Die Wortbildung und Werbebotschaft südspanischer Firmennamen


Examensarbeit, 1999

169 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Zielsetzung und Arbeitsmethode

2 Der Firmenname: Definition und funktionale Aspekte
2.1 Definition des Begriffs 'Firmenname' (FN)
2.2 Die Zwischenstellung der FN zwischen Eigennamen und Appellativa
2.3 Die Motiviertheit der Firmennamen
2.3.1 Die Durchsichtigkeit oder morpho-semantische Motiviertheit der FN
2.3.2 Die Pragmatik der FN: Motiviertheit durch Branchenbezug
2.4 Funktionale Ähnlichkeit zwischen Namen und Wappen (nach Bühler)

3 Rahmenbedingungen des spanischen Handelsrechts als Grundlage für die Verwendung toponymischer Konstituenten (TK) in FN

4 Typologie der im Korpus ermittelten toponymischen Konstituenten (TK) von Firmennamen
4.1 Regionymische Konstituenten (RK) von FN
4.1.1 Andalucia: Der Name einer comunidadautónoma als regionymische Konstituente von FN
4.1.2 Mit der Region Andalusien assoziierte Charakteristika als Konstituenten von FN
4.1.2.1 Die Himmelsrichtung sur
4.1.2.2 Das Appellativum sol
4.1.2.3 Hagionyme
4.1.2.4 Geographische und kulturelle Assoziationen
4.2 Provinzionymische Konstituenten (PK) von FN
4.2.1 Cadiz als provinzionymische Konstituente von FN
4.2.2 Mit der Provinz Cadiz assoziierte Charakteristika als Konstituenten von FN..
4.2.2.1 Das Toponym Costa de la Luz
4.2.2.2 Das Appellativum mar
4.2.2.3 Das Toponym Mediterräneo
4.2.2.4 Das Toponym Océano atläntico 49
4.2.2.5 Assoziationen mit der Provinz Cadiz als Lebensraum
4.3 Komarkonymische Konstituenten (KK) von FN
4.3.1 Bahia de Cädiz als komarkonymische Konstituente von FN
4.3.2 Sierra de Cädiz als komarkonymische Konstituente von FN
4.3.3 Das Fremdwort sherry und der Flußname Guadalquivir als mit der Campina de Jerez assoziierte komarkonymische Konstituenten von FN
4.3.4 Die mit dem Komarkonym Bajo Guadalquivir assoziierten Toponyme Guadalquivir und Donana als komarkonymische Konstituenten von FN
4.3.5 La Janda als komarkonymische Konstituente von FN
4.3.6 Campo de Gibraltar und damit assoziierte Eigennamen als komarkonymische Konstituenten von FN

5 Die kommunikativen Funktionen der geomorphischen Dimension in FN
5.1 Gewinnung der Rezipienten als Kunden durch Appell an ihren Lokalpatriotismus
5.2 Bessere Wahrnehmung, Einprägsamkeit und Merkwert der FN durch relativ geringe Frequenz und emotionalen Charakter von toponymischen Konstituenten
5.3 Informationsvermittlung
5.3.1 Information über Standort, Einzugsgebiet und Aktionsradius der Firma
5.3.2 Charakterisierung des Firmenproduktes
5.4 Branchenspezifische Anforderungen an die Werbefunktion des Firmennamens als Motiv für die gezielte Verwendung toponymischer Konstituenten
5.4.1 Autohäuser
5.4.2 Transportunternehmen
5.4.3 Schiffahrt
5.4.4 Tiefkühlkostfabrikanten
5.4.5 Immobilien- und Baubranche
5.4.6 Hotels und Restaurants

6 Morphotypologie: Die Wortgebildetheit der FN mit toponymischen Konstituenten
6.1 Simplizia
6.2 Komposita
6.2.1 Nominalphrasen (Grundtyp: Substantiv + Adjektiv)
6.2.2 Präpositionale Komposita
6.2.2.1 Exozentrischer Grundtyp
6.2.2.1.1 Ohne bestimmten Artikel
6.2.2.1.2 Mit bestimmtem Artikel vor dem Branchenappellativum
6.2.2.2 Endozentrischer Grundtyp
6.2.2.3 Konversion innerhalb Präpositionaler Komposita
6.2.3 Konjunktionale Komposita
6.2.4 Asyndetische Komposita (Grundtyp Substantiv + Substantiv
6.2.4.1 Subordination: Asyndetische Determinativkomposita
6.2.4.1.1 Determinans ohne bestimmten Artikel
6.2.4.1.2 Determinans mit bestimmtem Artikel
6.2.4.2 Koordination: Asyndetische Kopulativkomposita
6.2.5 Wortgruppenkomposita
6.2.5.1 Substantiv + Nominalphrase
6.2.5.2 Substantiv + Präpositionales Kompositum
6.2.5.3 Substantiv + Asyndetisches Kompositum
6.2.5.4 Substantiv + Konjunktionales Kompositum
6.2.5.5 Nominalphrase + Nominalphrase
6.2.5.6 Asyndetisches Kompositum + Nominalphrase
6.3 Wortgebildetheiten aus ungekürztem Basislexem und ungekürztem Affixoid
6.3.1 Toponymische Konstituente als Suffixoid
6.3.1.1 Wortgebildetheiten aus Basislexem + Suffixoid
6.3.1.2 Wortgebildetheiten aus Basislexem + Suffixid und weiteren Bestandteilen...
6.3.2 Toponyme Konstituente als Präfixoid
6.3.2.1 Wortgebildetheiten aus Präfixoid + Basislexem
6.3.2.2.2 Wortgebildetheiten aus Präfixoid + Basislexem und weiteren Bestandteilen..
6.4 Wortkürzung
6.4.1 Präpositionale Kürzungskomposita
6.4.2 Kontraktionskürzungen aus Basislexem und Affixoid
6.4.2.1 Toponymische Konstituente als Suffixoid
6.4.2.1.1 Suffixoide Kontraktionskürzungen mit einer gekürzten Konstituente
6.4.2.1.2 Suffixoide Kontraktionskürzungen mit zwei gekürzten Konstituenten
6.4.2.2 Toponymische Konstituente als Präfixoid
6.4.3 Haplologische Zusammenziehungen
6.4.3.1 Toponymische Konstituente als Suffixoid
6.4.3.2 Toponymische Konstituente als Präfixoid
6.4.4 Wortkürzungen mit kopulativer Tiefenstruktur
6.4.4.1 syndetisch
6.4.4.2 asyndetisch
6.4.5 Siglenbildung
6.4.5.1 Initialkürzungen
6.4.5.1.1 Initialkürzungen mit alphabetischer Aussprache
6.4.5.1.2 Initialkürzungen mit silbischer Aussprache
6.4.5.2 Silbenkürzungen
6.5 Gelehrte Werbeaffixoide in FN mit toponymischen Konstituenten
6.5.1 Werbeaffixoide, die auf ein Branchenappellativ zurückführbar sind
6.5.2 Werbeaffixoide, die nicht auf ein Branchenappellativ zurückführbar sind
6.6 Der Verlust der syntaktischen Struktur mit Präposition als Folge des Strebens nach Einprägsamkeit und Sprachökonomie
6.7 Verlust von Motiviertheit als Folge der Undurchsichtigkeit von Kurzformen
6.8 Ausnutzung bereits bestehender Bildungen und Bildungsmuster

7 Zusammenfassung der Ergebnisse

8 Forschungsperspektiven und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Zielsetzung und Arbeitsmethode

Die vorliegende Hausarbeit hat das Ziel, anhand einer eingehenden Korpusanalyse die geomorphische Dimension in Firmennamen (FN) darzustellen sowie die Funktion der geomorphischen Dimension in FN zu untersuchen. Um abzugrenzen, welche Firmennamenbildungen1 in den Untersuchungsbereich dieser Arbeit fallen, und um die Kriterien, an denen sich der Verfasser bei der Wahl des zu untersuchenden Korpus orientierte, für den Leser nachvollziehbar zu machen, soll zuerst eine Bestimmung des in der Themenvorgabe dieser Hausarbeit zentralen Begriffs 'geomorphische Dimension' vorgenommen werden.

Zu diesem Zweck soll in einem ersten Schritt die Bedeutung der einzelnen Bestandteile des Begriffs 'geomorphische Dimension' bestimmt werden: Bei geo-, dem ersten Element des Adjektivs geomorphisch, handelt es sich um ein gebundenes, lexikalisches Morphem, das von griechisch ysw- < yH = "Erde" abstammt und mit der Bedeutung "Erde" zur Bildung wissenschaftlicher Fachtermini verwendet wird (vgl. DRAE 211992: s.v.). Der zweite Teil des Adjektivs geomorphisch läßt sich als Derivat des griechischen Fremdwortes Morphe in der Bedeutung "Gestalt, Form, Aussehen" (vgl. DUDEN 5 61997: s.v.) analysieren, das durch Apokope des -e und Anfügen des Suffixes -isch aus der Wortklasse 'Substantiv' in die Wortklasse 'Adjektiv' überführt worden ist. Das lateinische Fremdwort 'Dimension' schließlich bedeutet "Ausdehnung; [Aus-]maß; Bereich" (DUDEN 1 181980: s.v.).

