende Motiv für das Interesse. Assmann schreibt dazu:
„40 Jahre markieren eine Epochenschwelle in der kollektiven Erinnerung: wenn die lebendige Erinnerung vom Untergang bedroht und die Formen kultureller Erinnerung zum Problem werden. Auch wenn die Debatte um Geschichte und Gedächtnis, Memoria und Mnemotechnik teilweise höchst abstrakte und gelehrte Formen annimmt, scheint mir doch dies der existentielle Kern des Diskurses zu sein.“3
Dem kulturwissenschaftlichen Vokabulars Assmanns folgend besteht die besondere Situation unserer heutigen Zeit darin, wie das kommunikative Gedächtnis der Zeitzeugen Eingang in das kulturelle Gedächtnis der Nachgeborenen findet. Dass diese Frage mit viel Emotionalität und Brisanz geführt wird, zeigen die jüngsten Diskussionen über die Bedeutung des Holocaust. Als Beginn dieser Diskussionen können sicherlich der unglückliche Besuch Helmut Kohls und Ronald Reagans auf dem Soldatenfriedhof in Bitburg (1985) und insbesondere der Historikerstreit (1986/87) genannt werden. Die Frage nach der Singularität des Holocaust ist letztlich die Frage nach der Bedeutung der Shoa für die kommenden Generationen. Die Friedenspreisrede von [...]
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG
KAPITEL I: DIE ZWEITE GESCHICHTE DES NATIONAL- SOZIALISMUS
2 Ein Rckblick auf die Geschichte der Vergangenheits- bewltigung in Deutschland
2.1 Die Instrumentalisierung der Erinnerung im innerdeutschen Systemkonflikt
2.1.1 Politik mit der Erinnerung in der DDR
2.1.2 Politik mit der Erinnerung in der alten Bundesrepublik nach
2.2 Erinnerung zwischen Beschweigen, juristischer Aufarbeitung und moralischer Distanzierung
2.3 Erinnerung zwischen Historisierung und Singularitt
2.4 Resmee
KAPITEL II: GRUNDLAGEN DER INDIVIDUELLEN UND KULTURELLEN ERINNERUNG
3 Psychologische Aspekte der Erinnerung
3.1 Die Kodierung eines Ereignisses
3.2 Der Abruf von Erinnerungen
3.3 Erinnerungen konstruieren
3.4 Zeit und Autobiographie
3.4.1 Das Vergessen eine adaptive Eigenschaft des Gedchtnisses
3.4.2 Die Konsolidierung von Erinnerungen
3.5 Die Erinnerung einer Lebensgeschichte
3.6 Emotionale Erinnerungen
3.7 Zusammenfassung der wesentlichen Merkmale des individuellen Gedchtnisses
4 Kulturelle Aspekte der Erinnerung
4.1 Individuelles und kollektives Gedchtnis
4.2 Die Auendimensionen des menschlichen Gedchtnisses
4.2.1 Das kommunikative Gedchtnis
4.2.2 Das kulturelle Gedchtnis
4.3 Der bergang vom kommunikativen zum kulturellen Gedchtnis
4.4 Medien des Gedchtnisses Sprache, Schrift, Bild
4.5 Zusammenfassung der wesentlichen Merkmale des kollektiven Gedchtnisses
4.6 Charakteristika moderner Erinnerungskulturen
4.6.1 Skularisierung, technische Modernisierung und Politisierung der Erinnerungskultur
4.6.2 Demokratisierung und Materialisierung der Erinnerung
4.6.3 Globalisierung der Erinnerung
KAPITELIII: ERINNERUNG NACHAUSCHWITZ
5 Erinnern einer Wunde Erinnerung der berlebenden nach Auschwitz
5.1 Die Perspektive der berlebenden
5.2 Die Scham der berlebenden
5.2.1 Die Scham der Erinnerung
5.2.2 Die Scham, berlebt zu haben
5.2.3 Die Scham der Welt
5.3 Die Singularitt der Katastrophe
5.4 Moralische Erinnerung
5.5 Resmee
6 Formen der Reprsentation von Erinnerung nach Auschwitz
6.1 Gedenksttten, Denkmler und Museen Die Perspektive der Erinnerung
6.1.1 Die ersten Museen ein Beweis der vollbrachten Vernichtung .
6.1.2 Die Museen der berlebenden das Beweisen des Verbrechens
6.1.3 Die Nachkommen der berlebenden dem Schweigen eine Stimme geben
6.1.4 Yad Vashem und die Erinnerungskultur im Staat Israel
6.1.5 Dachau - Eine Gedenksttte der Tter
6.1.6 Vershnliche Erinnerung
6.2 Postmoderne sthetik des Holocaust
6.2.1 Vergangenheit aus zweiter Hand
6.2.2 Anti-erlserische Erinnerung
6.2.3 Anti-erlserische Erinnerung in Deutschland
6.3 Wie der Leere eine Form geben? - Das neue Jdische Museum in Berlin
6.3.1 Eine Verortung
6.3.1.1 Das Jdische Museum und das Berlin Museum
6.3.1.2 Erweiterung des Berlin Museums mit Abteilung Jdisches Museum
6.3.2 Between the Lines - Der Entwurf von Daniel Libeskind
6.3.2.1 Die vierdimensionale geistige Struktur des Gebudes
6.3.2.2 Zwischen den Linien
6.3.2.3 Void
6.3.2.4 Die unterirdische Verbindung zwischen dem Berlin Museum und dem Erweiterungsbau Jdisches Museum
6.3.3 Architektonische Skulptur versus Ausstellung
6.3.4 Resmee
6.4 Irritationen
7 Perspektiven: Verstehen Erinnern Schweigen
8 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Ist das ein Mensch?
Ihr, die ihr gesichert lebet In behaglicher Wohnung;
Ihr, die ihr abends beim Heimkehren Warme Speise findet und vertraute Gesichter: Denket, ob dies ein Mann sei, Der schuftet im Schlamm, Der Frieden nicht kennt, Der kmpft um ein halbes Brot, Der stirbt auf ein Ja oder Nein. Denket, ob dies eine Frau sei, Die kein Haar mehr hat und keinen Namen, Die zum Erinnern keine Kraft mehr hat, Leer die Augen und kalt ihr Scho Wie im Winter die Krte. Denket, da solches gewesen.
Es sollen sein diese Worte in eurem Herzen. Ihr sollt ber sie sinnen, wenn ihr sitzet In einem Hause, wenn ihr geht auf euren Wegen, Wenn ihr euch niederlegt und wenn ihr aufsteht; Ihr sollt sie einschrfen euren Kindern. Oder eure Wohnstatt soll zerbrechen, Krankheit soll euch niederringen, Eure Kinder sollen das Antlitz von euch wenden.1
ber 50 Jahre sind seit der Befreiung der Konzentrations- und Vernichtungslager der Nationalsozialisten vergangen. Betrachtet man die Anzahl der errichteten Gedenksttten und Mahnmale, die groe Flle an wissenschaftlichen und literarischen Publikationen so wie die unberschaubare Menge an dokumentarischen Beitrgen im Fernsehen und cineastischen Thematisierungen, sollte man meinen, dass die Erinnerung an die 6 Millionen ermordeten Juden, Sinti und Roma, Homosexuellen, Kommunisten und Widerstndler sowie anderer Opfergruppen nie zuvor so lebendig war.
Das wachsende Interesse an diesem Thema kann im Wesentlichen auf drei Grnde zurckgefhrt werden. Zum einen erleben wir durch die Innovationen der elektronischen Medien externer Speicherung und damit des knstlichen Gedchtnisses eine kulturelle Revolution, die in ihrer Auswirkung mit der Erfindung der Schrift und des Buchdrucks vergleichbar ist.2 Zum anderen lsst die moderne Gesellschaft komplementr dazu die eigene kulturelle Tradition nur
noch als Gegenstand der Erinnerung und als kommentierende Aufarbeitung in den Blick treten. Viel persnlicher und existentieller betrifft uns aber das Sterben der letzten Zeitzeugen der schwersten Verbrechen der Menschheitsgeschichte. Darin liegt vielleicht das entscheidende Motiv fr das Interesse. Assmann schreibt dazu:
40 Jahre markieren eine Epochenschwelle in der kollektiven Erinnerung: wenn die lebendige Erinnerung vom Untergang bedroht und die Formen kultureller Erinnerung zum Problem werden. Auch wenn die Debatte um Geschichte und Gedchtnis, Memoria und Mnemotechnik teilweise hchst abstrakte und gelehrte Formen annimmt, scheint mir doch dies der existentielle Kern des Diskurses zu sein.3
Dem kulturwissenschaftlichen Vokabulars Assmanns folgend besteht die besondere Situation unserer heutigen Zeit darin, wie das kommunikative Gedchtnis der Zeitzeugen Eingang in das kulturelle Gedchtnis der Nachgeborenen findet. Dass diese Frage mit viel Emotionalitt und Brisanz gefhrt wird, zeigen die jngsten Diskussionen ber die Bedeutung des Holocaust. Als Beginn dieser Diskussionen knnen sicherlich der unglckliche Besuch Helmut Kohls und Ronald Reagans auf dem Soldatenfriedhof in Bitburg (1985) und insbesondere der Historikerstreit (1986/87) genannt werden. Die Frage nach der Singularitt des Holocaust ist letztlich die Frage nach der Bedeutung der Shoa fr die kommenden Generationen. Die Friedenspreisrede von Martin Walser und die Debatte um das Berliner Holocaust-Mahnmal sind die bisher letzten Schlaglichter dieser Auseinandersetzungen, die Teil einer
zweiten Geschichte des Nationalsozialismus sind, die mit dem Ende des nazistischen Terror-Regimes am 8. Mai 1945 begonnen hat.
