Raumgestaltung und Farbkonzept. Farbgestaltung für ein Kinderzimmer


Hausarbeit, 2020

40 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Raum und Raumgestaltung

3 Farben und Farbsehen
3.1 Farbe im Raum
3.2 Farbe im Kinderzimmer

4 Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang
Farben und ihre Wirkungen

1 Einleitung

Als wir die Zimmer unserer Kinder streichen wollten, standen wir lange vor der Farbpalette im Baumarkt. Obwohl wir es bis zum Kindergartenalter geschafft hatten, unsere Kinder von den typischen Rollenklischees fernzuhalten, entschied sich unsere Tochter (7) zu unserem Erstaunen für Quietschrosa. Wenigstens gelang es uns, eine möglichst helle Variante herauszuhandeln. Unser Sohn (4) schwankte zwischen Gelb, Grün und Orange und konnte sich nicht entscheiden.

Diese Hausarbeit soll nun der Frage nachgehen, welche Farbe(n) für ein Kinderzimmer geeignet wäre(n) - unter Berücksichtigung des Raumes und unter der Voraussetzung, dass die Eltern dabei wirklich eine Wahl hätten. Hierzu wird im ersten Kapitel auf die grundlegenden Aspekte eines Raumkonzeptes eingegangen, da jeder Raum einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf die ihn benutzenden / bewohnenden Personen hat - ähnlich der Kleider, die Leute machen (vgl. Fischer 2009: 7). Anschließend wird das Thema Farbe im Allgemeinen behandelt, wie sie entsteht und „ins Auge gelangt“, sowie ein grober Abriss über herausragende Farbkonzepte. Hierbei handelt es sich um die Grundlage zum daran anschließenden Abschnitt, in welchem betrachtet wird, wie Farbe im Raum wirkt und wie sie den Menschen beeinflussen kann. Hier fließen viele Aspekte der Farbpsychologie und der Raumgestaltung mittels Farbe zusammen. Und im letzten Teil sollen die gewonnenen Erkenntnisse auf ein Kinderzimmer angewendet werden.

Die Überlegung zum Raumkonzept sind recht jungen Datums, wohingegen Abhandlungen über Farben und Farbkonzepte schon bei den alten Griechen, spätestens aber seit Newton und Goethe immer wieder in der Gelehrtenwelt diskutiert wurden. Hierbei stellte die Literatur des 19. Jahrhunderts eine besondere Herausforderung dar - zum einen aufgrund ihrer komplexen und ausschweifenden Schriftsprache, zum anderen aber, weil teilweise mit größter Selbstverständlichkeit Urteile und Werte geäußert werden, die einem modernen Verständnis nicht mehr entsprechen (vgl. bspw. Hermann 1876: 55 bzgl. der Farben Schwarz und Weiß). Nach anfänglichen Schwierigkeiten, Literatur über Farbwirkung zu finden, fand sich diese im Bereich der psychologischen Farbtherapie. Literatur über Farbkonzepte in Kindertagesstätten gibt es einige, leider war keine zu finden, welche sich direkt mit dem Kinderzimmer auseinandersetzt. Von daher musste versucht werden, die gesammelten Erkenntnisse der vorangegangenen Kapitel hierauf zu übertragen.

2 Raum und Raumgestaltung

Auf die Gestaltung der Räume wird wohl in jeder pädagogischen Einrichtung ein besonderes Augenmerkt gelegt. Da sich die jeweiligen Rahmenbedingungen jedoch stark voneinander unterscheiden, gibt es bislang nur wenig allgemeine Grundsätze für ein pädagogisches Raumkonzept, welches für altersgemischte Gruppen anwendbar ist. Dies bedeutet für die Praxis eine große Herausforderung (vgl. Beek 2014: o.S.; vgl. Weiß & Strotkötter 2011: 6). Erkenntnisse über Raumwahrnehmung, Entwicklung und Anwendung von Raumwissen sind selbst in entwicklungspsychologischer Literatur1 kaum zu finden, und wurden wenn, dann eher bei älteren Kindern erforscht. Dabei können besonders Kinder in den ersten Lebensjahren nur über die praktische Auseinandersetzung mit dem sie umgebenden Raum verstehen, was sie tatsächlich sehen2 - und werden z.B. bezüglich Blickmotorik und Gleichgewichtsempfinden stark dadurch beeinflusst (vgl. Rittelmeyer 2004: 23; vgl. Schneider 2015: 8 f.; vgl. Wiebe 2011: 3).