Ausgehend von den Einzelbedeutungen seiner Bestandteile soll das Adjektiv 'geomorphisch' im hier behandelten Kontext der Firmenonomastik als "die Beziehung zwischen der Form, d.h. der Wortgebildetheit, eines Firmennamens und der geographischen Situation der von diesem FN bezeichneten Firma betreffend" definiert werden. Demnach hat ein Firmenname dann eine geomorphische Dimension, wenn sich anhand seiner Wortgebildetheit eine Beziehung zwischen FN und dem geographischen Raum2 erkennen läßt, in dem die vom FN bezeichnete Firma angesiedelt ist. Um dieses Kriterium zu erfüllen, muß die Wortgebildetheit des betreffenden Firmennamens also mindestens einen Bestandteil enthalten, der einen Bezug zum Standort der bezeichneten Firma erkennen läßt.

Als der Arbeit zugrundeliegendes Korpus wurden die Paginas amarillas Cadiz y Ceuta 1997-1998 ausgewählt3. Dieses Korpus eignet sich hinsichtlich der zu leistenden Untersuchung zum einen wegen der hohen absoluten Häufigkeit der in ihm auftretenden FN mit geomorphischer Dimension4 und zum anderen, da sich aus der Interrelation, die zwischen der thematischen Vorgabe der Hausarbeit einerseits und der exponierten geographischen Lage der Provinz Cadiz andererseits besteht, besonders interessante Perspektiven für die Analyse des Korpus ergeben. Diese sollen im folgenden erläutert werden.

Der Geltungsbereich des ausgewählten Korpus umfaßt die Provinz Cadiz, die südlichste Provinz des spanischen Festlandes, und Ceuta, die von der Provinz Cadiz lediglich durch die Meerenge von Gibraltar getrennte spanische Enklave in Nordafrika. Folglich handelt es sich bei den im Korpus vorliegenden Namen um Namen von Firmen, die im 'spanischen Süden' angesiedelt sind. Der 'spanische Süden' soll daher als der geographische Raum im Sinne der oben gegebenen Defininition des Begriffs 'geomorphische Dimension' angesehen werden, in dem die von den im Korpus vorliegenden Namen bezeichneten Firmen ansässig sind. Entsprechend sind alle im Korpus enthaltenen FN daraufhin untersucht worden, ob ihre einzelnen Bestandteile eine Beziehung zum 'spanischen Süden' erkennen lassen, um daraufhin zu entscheiden, ob der jeweilige FN eine geomporphische Dimension aufweist und somit für die Fragestellung dieser Arbeit in Betracht kommt.

Aus dem bereits erwähnten Umstand, daß die Provinz Cadiz nicht nur Teil des 'spanischen Südens' ist, sondern die südlichste Provinz der iberischen Halbinsel, ergeben sich drei verschiedene Bezugsebenen, die die Wortgebildetheiten der im Korpus vorliegenden FN zum 'spanischen Süden' haben können: Die Provinz Cadiz ist zunächst Teil des spanischen Südens aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu Andalusien, der südlichsten comunidad autónoma des spanischen Festlandes. Faßt man den Begriff 'spanischer Süden' enger, dann ist die Provinz Cadiz selbst als südlichste Provinz Andalusiens cum grano salis deckungsgleich mit dem 'spanischen Süden'. Wird der Begriff 'spanischer Süden' noch enger definiert, dann kann man vom Campo de Gibraltrar, der südlichsten comarca ("Landschaft, Gegend"; vgl. Slaby et al. 41994: s.v.) innerhalb der Provinz Cadiz, als "el sur del sur"5 Spaniens sprechen. Im Korpus ermittelte FN wie Fonlaneria Andaiucia (Saneamiento: materiales, p. 278) 6 , Cadiz de bebidas S.L. 7 (Bebidas: aimacenes, p. 52) oder Contenedores Campo de Gibraitar (Contenedores (aiquiier), p. 94) lassen sich jeweils eindeutig einer dieser drei geographisch- administrativen Bezugsebenen zuordnen.

Je nach Bezugsebene, d.h. je nachdem, ob eine Beziehung zwischen FN und der Region Andalusien, der Provinz Cadiz oder einer Landschaft innerhalb der Provinz Cadiz vorliegt, ändert sich die Qualität der kommunikativen Funktion der geomorphischen Dimension des betreffenden Firmennamens. Daher sollen in der vorliegenden Hausarbeit alle drei genannten Definitionen des Begriffs 'spanischer Süden' berücksichtigt werden und dementsprechend alle im Korpus vorliegenden FN, die Bestandteile mit einem erkennbaren Bezug zu Andalusien, der Provinz Cadiz oder einer Landschaft innerhalb der Provinz Cadiz enthalten, in die Analyse einfließen. Eine dreistufige Typologie der im Korpus ermittelten Bestandteile von FN mit Bezug zum 'spanischen Süden' gemäß der drei genannten Bezugsebenen Region, Provinz und comarca soll in Kapitel 4 der Hausarbeit erstellt werden. Die Frage, welche spezifischen kommunikativen Funktionen diese drei Typen der geomorphischen Dimension in den im Korpus ermittelten FN übernehmen, soll im Rahmen von Kapitel 5 untersucht werden.

Wie die obigen Beispiele zeigen, manifestiert sich der Bezug zwischen Bestandteilen von im Korpus ermittelten FN und dem spanischen Süden am eindeutigsten, wenn es sich bei diesen Bestandteilen um Toponyme wie Andaiucia. Cadiz oder Campo de Gibraltar handelt. Deshalb soll in der vorliegenden Hausarbeit für die Bestandteile von FN, die einen Bezug zum spanischen Süden aufweisen, der Oberbegriff 'toponymische Konstituente' (TK) verwendet werden. Es erscheint sinnvoll, diesen Oberbegriff auch für im Korpus in großer Anzahl ermittelte Konstituenten von FN zu verwenden, die zwar keine Toponyme sind, jedoch ebenfalls einen Bezug zum spanischen Süden erkennen lassen, wie zum Beispiel die Appellativa sur, soi, mar, Estrecho oder der englische Hispanismus Sherry : Diese Konstituenten stehen jedoch nicht in direktem Bezug zum spanischen Süden. Vielmehr werden sie über den Umweg schon genannter Toponyme wie Andaiucia, Cädiz, Campo de Gibraltar oder Jerez de la Frontera mit dem spanischen Süden assoziiert. Wenn also eine im Geltungsbereich des Korpus lebende Person zum Beispiel die FN Intelsur S.L. ( Puertas metälicas, p. 264) oder Proyconsol S.L. (Inmobiliaria: agencias, p.183) liest, so ist vom Namengeber intendiert, daß der Rezipient mit den Bestandteilen sur bzw. sol automatisch das Wort Andaiucia assoziiert . Da also das Toponym Andaiucia in den Appellativen sur und soi impliziert ist, wenn sie als Bestandteile von FN im Korpus vorliegen, erscheint es gerechtfertigt, die zu dieser Gruppe gehörenden Konstituenten ebenfalls unter den Oberbegriff 'toponymische Konstituente' einzuordnen8.

Um diese Arbeitshypothese, daß zum Beispiel das Toponym Andaiiicia bei der Mehrheit der im Geltungsbereich des Korpus lebenden Personen die Appellativa sur und soi als Assoziationen hervorruft, zu verifizieren, wurde vom Verfasser der vorliegenden Arbeit während eines dreiwöchigen Aufenthaltes in der Provinz Cadiz ein Assoziationsexperiment durchgeführt (vgl. Hörmann 1977:73), bei dem den Versuchspersonen (VP) anhand eines Fragebogens eine Auswahl der im Korpus ermittelten toponymischen Konstituenten als Reizwörter dargeboten wurde, zu denen die VP jeweils bis zu fünf Assoziationen aufschreiben sollten. Die aus dem Ergebnis dieses Experimentes ableitbaren Assoziationsnormen (vgl. ebd., S. 74) zwischen einzelnen toponymischen Konstituenten dienen in Kapitel 4 als Grundlage zur Erstellung der Typologie der im Korpus ermittelten toponymischen Konstituenten.

Vorab soll jedoch in Kapitel 2 dieser Arbeit eine weitergehende Definition des Begriffs 'Firmenname' gegeben werden. Ausgehend von dieser Definition soll versucht werden, die Problematik der Onomasiologie im Bereich der Firmenonomastik einführend darzustellen. Versteht man unter der Onomasiologie die Frage danach, "welche Bezeichnung genau einer bestimmten Bedeutung entspricht" (Blasco Ferrer 1996:94), muß sich der Firmeninhaber zu Beginn des Prozesses der Namengebung zuerst einmal fragen, welche Bedeutung9 er der zu wählenden Bezeichnung für seine Firma überhaupt zukommen lassen will. Dies wiederum hängt in hohem Maße von den Funktionen ab, die der FN erfüllen soll. Die wichtigsten dieser funktionalen Kriterien, die die Wahl eines Firmennamens bestimmen oder beeinflussen, sollen in Kapitel 2 einführend erörtert werden.