Es ist die bis heute andauernde, konfliktreiche Geschichte der Schuldbewltigung und Schuldverdrngung, des politischen Wandels, des trauernden Gedenkens, des ffentlichen Erinnerns und Vergessens, der historiographischen Deutung und Umdeutung, des Erfindens und Erzhlens.4
J. B. Metz ist ein Akteur dieser zweiten Geschichte. Er gehre, wie er bemerkt, zu jener Generation von Deutschen, die langsam lernte, sich als eine Generation
nach Auschwitz zu begreifen.5 Obwohl Metz bereits Ende der 60er Jahre die
Grundlagen seiner Politischen Theologie bzw. neuen Politischen Theologie formulierte, versah er seine eigene Theologie erst Ende der 70er Jahre mit dem
unmissverstndlichen Attribut Auschwitz.6 Metz beurteilt diesen Vorgang selbstkritisch:
Spt (zu spt?) bildete sich die neue politische Theologie ein Bewutsein davon, da sie
Theologie nach Auschwitz ist, da diese Katastrophe zur inneren Situation der christlichen Gottesrede gehrt.7
Auschwitz soll nicht theologisiert oder zu einem negativen Mythos8 stilisiert werden, sondern die Theologie unterbrechen. Angesichts von Auschwitz kann sich die Theologie, sie selbst als Rede von Gott ihre geschichtliche Unschuld nicht bewahren.9 Er pldiert daher fr ein Geschichtsbewusstsein, das gerade nicht den Katastrophen ausweiche, sondern eine Autoritt niemals aufkndige oder verchtlich mache: die Autoritt der Leidenden10. Zwar ist das Leiden in der Geschichte schon frh zum Mittelpunkt seiner Theologie11 geworden, doch findet seine Theologie und insbesondere die von ihm eingeforderte gefhrliche Erinnerung12 in Auschwitz ihren unmittelbaren historischen Kontext. Die Autoritt der Leidenden gilt daher wenn irgendwo, fr Auschwitz13. Da es
Herausfordernden ausgeshnt hat. Hier ist eine andere Gestalt der Erinnerung gemeint: jene gefhrliche Erinnerung, die unsere Gegenwart bedrngt und in Frage stellt, weil wir uns in ihr an unausgestandene Zukunft erinnern. Die Erinnerung an die Vergangenheit kann gefhrliche Einsichten aufkommen lassen und die etablierte Gesellschaft scheint die subversiven Inhalte des Gedchtnisses zu frchten. Das Erinnern ist eine Weise, sich von den gegebenen Tatsachen abzulsen, eine Weise der Vermittlung, die fr kurze Augenblicke die allgegenwrtige Macht der gegebenen Tatsachen durchbricht. Das Gedchtnis ruft vergangene Schrecken wie vergangene Hoffnung in die Erinnerung zurck. [Marcuse, H., Der eindimensionale Mensch, S.117] Solche Erinnerung durchbricht also den Zauberkreis des herrschenden Bewutseins. Sie reklamiert unausgestandene verdrngte Konflikte und unabgegoltene Hoffnungen. Sie hlt gegen die herrschenden Einsichten frher gemachte Erfahrungen hoch und entsichert damit die Selbstverstndlichkeit der Gegenwart. Metz, J. B., Politische Theologie in der Diskussion, in: ders., Zum Begriff der neuen Politischen Theologie 1967 1997, S.49f.
Angesichts von Auschwitz (...) keine Stimmenenthaltung, keine Verhltnislosigkeit [gibt]; sie wre, wo sie versucht wird, schon wieder geheime Komplizenschaft mit dem unbegriffenen Grauen14, muss das jdische Schicksal (...) moralisch erinnert werden15. Metz betont, dass Auschwitz unsere Anschauungskraft bersteige und sich daher einer historischen Anschauung immer wieder zu entziehen drohe.16 Aber wie kann Auschwitz im Gedchtnis behalten werden?
Das gelingt vermutlich nur einer Historiographie, die ihrerseits von einer anamnetischen Kultur gesttzt ist, einer anamnetischen Kultur, die auch um jenes Vergessen wei, da noch in jeder Vergegenstndlichung herrscht.17
Laut Metz fehlt Europa jedoch eine solche Kultur, weil jener Geist fehlt, der in Auschwitz endgltig ausgelscht werden sollte. Er meint den jdischen Geist und sieht in ihm den privilegierten Trger einer anamnetischen Kultur, die dazu befhigt, das unvorstellbare Grauen zu erinnern und erinnernd gegenwrtig zu halten.18 Metz bezieht sich dabei auf das biblische Eingedenken als gefhrliche Erinnerung. Eine Erinnerung, die sich gegen eine evolutionistische Vergangenheit wendet und die gegen eine Konstruktion von Geschichte revoltiert, in der das Blut der Opfer im Sinne des Werdens trocknet.19 Ein Geschichtsdenken, das die Geschichte als eine Kette von Leidensgeschichten sieht und gegen jede Art des Triumphes ber die Opfer protestiert.20
In einer Zeitdiagnose konstatiert Metz, dass wir im Zeitalter der kulturellen Amnesie21 leben und meint damit die Stillegung des Schmerzes der Erinnerung im kulturellen Gedchtnis der Menschen22. Die Forderung nach einer anamnetischen Kultur scheint daher keine Konjunktur zu erfahren. Zwar leben wir in einer Informationsgesellschaft, die immer mehr Wissen anhuft, doch liegt hier scheinbar auch ein Grund fr ihre Amnesie: das Speichern von
Informationen ist eben kein Erinnern; Speichern das heit Vergessen (H. M. Enzensberger)23.
Metz macht die christliche Theologie neben der zeitgenssischen Philosophie und den modernen Wissenschaften explizit fr die kulturelle Amnesie verantwortlich.24 Daher steht er dem Christentum als einem potentiellen Trger einer anamnetischen Kultur skeptisch gegenber. Gewiss habe das Christentum nicht nur ein Gedchtnis, sondern sei in seinem Kern ein Gedchtnis: die Erinnerung des Leidens, des Todes und der Auferweckung Jesu Christi.25 Auch habe das Christentum diese Gedchtnisverfassung durchaus kultisch bewahrt und entfaltet was besonders an der zentralen Mahnung der eucharistischen Liturgie zu sehen sei: Tut dies zu meinem Gedchtnis.26
Aber hat das Christentum diese Gedchtnisverfassung seines Kultes hinreichend kultiviert? Hat es sie geistig-kulturell ausgebildet und etwa gegen die abstrakte Vernunft der Moderne verteidigt? Die Antwort liegt auf der Hand. Offensichtlich kennt das gegenwrtige Christentum zwar eine kultische Anamnese, aber keine oder nur eine sehr schwach entwickelte anamnetische Kultur.27
Die Grnde dafr sieht Metz insbesondere in der Halbierung des Geistes des Christentums.28 Der christliche Glaube komme zwar aus den biblisch- israelitischen Traditionen, doch sein Geist fast ausschlielich aus dem Griechentum. Dadurch bleibt das Geist- und Denkangebot aus den biblischen Traditionen verstellt: das Bundesdenken als geschichtliches Eingedenken, die Zeit als Horizont des Seins und im Zusammenhang damit die anamnetische Grundverfassung des Geistes29. Die Betonung der Leidensgeschichte in der Metzschen Theologie korrespondiert mit diesem anamnetischen Geist. Die daraus folgende Auseinandersetzung mit den biblisch-jdischen Traditionen des Christentums verlangt insbesondere nach Auschwitz eine sensible kumene mit dem Judentum, die unter folgendem Grundsatz zu stehen hat:
Opfern bietet man keinen Dialog an. Zu einem Gesprch kann es nur kommen, wenn die Opfer selbst zu sprechen beginnen. Und dann ist es unsere Christenpflicht, zuzuhren, endlich einmal zuzuhren, dem, was Juden von sich selbst und ber sich selbst sagen.30
Die jdisch-christliche kumene ist nicht ein Aspekt unter vielen, sondern ein konstitutiver Bestandteil einer Theologie nach Auschwitz: Wir Christen kommen niemals mehr hinter Auschwitz zurck; ber Auschwitz hinaus aber kommen wir, genau besehen, nicht mehr allein, sondern nur noch mit den Opfern von Auschwitz.31
Nur wenn das Christentum das Denken als Eingedenken - das sich den Schmerz der Erinnerung nicht erspart - kultiviert und damit den biblischen Geist in die Theologie zurckholt, und dabei nicht unter philosemitischen Vorzeichen das Judentum wieder berbietet, kann das Christentum ein Trger einer anamnetischen Kultur werden.