Babys haben von Beginn an ein Interesse daran, den Raum zu erforschen und wollen ermuntert werden zu aktivem Handeln, zum Erfahrungen-machen, Experimentieren und Forschen, Sich-bewegen und Gemeinsamspielen - wobei sie gleichzeitig einen Raum benötigen, in dem sie sich zurückziehen, beruhigen und entspannen können (vgl. Wiebe 2011: 2 f. und 13; vgl. Wilk & Jasmund 2015: 24). Hierzu müssen die funktionalen Gegebenheiten mit den inneren individuellen, emotionalen und ästhetischen Bedürfnissen der Kinder übereinstimmen (vgl. Nugel 2013: 139 f.; vgl. Wilk & Jasmund 2015: 15).

Für das weitere Verständnis gilt es zwischen Raumkonzept und Raumgestaltung zu differenzieren: Das Raumkonzept beschäftigt sich mit der Frage, „was einen Raum ausmacht, was einen Raum zum Raum macht, was Kinder als Raum sehen oder empfinden, wie sie Raum aufnehmen und selbst Raum schaffen, wie sie sich mit Raum vertraut machen und wie sie sich durch Raumerfahrung und -erforschung bilden“ (Schneider 2015: 6). Diese Grundeinstellung basiert auf dem Selbstbildungsansatz von Schäfer (2005), der für sein Konzept Erkenntnisse aus der Reggio-Pädagogik, der Entwicklungspsychologie und der Forschung aus den Neurowissenschaften auswertete (vgl. Wiebe 2011: 3). Es zielt darauf hin, die Interessen und Bedürfnisse (der Kinder) aufzugreifen: Sie sollen sich wohlfühlen, Platz für sich selber haben, Rückzugs- und Ruhemöglichkeiten sowie alle anderen Stationen des Tagesablaufes haben und eine anregungsvolle Umwelt erleben (vgl. Schneider 2015: 4). Dies kann beispielsweise durch Licht, Akustik und Geräusche, Klima, Farben, verwendete Materialien und ihre Eigenschaften beeinflusst werden (vgl. Beek 2014: o.S.). Diese Faktoren sollten in die pädagogische Arbeit einbezogen werden, damit die Kinder bewusst erleben können, „wie Lichträume, Farbräume, Berührungsräume, Geruchsräume, Klangräume entstehen und wirken“ (Schneider 2015: 10).

Unter dem Begriff Raumgestaltung oder auch Lernumgebung wird hingegen nonverbale Bildungsarbeit über Architektur, Material und Ausgestaltung verstanden, welche sich ständig an äußere Gegebenheiten anpassen und verändern muss. Verschiedene wissenschaftliche Disziplinen haben sich mit der Bedeutung und Wirkung eines Raumes auf den Menschen befasst.3 Schon Fröbel, Montessori, Steiner, Peterson u.a. haben sich konkret mit Raumgestaltung beschäftigt (vgl. Becker-Textor 2007: o.S.), heutzutage finden sich hierzu in einigen Bildungsprogrammen der Bundesländer konkrete Vorschläge4. Die zur Verfügung stehende Umwelt soll den Kindern folgende Dinge ermöglichen: Bewegung, Spiel, Ruhe, Allein-/ Geborgensein, Rückzug, Freiheit, Selbstbildung, unterschiedliche Spielbereiche für Gesellungsformen (alleine, zu zweit, mehrere Kinder), Gestalten und Rollenspiel. Bauen und Essen sind hierbei zu berücksichtigen, eine freie Wahl des Spielortes, der Spielmaterialien, der Spielpartner und der Spieldauer ist zu gewährleisten, die Sinne sollen (mittels Lichts, Akustik, Farben, Materialeigenschaften u.a.) angeregt werden und es soll möglich sein, räumliche Beziehungen herzustellen (z. B. durch Übergänge, kurze Wege, Transparenz oder Begrenzungen)(vgl. Wiebe 2011: 7).