In Kapitel 3 werden die Grundlagen des spanischen Handelsrechts vorgestellt, sofern sie für die Verwendung von toponymischen Konstituenten in FN relevant sind, d.h. es wird darauf eingegangen, inwieweit die rechtlichen Rahmenbedingungen die Verwendung toponymischer Konstituenten in FN sanktionieren bzw. präskribieren. Im Anschluß an die bereits erwähnten Kapitel 4 und 5 sollen in Kapitel 6 die im Korpus ermittelten Belege von FN, die toponymische Konstituenten beinhalten, entsprechend der unterschiedlichen Wortgebildetheiten in eine Typologie eingeordnet werden, wobei auch nach funktionalen Vor- und Nachteilen bestimmter Kompositionstypen gefragt werden soll. Hinweise für diese Typologisierung lieferte eine weitere Fragebogenaktion: Es wurden insgesamt 65 Rundschreiben an Firmen verschickt, deren Name besondere Aufschlüsse über die Wortgebildetheit und über die Funktion der geomorphischen Dimension in FN versprach. In den Fragebögen wurde unter anderem danach gefragt, aus welchen Bestandteilen der FN besteht und welche Motive dafür ausschlaggebend waren, die entsprechenden Bestandteile zur Komposition des Firmennamens zu verwenden. 15 Adressaten beantworteten die Fragebögen. Die Ergebnisse fließen sowohl in die Kapitel 4 und 5 ein als auch in Kapitel 6.

Vor allem in den Kapiteln 5 und 6, beispielhaft jedoch auch schon in den vorangehenden Kapiteln, soll durch eine semantisch-pragmatische Analyse der FN ihre Wirkung auf den Rezipienten hin untersucht werden. Das oben erwähnte Assoziationsexperiment, bei dem den VP toponymische Konstituenten als Reizwörter dargeboten wurden, lieferte vor allem für die Analyse der kommunikativen Funktionen der toponymischen Konstituenten in Kapitel 5 wertvolle Hinweise, da sich anhand der Auswertung der Fragebögen ermitteln läßt, welche der toponymischen Konstituenten überwiegend positive Assoziationsprofile aufweisen und welche weniger positive. Ausgehend von dieser Auswertung soll in Kapitel 5 gezeigt werden, wie sich bestimmte Branchen bestehender Assoziationsnormen bedienen, um durch geschickte Komposition des FN Kunden zu gewinnen. Zur Überprüfung der Erfolgswahrscheinlichkeit dieser Persuasionsstrategien wurde im Geltungsbereich des Korpus eine dritte Fragebogenaktion10 durchgeführt, bei der die VP aufgefordert wurden, zu jeweils vier als Reizwörtern dargebotenen FN ihre Assoziationen sowie die vermutete Branchenzugehörigkeit der Firma aufzuschreiben. Die Ergebnisse dieses Assoziationsexperimentes fließen ebenfalls in die Hausarbeit ein. Am Schluß dieser Arbeit soll eine Zusammenschau der Ergebnisse stehen, die zugleich den Blick für mögliche weitergehende Forschungen öffnen soll.

2 Der Firmenname: Definition und funktionale Aspekte

2.1 Definition des Begriffs 'Firmenname'

Um den Begriff 'Firmenname' zu klären, sollen zuerst die beiden Bestandteile des Kompositums einzeln definiert werden. Hansack (1990:33) gibt die folgende Definition des Begriffs 'Name': "Eigennamen sind Bezeichnungen für Individua (im Gegensatz zu Appellativa, die als Klassenbezeichnungen fungieren)". Zum Begriff 'Firma' finden sich im DUDEN 5 die beiden folgenden Definitionen: "a) kaufmännischer Betrieb, gewerbliches Unternehmen; b) der ins Handelsregister eingetragene Name eines Unternehmens, Geschäfts o.Ä." (vgl. DUDEN 5, s.v.). Unter 'Firmenname' soll in dieser Hausarbeit demnach in Anlehnung an Hansacks Definition von 'Name' und der im DUDEN 5 unter a) gegebenen Definition von 'Firma' ein sprachlicher Lautkörper verstanden werden, der ein Individuum, d.h. ein konkretes Objekt der außersprachlichen Wirklichkeit, bezeichnet, bei dem es sich um einen kaufmännischen Betrieb oder ein gewerbliches Unternehmen handelt. Diese Definition entspricht im Ansatz der Definition von 'Firma', wie sie im DUDEN 5 unter b) zu finden ist11. Im Sinne von b), d.h. im Sinne der oben gegebenen Definition von 'Firmenname', ist hingegen die Definition von 'Firma' zu verstehen, die das Handelsgesetzbuch gibt: Nach § 17 (1) HGB (1989:168 ff.) ist die "Firma eines Kaufmanns der Name, unter dem er im Handel seine Geschäfte betreibt und die Unterschrift abgibt". In dieser Definition werden dem FN zwei grundlegende Aufgaben zugewiesen: Zum einen dient er, wenn Platons Terminologie von der "Sprache als organon " auf den Bereich der Firmenonomastik angewandt wird, dem Firmeninhaber als Instrument, seine Geschäfte zu betreiben, indem der Firmeninhaber der Öffentlichkeit mit Hilfe des Firmennamens etwas über seine Geschäftstätigkeit mitteilt (vgl. Bühler 1934: 24 ff.); zum anderen hat der FN

"als Handelsname des Vollkaufmannes ebenso wie der bürgerliche Name die Aufgabe, den

Inhaber des Geschäftes zu individualisieren und von anderen zu unterscheiden. Die größte

Ähnlichkeit weist [der Firmenname] dementsprechend mit dem bürgerlichen Namen auf,

von dem [er] sich im Grunde nur dadurch unterscheidet, daß [er] kein Zwangsname, son­

dern Wahlname ist" (vgl. HGB 1989:169).

Indem der Kaufmann mit dem Namen seiner Firma unterschreibt, bedient er sich der mit dem Akt der Namengebung vollzogenen Zuordnung des Firmennamens zu seiner eigenen Person sowie zu seiner Firma. Er nutzt also die Symbolfunktion, die der FN im Bühlerschen Sinne kraft seiner Zuordnung zu Firma und Firmeninhaber erhält (vgl. Bühler 1934:28). Erst auf Grundlage dieser mit dem Akt der Namengebung etablierten Beziehung zwischen dem FN und der Firma als Objekt der außersprachlichen Wirklichkeit kann der FN die ihm im HGB zugewiesene Aufgabe, den Inhaber des Geschäftes sowie das Geschäft selbst von anderen zu unterscheiden, erfüllen12.

2.2 Die Zwischenstellung der FN zwischen Eigennamen und Appellativa

Voraussetzung für die Unterscheidungs- bzw. Individualisierungsfunktion, die sowohl dem FN als auch dem bürgerlichen Namen im HGB zugesprochen wird (vgl. unter 2.1), ist, daß der Name im Sinne von Hansacks Definition ein Individuum bezeichnet, und nicht eine Gruppe gleichgearteter Dinge oder Lebewesen. Der Name muß es also ermöglichen, das Referenzobjekt oder -Subjekt, im Falle des FN also die zugehörige Firma und im Falle des bürgerlichen Namens die dazugehörige Person, eineindeutig zu identifizeren (vgl. Werlen 1996:1740), bevor er die Funktion leisten kann, das ihm zugeordnete Referenzobjekt bzw. - Subjekt von anderen Umweltreferenten zu unterscheiden. Die Beziehung zwischen Namen und Umweltreferent ist dann eineindeutig, wenn zum einen der Umweltreferent nur einen einzigen Namen besitzt und wenn zum anderen der Name, den der Umweltreferent trägt, nur für diesen einen Umweltreferenten verwendet wird und für keinen weiteren.

Die Schlüsselbedeutung des Begriffes 'Eineindeutigkeit' für die Onomasiologie soll anhand eines Beispiels einer kommunikativen Situation veranschaulicht werden: Es soll der Fall angenommen werden, daß ein Lehrer in einer Schulklasse einen bestimmten Schüler nach vorne an die Tafel bitten will. Würde der Lehrer dazu die Worte "Schüler, komm bitte an die Tafel" verwenden, so würde sich niemand direkt angesprochen fühlen, da durch die Verwendung des Appellativs "Schüler" keine Eindeutigkeit vom Bezeichnenden in Richtung Referenzsubjekt vorliegt. Es wäre lediglich klar, daß der Lehrer (wohl) ein männliches Mitglied der Klasse meinen muß. Würde der Lehrer dagegen die Worte "Thomas, komm bitte an die Tafel" aussprechen, so würde der betreffende Schüler in der Regel ohne Umschweife an die Tafel kommen, da in diesem Fall eine Eindeutigkeit vom Bezeichnenden in Richtung Referenzsubjekt (dem Schüler namens Thomas) vorläge.

Diese Eindeutigkeit wäre jedoch wieder aufgehoben, wenn es in der Klasse zwei Schüler namens Thomas gäbe. Würde der Lehrer in diesem Fall die Worte "Thomas, komm bitte an die Tafel" aussprechen, so müßte er mit dem Schüler, den er meint, entweder Blickkontakt aufnehmen, oder er müßte dem Vornamen Thomas den entsprechenden Nachnamen des Schülers hinzufügen, anderfalls könnten sich beide 'Namensvetter' gleichermaßen angesprochen fühlen. In der Regel ergibt sich die eineindeutige Identifizierung von Personen also erst aus der Kombination aus Vor- und Nachnamen, und selbst dann kann angesichts von bürgerlichen Namen wie Fritz Müiier oder Kari Meier nicht immer von einer eineindeutigen Identifizerung des Individuums durch seinen Namen die Rede sein. Ähnliches gilt im Bereich der Toponyme: Wie ein Blick in das Postleitzahlenbuch zeigt, bedürfen Städtenamen wie Frankfurt/Main und Frankfurt/Oder oder Bornheim/Rheinland und Bornheim/Hessen schon eines zusätzlichen zweiten (distinktiven) Toponyms als Determinans, um die Identifizerung des Ortes zu gewährleisten. Im Bereich der FN ist ebenfalls das Phänomen der fehlenden Eindeutigkeit vom Bezeichnenden in Richtung Referenzobjekt zu beobachten: Bei den FN Brauerei Carisberg und Brauerei Karisberg zum Beispiel ist die Identifzierung des Referenzobjektes lediglich durch die unterschiedliche Graphie gewährleistet; werden die beiden Namen dagegen ausgesprochen, lassen sie sich schon nicht mehr voneinander unterscheiden13.