Damit sind Suchbewegungen angesprochen, die den Hintergrund meiner Auseinandersetzung mit einer Erinnerung nach Auschwitz bestimmen. Jedoch verlasse ich zunchst den theologischen Untergrund, zumindest vordergrndig. Denn die Frage nach einer anamnetischen Kultur ist immer auch die Frage nach der Art und Weise der kulturellen Formung von Erinnerung. Metz sieht den Ursprung und den privilegierten Trger der anamnetischen Kultur im biblischen Denken und im Judentum. Doch wie ein solches Gedchtnis geformt und tradiert wird, hat er vernachlssigt. Dabei verdankt sich die jdische Erinnerungskultur
vor allem einer Didaktik des Erinnerns.32 Die Hebrische Bibel und das
Judentum beherbergen ein mannigfaltiges Angebot an Mnemotechniken: Schriften, Feste, Riten, Denkzeichen, Poesie und andere Formen, die alle Sinne des Menschen ansprechen. Sie bilden die Basis fr die Konstituierung und Tradierung des jdischen Gedchtnisses. Um eine Erinnerung aufrechtzuerhalten bedarf es der kulturellen Formung von Erinnerungen. Erst dadurch wird eine Integration der vergangenen Erfahrungen und Geschichten in das individuelle und kulturelle Gedchtnis gewhrleistet und damit eine erinnernde Vergegenwrtigung der Vergangenheit ermglicht. Die Transformierung der lebendigen Erinnerungen der berlebenden des Holocaust in das kulturelle Gedchtnis befindet sich in der gegenwrtigen Situation in einer ausschlaggebenden Phase.
Doch bevor innerhalb dieser Arbeit das kulturelle Gedchtnis charakterisiert wird, soll die Beschaffenheit von individuellen Erinnerungen beschrieben werden. Schlielich sind es eben diese Erinnerungen, die kulturell geformt werden. Wie und was wird erinnert? Welche Aufgabe besitzen die Erinnerungen fr die Persnlichkeit eines Individuums? Es wird deutlich werden, dass individuelle Erinnerungen einerseits sehr anfllig fr Verzerrungen sind andererseits eine enorme Bedeutung fr die Persnlichkeit eines Individuums besitzen. Die Selektivitt und Konstruktivitt von individuellen Erinnerungen unterstreichen die Besonderheit einer jeden Erinnerung. Erinnerungen sind grundstzlich perspektivisch. Jedes Ereignis besitzt daher so viele Erinnerungsmuster wie es Teilnehmer gibt.
Da das kulturelle Gedchtnis nach Kohrenz verlangt, ist die kulturelle Erinnerung eine hchst selektive Erinnerung eines historischen Ereignisses, das die Vielstimmigkeit der Erinnerungen ignoriert bzw. die wesentliche Bedeutung eines Ereignisses fr eine Gruppe herausfiltert. Was Bedeutung besitzt, wird von der jeweiligen Zeit bestimmt. Da die Gegenwart Ergebnis der Vergangenheit ist, ist ein trivialer Satz. Weniger trivial ist seine Umkehr: Jede Vergangenheit
ist auch Ergebnis der Gegenwart.33 Daher wird im kulturellen Gedchtnis nicht
die Vergangenheit als solche, sondern vielmehr ihre Bedeutung fr die Gegenwart erkennbar.
In ihrer kulturellen berlieferung wird eine Gesellschaft sichtbar: fr sich und fr andere. Welche Vergangenheit sie darin sichtbar werden und in der Wertperspektive ihrer identifikatorischen Aneignung hervortreten lsst, sagt etwas ber das, was sie ist und worauf sie hinaus will.34
Doch was bedeutet dies fr eine Erinnerung nach Auschwitz? Sie sieht sich mit der Erfahrung eines Verbrechens konfrontiert, welches jenseits jeglicher Vorstellungskraft liegt. Die Vergangenheit als solche kann niemals in Erinnerungen transportiert werden, doch verschrft sich dieses Problem enorm, wenn das zu erinnernde Ereignis mit Worten nicht beschrieben werden kann und sich dem Versuch des Verstehens widersetzt. Wie sollen diese Erinnerungen Teil des kulturellen Gedchtnisses werden, wenn dieses nach einer erzhlbaren Geschichte und nach Kohrenz verlangt? Viele berlebende wurden von den
qulenden Erinnerungen in den Tod getrieben. Die Erinnerungen waren nicht identittsstabilisierend, was eine wichtige Funktion von individuellen wie auch kulturellen Erinnerungen ist, sondern identittszerstrend. Die Erinnerungen der berlebenden transportieren keinen Sinn, der durch einen nachtrglichen Sieg gegen den Faschismus, Kapitalismus oder einer gerechtere Welt hergestellt werden knnte. Sie erzhlen von Tod und Vernichtung.
Nachdem im zweiten Kapitel das individuelle und das kulturelle Gedchtnis beschrieben und die dort gewonnen Erkenntnisse in Kapitel drei mit den Erinnerungen der berlebenden konfrontiert werden, sollen Formen der Reprsentation von Vergangenheit nach Auschwitz analysiert werden. Wie die Beschftigung mit dem kulturellen Gedchtnis ergeben wird, basiert das kulturelle Gedchtnis auf kulturell geformten Erinnerungen, wie z.B. Bchern, Ritualen, Gedenksttten und Museen. Dass eine anamnetische Kultur auf die kulturelle Formung von Erinnerung angewiesen ist, hat Metz erkannt und auf potentielle Trger einer solchen Kultur verwiesen: z.B. auf die traditionellen Geisteswissenschaften (insbesondere die Historiographie), die Literatur, die
bildende Kunst und die politische Arbeit.35 Jedoch habe ihm der Mangel an
Kompetenz36 verboten, sich mit diesen Formen auseinanderzusetzen. Dieses
Versumnis soll und kann in dieser Arbeit nicht nachgeholt werden. Doch soll ein erster Schritt unternommen werden. Ausgehend von der zentralen Aporie einer Erinnerung nach Auschwitz, die aus der Unmglichkeit einer Erinnerung und der gleichzeitigen Verpflichtung zur Erinnerung erwchst, werden verschiedene Orte der Erinnerungen untersucht.37 Dabei treten zwei gegenstzliche Modelle in den Blick. Eines versucht, durch Gedenksttten oder Museen die Gegenwart mit der Vergangenheit auf irgendeine Weise zu vershnen. Sie bieten hufig eindeutige und klare Deutungsmuster fr den Holocaust. Das andere Modell stellt die Aporie einer Erinnerung nach Auschwitz ins Zentrum ihrer Formgebung und widersetzt sich eindeutiger
von ihnen selbst. Denn die wahren Zeugen des barbarischen Massenmordes sind die Untergegangenen, die Vernichteten. Ihre Perspektive wird in einer Erinnerung nach Auschwitz immer fehlen. Andererseits wird aber die Verpflichtung zur Erinnerung von vielen berlebenden hervorgehoben, gerade wegen der Vernichteten.
Erklrungsangebote. Es ist eine Form postmoderner sthetik, die das Publikum in eine Erinnerungsarbeit hineinzuziehen versucht und ihm die eigenstndige Interpretation des zu erinnernden Ereignisses nicht abnimmt. Am Beispiel des neuen Jdischen Museums in Berlin knnen einige Grundzge dieser postmodernen sthetik illustriert werden.
Zu Anfang der Arbeit sollen politische, gesellschaftliche und wissenschaftliche Debatten erlutert werden, die den Diskurs ber eine Erinnerung nach Auschwitz in Deutschland geprgt und beeinflusst haben.
KAPITEL I: D IE ZWEITE G ESCHICHTE DES N ATIONAL - SOZIALISMUS
2 Ein Rckblick auf die Geschichte der Vergangenheits- bewltigung in Deutschland
Blickt man auf die Geschichte der sogenannten Vergangenheitsbewltigung in Deutschland zurck, ergibt sich ein hchst diffiziles und kontroverses Bild. Dies gilt nicht nur fr die politischen und ffentlichen Debatten ber den Umgang und die Folgen der NS-Verbrechen, sondern auch fr die historische Analyse dieser Prozesse. So bemerkt Peter Reichel: 38
Mehrere grundlegende Studien der letzten Jahre haben berzeugend nachgewiesen, da bereits die fnfziger Jahre im Umgang mit der NS-Vergangenheit sehr viel widersprchlicher, ereignis- und ergebnisreicher waren als uns ein populres Geschichtsbild und prominente Autoren glauben machen wollten -, ob sie nun, wie Hermann Lbbe, das Beschweigen der Vergangenheit positiv und als funktional notwendig fr den bergang von der Hitler-Diktatur zur Nachkriegsdemokratie bewerten, oder, wie Ralph Giordano und zuvor schon die Mitscherlichs, als Fehlverhalten verurteilen.39
Die folgende exemplarische Illustration des politischen, gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Umgangs mit der NS-Vergangenheit soll verdeutlichen, dass der Diskurs ber die Art und Weise der Erinnerung nicht in einem rein erinnerungstheoretischen oder moralphilosophischen Rahmen gefhrt wurde und wird, sondern dass im Diskurs immer auch bestimmte Interessen vertreten werden, die dementsprechend fr eine bestimmte Erinnerungs- bzw. Vergessenspolitik pldieren. Was hat das mit einer theologischen Reflexion ber die Erinnerung nach Auschwitz zu tun? Da sich auch die Theologie im gesellschaftlichen Rahmen bewegt und von dieser geprgt wird bzw. Einfluss auf diese ausbt, ist eine Vergewisserung ber den ffentlichen Erinnerungsdiskurs unerlsslich, um einen zeitgemen aber auch spezifisch theologischen Beitrag zu liefern.