Dass Kinder diesbezüglich eine hohe Sensibilität und Intuition aufweisen (vgl. Bläsius 2016: o.S.), sollten sich alle Kindertagesstätten (KiTa's) bewusst machen, denn ein Raum kann sowohl Wohlbefinden auslösen, zum Verweilen auffordern, anregend wirken, beruhigen, zu Bewegungen anregen oder zum Spielen einladen - oder aber genau das Gegenteil bewirken (vgl. Wiebe 2011: 4). Letztendlich kann schon die Wahl der Lichtquellen, der Akustik, der Möbel und ihrer Stellplätze, der Raumtemperatur, der Materialqualitäten und Oberflächen oder aber der (Wand-) Farben die Wahrnehmung, das Vorstellungsvermögen und eine fantasievolle Ausgestaltung des Raumes durch die Kinder maßgeblich beeinflussen. Und diese hat wiederum Einfluss auf Gefühle, Stimmungen, Handlungen, Selbstempfinden und langfristig die (früh-)kindliche Entwicklung (vgl. Dieken & Rohrmann 2003: 1; vgl. Meerwein, Rodeck & Mahnke 2007: 63; vgl. Ostendorf-Servissoglou 2017: o.S.; vgl. Wiebe 2011: 5; vgl. Wilk & Jasmund 2015: 18 ff.).

Neben dem Kind selber und den Erziehern/innen ist der Raum von so entscheidender Bedeutung für die Entwicklung der Kinder, dass mittlerweile die Bezeichnung aus der Reggio-Pädagogik vom „Raum als drittem Erzieher“ (vgl. Dieken & Rohrmann 2003: 1) weit verbreitet ist. Malaguzzi fordert diesbezüglich: “ to create an amiable environment, where children, families, and teachers feel at ease “ (Malaguzzi 1998: 63; vgl. Klages 2014: 4) - wobei es nur teilweise wichtig ist, an welchem pädagogischen Konzept sich die jeweilige Einrichtung orientiert5 (vgl. Ostendorf-Servissoglou 2017: o.S.). Es gibt unterschiedliche Ansätze, welche sich mit Räumen, ihrer Gestaltung und ihrer Wirkung auseinandersetzen. Herausragend seien Feng Shui6 (vgl. Bläsius 2016: o.S.; vgl. Becker­Textor 2007: o.S.) und das Hamburger Raumkonzept genannt. Letzteres, welches in der Tradition der Reformpädagogik, Fröbel, Montessori, Freinet, Situationsansatz mit Schwerpunkt der Reggio-Pädagogik steht, orientiert sich besonders an Aspekten der frühkindlichen Entwicklung. Die hierfür geforderte „reichhaltige Umgebung“ (Beek 2014: o.S.) beinhaltet neben personellen Punkten (Organisation des pädagogischen Alltags, Aufgaben der Erzieher/innen, Rolle der wahrnehmenden Beobachtung) auch materielle Rahmenbedingungen (Architektur der Gebäude, verfügbare Materialien und Gestaltung der Räume mit Form- und Farbgestaltung).

3 Farben und Farbsehen

Jede der Farbenlehren richtet sich nach Physik, Kunst oder Psychologie. Während in der Physik erforscht wird, wie es durch physikalische Abläufe und Gesetze zu den Licht- und Farberscheinungen kommt7, beschäftigt sich die Kunst mit Überlegungen bezüglich der einzelnen Farbphänomene beim Einsatz bzw. der Kombination von Farben. In der Psychologie wird letztendlich die physiologische und psychologische Wirkung von Farbe auf den Menschen untersucht.

Schon in der Antike gab es erste Überlegungen zur Farbenlehre von Theophrast, Plato und Aristoteles. Demokrit (etwa 460 - 370 v.C.) unterscheidet als Erster die Farben in unterschiedliche Gruppen und in die Grundfarben Gelb, Schwarz, Weiß und Rot.8 Ihre Unterschiede „erklärt er aus der verschiedenen Gestalt und der verschiedenen Anordnung und Lage ihrer Atome“ (vgl. Capelle 1958: 15). Der nächste große Schritt in der Physik erfolgte durch Newton (1643-1727), welcher mit seiner Emanations- / Emissions-Theo- rie9 die Gesetze und Wirkungen von Licht und Farben mathematisch darstellen konnte. (vgl. Aderholdt 1858: 6). 1690 stellt Huyghens in seinem Werk ( Traité de la lumière ) die Hypothese auf, dass Licht aus einer unendlich feinen, im Weltraum verbreiteten Materie besteht und sich in Wellenbewegungen ausbreitet. Er konnte sich aber genauso wenig gegen Newtons Theorie durchsetzen, wie Euler mit seiner Undulationstheorie10 (1746), welche erst in den 1800-1820ern von den Physikern anerkannt wurde (vgl. Aderholdt 1858: 13).