Die fehlende Eindeutigkeit vom Namen hin zum Namenträger ist auch der Grund dafür, daß die mit den FN verwandten Warennamen als "Grenzgebiet zwischen Eigennamen und Appellativa angesehen werden": Sie "bezeichnen nicht unmittelbar individuelle Exemplare, sondern benennen diese nur mittels eines Gattungsnamens, eines Namens für einen Warentyp". (Gläser 1973:220). Gläser nennt als Beispiel die Produktnamen von Automarken, wie etwa Wartburg oder FORD Corsair. Diese Namen bezeichnen sowohl einen ganz speziellen Autotyp als auch alle Autos dieses Typs, die jemals produziert wurden. Sie sind "sowohl Appellativa (Personenkraftwagen) als auch eine propiale Bezeichnung für einen Warentyp mit unverwechselbaren Eigenschaften" (ebd.).

Im folgenden soll gezeigt werden, daß aufgrund der häufig fehlenden Eindeutigkeit vom Namen hin zum Namenträger auch den FN eine Zwischenstellung zwischen Eigennamen und Appellativa eingeräumt werden kann. Dazu soll zunächst untersucht werden, was passiert, wenn Appellativa einschränkend als Eigennamen bzw. Eigennamen als Appellativa verwendet werden, wie dies im Bereich der Waren- und Firmenonomastik durchaus zu beobachten ist. Nehmen wir zum Beispiel an, ein Gastronom möchte sich selbständig machen und eine Kneipe eröffnen. Für seine Firma wählt er als Namen Die Kneipe. Mit diesem Namen möchte er Kunden anziehen, die mit dem Gattungsnamen 'Kneipe' andere Begriffe wie 'Gastlichkeit', 'Gemütlichkeit', 'Thekengespräch' oder 'Bier' assoziieren. Durch die Verwendung des bestimmten Artikels die möchte der Wirt seine Kneipe als 'die Kneipe schlechthin', als den Prototyp aller Kneipen darstellen, im Vergleich zu dem andere Kneipen nur als eine schlechte Kopie erscheinen. Schließlich verfolgt der Wirt das Ziel, daß seine Stammgäste, wenn sie das Wort 'Kneipe' hören, nur noch an seine Kneipe denken. Anstatt, wie im semiotischen Dreieck von Ogden/Richards (vgl. Bußmann s.v.), den sprachlichen Lautkörper 'Kneipe' über das dazugehörige begriffliche Konzept mit dem Referenzobjekt zu verbinden, soll der Stammgast also den Lautkörper 'Kneipe' direkt mit dem Referenzobjekt verbinden, das den Namen Die Kneipe trägt.

Umgekehrt erfahren im Bereich der Warenonomastik viele Markennamen eine funktionale Erweiterung hin zu Gattungsnamen: Wer in Spanien zum Beispiel in einer bar ein Kas de Limón, eine Zitronenlimonade aus dem Hause Pepsi, bestellt, der wird auch nicht böse sein, wenn er vom Kellner das Konkurrenzprodukt vom Coca-Cola-Konzern erhält, solange dieses Konkurrenzprodukt ebenfalls die mit dem Namen Kas de Limón assoziierte Eigenschaft besitzt, nach Zitrone zu schmecken. Ebenso sind die Markennamen Casera als Synonym für gaseosa oder Kieenex als Synonym für Papiertaschentuch, zu Deutsch Tempo, aufgrund der marktbeherrschenden Stellung der Produkte vom Eigennamen zum Appellativum übergegangen.

Wie am Beispiel Die Kneipe gezeigt werden sollte, wird bei der Namengebung im Bereich der Firmenonomastik sehr oft auf Appellative zurückgegriffen. Der Grund dafür ist darin zu sehen, daß der FN neben seiner Funktion, die Firma als Referenzobjekt zu identifizieren, auch noch die Aufgabe erfüllen soll, "das Referenzobjekt in einer bestimmten Hinsicht zu charakterisieren" (Werlen 1996:1740). Diese Funktion des Namens tritt zum Beispiel im Bereich der Rufnamen in den Hintergrund: Denn für die Wahl des Namens, den die Eltern ihrem neugeborenes Kind geben, sind meist ästhetisch-euphonische Motive, die Familientradition oder aktuelle Modeströmungen im Bereich der Rufnamen ausschlaggebend. Nur wenn die Eltern bei der Wahl des Namens schon eine Vorstellung davon haben, welche Talente ihrem Kind mit in die Wiege gelegt sind oder welche Eigenschaften sie sich für ihr Kind wünschen, werden sie ihren Sohn zum Beispiel als Viktor im Sinne von "geborener Siegertyp", ihre Tochter als Steffi im Sinne von "geborene Tennisspielerin" oder als Maria im Sinne von "tugendhaftes Mädchen" vorab charakterisieren.

Der Firmengründer hat dagegen ein vitales Interesse daran, das Referenzobjekt, d. h. die neu zu gründende Firma, in einer bestimmten Weise zu charakterisieren, denn er möchte unter dem Firmennamen seine Geschäfte betreiben (vgl. §17 HGB). Für diesen Zweck erscheint es von Vorteil, den potentiellen Kunden mit Hilfe des Firmennamens so viel über das Wesen der Firma mitzuteilen, daß sie die Firma einer bestimmten Branche zuordnen können, damit die potentiellen Kunden, wenn sie das Produkt oder die Dienstleistung dieser Branche benötigen, die Firma als eine der möglichen Kandidaten erkennen, die das benötigte Produkt oder die benötigte Dienstleistung anbieten. Um ihre Firma zu charakterisieren und dadurch die Zuordnung der Firma zur Firmengattung, d.h. zur Branche, zu ermöglichen, wählen viele Firmengründer bei der Namengebung das Appellativum der entsprechenden Branche als einen der Bestandteile des Firmennamens. Die Bedeutung der branchenbezeichnenden Appellativa (das Ogden-Richardse meaning ; vgl. Pelz 1992:45) bleibt also, wenn sie als Bestandteil von FN verwendet werden, erhalten und ermöglicht so die Zuordnung der Firma zur Branche. Dieser Fortbestand des Bedeutungsgehaltes der branchenbezeichnenden Gattungsnamen spricht dagegen, die FN den Eigennamen zuzuordnen, da diese aufgrund der Tatsache, daß sie Individuen bezeichnen, keine Bedeutung haben können.

Ist der Gattungsname der Branche jedoch einziger Bestandteil des Firmennamens, so kann dessen indentifizierende Funktion sehr leicht zunichte gemacht werden. Wenn also, um bei dem Beispiel Die Kneipe zu bleiben, diese Namengebung Nachahmer im selben Dorf oder im selben Stadtviertel fände, die ihre Kneipe ebenfalls Die Kneipe nennen würden, so wäre der Name nicht mehr eindeutig einem Referenzobjekt zuzuordnen, und die Strategie des namenschöpfenden Wirtes, daß die Einwohner des Dorfes oder des Stadtteils und speziell seine Stammgäste das Wort Kneipe ausschließlich auf seine Kneipe beziehen sollten, wäre hinfällig.

Wenn der FN also zum einen dem Firmeninhaber dazu dienen soll, seine Geschäfte zu betreiben, und zum anderen, den Firmeninhaber und die Firma als Referenzsubjekt und - objekt von anderen Firmen der gleichen Branche zu unterscheiden (vgl. Def. des HGB), dann muß der FN neben dem die Branche bezeichnenden Gattungsnamen noch weitere Konstituenten enthalten, die dazu dienen, die Zuordnung vom FN in Richtung Firma eindeutig zu machen und die Firma dadurch zu identifizieren. Um aufzuzeigen, welcher Art diese weiteren Bestandteile von FN sein können, die als Determinans dem Gattungsnamen (Determinatum) der Branche hinzugefügt werden, sollen die folgenden Beispiele aus dem Korpus miteinander verglichen werden:

(1) Cristaieria A. Martin, S.L. ( C 'ristaierias14, Jerez)
(2) CrMaicr/a ai-Andaius (Cristaierias, Jerez),
(3) CrMaicr/a Andaiucia (Cristaierias, Jerez)
(4) Viajes Marceii y Juanito S.A. (Agencias de Viajes, Aigeciras)
(5) Viajes Africa Travei, S.L. (Agencias de Viajes, Aigeciras),
(6) Viajes Tourafrica S.A. (Agencias de Viajes, Aigeciras)
(7) Azuiejos Aviia S.A. (Azuiejos: estabiecimientos, Cadiz.)
(8) Azuiejos dei Sur S.L. (Azuiejos: estabiecimientos, Aigeciras)
(9) Azuiejos y Pavimentos dei Sur (Azuiejos: estabiecimientos, La Lmea)