Die Darstellung der Vergangenheitsbewltigung in Deutschland nach 1945 konzentriert sich im Wesentlichen auf Westdeutschland. Da diese aber nicht unabhngig von der ostdeutschen zu verstehen ist, wird diese im Kontext des Systemkonflikts angesprochen.
2.1 Die Instrumentalisierung der Erinnerung im innerdeutschen Systemkonflikt
2.1.1 Politik mit der Erinnerung in der DDR
Dass Erinnerung immer auch Politik mit der Erinnerung40 41 einschliet, wird in der Auseinandersetzung der ehemals beiden deutschen Staaten deutlich. Nach Lepsius konnte die DDR den Nationalsozialismus als Faschismus universalisieren und angesichts ihres antifaschistischen Grndungsmythos fr sich beanspruchen, einen grundlegenden Bruch mit der Vergangenheit vollzogen zu haben.42 Der SED-Staat sah sich daher nicht als ein Nachfolgestaat des Deutschen Reiches, sondern als neues und antifaschistisches Deutschland, dass siegreich aus dem Kampf gegen den Faschismus hervorgegangen war.43 Der Systemwechsel vom Kapitalismus zum Staatssozialismus beseitigte innerhalb dieser berlegungen auch jene sozialkonomischen Verhltnisse, die damals nicht nur unter Kommunisten als entscheidende Voraussetzung fr den Aufstieg der NS-Bewegung und die Errichtung des NS-Staates angesehen wurden.44 Die 1918/20 gescheiterte sozialistische Revolution konnte damit nachgeholt und schlielich als zentrales historisches Bezugsereignis fr die DDR herangezogen
Gesellschaft, S.247-264. Der Soziologe Lepsius hat im Verhalten sterreichs, der frheren DDR und der alten Bundesrepublik gegenber dem Erbe des Nationalsozialismus drei Varianten unterschieden und gezeigt, dass die Strategien oder Erbstile fr die nachtotalitren politischen Kulturen in diesen Staaten konstitutiv gewesen sind.
werden. Nach Abschluss des sozialistischen Aufbaus des Staates erklrte die DDR im Artikel 6 ihrer Verfassung von 1968 bndig, dass sie auf ihrem Gebiet den deutschen Militarismus und Nazismus ausgerottet habe45. Neben der strukturellen Absage an den Nationalsozialismus reklamierte die DDR auch eine personelle, da sich in den Fhrungsgruppen des SED-Staates nicht wenige Kommunisten befanden, die bereits vor 1933 und danach im Exil oder im Untergrund gegen die Nationalsozialisten gekmpft oder unter ihrer Herrschaft im Gefngnis bzw. Konzentrationslager berlebt hatten.46 Der auf diesen Fundamenten erneuerte deutsche Staat konnte sich in zweifacher Weise von der faschistischen Erblast befreien.
Zum einen, indem er sie auf die strukturell und personell restaurative Bundesrepublik abwlzte. Zum anderen durch die Verknpfung von brgerlich-kapitalistischer Gesellschaft und imperialistischem bzw. faschistischem Staat in der kommunistischen Faschismustheorie.47
Dementsprechend konzentrierte sich die Erinnerung nach Auschwitz auf den kommunistischen Widerstand. So wurde z.B. in Buchenwald insbesondere den antifaschistischen Opfern und den kommunistischen Widerstandskmpfern gedacht.48 Andere Opfergruppen wurden in der zentralen Gedenksttte der DDR marginalisiert oder blieben unerwhnt, zumal aus der Sicht der Kommunisten (...) der faschistische Antisemitismus in seiner politischen Bedeutung dem Antikommunismus nachgeordnet49 war. Das Erinnern an die Massenvernichtungen durch die Nationalsozialisten diente daher weniger einer Erinnerung an die Opfer als viel mehr einer Legitimation der DDR und ihrer Gesellschaftsform.
2.1.2 Politik mit der Erinnerung in der alten Bundesrepublik nach 1945
In der alten Bundesrepublik stellte sich die Ausgangslage anders dar. Von Anfang an bekannte sie sich zum Grundsatz der Rechtsnachfolge und musste auf Druck der West-Alliierten die Erbschaft des Nationalsozialismus antreten, d.h., um es mit Lepsius zu sagen, die Bundesrepublik war von Anfang an gezwungen die NS-Erblast zu internalisieren. So vollzog sich die Entwicklung der Bundesrepublik (...) mit, bisweilen gegen, aber nie ohne einen kategorischen
Erinnerungsimperativ50. Das ideologisch verengte Geschichtsbild des SED- Regimes betrachtete die Machtbernahme durch die faschistische Hitler- Regierung gem der Dimitroff-Formel aus den dreiiger Jahren als das Produkt der am meisten chauvinistischen, imperialistischen und aggressiven Teile des deutschen Finanzkapitals51. Demgegenber machten die Verfasser des bundesrepublikanischen Grundgesetzes vor allem die Strukturschwchen und die Selbstzerstrung der Weimarer Republik fr den Aufstieg der NSDAP und die Machtbertragung auf Hitler verantwortlich.52 Daher sollte Bonn nicht Weimar werden, aber dennoch an die demokratischen Verfassungen von 1848 und 1919 anschlieen. Diese Konstellation brachte die Bundesrepublik von Anfang an in ein zwiespltiges und insofern auch stets zweideutiges Verhltnis zur NS- Vergangenheit:53 einerseits verstand sich die Bundesrepublik als Nachfolger des Deutschen Reiches und andererseits beanspruchte sie, eine Neuschaffung der Nachkriegszeit zu sein. Aus diesem politischen Selbstverstndnis ergab sich eine schwierige Doppelrolle, die sowohl den internationalen Alleinvertretungsanspruch fr sich proklamierte und die Wiedervereinigung in der Grundgesetzprambel zum Verfassungsgebot erhob, als auch die Verpflichtung zur Tilgung der anfangs nicht absehbaren politisch-moralischen Schuld und materiellen Schuldenlast beinhaltete. In der westdeutschen Gesellschaft war durchaus, wenn auch hufig widerstrebend, ein Wille sichtbar sich der Vergangenheit und den nachwirkenden Belastungen zu stellen. Dieser Wille war jedoch sehr sensibel ausgebildet und konnte durch uere Umstnde schnell annulliert werden. Sowohl die offensichtlich zu Tage tretenden Mngel
und Ungerechtigkeiten in den Verfahren der Entnazifizierung und der Nrnberger Prozesse als auch die nachdrcklich eingeforderten Rckerstattungen und Wiedergutmachungen wurden vielfach als neues Unrecht in der deutschen Bevlkerung empfunden und untergruben die Bereitschaft zur Vergangenheitsaufarbeitung.
Hinzu kam, dass der mit der Absage an den Nationalsozialismus eingeleitete und im amerikanischen Reeducation-Programm positiv als Demokratisierung der gesellschaftlichen
Lebensweise konzipierte Wandel zu einer posttotalitren Gesellschaft durch den Ost-West- Konflikt gleichsam gebremst wurde.54
Der Antikommunismus der Zwischenkriegsjahre wurde wieder salonfhig und die Westdeutschen konnten behaupten, zumindest in dieser Hinsicht seit langem auf der richtigen westlichen Seite gestanden zu haben. Die Abkehr vom Nationalsozialismus wurde mit Hilfe der populren Totalitarismustheorie an die Ablehnung des stalinistischen Kommunismus geknpft. Dadurch ergab sich ein zweifacher Vorteil fr die westdeutsche Nachkriegsgesellschaft: erstens wurden sie teilweise von einer Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit entlastet; zweitens hatten sie mit der Totalitarismusthese, die die braune und die rote Diktatur identifizierte, einen Gegenentwurf zur kommunistischen Faschismustheorie. So wie in der DDR insbesondere dem antifaschistischen Widerstand gedacht wurde, hob man in der Bundesrepublik den brgerlichen hervor und verdrngte die kommunistischen Widerstandskmpfer. Zieht man ein vorlufiges Fazit, so ist die deutsche Erinnerungskultur ohne die politische Instrumentalisierung der NS-Geschichte durch den innerdeutschen Systemkonflikt nicht zu verstehen, bzw. dieser steht bei vielen Aktionen und Diskussionen im Hintergrund.