Heute steht fest, dass Farbe auf Licht basiert. (Weißes) Licht besteht aus Lichtwellen des gesamten Farbspektrums, welche - wenn sie auf einen Gegenstand treffen - ihr Ausbreitungsmedium von Luft zum Material des Objektes wechseln. Hierdurch werden von dem Objekt einige der Lichtstrahlen aufgenommen, wohingegen die restlichen reflektiert werden. Nur diese können vom Auge wahrgenommen werden. Und weil ein Teil des Lichtspektrums fehlt, erscheint das Objekt unseren Augen in einer Farbe (vgl. Wohlmann 2016: o.S.). Licht hat neben der Eigenschaft einer elektromagnetischen Welle auch diejenige von Teilchen (Quanten), welche entsprechend Maxwells Theorie Energie transportieren und diese bei Zusammenstoß aufnehmen oder abgeben können11. Diese Erkenntnisse in Verbindung mit dem Funktionsmechanismus des Sehorgans werden beispielsweise durch Küppers Farbenlehre (1989) aufgegriffen (Wilk & Jasmund 2015: 124).

Neben den Physikern haben sich auch einige Philosophen und Universalgelehrte mit Licht und Farbe beschäftigt, darunter Schopenhauer (Über das Sehen 1816) und Goethe. Letzterer schrieb, „die Farbe sei ein elementares Naturphänomen für den Sinn des Auges, das sich, wie die übrigen alle, durch Trennung und Gegensatz, durch Mischung und Vereinigung, durch Erhöhung und Neutralisation, durch Mitteilung und Verteilung und so weiter manifestiert und unter diesen allgemeinen Naturformeln am besten angeschaut und begriffen werden kann“ (Goethe 1810: 9). Hierbei übernahm er Newtons Idee, die sechs Farben zum Studium ihres Wesens (ihrer »Leiden und Freuden«) in einem Farbenkreis anzuordnen. Auf diese Idee waren bereits 1772 der Schmetterlingsspezialist Johann Ignaz Schiffermüller gekommen12 und etwa 150 Jahre vor ihm schon Robert Fludd (1574­1637), der einen Farbenkreis mit sieben Farben veröffentlichte. Diese Farbenkreise »nach der Natur« konnten jedoch keine logisch nachvollziehbare Farbenlehre vorweisen, was sich erst mit Newton und Goethe änderte (vgl. Vollmar 2017: 19). Goethe unterscheidet Farben als Erster gemäß ihrer inneren Qualität in warme (reflektieren viel Licht und strahlen von ihrer Oberfläche aus) und kalte Farben (absorbieren viel Licht).13