In den Beispielen (1) und (4) übernehmen Personennamen die Funktion, die Firma gegenüber anderen Firmen, deren FN den selben branchenbezeichnenden Gattungsnamen beinhalten, zu identifizieren. In Beispiel (7) übernimmt diese Funktion ein Toponym aus der Region Castiiia y León, während in den Beispielen (2) und (3), (5) und (6) sowie (8) und (9) toponymische Konstituenten mit Bezug zum spanischen Süden als Determinanten des branchenbezeichnenden Gattungsnamens dienen. Jedoch ist allen Beispielen gemeinsam, daß die FN, obwohl sie einen den branchenbezeichnenden Gattungsnamen näher bestimmenden zweiten Bestandteil enthalten, weiterhin als Gattungsnamen fungieren: Obwohl FN (1) sich durch den Bestandteil A. Martin eindeutig von (2) und (3) unterscheidet, ist durch die Verwendung des Appellativums cristaieria klar, daß Firma (1) ebenso wie (2) und (3) der Branche 'Glasereien' angehören, d.h. der Gattungsname cristaieria behält als Bestandteil der FN seinen Bedeutungsinhalt bei. Gleiches gilt für die Appellativa azuiejos und viajes. Zum anderen wird deutlich, daß die FN (1), (4) und (7) sich zwar jeweils eindeutig von den beiden anderen FN der jeweiligen Gruppe unterscheiden, daß sich jedoch diese beiden anderen FN jeweils sehr ähnlich sind. In (2) und (3) unterscheiden sich die FN lediglich durch die arabische bzw. kastilische Schreibweise von Andaiusien, in (5) und (6) leisten zwei unterschiedliche Fremdwörter für den Begriff'Reisen, die in Tautologie zum Gattungsnamen viajes stehen, die Unterscheidungsfunktion, und in (9) wird dem FN ein weiterer Gattungsname ( pavimentos ) hinzugefügt, um die Unterscheidung zu (8) zu gewährleisten. Wie zu sehen ist, sind FN mit derselben toponymischen Konstituente selbst innerhalb derselben Branche reihenbildend. Man könnte bei den Wortgebildetheiten (2) und (3), (5) und (6) sowie (8) und (9) daher von Untergattungsnamen innerhalb derselben Branche sprechen: (2) und (3) hätten dann die Bedeutung "Glaserei in Andalusien", (5) und (6) hätten die Bedeutung "auf Reisen nach (Nord-)Afrika spezialisierte Reisebüros" und (8) und (9) hätten die Bedeutung "Fliesengeschäfte im Süden Spaniens". Abschließend bleibt festzuhalten, daß einer Mehrheit der im Korpus ermittelten FN, die für die Fragestellung der vorliegenden Arbeit relevant sind, eine Zwischenstellung zwischen Appellativa und Eigennamen eingeräumt werden kann, da sie aus den ihre Branche bezeichnenden Appellativa und aus reihenbildenden toponymischen Konstituenten mit Bezug zum spanischen Süden bestehen.

2.3 Die Motiviertheit der Firmennamen

2.3.1 Die Durchsichtigkeit oder morpho-semantische Motiviertheit der FN

Eine Wortgebildetheit gilt dann als 'morpho-semantisch motiviert', wenn sich ihre Gesamtbedeutung dem Rezipienten aus der Summe der Bedeutungen ihrer einzelnen Bestandteile erschließen läßt (vgl. Bußmann 1990:507). Die morpho-semantische Motiviertheit von Wortgebildetheiten beruht auf der grundlegenden Feststellung, daß zwischen Wortgebildetheiten und ihren einzelnen Bestandteilen "formal-semantische Ähnlichkeiten bestehen [können], die systematischer Natur sind und eigenen Gesetzmäßigkeiten zu unterliegen scheinen" (Rainer 1993:16). Rainer (ebd.) nennt als Beispiel die Wörter gramaticaiizar und gramaticaiización. In diesem Beispiel wird das Substantiv gramaticaiización vom Verb gramaticaiizar abgeleitet, von dem es also sowohl semantisch als auch morphologisch motiviert wird, da das Stammorphem gramaticaiiz- sowohl seine Bedeutung als auch seine Form beibehält, so daß sich dem Rezipienten die Bedeutung von gramaticaiización aus dem Stammorphem und dem die Wortklasse 'Substantiv' anzeigenden Suffix -ación erschließen läßt. Gauger (1970:7ff.) führt für solche Wortgebildetheiten, die in ihrer Form auf ein Grundwort hinweisen, von dem sie auch ihre inhaltliche Lebendigkeit beziehen, den Begriff 'durchsichtige Wörter' ein. Er gibt als Beispiel das undurchsichtige Grundwort Garten und als durchsichtige Wörter das von Garten abgeleitete Gärtner und das Kompositum Gartenhaus. Es ist klar, daß sich dem Rezipienten die Bedeutung von Gärtner durch die im Deutschen gegebene Reihenbildung des Suffixes - er zur Anzeige von Nomina agentis ohne Probleme erschließt, allerdings unter der von Gauger vernachlässigten Voraussetzung, daß der Rezipient sowohl die Bedeutung des undurchsichtigen Grundwortes Garten kennt als auch die wortbildende Funktion der Endsilbe -er. Hat der Rezipient jedoch die Vokabel Garten und noch die Ablaut-Regel gelernt und weiß er, daß die Endsilbe -er im Deutschen Bestandteil von Nomina agentis sein kann, so kann er sein Wissen auf die Wortgebildetheit Gärtner anwenden und sie aufgrund ihrer "formal-inhaltlichen Beschaffenheit" (ebd.), d.h. aufgrund ihrer morpho-semantischen Verwandtschaft zum Grundwort Garten, erklären: Ein Gärtner wäre demnach eine Person, die sich "mit dem Garten beschäftigt" (ebd.), während ein Gartenhaus ein "Haus im Garten" wäre.

Es muß jedoch noch einmal darauf hingewiesen werden, daß sich dem Rezipienten die Gesamtbedeutung einer durchsichtigen Wortgebildetheit nur dann erschließen läßt, wenn er zuvor die Bedeutungen ihrer Bestandteile kennt. Um zu Rainers Beispiel zurückzukehren, würde es dem Rezipienten nichts nutzen, wenn er das Substantiv gramaticalización formal auf das Verb gramaticalizar zurückführen kann, wenn er nicht die Bedeutung des beiden Wortgebildetheiten gemeinsamen Grundwortes gramatica kennen würde, d.h. während seiner schulischen Ausbildung gelernt hätte. Der Rezipient muß also die Bedeutung des Simplex, d.h. des Lexems, mit dem die durchsichtige Wortgebildetheit morpho-semantisch verwandt ist, aus seinem individuellen Lexikon abrufen können, um die Gesamtbedeutung der Wortgebildetheit aus der Bedeutung ihrer einzelnen Bestandteile erschließen zu können. Selbst wenn sich also abgeleitete bzw. zusammengesetzte Wortgebildetheiten aufgrund morphologischer Verwandtschaft auf ein Grundwort zurückführen lassen, sind sie für den Rezipienten nur unter der Bedingung durchsichtig, daß ihm Bedeutung des Grundwortes bekannt ist, sei.es, daß er die Bedeutung des jeweiligen Grundwortes im Verlaufe des Spracherwerbs in einem konkreten Akt der Parole kennengelernt und memoriert, in einem Wörterbuch ermittelt oder im Sprachunterricht gelernt hat. Entstanden sind Grundwörter wie Garten, die sich nicht weiter morphologisch analysieren lassen, nicht durch Wortbildung, sondern durch 'Wortschöpfung' (vgl. Bußmann, s.v.), d.h. durch den unmotivierten, weil völlig arbiträren Akt der Zuordnung eines sprachlichen Lautkörpers (Signifikant) zu einer bestimmten Bedeutung (Signifikat). Eine Ausnahme von dieser grundsätzlichen Arbitrarität des sprachlichen Zeichens stellen lediglich die Onomatopoetika dar.

Unter synchronischem Aspekt "unterliegt [morpho-semantische] Motiviertheit vielfältigen Abstufungen" (Bußmann 1990: s.v.) von vollmotivierten über teilweise motivierte bis zu idiomatisierten Wortgebildetheiten. Ein möglicher Grund dafür, daß eine Wortgebildetheit nur als teilmotiviert empfunden wird, ist das Fehlen eines semantischen Merkmals eines ihrer Grundwörter. So erscheint das Kompositum Fahrstuhi nur als teilmotiviert, weil das Determinatum Stuhi normalerweise das semantische Merkmal " Sitz möbel" trägt15. Semantisch passender erschiene die Bezeichnung * Fahrkabine anstelle von Fahrstuhi. Wortgebildetheiten können auch dadurch ihre Durchsichtigkeit verlieren, "daß sich ihnen die Wirklichkeit, die sie meinen, gleichsam entzieht" (Gauger 1971:8): Ein Kotfiügei war zum Beispiel ursprünglich derjenige Teil einer Kutsche, der verhindern sollte, daß die Insassen der Kutsche mit dem auf den Straßen liegenden Pferdekot beschmutzt wurden. Als dann mit den ersten motorisierten Kutschen die Pferde überflüssig wurden, behielt das entsprechende Autoteil dennoch seine Bezeichnung bei.

