Im ursprünglichen Gründungsvertrag der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft wurde der gemeinsame Markt auch Binnenmarkt genannt, als Wirtschaftsraum einer Zollunion konzipiert. Auf diese Weise sollte eine Marktverschmelzung der nationalen Märkte zu einem einheitlichen Markt erreicht werden. Da die Probleme und Herausforderungen in den europäischen Ländern in wirtschaftlicher Hinsicht sehr ähnlich sind, wurde im Rahmen der wirtschaftlichen Zusammenführung Europas die sog. „Lissabon-Strategie“ entwickelt. Diese soll dazu dienen, sich als gemeinsames Europa zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu entwickeln. Kernziele dieser Strategie sind unter anderem, durch soziale Anreize für mehr Beschäftigung zu sorgen, basierend auf der Gestaltung flexibler Arbeitsmärkte und das Öffnen der Dienstleistungsmärkte, wobei als besonders schützenswert Arbeitnehmer und Verbraucher ihre Berücksichtigung finden. Als Grundlage für eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes musste der Gesetzgeber erst einmal die Möglichkeit schaffen, sich frei innerhalb Europas bewegen zu können. Selbständigen Erwerbstätigen (ob in Handel, Industrie, Handwerk oder freien Berufen) soll die freie Ausübung ihrer Tätigkeit auf dem gesamten Hoheitsgebiet der Gemeinschaft gewährleistet sein, vor allem, um somit die beste wirtschaftliche Standortwahl zu erzielen, also beispielsweise als Ire genauso unproblematisch einen Job in Schweden annehmen zu können wie auch in seiner Heimat Irland. Hier mussten einige Barrieren aus dem Weg geräumt werden. Aus diesem Zusammenhang heraus hat sich das heute geltende Niederlassungsrecht bzw. die Niederlassungsfreiheit entwickelt.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Ursprünge des Niederlassungsrechts
3. Allgemeines
4. Anwendungsbereiche
4.1 Unmittelbare Wirkung
4.2 Unmittelbare Drittwirkung
5. Niederlassung
5.1 Begriff der Niederlassung
5.2 Formen der Niederlassung
5.3 Selbständige Erwerbstätigkeit
5.4 Anerkennung von Diplomen
6. Persönlicher Anwendungsbereich
6.1 Arbeitnehmerfreizügigkeit
6.2 Dienstleistungsfreiheit
6.3 Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit
7. Staatsangehörige Personen fremder Mitgliedstaaten
7.1 Natürliche Personen
8. Staatsangehörige Gesellschaften der Mitgliedsstaaten
8.1 Drittstaatsangehörige
8.2 Europäische Gesellschaftsformen
9. Europäische Union
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Im ursprünglichen Gründungsvertrag der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft wurde der gemeinsame Markt auch Binnenmarkt genannt, als Wirtschaftsraum einer Zollunion konzipiert. Auf diese Weise sollte eine Marktverschmelzung der nationalen Märkte zu einem einheitlichen Markt erreicht werden.
Da die Probleme und Herausforderungen in den europäischen Ländern in wirtschaftlicher Hinsicht sehr ähnlich sind, wurde im Rahmen der wirtschaftlichen Zusammenführung Europas die sog. „Lissabon-Strategie“[1] entwickelt. Diese soll dazu dienen, sich als gemeinsames Europa zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu entwickeln.
Kernziele dieser Strategie sind unter anderem, durch soziale Anreize für mehr Beschäftigung zu sorgen, basierend auf der Gestaltung flexibler Arbeitsmärkte und das Öffnen der Dienstleistungsmärkte, wobei als besonders schützenswert Arbeitnehmer und Verbraucher ihre Berücksichtigung finden.
Als Grundlage für eine Flexibilisierung des Arbeitsmarktes musste der Gesetzgeber erst einmal die Möglichkeit schaffen, sich frei innerhalb Europas bewegen zu können. Selbständigen Erwerbstätigen (ob in Handel, Industrie, Handwerk oder freien Berufen) soll die freie Ausübung ihrer Tätigkeit auf dem gesamten Hoheitsgebiet der Gemeinschaft gewährleistet sein, vor allem, um somit die beste wirtschaftliche Standortwahl zu erzielen, also beispielsweise als Ire genauso unproblematisch einen Job in Schweden annehmen zu können wie auch in seiner Heimat Irland. Hier mussten einige Barrieren aus dem Weg geräumt werden. Aus diesem Zusammenhang heraus hat sich das heute geltende Niederlassungsrecht bzw. die Niederlassungsfreiheit entwickelt.