Goethes Grundlage wird bis heute in der Kunst und Psychologie angewendet und findet sich beispielsweise auch in dem Farbschema der Firma Hans Stockmar GmbH & Co. KG (vgl. STOCKMAR 2020) wieder. Selbst Johannes Itten beruft sich in seiner Farbenlehre (Kunst der Farbe, 1961) unter anderem auf Goethe und Bezold. Vom Physikalischen gesehen folgt er jedoch Newtons Ansatz der Prismafarben und verweist auf die Erkenntnisse Rumfords (1797), welcher das Phänomen der Komplementärfarben physikalisch erklärt14 und die Meinung vertritt, „dass Farben harmonisch seien, wenn sie in der Mischung Weiß ergeben“ (Dittmann 2003: 181). Itten interpretiert dies dahingehend, dass der optische Sinnes-Apparat beim Menschen Harmonie als einen psycho-physischen Zustand des Gleichgewichts einfordert, welche im mittleren Grau erreicht ist15. Farbkonstellationen, welche dies nicht berücksichtigen, wirken erregend oder aufwühlend und betonen einseitig eine bestimmte Farbe und ihren Ausdruck (vgl. Dittmann 2003: 181 f.). Bei diesem Ansatz werden nicht nur die künstlerisch-ästhetische Farbenlehre, sondern darüber hinaus Farbharmonien, Farbklänge, die sieben Farbkontraste, Zusammenhänge von Farbe und Form sowie die räumliche Wirkung von Farbe betrachtet (vgl. Becker-Textor 2007: o.S.). Wichtig ist, dass es neben der objektiven Farbharmonie auch auf die subjektiven Farbzusammenstellungen ankommt, wobei letztere die eigentlichen Probleme beim Design verursachen und stark von den individuellen Vorlieben abhängen. Kinder können diesbezüglich bereits in der allerersten Lebensphase geprägt werden (vgl. Klages 2014: 4 ff.), da die Farbwahrnehmung bei Kindern bereits innerhalb der ersten drei Monate nach ihrer Geburt beginnt. Rot wird hierbei als erstes unterschieden und mit der Geborgenheit des Mutterleibes assoziiert. Ab ungefähr zwei Jahren können sich Kinder bewusst für Farben interessieren und sie unterscheiden lernen.

3.1 Farbe im Raum

Farbe und ihre Wirkung wurde schon vor Jahrtausenden16 „zu kultischen Zwecken und zur Manipulation des Volkes genutzt“ (Wohlmann 2016: o.S.; vgl. Wilk & Jasmund 2015: 123). Spätestens seit dem Barock studierten Kirchen- und Schlossbaumeister die mentale Reaktion auf Farben (vgl. Vollmar 2017: 15). Und obwohl Farbpsychologie erst seit dem 20. Jahrhundert ein eigenes wissenschaftliches Forschungsgebiet ist, konnte schon in den 80er Jahren eine direkte Wirkung von Farbe auf Körper und Geist nachgewiesen werden. Farbe kann das Verhalten, die Emotionen und die Gefühle beeinflussen - kann im Raum für unbewusstes Wohlfühlen sorgen, aber auch im Gegenzug (unabhängig vom individuellen ästhetischen Empfinden als schön oder hässlich) wie ein körperlicher Schmerz oder unerträgliche Unlust wirken (vgl. Hermann 1876: 4 f. und 7; vgl. Küppers 1999: 21; vgl. Wohlmann 2016: o.S.). Dies erfolgt einerseits durch den äußeren Reiz17 (die Art und Ausprägung der Farbe, Oberfläche, Licht), andererseits durch individuelle Vorstellungskraft: Sie rufen Assoziationen hervor, die dann „im Bereich der Erinnerung abschweifen, die am Ende nichts mehr mit dem auslösenden Reiz zutun haben“(Wilk & Jasmund 2015: 126; vgl. Dietl 2018: 23 f.). So verwundert es nicht, dass sogar vom Geruch, Geschmack, Gefühl oder dem Klang der Farbe gesprochen wird.

Dies wird vor allem bei psychotherapeutischen Ansätzen genutzt, die neben der Diagnose mittels Farbtests auch auf eine nebenwirkungsfreie Heilung durch Farbe setzen18 (vgl. Dietl 2018: 24; vgl. Küppers 1999: 21; vgl. Vollmar 2017: 12 ff.).

In der künstlerischen Auseinandersetzung mit Farbe im Raum wird zwar weniger auf den individuellen, subjektiven Faktor eingegangen, aber die gewonnenen Erkenntnisse über Farbwirkung fließen dennoch in die Werke mit ein.19 Hierbei lassen sich einige Erkenntnisse verallgemeinern:

Warme Farbtöne schaffen eine persönliche, gemütliche Atmosphäre, vermitteln Geborgenheit und Sicherheit, können aber auch eine anregende und aktivierende Wirkung haben. Sie lassen die Raumtemperatur wärmer erscheinen, „vermitteln lebendige Heiterkeit“ (Vollmar 2017: 22) und treten im Raum in den Vordergrund (vgl. Meerwein, Rodeck & Mahnke 2007: 66 ff.).