An dieser Stelle soll abschließend noch einmal auf zwei der Beispiele aus 2.2 zurückgegriffen werden, um zu untersuchen, ob die zitierten Belege vom Typ branchenbezeichnendes Appellativ + TK als durchsichtig, d.h. morpho-semantisch voll motiviert, gelten können: Bei Beispiel (3) ist die Wortgebildetheit durchsichtig, denn es kann vorausgesetzt werden, daß ein spanischer Muttersprachler das Toponym Andahicia kennt und aufgrund seiner Kenntnis des Grundwortes cristai sowie der Endsilbe -eria, die zur Bildung von Gattungsnamen für unterschiedliche Gewerbebetriebe (vgl. cerra/eria, fontaneria, ferreteria, panaderia, nmoreria, etc.) dient, das Derivat cristaieria als "Glaserei" erklären kann. Als Gesamtbedeutung der einzelnen Bestandteile der Wortgebildetheit ergibt sich also "in Andalusien ansässige Glaserei". In Beispiel (9) muß der Rezipient dagegen keine Ableitungsregeln kennen: Die Wortgebildetheit Azuiejos y Pavimentos dei Sur ist dann für den Rezipienten durchsichtig, wenn er zum einen die Bedeutungen der einzelnen Appellativa aus seinem persönlichen Lexikon abrufen kann und zum anderen die vorliegende Metonymie durchschaut, d.h. erkennt, daß die Produkte der Firma als Name für die Firma stehen.

2.3.2 Die Pragmatik der Firmennamen: Motiviertheit durch Branchenbezug

Unter Gesichtspunkten der linguistischen Pragmatik betrachtet kann ein Firmenname dann als morphologisch motiviert gelten, wenn sich aus der Gesamtbedeutung der einzelnen Bestandteile der Wortgebildetheit ein Bezug zu der Branche ergibt, der die vom FN bezeichnete Firma angehört. Mit anderen Worten ist ein FN dann für seine spezifische Verwendung motiviert, wenn er seine wesentliche Mitteilungsfunktion erfüllt (vgl. 2.1), wenn sich also den Rezipienten über das Rezipieren des FN erschließt, welcher Art die Geschäfte sind, die die Firma betreibt. Wesentliche Voraussetzung für die Motiviertheit eines Firmennamens ist also, daß er durchsichtig ist: In Beispiel (3) aus 2.2 kann, wie schon gesagt, davon ausgegangen werden, daß die Wortgebildetheit crisialeria für einen spanischsprechenden Rezipienten aufgrund ihrer morpho-semantischen Verwandtschaft mit dem Grundwort cristal als Derivat mit der Bedeutung "Glaserei" durchschaubar ist. Da also die Branchenzugehörigkeit der Firma aus der Gesamtbedeutung der Wortgebildetheit Crisialeria Andalucia hervorgeht, kann dieser FN als für die Verwendung motiviert gelten.

Es sind jedoch auch Fälle denkbar, in denen FN anscheinend nicht durch die Referenz auf die Branchenzugehörigkeit der bezeichneten Firma motiviert sind, etwa dann, wenn sie nur aus dem Familiennamen des Firmeninhabers oder nur aus einem Toponym bestehen, wie zum Beispiel der im Korpus ermittelte Beleg Andalucia (fontanerias). In diesem Fall ist der FN zwar durchsichtig in dem Sinne, daß klar ist, welche Region das Toponym bezeichnet, jedoch kann kein erkennbarer Bezug zwischen dem Ortsnamen Andalucia und der Branche fonianerias festgestellt werden. Eine weiterere mögliche Ursache dafür, daß kein Bezug des FN zur Branche erkennbar ist, ist die im Bereich der Firmenonomastik beobachtbare Tendenz zur Wortkürzung, die die Wortgebildetheiten vieler FN undurchsichtig macht: Bei im Korpus vorliegenden Wortgebildetheiten wie Visur (Limpiezas: esiablecimienios) oder Cresur (Discoiecas) ist es zwar aufgrund der im Spanischen geltenden phonologischen Distributionsregeln möglich, daß die Silben vi- und cre- durch Verkürzungen von Basislexemen wie visia/vida oder creaiividad entstanden sind, jedoch ist weder die morphologische Ähnlichkeit zwischen den Silben und den möglichen Basislexemen eindeutig genug, um die beiden Wortgebildetheiten als durchsichtig erscheinen zu lassen, noch würden die ungekürzten Wörter visia/vida und creaiividad einen klaren Bezug zu den jeweiligen Branchen erkennen lassen. Im Falle des folgenden Belegs, Iesur S.L. (Eleciricidad: Insialaciones), ließe sich zwar aufgrund der Branchenzugehörigkeit der Firma und aufgrund der Tatsache, daß die beiden Phoneme /i/ und /e/ im Spanischen normalerweise nicht in dieser Distribution vorkommen, eine Siglenbildung aus I nstaiaciones e iéctricas vermuten, doch bleibt diese Erklärung der Wortgebildetheit wegen der vorliegenden morphologischen Undurchsichtigkeit und des mangelnden Belegs der Vollform im Korpus eben nur eine Vermutung16.

Des weiteren können Firmennamen als demotiviert gelten, die einen Gattungsnamen beinhalten, der scheinbar oder anscheinend nichts mit der Branche zu tun hat, der die Firma angehört: In diese Kategorie gehört das Appellativum Rauchwaren17 "Pelzwaren" (vgl. Duden 1 1980, s.v.), das ein Geschäft bezeichnet, in dem Pelze verkauft werden. Die Mehrheit der heutigen Sprachbenutzer des Deutschen versteht Rauchwaren jedoch als umgangsprachliches Synonym zu Tabakwaren (vgl. ebd.). Da Rauchwaren "Pelzwaren" in der heutigen iangue als weitgehend obsolet angesehen werden kann, geht die diachronisch bedingte Homonymie des Wortes weitgehend an der Mehrheit der heutigen Sprachbenutzer vorbei, so daß sie die Firma in die Branche Tabakiäden statt in die Branche Peizgeschäfte einordnen würde. Ein ähnlicher Effekt ergibt sich bei dem im Korpus ermittelten Beleg Copasur S.L. (Pasteierias y Confiterias), allerdings nicht wie im Fall Rauchwaren durch die Obsoletheit eines der dem sprachlichen Lautkörper zuzuordnenden Homonyme, sondern durch Partionymbildung: Ein Rezipient, der die Branchenzugehörigkeit der Firma nicht kennen würde, könnte unter Copasur durchaus ein Geschäft verstehen, daß Pokale verkauft, die an die Sieger sportlicher Wettbewerbe verliehen werden oder einfach nur als Trinkgefäße dienen. Da ein Leser der Paginas amariiias den Firmennamen jedoch unter der Branche Pasteierias y Confiterias finden wird, kann er, wenn er die grundlegenden Wortbildungsprozesse im Bereich der Firmenonomastik kennt, die Wortgebildetheit auch als in der Reihenfolge der Konstituenten vertauschte Tandembildung aus * Co nfherias y Pa steierias+ sur deuten, womit der FN durch den erkennbaren Branchenbezug motiviert wäre. Die Wortgebildetheit ist jedoch in Wirklichkeit auf Comerciai Pasteieria dei Sur zurückzuführen18, d.h. auch hier kann der Leser der Paginas amariiias den Bezug zur Branche herstellen, wenn er die Reihenbildung des Kompositionstyps kennt (vgl. zum Beispiel den FN Comercial Gaditana de Pasteleria, der ebenfalls die Bestandteile Comercial und Pasteleria enthält).

In anderen Fällen schließlich erscheinen FN deshalb als nur schwach motiviert oder völlig demotiviert, weil sie Gattungsnamen enthalten, die allem Anschein nach nichts oder nichts mehr mit der Branche zu tun haben, unter der die Firma im Korpus verzeichnet ist: Als Beispiel ist Andalgolf S.L. (Excavaciones) zu nennen, da diese Wortgebildetheit vielleicht passend wäre als Name der Betreiberfirma eines in Andalusien gelegenen Golfplatzes oder eines Geschäftes für Golfzubehör. Ein Bezug zur Branche Excavaciones wäre lediglich dann denkbar, wenn sich der Firmeninhaber auf Erdbewegungen spezialisiert hätte, die für den Bau von Golfplätzen nötig sind. Ein anderes Beispiel aus dem Korpus ist Macrotelefonia División Andalucia S.L. (Restaurantes), bei dem der Bezug zwischen dem Appellativum Macrotelefoma und der Gastronomiebranche recht unklar bleibt. Bei diesen beiden Belegen liegt also anscheinend Verfremdung vor, da sie Appellativa enthalten, die in einem Branchenkontext verwendet werden, in dem sie nicht üblich sind, d.h. keine semantisch erwartbaren Sequenzen darstellen.