2.2 Erinnerung zwischen Beschweigen, juristischer Aufarbeitung und moralischer Distanzierung
Die politische Abkehr vom nationalsozialistischen Unrechtsregime und die soziale Integration seines mehr oder weniger kompromittierten Personals vollzog sich im Rahmen stabiler politischer und schnell prosperierender wirtschaftlicher Verhltnisse.55
Innerhalb dieser gesamtgesellschaftlichen Situation kam es zwar immer wieder zu Auseinandersetzungen ber die NS-Vergangenheit, z.B. die Diskussionen um die Wiedergutmachung oder die Wiederbewaffnung, doch etablierte sich ein stark gegenwartsorientiertes Bewusstsein, welches an Wiederaufbau und Wirtschaftswachstum dachte. Schlielich verblassten die Schreckensbilder der Vergangenheit und die Konturen der anfangs dmonisierten Hitler-Diktatur lsten sich auf. Dieses fast schon harmonische Bild bestimmte die erste Phase der Erinnerung nach Auschwitz. Hufig wird diese Zeit mit Verdrngung oder gar Verleugnung gleichgesetzt. Doch lag die Strategie viel mehr in der Nicht-
Thematisierung bzw. im kollektiven Beschweigen der nationalsozialistischen Verbrechen.56 Dadurch wurde beispielsweise die Integration der belasteten Eliten in die neue Bundesrepublik erleichtert.
Im bergang von den fnfziger zu den sechziger wurde diese Taktik empfindlich gestrt. Es wurde offenkundig, dass die Mehrzahl der Tter und Massenmordgehilfen, aber auch ein Groteil der durch den Nationalsozialismus belasteten Eliten in der Politik, der Wirtschaft, Wissenschaft, Medizin und Justiz nicht nur straflos davongekommen waren, sondern ihre brgerliche Reputation zurckgewonnen hatten. Insbesondere die groen Strafprozesse (Eichmann 1961/62, Auschwitz 1963-65) und die Verjhrungsdebatten des Bundestages fhrten der jngeren Nachkriegsgeneration am Vorabend der Studentenproteste das ganze Ausma der Gewaltverbrechen und die persnlichen Verstrickungen ihrer Vter und Mtter drastisch vor Augen. Es entstand ein Generationenkonflikt zwischen den Akteuren des Nationalsozialismus und
ihren Kindern57.
Anfangs stand die strafrechtliche Verfolgung im Vordergrund und prgte das ffentliche Bild des Nationalsozialismus. Dadurch wurde zwar eine begriffliche Erfassung des Nationalsozialismus ermglicht, doch wurde das Hitler-Regime berwiegend durch eine juristische Perspektive wahrgenommen, und das Tter- Bild auf seine offenkundigen verbrecherischen Elemente reduziert. Der Eichmann-Prozess prsentierte und verfolgte dann erstmals paradigmatisch den Schreibtischtter und fhrte erstmals zu einer Debatte ber eine neue Tterdefinition. Die in Deutschland strker beachteten Auschwitz-Prozesse stellten
ausfhrlich und mit allen grausamen Details die Vernichtungspraxis in den Lagern und den Typus des brutalen KZ-Wrters dar und trugen wesentlich dazu bei, Auschwitz als Symbol fr die nationalsozialistischen Verbrechen zu verankern58.
Theorie, Methode, S.357-378. Hettling unterteilt drei Gruppen. Erstens: Die Akteure, das sind Erwachsene, die im Nationalsozialismus lebten und selbstverantwortlich Entscheidungen fllen konnten. Die zweite Gruppe sind die Kinder der Akteure, in deren Sozialisation und Identifikation die biographischen Brche der Akteure eingebunden waren. Die letzte Gruppe wird durch die Enkel symbolisiert, deren Identifikationsmuster nur indirekt von den biographischen Brchen der Akteure beeinflusst sind.
Die Prozesse leiteten die zweite Phase der Erinnerung ein. Sie erstreckte sich ungefhr ber die sechziger und siebziger Jahre. Der moralische Vorwurf an die lteren wurde hierbei zu einer zentralen Triebkraft, neue Fragen zu stellen und sich von den lteren und ihrer Geschichte zu distanzieren.59 Dass dieser Vorgang hchst explosiv war, zeigte die Studentenrevolte.
2.3 Erinnerung zwischen Historisierung und Singularitt
Mitte der 80er Jahre ist durch den wachsenden Abstand zum Holocaust und den Generationenwechsel die dritte Phase der Erinnerung nach Auschwitz angebrochen. Sie konzentriert sich verstrkt auf die kognitive Auseinandersetzung mit Auschwitz. Dementsprechend charakterisiert Hettling die momentane Phase mit dem Prdikat verstehen60. Des weiteren scheint eine
intergenerationelle Vermittlung61 stattzufinden, die den Holocaust als
Bestandteil der deutschen Identitt begreift (Wir sind die Tter) bzw. die Bedeutung fr das kollektive Gedchtnis diskutiert. Zwei zentrale historische Ereignisse haben diesen Prozess entscheidend beeinflusst.
Erstens: Mit der Wiedervereinigung 1990 zerfiel die Nachkriegsordnung und damit wurde auch die Instrumentalisierung der Erinnerung gegen den jeweils anderen Staat obsolet, bzw. wurde offenbar wie begrenzt und problematisch die bis dahin gltigen Lehren aus der NS-Vergangenheit waren.62 Durch die Aufarbeitung der Verbrechen des SED-Regimes und dem Vergleich mit dem Hitler-Regime entstand phasenweise eine berdeckung der Erinnerung an die NS-Vergangenheit. Die Umstrukturierung gesamtdeutscher Gedenksttten exemplifiziert diese emotional gefhrte Debatte.63
Die Erinnerung an die eigenen Verbrechen wurde durch die Teilung Deutschlands erzwungen. Erinnerung und Strafe waren somit aneinander gebunden, so dass sich nach der Wiedervereinigung die Frage stellte: Was (...) passiert (...) wenn die eigentliche Strafe, nmlich die Teilung Deutschlands,
aufgehoben ist?64 Die kontrovers gefhrte Diskussion um die Konzeption und Errichtung eines zentralen Holocaust-Mahnmals in Berlin kann als Versuch betrachtet werden, die Bedeutung der Erinnerung an Auschwitz im wiedervereinigten Deutschland zu klren.
Zweitens: Durch das Ableben der Ttergeneration liegt die Relevanz der Vergangenheitsbewltigung der nationalsozialistischen Verbrechen nicht mehr in der strafrechtlichen Verfolgung von Personen oder in der moralischen Distanzierung von der Ttergeneration, sondern in der Bekrftigung von Wertvorstellungen65, d.h. in der Frage nach der Bedeutung und dem Stellenwert von Auschwitz. Dass die Diskussionen sehr widersprchlich gefhrt wurden, zeigen drei Debatten innerhalb der Geschichtswissenschaften.
Am bekanntesten ist sicherlich der Historikerstreit von 1986/ 87, in dem es im Wesentlichen um die Singularitt von Auschwitz ging. Der Vergleich von Stalinismus und Hitlerismus, Auschwitz und Archipel Gulag sowie dem alliierten und dem hitlerischen Vernichtungswillen sollte die Naziverbrechen als ein mit anderen Verbrechen des 20.Jahrhunderts vergleichbares Ereignis einstufen. Das Postulat der Singularitt wollte demgegenber Auschwitz als ein unvergleichliches Verbrechen der Menschheitsgeschichte hervorheben.
In dieser Argumentation wird betont, da sich die Singularitt (...) nicht moralisch (also das Verabscheuungswrdige herausstellend) herleitet, und auch nicht quantitativ (also durch die Anzahl der Opfer), sondern als wissenschaftliche Aussage (E. Jckel) die Neuartigkeit des Ereignisses ins Zentrum stellt: (...) der nationalsozialistische Mord an den Juden (war) deswegen einzigartig, weil noch nie zuvor ein Staat mit der Autoritt seines verantwortlichen Fhrers beschlossen und angekndigt hatte eine bestimmte Menschengruppe einschlielich der Alten, der Frauen, der Kinder und Suglinge mglichst restlos zu tten, und diese Gedanken mit allen nur denklichen staatlichen Machtmitteln in die Tat umsetzte [E. Jckel].66
Die Brisanz im Umgang mit Vergleich und Einzigartigkeit ergab sich besonders daraus, dass kognitive und moralische Kategorien miteinander verschmolzen und historische Wertungen und moralische Standpunkte in Konflikt gerieten.67
Bei der sogenannte Historisierungsdebatte, die noch vor dem Historikerstreik von Martin Broszat 1985 angestoen wurde und bis 1988 andauerte, ging es insbesondere um eine angemessene historisch Perspektive, d.h. ist Auschwitz in
die Kontinuitt deutscher Geschichte einzuordnen und damit zu normalisieren (Broszat), oder ist die Judenvernichtung innerhalb des Dritten Reiches hierarchisch bergeordnet (Friedlnder)? Broszat verstand Historisierung als Kritik mit dem Umgang des Dritten Reiches; sein Einwand richtete sich vor allem gegen eine pauschale Moralisierung der NS-Erfahrung in Sprache und Darstellung, gegen eine falsche Pdagogisierung einer Geschichtswissenschaft,
die sich von ihrem Gegenstand distanziert und gegen eine negative Zentralisierung des Dritten Reiches.68 Er pldierte demgegenber fr eine Alltagsgeschichte, Nahsicht, Verlebendigung und fr eine Rckgewinnung von Authentizitt und Verstndnis des Nationalsozialismus. Auschwitz sollte zwar negatives Zentralereignis bleiben, doch sollte der Weg dorthin als normal erforscht werden. Broszats Widerpart Saul Friedlnder indessen betonte das
Grenzereignis Auschwitz und kam so zu einer historischen Perspektive, in der die Judenvernichtung innerhalb des Dritten Reiches der Gesamtgeschichte hierarchisch bergeordnet war.