Kühle / kalte Farben schaffen eine friedliche, beruhigende und konzentrationsfördernde Atmosphäre. Sie wirken sachlich funktional und haben eine entspannende, beruhigende Wirkung. Im Raum treten sie eher in den Hintergrund, können aber auch körperlich kühle Empfindungen hervorrufen (vgl. Küppers 1999: 21).

Helle Farben wirken leicht und freundlich und sind vor allem für kleinere Zimmer geeignet, da sie besonders, wenn es sich um helle, kalte Farben handelt, viel Weite, Distanz und Ruhe entstehen lassen20 (vgl. Vollmar 2017: 21 f.).

Dunkle Farben sind rein, aber lichtschwach, da dunkle Flächen weniger Licht reflektieren. Sie vermitteln Geborgenheit, können aber schnell düster, schwer und beengend wirken. Sie lassen das Auge ruhig bleiben (vgl. Goethe 1810: 14).

Satte Farben wirken leicht bunt, hart und ermüdend.

Blasse Farben sind rein, aber mit Weiß gemischt und wirken dadurch heller, jedoch auch matter. Sie verlieren ihre Klarheit und das Feuer, haben eher eine einschmeichelnde Wirkung (vgl. Bezold 1874: 185) und wirken leichter, als satte Farben (vgl. Meerwein, Rodeck & Mahnke 2007: 66 ff.).

[...]


1 Als Ausnahme wird das Buch „Bausteine der kindlichen Entwicklung“ von Ayres (1984) erwähnt.

2 Der Satz „Welterfahrung ist nicht möglich ohne Raumerfahrung“ (Schneider 2015: 2) basiert auf den Erkenntnissen der Wahrnehmungspsychologie, der Deprivationsforschung, der Säuglings- und der Hirnforschung, welche eindeutige Hinweise darauf geben, dass es einen organischen Zusammenhang zwischen Raumerfahrungen und den Gehirnstrukturen eines Kindes gibt. Auch im Sinne der Intelligenztheorie von Gardner (2001) muss die Entwicklung der räumlichen und die der kinästhetischen Intelligenz in den Fokus der ersten Lebensjahre gerückt werden (vgl. Schneider 2015: 4 und 7).

3 Genauer aufgelistet unter Meerwein, Rodeck & Mahnke 2007: 63.

4 u.a., wie geschlechtergerechte Bildung und Erziehung durch Einrichtung sowie der Platzierung der Einrichtung gelebt werden kann, aber auch, welche Raum- und Materialausstattung besonders viele und reichhaltige Bildungsgelegenheiten für Kinder bietet ( vgl. Kubandt 2017: 8; vlg. Schneider 2015: 5).

5 Einige Autoren gehen auf die Wechselwirkung von Raumkonzeption mit pädagogischer Konzeption ein. Hierzu werden z.B. genannt: Kazemi-Veisari 1991; Deutscher Verein 1994; Kiderlen et al. 1994; Schneider 1994 und Urban 1997.

6 „Feng Shui wird in erster Linie als Konzept zur Raumgestaltung im Business- und Wohnbereich eingesetzt. Zunehmend wird auch der Nutzen für Krankenhäuser, Seniorenheime, Schulen oder Kinderbetreuungseinrichtungen erkannt. 2007 wurde im brandenburgischen Finowfurt die erste Kita eingeweiht, in der Feng Shui-Regeln beim Bau umgesetzt wurden. Eine kleine Anzahl weiterer Einrichtungen, die Aspekte des Feng Shui berücksichtigen, sind inzwischen hinzugekommen.“ (Bläsius 2016: o.S.).

7 Welche durch Amplituden der Lichtwellen und der elektromagnetischen Eigenschaften eines Licht-Quants bestimmt werden.

8 Blau galt als Nachbarfarbe zu Schwarz (vgl. Wilk & Jasmund 2015: 123).

9 Welcher in seinem Werk Opticks (1704) erklärt, dass Licht aus winzig kleinen Teilchen besteht, die vom leuchtenden Körper ausgestrahlt werden und, wenn sie gegen das Auge stoßen, dieses in Erregung versetzten.