2. Die Ursprünge des Niederlassungsrechts
Das Niederlassungsrecht ist ursprünglich aus dem Fremdenrecht entstanden. Im Altertum waren Ausländer in einem fremden Staat völlig rechtlos, doch im Wandel Zeit hat es der Ausländer bis heute zur nahe zu Gleichstellung der Rechtsstellung eines Inländers gebracht. Im zweiten Jahrtausend v. Chr. waren es die orientalischen Handelsvölker, welche als erste von der völligen Rechtlosigkeit ihrer ausländischen Handelspartner abwichen, da sich ansonsten kein internationaler Handelsverkehr entfalten konnte. So musste ein Mindestmaß an Rechten zugebilligt werden.
Die ersten Nachweise über Regeln zur Niederlassungsfreiheit lassen sich in Griechenland aus den Isopolitie-Verträgen des dritten Jahrhunderts v. Chr. finden. Hier wurde Staatsbürgern eines fremden Staates „u. a. Gewerbefreiheit, Recht auf Eigentumserwerb und Zulassung zum Handelsbetrieb“[2] gewährt. Solche Basisinhalte sind heute noch in sämtlichen zwischenstaatlichen Handelsverträgen zu finden. Es sind jene ersten Inhalte, die Ausländern partielle niederlassungsbedingte Rechte zubilligen, welche auf eine möglichst weitgehende Gleichstellung von In- und bestimmten Ausländern in der heutigen Zeit und im Besonderen innerhalb der Europäischen Union abzielen.
Ab dem 01.01.1970 wurde das Gebot der Inländergleichbehandlung im Niederlassungsrecht zur geltenden Norm, auf welche jeder Bürger der Union sich unmittelbar berufen kann. Dies gilt sowohl für natürliche Personen als auch für Gesellschaften i. S. des Art. 48.[3]
3. Allgemeines
Das Recht der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates in jedem anderen Mitgliedstaat garantiert Art. 43. Das gleiche Recht wird i. V. m. Art. 48 auch Gesellschaften, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates gegründet sind, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, zugebilligt. Die Freizügigkeit von Unternehmern garantiert Art. 43, während die der Arbeitnehmer in Art. 39 verankert ist. Gemeinsam bilden diese beiden Vorschriften, die in einem sehr engen Zusammenhang stehen, eine der Grundlagen des freien Personenverkehrs, die wiederum eine der vier Grundfreiheiten innerhalb der EU bilden. So soll ein eigener Markt innerhalb Europas, ohne Binnengrenzen, in dem freier Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Personen und Kapital gesichert ist, aufgebaut werden.
Aus diesem Grunde finden mehrere sekundäre Regelungen Anwendung auf beide Freiheiten oder aber sie haben wenigstens inhaltliche Übereinstimmungen wie z.B. Einreise, Aufenthalt und Verbleib.[4] Zunächst einmal wird in Art. 43 jedem innergemeinschaftlichen Staatsangehörigen das Recht zuteil, sich in jedem Mitgliedstaat niederzulassen, um dort selbständig tätig zu werden. Der so genannte Unionsbürger ist jede natürliche Person, die die Staatsangehörigkeit eines der Mitgliedstaaten besitzt. Somit wird die nationale Staatsbürgerschaft ergänzt, jedoch nicht ersetzt. Eine ausschließliche Unionsbürgerschaft ohne nationale Staatsbürgerschaft existiert nicht. Unter Anderem ist es auch ein garantiertes Recht, Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften in einem Mitgliedstaat bei gleichzeitiger Ansässigkeit in einem anderen zu gründen. Abschließend berechtigt die Niederlassungsfreiheit auch dazu, Unternehmen zu gründen und Gesellschafter in jedem beliebigen Mitgliedstaat zu leiten. Hier ist auch ein Zusammenhang zur Dienstleistungsfreiheit zu sehen. Maßgeblich hierfür ist die Dauerhaftigkeit der Tätigkeit.[5] Bei dauerhafter Integration findet Art. 43 somit in vollem Umfang Anwendung. Allerdings sind Drittstaatsangehörige im Umkehrschluss von diesen Vorrechten ausgenommen.[6]
Das allgemeine Diskriminierungsverbot des Art. 12 wird hier auf die Freiheiten der Selbständigen in der Ortswahl spezialisiert. Die einzige gesetzlich vorgegebene Einschränkung ist, dass sich der Niederlassungswillige „…nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen [Staats-] Angehörigen“[7] zu richten ist.
Die wesentliche wirtschaftliche Bedeutung des Art. 43 liegt aber in der freien Standortwahl, welche allerdings in der Hauptsache nur von Unternehmen genutzt wird, da ihnen so die Möglichkeiten der Kooperation mit ausländischen Partnern oder auch der Aufbau von Zweitniederlassungen massiv erleichtert wird. Dies dient dem Aufbau eines stabilen wirtschaftlichen Binnenmarktes, der auf diese Art seine Verwirklichung finden soll.