Wenn Broszat von Verstndnis spricht, zweifelt Friedlnder schon am Verstehen, wenn jener Erklrbarkeit einfordert, traut dieser gerade einmal dem Dokumentieren, wo dieser von Kontinuitt spricht, sieht jener nur radikalen Bruch.69
Auschwitz bte fr Friedlnder einen so tiefen Eindruck auf die menschliche Vorstellungskraft aus, dass die Erinnerung daran immer wieder eine neue Auseinandersetzung fordert, unabhngig, wie viel Zeit vergeht. Er sah die Grenzen der Historisierung insbesondere darin, dass zwischen den wissenschaftlichen Erklrungen, dem Wissen, und dem subjektiven Verstehen, dem Verhltnis zum Wissen, ein Zwischenraum entsteht, der nicht durch den grer werdenden zeitlichen Abstand abnimmt, sondern zuzunehmen scheint. Damit betonte Friedlnder, dass das Wissen um das, was in Auschwitz geschah, und das Verstehen dieser Verbrechen zwei unterschiedliche Dinge seien. Trotz dieses Dilemmas forderte er ein Durcharbeiten, das gegen die Grenzen der erforderlichen, aber immer berforderten Vorstellungskraft angeht.
Der Rationalittsstreit Anfang der 90er Jahre widmete sich schlielich den Grenzen historischen Verstehens, d.h. ist Auschwitz rational zu erklren. Oder basierte die Judenvernichtung auf irrationalen oder gegenrationalen Grnden? Im
Zentrum dieser Debatte standen zwei fundamentale Erklrungsmuster fr das, was Auschwitz mglich machte. Auf der einen Seite stand die These des Zivilisationsbruchs, d.h. der Holocaust beweise die Fragilitt der Zivilisation und knne als Degeneration des Fortschritts betrachtet werden. Die Abkehr von der Aufklrung und die Hinwendung zu Mythos und Aberglauben haben die Katastrophe Auschwitz heraufbeschworen. Auf der anderen Seite stand die These, Auschwitz sei die Kehrseite der Aufklrung, d.h. sei ein Teil des Fortschritts und sei als Ergebnis von Wissenschaft und Rationalitt, die sich vom Mythos abgewendet haben, zu begreifen.
Letzteres Erklrungsmuster trifft beispielsweise fr den Versuch von Gtz Aly und Susanne Heim zu, die Endlsung zu erklren. Sie machten weniger die Ideologie als vielmehr die steril-wissenschaftlichen Theorien fr die Judenvernichtung verantwortlich.70 Im Mittelpunkt standen dabei zwei Thesen: zum einen fhrten nicht Rassismus, Antisemitismus und die Ideologie zum Holocaust, sondern eine wissenschaftliche Rationalitt, die es auch vor und nach dem Nationalsozialismus in kaum vernderter Form gab und gibt.71 Zum anderen stand die Endlsung unter dem Vorzeichen einer vernnftigen Manahme,
d.h. sie war Mittel in einem Modell der Entwicklungspolitik und ergab sich aus Gesetzen der konomie.
Ein Zusammenhang zwischen Moderne und Auschwitz wurde auch in den Arbeiten von Zygmunt Bauman hergestellt. Allerdings wurde hier die Moderne nicht als Ursache und damit als erklrender Grund kritisiert, sondern als notwendige Bedingung. Die Moderne stellt die Mittel fr den Genozid bereit. Hier erscheint nicht ihre Fratze, sondern die Moderne in ihrer
Gleichgltigkeit.72 Baumans berlegungen futen auf der These, dass die
Denkbarkeit, die Mglichkeit des Holocaust selbst73 nicht verschwunden seien. Zwei Gesichtspunkte betonte er: erstens mussten die deutschen Wissenschaftler und andere Tter keine Antisemiten sein, sondern vielmehr ffnete die Objektivitt den Wissenschaftlern die Tr zur Barbarei. Die Personalitt von
Handlungen wurde zusammen mit der Verantwortung so gut wie ausgelscht. Daraus ergibt sich der zweite Punkt:
Der Reduzierung der Opfer auf eine Nummer ging die Reduktion des Individuums auf eine Ziffer auch auf der Tterseite voraus. Eine doppelte Entpersonalisierung also wird in dieser Hinsicht zum Signum des Verbrechens: Tat ohne Tter und Opfer ohne Namen.74
Durch die Mglichkeit einer Wiederholung des Holocaust entzeitlichte Bauman den Holocaust und nahm ihm seine Einzigartigkeit, auf die Dan Diner in seinen Analysen bestand. Diner orientierte sich an der These des Zivilisationsbruchs und stellte die Sinn- und Zwecklosigkeit ins Zentrum. Dabei ging er weniger auf die Tat und die Tter ein, sondern auf die Verstrickung der Opfer in die
Verbrechen. Die Assimilation der Opfer an die Tter stellte fr ihn das am wenigsten verstehbare Verbrechen der Nationalsozialisten dar.75 In den Vernichtungslagern entsprang das berleben keiner wie auch immer gearteten Rationalitt, sondern war reiner Zufall. Der berlebenswille der Opfer wurde zum Instrument der Nationalsozialisten. So stieg die Chance zu berleben nicht, sondern sank, wenn man den Verfolgern materielle Gier oder schrankenlose
Triebbefriedigung unterstellte und daraufhin mit ihnen zusammenarbeitete oder sie bestach.
Das Handeln der Nazis war deshalb gegenrational und nicht irrational, weil es ein auf berleben gerichtetes Verhalten der Juden dementierte, die im Sinne der eigenen Selbsterhaltung stndig darauf hin wirkten, traditionell Bses zu befriedigen.76
Diese Radikalitt des Opferseins fllt mit dem kognitiven Unvermgen zusammen, sich vor dem Hintergrund einer westlich-zweckorientierten Zivilisation eine zwecklose Vernichtung vorzustellen.77 Die Grenzen des Verstehens werden berhrt, d.h. die bis hin zur Selbstvernichtung getriebene Handlungsrationalitt der Vernichtungslager ist der eigentliche zivilisationszerstrende Kern von Auschwitz, und hier ist der Angelpunkt extremer Radikalitt, von der aus die Massenvernichtung zu denken wre78.
2.4 Resmee
Die ausgewhlten Beispiele politischer, gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Kontroversen versinnbildlichen die Schwierigkeit bzw. die Unmglichkeit, Auschwitz als eine einheitliche Geschichte zu erzhlen. Auschwitz bleibt auch in Zeiten stetig wachsender Wissensbestnde eine permanente Verunsicherung und damit eine theoretische Herausforderung. Die einzige Gewissheit, die bestehen bleibt, ist, dass der nachdrckliche Alleinanspruch auf eine wahrheitsgetreue
Erklrung des Holocaust angesichts seiner mannigfaltigen Darstellungen nicht lnger angebracht sein kann, was auch fr die Geschichtswissenschaft gilt.79 Andererseits kann dies nicht bedeuten, irgendwelche neuen Bedeutungen des Holocaust unhinterfragt stehen zu lassen. Vielmehr mssen die mglichen Konsequenzen bewusst gemacht werden, die sich durch die Politik mit der Erinnerung, durch die verschiedenen Formen des ffentlichen Gedenkens und durch die diversen wissenschaftlichen Interpretationen sowohl fr die Opfer
jener Zeit, als auch fr die berlebenden ergeben.
KAPITEL II: GRUNDLAGEN DER INDIVIDUELLEN UND KULTURELLEN ERINNERUNG
Die politischen, gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Versuche der
Vergangenheitsbewltigung legen die Brisanz und Ambivalenz einer Erinnerung nach Auschwitz dar. Das historische Ereignis ist der objektive Bezugspunkt fr alle Versuche, den Holocaust zu erinnern, zu erklren und zu deuten. Wendet man sich aber den Inhalten, Bewertungen und Assoziation zu, die der Erinnerung innewohnen, wird schnell deutlich, dass es unmglich erscheint, eine einheitliche und objektive Erinnerung zu konstatieren. Differenzen lassen sich dabei nicht nur zwischen den diversen Akteuren der Erinnerung feststellen, wie z.B. Opfer, Tter, Kinder der Opfer, Kinder der Tter, Deutsche, Israelis, Juden, Sinti und Roma, sondern auch innerhalb dieser hchst unterschiedlichen Gruppen.
Ist dieses Konglomerat an Erinnerungen auf ungenaue und fehlerhafte Erinnerungen zurckzufhren? Sind die Erinnerungen, die die meisten bereinstimmungen vorweisen knnten, die wahrhaftigeren? Sind die Erinnerungen der Opfer die objektiven, oder die der Tter? Oder sollten die wissenschaftlichen Objektivierungen der Historiker, Philosophen und Soziologen der Bezugspunkt der Erinnerung sein, weil die Erinnerungen der Beteiligten zu subjektiv und emotional aufgeladen sind? Um diese Fragen zu beleuchten, ist es notwendig zu klren, wie Erinnerung sich konstituiert und welche Bedeutung sie fr die Identitt eines Individuums oder einer Gruppe besitzt.