Im Korpus überwiegen jedoch bei weitem die Belege, in denen Gattungsnamen als Bestandteile von FN die Funktion haben, die Firma als Referenzobjekt eindeutig als "einer bestimmten Branche zugehörig" zu charakterisieren. Diese Belege lassen sich in zwei Gruppen einteilen, zum einen in FN, die Appellativa enthalten, die die Firmengattung selbst bezeichnen, und zum anderen in FN, die Appellativa enthalten, die die Produkte und Dienstleitungen bezeichnen, die von der zugehörigen Firmengattung verkauft oder angeboten werden. Um den Unterschied deutlicher zu machen, sollen nochmals die Beispiele (3) und (8) aus 2.2. herangezogen werden: Im Kompositum Cristaleria Andalucia ist der Name der Firmengattung enthalten, d. h. durch das im FN enthaltene Appellativum Cristaleria mit der Bedeutung "Glaserei" wird die Firma als Referenzobjekt direkt bezeichnet, so daß durch die Bedeutung des Signifiants unmittelbar klar wird, welcher Gattung die bezeichnete Firma angehört. Im Kompositum Azulejos del Sur hingegen muß der Rezipient über den das verkaufte Produkt bezeichnenden Gattungsnamen Azulejos darauf zurückschließen, daß es sich bei der Firma um eine * tienda compania de azulejos del sur handelt. Komposita des Typs (8) werden "exozentrische Komposita" genannt, da in ihnen "the basis, the determinatum, is implicitly understood, but not formally expressed. The combinations are compounds with a zero determinatum, [...] as the determinatum lies outside the combination" (Marchand (zitiert nach Borsoi 1967:90). Als endozentrische Komposita sollen dagegen gemäß der bestehenden Dichotomie Komposita verstanden werden, in denen das die Firma bezeichnende Appellativum als Determinatum enthalten ist (vgl. Borsoi 1967:91). In vielen Branchen kommen exozentrische und endozentrische Komposita als Wortgebildetheiten von FN nebeneinander vor: So wurden zum Beispiel im Korpus die Belege Agencia de Viajes Sur 92 S.A. (endozentrisch) und Viajes Europa Sur (exozentrisch) ermittelt. Wegen des im Bereich der Firmenonomastik geltenden Gebots der Sprachökonomie ist jedoch in Fällen, in denen das die Firmengattung bezeichnende Appepellativ ein präpositionales Kompositum19 ist wie zum Beispiel agencia de viajes und kein Derivat wie cristaieria, eine Tendenz zur Verwendung der exozentrischen Variante durch Ellipse des Determinatums zu beobachten20.

Innerhalb der Determinativkomposita vom Typ Gattungsname + TK läßt sich jedoch auch eine Unterteilung nach einem anderen Kriterium vornehmen, nämlich danach, ob der Gattungsname das Determinatum und die TK das Bestimmungswort ist oder umgekehrt. So sind im Falle von Cristaieria Andaiucia und Azuiejos dei Sur die Appellative zur Bezeichnung der Firmengattung bzw. des verkauften Produktes die Grundwörter, die von den toponymischen Konstituenten näher bestimmt werden. Bei der Wortgebildetheit (10) Compama andaiuza de Teiecomunicaciones fungiert jedoch der die Art der angebotenen Dienstleistung bezeichnende Gattungsname als Determinans, der die Nominalphrase näher bestimmt. Bestandteil der Nominalphrase ist wiederum das regionymische Adjektiv andaiuza, das das Substantiv Compama näher bestimmt und seinerseits als Bestandteil der Nominalphrase vom Gattungsnamen teiecomunicaciones näher bestimmt wird. Analog dazu sind FN vom Typ (11) Andaiuza de Märmoies gebildet: Auch hier ist die TK das Determinatum, das vom das zu verkaufende Produkt bezeichnenden Gattungsname bestimmt wird. FN (11) ist jedoch im Gegensatz zu (10) exozentrisch, denn das die Art des Referenzobjektes bezeichnende Appellativum Compama ist in (11) ausgelassen, so daß sich der Rezipient zum Adjektiv Andaiuza gleichsam eines der Substantive empresa, compama, tienda o.ä. hinzudenken muß. Durch die Ellipse des die Art des Referenzobjektes bezeichnendes Substantives konvertiert Andaiuza offensichtlich zumindest teilweise vom Adjektiv zum Substantiv.

An dieser Stelle sollen noch einmal kurz die beiden bisher aufgezeigten Funktionen von FN rekapituliert werden, und zwar anhand eines Rückgriffs auf Bühlers Organon-Modell (vgl. Bühler 1934:28): Nach Bühler ist das sprachliche Zeichen erstens Symbol "kraft seiner Zuordnung zu Sachverhalten und Gegenständen" (ebd.). Wie in den bisherigen Ausführungen gezeigt, ist der FN als sprachliches Zeichen in der Regel ein eineindeutiges Symbol, da er zwar Appellativa enthalten kann, sich jedoch auf eine einzige Firma als Referenzobjekt bezieht. Aufgrund seiner Eineindeutigkeit identifiziert das Symbol 'Firmenname' die dazugehörige Firma und unterscheidet sie gleichzeitig von anderen Firmen. Zweitens ist das sprachliche Zeichen nach Bühler Symptom "kraft seiner Abhängigkeit vom Sender, dessen Innerlichkeit es ausdrückt" (ebd.). Auch der FN besitzt diese Ausdrucksfunktion, denn mit dem Akt der Namengebung identifiziert der Firmengründer seine Firma nicht nur, sondern er drückt gleichzeitig seine bis dato der Öffentlichkeit unbekannte Absicht aus, daß er den Schritt in die Selbständigkeit wagen will21. Entscheidet sich der Firmengründer dafür, das die Branche bezeichnende Appellativum (wie z.B. cristaieria oder agencia de viajes) mit in den FN aufzunehmen, dann macht er die Öffentlichkeit nicht nur darauf aufmerksam, daß er eine Firma gegründet hat, sondern er informiert sie außerdem darüber, mit welcher Art von Geschäften er sich Aussichten auf unternehmerischen Erfolg ausrechnet22. Gleichzeitig lädt er die Öffentlichkeit ein, seine von ihm angebotene Dienstleistung in Anspruch zu nehmen bzw. das von ihm hergestellte oder angebotene Produkt bei seiner Firma zu kaufen. Der FN hat also neben der Identifizierungsfunktion und der Ausdrucksfunktion auch noch eine Appellfunktion (vgl. ebd.), da er das Verhalten der Rezipienten dahingehend verändern soll, Kunden der Firma zu werden. Diese Appell- oder Werbefunktion kann als der eigentliche Beweggrund für die Schöpfung von FN angesehen werden, wie Praninskas (1968:12) feststellt:

"We learned that the term trade name is a somewhat generic one, which is used to refer

to any name created for the specific purpose of furthering trade. Thus a trade name may

be a product name, a brand name [...] or the name of a business establishment".

Der Firmenname wird vom Firmengründer primär zu dem Zweck geschaffen, um die Rezipienten des Firmennamens als Kunden zu gewinnen, mit diesen Kunden Geschäfte zu machen und auf diese Weise Geld zu verdienen.

Jeder Firmenname ist also eine vom Firmeninhaber (Sender) ausgesandte "Botschaft, die gehört werden [soll]" (Lötscher 21992:356), und zwar von einem möglichst großen Kundenkreis (Empfänger). Firmeninhaber, die ihrem Geschäft Namen wie (3) Cristaieria Andaiucia oder (1) Cristaieria A. Martin geben, begnügen sich jedoch in erster Linie damit, die Rezipienten darüber zu informieren, daß die Firma existiert und zu welcher Branche sie gehört. Da sie dem Rezipienten außer der Tatsache, daß die Firma in Andalusien beheimatet ist (3)23 bzw. daß der Firmeninhaber A. Martin heißt (1)24, keine Argumente geben, warum er Kunde eben dieser Firma werden soll und keiner anderen (vgl. Zahn 1972:42), fällt der " speech appeai " (Bühler 1934:29, [Kursivsetzung im Original]) dieser beiden FN entsprechend schwach aus.

Wenn ein FN seiner Werbefunktion gerecht werden soll, so muß der Firmengründer vor der Namengebung in einem ersten Schritt einzugrenzen versuchen, welche Ansprüche potentielle Kunden an Firmen der Branche stellen, in der er unternehmerisch aktiv werden will. Ist sich der Firmengründer dieser Anspruchshaltung seiner potentiellen Kunden bewußt, so kann er einen FN kreieren, in dem diese mit einer bestimmten Branche verknüpften Leistungsanforderungen zum Ausdruck kommen und als Argumente dienen, von denen sich die Namenrezipienten vereinnahmen lassen. Wenn es also das gewerbliche Ziel des Firmeninhabers ist, sich einen möglichst großen (Stamm-)kundenkreis zu schaffen, dann muß er darauf bedacht sein, einen Firmennamen zu bilden, dessen Werbebotschaft deckungsgleich mit den Ansprüchen der potentiellen Kunden ist: Der FN muß also einem konkreten Rezipienten suggerieren, daß die Bedürfnisse, deretwegen der Rezipient die Paginas amariiias öffnet, von der dazugehörigen Firma besser befriedigt werden als von der Konkurrenz. Um diesem Ziel gerecht zu werden, sollte der FN sowohl aus Elementen zusammengesetzt sein, die informativen Charakter haben, als auch aus Elementen, die persuasiven Charakter haben:

"Las dos categorias de la comunicación publicitaria se combinan para la consecución eficaz del objectivo comercial, pero su mecanismo de actuación es diferente. Con la in-

formación se difunden mensajes sobre la existencia de [la empresa] y sus caracteristi- cas: con la persuasión se difunden mensajes motivantes que proclaman la existencia del

producto y exaltan sus caracteristicas. Con la información se da la noticia de un hecho comprobable (la existencia de [la empresa]); con la persuasion se da la noticia interpre tada del hecho (la significación [de la empresa] en cuanto a satisfacción óptima de una necesidad). La información, en definitiva, aspira a dar a conocer; la persuasion inspira a

influir" (Sanchez- Guzman 1979:81-82).