Die damit einhergehende Vereinfachung lässt die bereits existierenden Verträge zur Niederlassung zwischen einzelnen Staaten, die mit zahlreichen Vorbehalten hinsichtlich Einreise und Aufenthalt verbunden waren, nichtig werden. Diese inhaltlichen Restriktionen haben es somit trotzdem oft schwer gemacht - wenn nicht sogar unmöglich - sich niederzulassen. Jedoch waren es genau diese Verträge, die als direkte Vorreiter und erste Schritte auf dem Weg zum heutigen EU-Binnenmarkt bezeichnet werden müssen.
[...]
[1] Vgl. auch http://www.bundesregierung.de/nn_774/Content/DE/Artikel/2001__2005/2005/11/2005-11- 21-europa-dossier-die-lissabon-strategie.html
[2] Vgl. Hitzig, Altgiechische Staatsverträge, S. 29
[3] Vgl. Scheuing, JZ 1975, 151 ff.; Goose, RIW 1975, 36 ff., Torberg, in: Groeben/Thiesing/Ehlermann, Art. 53 Rn. 3; Art. 54 Rn. 6 ff. Allgemein o. Kap. 2 Rn. 83 ff.
[4] Vgl. GTE/Troberg, EGV/EUV, Vor Art.52 Rn. 1
[5] Vgl. auch EuGH Rs. C-221/89, Factortame I, Slg. 1991, I-3905 Rn 20; ausführlich unten Rn.16
[6] Vgl. A. Nachbaur, Niederlassungsfreiheit, S. 20
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Thema dieses Dokuments?
Dieses Dokument behandelt das Niederlassungsrecht, seine Ursprünge, Anwendungsbereiche und die damit verbundenen Freiheiten innerhalb der Europäischen Union.
Was sind die Ursprünge des Niederlassungsrechts?
Das Niederlassungsrecht entstand aus dem Fremdenrecht und entwickelte sich im Laufe der Zeit von der völligen Rechtlosigkeit von Ausländern hin zur nahezu gleichen Rechtsstellung wie Inländer. Frühe Anzeichen finden sich in den Isopolitie-Verträgen des antiken Griechenlands.
Was garantiert Artikel 43 des Vertrags?
Artikel 43 garantiert Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates das Recht, sich in jedem anderen Mitgliedstaat niederzulassen, um dort selbständig tätig zu werden. In Verbindung mit Artikel 48 gilt dies auch für Gesellschaften.
Wer profitiert von der Niederlassungsfreiheit?
Die Niederlassungsfreiheit gilt für Unionsbürger, d.h. natürliche Personen mit der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates, und für Gesellschaften, die in einem Mitgliedstaat gegründet wurden und dort ihren Hauptsitz oder ihre Hauptniederlassung haben. Drittstaatsangehörige sind in der Regel ausgenommen.
Was ist die Bedeutung der Lissabon-Strategie im Kontext des Niederlassungsrechts?
Die Lissabon-Strategie zielte darauf ab, Europa zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen. Ein Kernziel war die Flexibilisierung der Arbeitsmärkte und die Öffnung der Dienstleistungsmärkte, was die Notwendigkeit der freien Bewegung innerhalb Europas für Selbständige und Arbeitnehmer hervorbrachte.
Wie ist das Verhältnis zwischen Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit?
Es besteht ein Zusammenhang zwischen Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit. Entscheidend ist die Dauerhaftigkeit der Tätigkeit. Bei dauerhafter Integration findet Art. 43 (Niederlassungsfreiheit) Anwendung.
Was ist die wirtschaftliche Bedeutung von Artikel 43?
Die wesentliche wirtschaftliche Bedeutung von Artikel 43 liegt in der freien Standortwahl, die insbesondere von Unternehmen genutzt wird, um Kooperationen mit ausländischen Partnern zu erleichtern und Zweitniederlassungen aufzubauen.
Was passiert mit bestehenden Niederlassungsverträgen zwischen einzelnen Staaten?
Die Vereinfachung durch das Niederlassungsrecht macht bereits existierende Verträge zur Niederlassung zwischen einzelnen Staaten, die mit zahlreichen Vorbehalten hinsichtlich Einreise und Aufenthalt verbunden waren, faktisch nichtig.
Was bedeutet das Diskriminierungsverbot im Kontext der Niederlassungsfreiheit?
Das allgemeine Diskriminierungsverbot des Artikels 12 wird auf die Freiheiten der Selbständigen in der Ortswahl spezialisiert. Die Niederlassungswilligen müssen sich nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Staatsangehörigen richten.
Was ist der Unterschied zwischen Arbeitnehmerfreizügigkeit und Niederlassungsfreiheit?
Die Freizügigkeit von Arbeitnehmern ist in Artikel 39 verankert, während die der Unternehmer in Artikel 43. Beide Vorschriften bilden zusammen eine der Grundlagen des freien Personenverkehrs innerhalb der EU.
- Arbeit zitieren
- Mareile Darius (Autor:in), 2007, Niederlassungsfreiheit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114851