Es wird deutlich werden, dass die Differenzen der Wahrnehmungen und Beurteilungen nicht ausschlielich in der Brisanz des historischen Ereignisses Auschwitz zu suchen sind, sondern dem allgemeinen Charakter von Erinnerungsprozessen innewohnen. Erinnerungen sind keine Computerdateien, die ein Ereignis detailgetreu im Gedchtnis ablegen und bei Abruf ein unversehrtes Abbild der Vergangenheit produzieren. Bei Erinnerungen geht es weniger um Fakten als um Bedeutungen. Dies gilt sowohl fr die persnlichen Erinnerung eines Individuums als auch fr die Erinnerungen einer Gruppe, wie die Analysen von Jan Assmann verdeutlichen werden.
3 Psychologische Aspekte der Erinnerung
Die menschliche Erinnerung ist ein wunderbares, aber unzuverlssiges Instrument: Das ist eine abgedroschene Wahrheit, die nicht nur den Psychologen, sondern auch jedem bekannt ist, der sein Augenmerk auf das Verhalten seiner Umgebung oder auf sein eigenes gerichtet hat. Die schlummernden Erinnerungen sind nicht in Stein gemeielt; sie zeigen nicht nur die Neigung, sich mit den Jahren zu verflchtigen, oft verndern sie sich oder werden sogar umfangreicher, wobei sie fremdbestimmte Zge in sich aufnehmen. (...) Die geringe Zuverlssigkeit unseres Gedchtnisses wird erst dann zufriedenstellend erklrt sein, wenn wir wissen, in welcher Sprache, in welchem Alphabet es geschrieben ist, auf welches Material und mit welcher Feder: Auch heute ist das noch ein Ziel, von dem wir weit entfernt sind.80
Erinnern heit leben.81 Und obwohl die Kulturwissenschaftlerin Aleida Assmann die Unzuverlssigkeit der Erinnerung betont, stellt sie fest, dass es die Erinnerungsfhigkeit ist, die so fragwrdig sie auch sein mag Menschen erst zu Menschen macht82. Diese uerungen hinterlassen den Eindruck, dass der Erinnerung innerhalb der Wissenschaft und Literatur trotz ihrer Fragwrdigkeit eine groe Bedeutung beigemessen wird. Ist das berechtigt?
Der Psychologe Daniel Schacter versucht in seinem Buch mit dem bezeichnenden Titel Wir sind Erinnerung seine wissenschaftlichen Ausfhrungen mit Beispielen zu unterlegen.83 Unter anderem berichtet er von einem Mann, GR genannt, der durch einen Schlaganfall sein Gedchtnis verloren hat. GR besa keine bestimmten Erinnerungen mehr an seine Vergangenheit und war sich ber seine Identitt nicht mehr im klaren. Durch seine monatelange Amnesie verlor er sein Interesse an der Malerei, denn ich habe, wie er sagte,
kein Ich mehr, das ich zum Ausdruck bringen knnte84. Den grten Teil der
Zeit verbrachte er schlafend oder in einem Zustand teilnahmsloser Unttigkeit. Versuche ihm Fakten seiner Biographie zu vermitteln, die er wie Vokabeln auswendig lernen sollte, konnten ihm seine Identitt nicht zurckgeben. GR bezeichnete das erworbene Wissen abschtzig als wiedererlernt. Erst durch eine Operation, die ihn pltzlich an eine fast identische Situation aus seiner Vergangenheit erinnerte, konnte er sein ursprngliches Gedchtnis reaktivieren. Nach diesem berraschenden Ereignis berkam ihn frmlich eine Flutwelle von
Erinnerungen. Als GR seine Erinnerungen sortierte und in einen sinnvollen Zusammenhang brachte, begann er sich nach und nach wieder als das Ich zu fhlen, das er vor dem Schlaganfall gewesen war.
Dieses Beispiel illustriert zwei wesentliche Merkmale der Erinnerung. Erstens die Bedeutung der Erinnerung fr die Identitt eines Menschen und zweitens die Anflligkeit des Erinnerns. Darber hinaus verweist die Erzhlung auf den Zusammenhang von Erinnerung und Abrufreizen, d.h. bestimmte Dinge knnen tief verschttete Erinnerungen wieder aufleben lassen. Man denke dabei an die
petites madeleines bei Proust.85 Bevor jedoch eine Erinnerung wieder ins
Bewusstsein treten bzw. gerufen werden kann, muss sie im Gedchtnis angelegt werden. Aber wie speichert das Gehirn die Momentaufnahmen eines Ereignisses? Die Frage impliziert bereits, dass Erinnerungen eine Art Abbilder der Vergangenheit sind, so haben Kognitionsforscher das menschliche Gedchtnis mit einer Datenverarbeitungsmaschine verglichen. Aber fehlt dieser Beschreibung nicht eine wichtige Eigenschaft des menschlichen Gedchtnisses die subjektive Erfahrung?
3.1 Die Kodierung eines Ereignisses
Mit Hilfe eines Gedchtnisexperiments wollte die franzsische Knstlerin Sophie Calle herausfinden, welche Aspekte eines Bildes im Gedchtnis von Betrachtern haften bleiben. Sie bat eine reprsentative Stichprobe von Museumsmitarbeitern, ihre Erinnerungen an einige Bilder zu beschreiben, die von ihrem blichen Unterbringungsort im Museum of Modern Art entfernt worden waren. Fr jedes fehlende Bild schuf sie einen Gedchtnisgeist der die Erinnerungen der Museumsmitarbeiter an das betreffende Kunstwerk in genauem Wortlaut wiedergab. Am verblffendsten war die Vielfalt der Erinnerungen, die ihre Befragung ergab.86 Bei der genauen Analyse der Erinnerungen stellte sich heraus, dass anhand der Erinnerungen die jeweilige Berufsgruppe identifiziert werden konnte. Die Beschreibungen der Restauratoren bezogen sich im Wesentlichen auf die technischen Aspekte des Bildes, wie z.B. die Gre des Rahmens oder die Beschaffenheit der Bildoberflche, dagegen die
der Kunsthistoriker auf die thematischen Aspekte der Bilder. Diese Beobachtungen lassen darauf schlieen, dass unterschiedliche Menschen unterschiedliche Aspekte von Alltagswelten erinnern.
An welche Merkmale eines Bilds sich Menschen erinnern, hngt im wesentlichen davon ab, welche Gedanken sie sich darber machen oder wie sie es kodieren. Und welche Aspekte eines Bildes im einzelnen elaboriert werden, hngt wiederum von der Art des Wissens ab, das bereits im Langzeitgedchtnis verfgbar ist.87
Der Begriff der Kodierung umschreibt den Vorgang, der das, was jemand sieht, hrt, denkt oder fhlt, in eine Erinnerung umwandelt. Eine elaborierte Kodierung ist eine berdauernde Erinnerung, die es gestattet, neue Informationen in vorhandenes Wissen zu integrieren, d.h. was wir bereits wissen, determiniert, was wir auswhlen und kodieren.88 Dinge, die Bedeutung fr uns haben, lsen spontan Elaborationsprozesse aus, die die sptere Erinnerung erleichtern.
Was uns in der Vergangenheit zugestoen ist, entscheidet darber, was wir aus dem Strom der tglichen Ereignisse herausgreifen und behalten. Erinnerungen halten fest, wie wir Ereignisse erlebt haben, sie sind keine Kopien dieser Ereignisse. Erfahrungen sind in Gehirnnetzwerken kodiert, deren Verbindung bei frheren Auseinandersetzungen mit der Welt angelegt worden sind. Dieses bereits vorhandene Wissen beeinflusst entscheidend, wie wir neue Erinnerungen kodieren und speichern, und prgt damit die Natur, Textur und Qualitt dessen, an was wir uns spter erinnern.89
Erinnern basiert also immer auf einem Kodierungsprozess, der bestimmte Informationen eines Ereignisses speichert und andere vernachlssigt bzw. wegfallen lsst, demnach sind Erinnerungen von den subjektiven Erfahrungen eines Menschen nicht zu trennen. Die berdauernde Vernderung im Nervensystem, die eine Kodierung hinterlsst, bezeichnete man als Engramm. Engramme tragen wesentlich zu dem bei, was wir subjektiv als Erinnerung an etwas erleben, das uns widerfahren ist. Doch sie sind nicht die einzigen Quellen der subjektiven Erinnerungserfahrung:
3.2 Der Abruf von Erinnerungen
In unserem Gehirn befinden sich Tausende, vielleicht Millionen Engramme. Es stellt sich die Frage, wann diese aktiviert werden und uns in einer Erinnerung bewusst werden. Nach Daniel Schacter mssen nicht alle Reize eines Ereignisses
Wiederholungen geschaffen werden. Auf diese Art von Gedchtnis greifen wir meistens zurck, wenn wir fr einige Sekunden eine kleine Menge sprachlicher Informationen im Gedchtnis behalten wollen, z.B. eine Telefonnummer.
[...]
1 Levi, P., Ist das ein Mensch?, S.9.
2 Vgl. Assmann, J., Das kulturelle Gedchtnis, S.11.
3 Ebd., S.11.
4 Reichel, P., Vergangenheitsbewltigung in Deutschland, S.9.
5 Metz, J. B., Theodizee-empfindliche Gottesrede, in: ders. (Hrsg.), Landschaft aus Schreien Zur Dramatik der Theodizeefrage, S.81.