10 Analogie der Erscheinung des Lichtes mit derjenigen des Schalles in Wellen.

11 Hierbei weist rotes Licht eine geringe Energie bei langer Wellenlänge auf, blaues Licht hingegen eine hohe Energie bei kurzer Wellenlänge (Rayleigh-Streuung). Maxwell (1831-1879) konnte als erster nachweisen, dass sich jede Farbe physikalisch aus den Grundfarben rot, grün und blau zusammensetzt - im Gegensatz zu den schon von Harris (1731-1785) getroffenen Annahmen über die drei Grundfarben rot, gelb und blau aus Sicht der Kunst.

12 Welcher einen der ersten Farbenkreise veröffentlichte, bei denen sich die Komplementärfarben gegenüberstehen.

13 Aufgrund der biblischen Entstehung von erst Finsternis und dann Licht stellte Goethe die kalten Farben (violett und blau) auf die linke Seite, die warmen Farben (gelb, orange) auf die rechte Seite seines Farbkreises. Dies ist heutzutage andersherum, entsprechend der Idee, dass erst das Licht war und dann die Finsternis. Rot und Grün sind nicht nur entsprechend Goethe, sondern auch gemäß der Bauhauslehre „laue Farben“, da sie sowohl warme als auch kalte Nuancen aufweisen können (vgl. Vollmar 2017: 19).

14 Rot braucht grün als Komplementärfarbe, da alle Farben gebündelt, aber ohne rot, nicht weiß, sondern grün ergeben.

15 „Zwei oder mehr Farben sind harmonisch, wenn sie zusammengemischt ein neutrales Grau ergeben“ (Dittmann 2003: 182).

16 Z. B. bei der Höhlenmalerei.

17 „Die auf die Netzhaut fallende Strahlungsenergie wird, wie wir wissen, durch den physiologischen Prozeß des Sehvorgangs in Gefühle umgewandelt, nämlich in Farbempfindungen“ (Küppers 1999:20).

18 „Farben wirken auf allen Ebenen: körperlich, geistig und seelisch“ (Vollmar 2017: 13). „Farbe wirkt über das Gehirn direkt auf die Energie des Menschen. Durch entsprechende Farbwahl können auf diese Weise Blockaden gelöst werden. Die Energie kann wieder frei fließen. Wir fühlen uns gut, leicht und beschwingt“ (Vollmar 2017: 14). Siehe hierzu im Anhang die Tabelle Farben und ihre Wirkungen unter Therapeutische Interpretation.

19 Beispielsweise geht Johannes Itten auf die gegenseitige Beziehung von Farbe und Psyche ein. Und auch die Kunsttherapie - basierend auf Weiterentwicklung der Therapie von Carl Gustav Jung / Jolande Jacobi - geht von einer psychologischen Wirkung der Farben aus und ordnet jeder Farbe eigene Attribute, Empfindungen aber auch (psychologische / medizinische) Therapiewirkung zu (vgl. Rickert 2009: 8 sowie 78-95). Siehe hierzu im Anhang die Tabelle Farben und ihre Wirkungen.

Liane Collot d'Herbois, die Begründerin der anthroposophischen Farbtherapie, geht davon aus, dass Farben nicht nur den Intellekt, sondern auch das Gefühl und Wesen ansprechen (vgl. Dietl 2018: 22). Zur weiteren Vertiefung mit dem Thema bieten sich das Werke der Farbforscherin Margarete Bruns an (Das Rätsel Farbe. Materie und Mythos, 1997). Ebenso zählen Eva Hellers “Wie Farben wirken” (1989) und John Gage's „Colour and Culture — Practice and Meaning from Antiquity to Abstraction"“ (1993) zu den Standartwerken. Empfehlenswert für den Einstieg ist die Internetseite www.farbenlehre.com.

20 „Räume in solchen Farben wirken bis zu zehn Prozent größer“ (Vollmar 2017: 21).

Ende der Leseprobe aus 40 Seiten

Details

Titel
Raumgestaltung und Farbkonzept. Farbgestaltung für ein Kinderzimmer
Note
1,0
Autor
Jahr
2020
Seiten
40
Katalognummer
V1148205
ISBN (eBook)
9783346533678
ISBN (Buch)
9783346533685
Sprache
Deutsch
Schlagworte
raumgestaltung, farbkonzept, farbgestaltung, kinderzimmer
Arbeit zitieren
Wiebke Joost (Autor:in), 2020, Raumgestaltung und Farbkonzept. Farbgestaltung für ein Kinderzimmer, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1148205

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