6 Vgl. Peters, T. R., Johann Baptist Metz. Theologie des vermiten Gottes., S.125. Metz verwendet wie Adorno den nchternen Ortsnamen Auschwitz, um die Katastrophe genau zu verorten (d.h. dieser Ortsname enthlt die Anweisung, Geschichte, Geographie u. Topographie der nationalsozialistischen Verbrechen mitzuerinnern); um die Singularitt der von Deutschen verursachten Verbrechen zu betonen; um in dieser Katastrophe smtlicher Katastrophen der Menschheit in ihrer Unvergleichbarkeit innezuwerden; um vor allem einer Theologisierung der Shoah von vornherein zu widerstehen. Daher benutzt Metz auch nur selten den von Elie Wiesel eingefhrten kultischen Begriff Holocaust (Ganzopfer). Vgl. Peters, T. R., Johann Baptist Metz, S.126.
7 Metz, J. B., Glaube in Geschichte und Gesellschaft. Studien zu einer praktischen Fundamentaltheologie, S.12.
8 Ebd., S.12.
9 Ebd., S.12.
10 Ders., kumene nach Auschwitz Zum Verhltnis von Christen und Juden in Deutschland, in: ders./ Kogon, E. (Hrsg.), Gott nach Auschwitz, S.122.
11 Peters, T. R., Johann Baptist Metz, S.72.
12 Metz unterscheidet den Begriff der gefhrlichen Erinnerung von einem Erinnerungsbegriff, der die Vergangenheit verklrt und besiegelt, in dem er sich mit allem Gefhrlichen und
13 Metz, J. B., kumene nach Auschwitz, S.122.
14 Ebd., S.124.
15 Ebd., S.122.
16 Ders., Fr eine anamnetische Kultur, in: Loewy, H. (Hrsg.), Holocaust: Die Grenzen des Verstehens. Eine Debatte ber die Besetzung der Geschichte, S.35f.
17 Ebd., S.36.
18 Vgl. ebd., S.36.
19 Vgl. Manemann, J., Weil es nicht nur Geschichte ist, S.222f.
20 Vgl. ebd., S.223.
21 Metz, J. B., Zwischen Erinnern und Vergessen: Die Shoah im Zeitalter der kulturellen Amnesie, in: ders., Zum Begriff der neuen Politischen Theologie 1967 1997, S.149.
22 Ebd., S.150.
23 Ebd., S.150.
24 Vgl. Metz, J. B., Zwischen Erinnern und Vergessen, S.151-153.
25 Vgl. ders., Fr eine anamnetische Kultur, S.39.
26 Vgl. ebd., S.39.
27 Ebd., S.39.
28 Vgl. Metz, J. B., Athen versus Jerusalem? Was das Christentum dem europischen Geist schuldig geblieben ist, in: Wermke, M. (Hrsg.), Die Gegenwart des Holocaust, S. 9-14.
29 Metz, J. B., Fr eine anamnetische Kultur, S.39.
30 Metz, J. B., kumene nach Auschwitz, S.126.
31 Ebd., S.124.
32 Vgl. Greve, A., Erinnern lernen, S.61-129.
33 Theissen, G., Tradition und Entscheidung, in: Assmann, J. (Hrsg.), Kultur und Gedchtnis, S.171.
34 Assmann, J.: Kollektives Gedchtnis und kulturelle Identitt, S.16.
35 Vgl. Metz J. B., Fr eine anamnetische Kultur, S.37f.
36 Ebd., S.37.
37 Viele berlebende betonen, dass Auschwitz letztlich nicht erinnert werden kann, nicht einmal
38 Ich benutze dieses ungenaue und missverstndliche Wort, weil es durch seine Popularitt und Umstrittenheit die Widersprchlichkeit der deutschen Erinnerungskultur nach Auschwitz symbolisiert. Allein an diesem Wort sind einige unterschiedliche Vorstellungen ber einen Umgang mit der NS-Vergangenheit festzumachen (z.B. Schlussstrichdebatte)
39 Reichel, P., Vergangenheitsbewltigung in Deutschland, S.10.
40 Um die politische Instrumentalisierung von Erinnerung zu illustrieren, beschrnkt sich die Darstellung bewusst auf die ideologischen Komponenten der Erinnerung nach Auschwitz in der DDR. Dass die antifaschistische Vergangenheitsverklrung und die damit verbundene Schuldabwehr in der DDR als bedrckend und ungerecht empfunden wurde, zeigt die am 12.April 1990 verabschiedete Resolution der ersten demokratisch gewhlte Volkskammer der DDR. Die bernahme einer historischen Schuld ging hier dem Prozess der Wiedervereinigung mit Whrungsunion (1.Juli 1990) und dem Verfassungsvertrag (3.Oktober 1990) voraus.
41 Reichel, P., Politik mit der Erinnerung.
42 Vgl. Lepsius, M. R., Das Erbe der Nationalsozialismus und die politische Kultur der Nachfolgestaaten des Grodeutschen Reiches, in: Haller, M. (Hrsg.)/ u.a., Kultur und
43 Dass einige fhrende Politiker der DDR unter ihrer Regimegegnerschaft und der Verfolgung des NS-Staates gelitten haben, ist unumstritten.
44 Vgl. Reichel, P., Politik mit der Erinnerung, S.35.
45 Reichel, P, Vergangenheitsbewltigung in Deutschland, S.15.
46 Vgl. ebd., S.35.
47 Ebd., S.36.
48 Vgl. Zimmer, H., Der Buchenwald-Konflikt, bes. S.36-40.
49 Reichel, P., Politik mit der Erinnerung, S.38.
50 Ebd., S.40.
51 Zitiert nach: Reichel, P., Vergangenheitsbewltigung in Deutschland, S.14.
52 Vgl. Ebd., S.17.
53 Vgl. ebd., S.17.
54 Ebd., S.18.
55 Ebd., S.19.
56 Rsen, J., Holocaust, Erinnerung, Identitt. Drei Formen generationeller Praktiken des Erinnerns, in: Welzer, H., Das soziale Gedchtnis, S.247f.
57 Siehe dazu Hettling, M., Die Historisierung der Erinnerung Westdeutsche Rezeption der nationalsozialistischen Vergangenheit, in: Zuckermann, M., Geschichte denken: Philosophie,
58 Hettling, M., Die Historisierung der Erinnerung, S.371.
59 Vgl. ebd., S.371f.
60 Ebd., S.376. Verstehen bedeutet in diesem Sinne das Bemhen der Enkel sich das vergangene Geschehen des Dritten Reiches verstndlich zu machen.
61 Rsen, J., Holocaust, Erinnerung, Identitt, S.254.
62 Vgl. Naumann, K., Zwischen Tabu und Skandal. Zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in der Bundesrepublik, S.44.
63 Vgl. Zimmer, H., Der Buchenwald-Konflikt.
64 Young, J. E., Formen des Erinnerns, S.55.
65 Hettling, M., Die Historisierung der Erinnerung , S.372.
66 Berg, N., Auschwitz und die Geschichtswissenschaft berlegungen zu Kontroversen der letzten Jahre, in: ders. (Hrsg.)/ u.a., Shoah. Formen der Erinnerung: Geschichte - Philosophie -Literatur - Kunst, S.37.
67 Vgl. ebd., S.38.
68 Vgl. ebd. S.39.
69 Ebd., S.40.
70 Vgl. Aly, G., Heim, S., Vordenker der Vernichtung. Auschwitz und die deutschen Plne fr eine europische Ordnung.
71 Vgl. Berg, N., Auschwitz und die Geschichtswissenschaft, S.44.
72 Vgl. ebd., S.47.
73 Bauman, Z., Dialektik der Ordnung, S.99.
74 Berg, N., Auschwitz und die Geschichtswissenschaft, S.46.
75 Vgl. ebd., S.48.
76 Ebd., S.49.
77 Vgl. ebd., S.49.
78 Diner, D., Zwischen Apologie und Aporie. ber die Grenzen der Historisierbarkeit des Nationalsozialismus, in: ders. (Hrsg.), Ist der Nationalsozialismus Geschichte? Zu Historikerstreit und Historisierung, S.72.
79 Vgl. Berg, N., Auschwitz und die, S.50.
80 Levi, P., Die Untergegangenen und die Geretteten, S.19.
81 Bellow, S., Bellarosa Connection, zitiert nach: Schacter, D. L., Wir sind Erinnerung, S.16.
82 Assmann, A., Wie wahr sind Erinnerungen, in: Welzer, H. (Hrsg.), Das soziale Gedchtnis, S.103.
83 Schacter, D., Wir sind Erinnerung. Im folgenden werde ich mich stark auf Schacter beziehen. Um sprachliche Differenzen mglichst zu vermeiden, werde ich wie Schacter hufig die erste
Peron Plural benutzen.
84 Schacter, D., Wir sind Erinnerung, S.63.
85 Vgl. Proust, M., In Swanns Welt. Auf der Suche nach der verlorenen Zeit, 63-67.
86 Schacter, D., Wir sind Erinnerung, S.72.
87 Ebd., S.89.
88 Es gibt auch eine oberflchliche Erinnerung, die durch phonologische Schleifen, also dauernde
89 Schacter, D., Wir sind Erinnerung, S.23.
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