Erst aus dem Zusammenwirken von Information und Persuasion erhält der FN also bereits im Augenblick der Namengebung einen besonders starken speach appeal. Es handelt sich sozusagen darum, das an die Adresse der Rezipienten gerichtete Ausrufezeichen, das jeder FN kraft seiner Existenz in sich trägt (vgl. Lötscher 21992:356), durch Verwendung persuasiver Bestandteile größer zu machen.

Um dieses Ziel zu erreichen, greifen im Bereich der Firmenonomastik viele Namengeber auf Phantasie-Zusätze zurück, die dem die Branche bezeichnenden Appellativum hinzugefügt werden (vgl. Koß 1996:1798). Koß (ebd.) nennt als Beispiel Victoria Rückversicherungs-AG, wobei Victoria als Phantasie-Zusatz verstanden wird, weil diese Konstituente nicht wie die beiden weiteren Bestandteile des Namens (das die Branche bezeichnende Appelativum sowie die den rechtlichen Status der Firma bezeichnende Abkürzung) vom deutschen Handelsrecht zwingend als Bestandteil des Firmennamens vorgeschrieben ist, sondern der Phantasie des Namengebers entsprungen und insofern im rechtlichen Sinne arbiträr ist.

Im sprachpragmatischen Sinne ist die Wahl solcher Phantasie-Zusätze hingegen nicht arbiträr, denn sie sollen den Rezipienten ja Argumente dafür liefern, die durch den Phantasie­Zusatz mit bezeichnete Firma anderen Firmen vorzuziehen. Um den Unterschied klarzumachen, der zwischen FN besteht, deren Bestandteile primär informativen Charakter haben, und anderen, die sowohl aus informativen Elementen als auch aus persuasiven Zusätzen bestehen, soll ein im Korpus errmitteltes Beispielpaar zweier FN aus derselben Branche untersucht und verglichen werden:

(12) Sur Seguros S.A.

(13) Hércules Seguros

FN (12) übermittelt den Rezipienten im Sinne von Sanchez-Guzman eine primär informative Botschaft: Es wird mitgeteilt, daß die Firma a) existiert, b) die besondere Eigenschaft besitzt, eine Versicherungsfirma zu sein und c) ihren Firmensitz im Süden hat, so daß anzunehmen ist, daß die Mitarbeiter sich mit Versicherungsfragen dieser Region besonders gut auskennen. FN (13) ist dagegen in viel stärkerem Maße ein "suggester oder redender Name" (Gläser 1973:224): Er informiert die Rezipienten zwar auch darüber, daß es sich um eine Versicherungsfirma handelt, die ihren Firmensitz im Süden Spaniens hat25, doch darüber hinaus wird die Firma viel positiver charakterisiert als in Beispiel (12), indem den Rezipienten durch Verwendung des Anthroponyms Hércuies suggeriert wird, daß die benannte Versicherungsfirma eine Reihe bestimmter Qualitäten besitzt, die sie gegenüber Konkurrenzunternehmen auszeichnet.

Diese suggestive oder persuasive Kraft von Hércuies Seguros beruht auf der metaphorischen Übertragung (vgl. Gläser 1973:224) der Bedeutsamkeit des Rufnamens Hércuies (Determinans) auf den Gattungsnamen seguros (Determinatum) und damit letzten Endes auf die Firma als Referenzobjekt selbst. Grundlegendes Merkmal der Metapher ist es, daß sie auf einer Ähnlichkeitsbeziehung zwischen zwei Gegenständen oder Begriffen beruht, d.h. daß aufgrund ähnlicher Bedeutungsmerkmale zweier Wörter das eine dazu verwendet wird, um die Bedeutung des anderen auszudrücken (vgl. Bußmann s.v.). So sagt man zum Beispiel zu einer gefühllosen, hartherzigen Person, sie habe ein Herz aus Stein, da man mit einem Stein ebenfalls die semantischen Merkmale "kalt" oder "hart" verbindet. Die Frage ist jedoch, wie man einen Eigennamen wie Herkules mataphorisch verwenden kann, wenn er gemäß Hansacks Definition, daß Eigennamen Individuen bezeichnen, eigentlich gar keine Bedeutung haben dürfte. Stefan Sonderegger weist jedoch in seinem für das Verständnis der Appellfunktion von FN essentiellen Aufsatz "Die Bedeutsamkeit der Namen" darauf hin, daß Eigennamen zwar nicht wie Appellativa eine feste Bedeutung, sehr wohl jedoch eine 'Namenbedeutsamkeit' haben (vgl. Sonderegger 1987:14 ff.). Unter 'Namenbedeutsamkeit' versteht er die "Summe der mit einem Namen verbundenen positiven, neutralen oder negativen Assoziationen, Vorstellungen und Gefühle, [die sich] grundsätzlich aus dem Wechselverhältnis zwischen Name und Benanntem ergibt (ebd., S. 16). Ein Eigenname bekommt seine Bedeutsamkeit also "aus seinem Gebrauch heraus" (ebd., S.14), d.h. durch seine "Referenz auf die Namenträgerschaft" (ebd., S. 16) werden mit dem Namen bestimmte Eigenschaften der Namenträgerschaft verbunden, so daß an die Stelle der appellativischen Grundbedeutung des Eigennamens (Primärmotivation) eine neue Namenbedeutsamkeit tritt. Wird der Eigenname erneut verwendet (Sekundärmotivation), dann "stützt sich der Akt der Namengebung auf eine bereits vorhandene, historisch gewachsene Stufe der Bedeutsamkeit, die im Hinblick auf den [neuen] Namensträger neu aktualisiert wird" (ebd. S.17).

Wenn Sondereggers soeben zusammengefaßte theoretische Überlegungen auf (13) angewendet werden, so ist zunächst zu untersuchen, welche historisch gewachsene Bedeutsamkeit der Name Hércules hat. Ein Blick in eine Enzyklopädie sagt uns, daß Hércules schon früh zum

"gemeinhellenischen Helden [wurde]. Dies wird nicht nur an einer Fülle von Funktionen

kenntlich, die in zahlreichen Beinamen vom Übelabwehrer und Retter bis zum Wein wurmtöter ihren Niederschlag gefunden haben, sondern auch an der typologischen

Vielgesichtigkeit des je nach der Vorstellungswelt der sozialen und geistigen Schichten

verschiedenen Herkulesbildes (Herkules als gewaltiger Recke, heldenhafter Dulder, um

sittliche Vervollkommnung ringender Mensch, aber auch als plump-jovialer und naiver Kraftmeier, Vielfraß und Trinker)" ( Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Bd.11

1974:714).

Der Name Herkules ist also aufgrund seiner immensen, uns von den Griechen überlieferten Bedeutsamkeit bestens geeignet, ganz verschiedenartige Assoziationen beim Rezipienten hervorzurufen. Durch den konkreten erneuten Akt der Namengebung, d.h. die Zuordnung des Namens Hércules Seguros zu einer Versicherungsfirma als Namenträgerschaft, wird die oben genannte Bandbreite an möglichen Asoziationen jedoch eingegrenzt: Die Assoziationen, die das Reizwort Hércules bei den Rezipienten auslöst, werden durch das an Hércules gekoppelte Determinatum seguros in die vom Namengeber gewünschte Richtung gelenkt: Da die Rezipienten mit dem Begriff seguros eine Firma verbinden, die ihnen im Schadensfall finanziell zur Seite stehen soll, ist zu vermuten, daß sie mit Hércules in der Regel nicht die Vorstellungen 'Weinwurmtöter' oder 'naiver Kraftmeier, Vielfraß und Trinker' assoziieren werden, sondern die Begriffe 'Übelabwehrer', 'Retter', 'gewaltiger Recke' und 'Stärke'. Die so erzeugte Bedeutsamkeit von Hércules wird aufgrund der vorliegenden Bedeutungsähnlichkeit wiederum metaphorisch auf seguros übertragen, d.h. den Kunden von Hércules Seguros wird suggeriert, daß sie sich nach Abschluß eines Versicherungsvertrages in Sicherheit wähnen können, da ihnen ja im Ernstfall ein starker Partner zur Seite steht, der alle Übel von ihnen abwendet oder sie zumindest aus finanziellen Notlagen infolge von Unfällen, Einbrüchen, Bränden oder sonstigen Schadensfällen errettet, indem er bereitwillig die im jeweiligen Versicherungsvertrag festgelegte Versicherungssumme bezahlt. Hércules Seguros vereint also in sich Ausdruck und Appell:

Mit Hilfe der Bedeutsamkeit von Hércules wird den Rezipienten versichert, daß die Versicherung ihre Kunden im Notfall nicht im Stich läßt. Der FN wird so zum Versprechen an die Rezipienten (vgl. Gläser 1973:230), die durch diesen Werbeappell als neue Kunden gewonnen werden sollen. Daß dieser Werbeappell bei potentiellen Kunden ankommt, zeigt die Auswertung von Fragebögen, in denen die Befragten notieren sollten, was sie mit dem Namen Hércules Seguros assoziieren. Unter den Antworten finden sich die erwartbaren, in der historisch gewachsenen Bedeutsamkeit von Hércules enthaltenen positiven Assoziationen: Son seguros fuertes (FB III, 5). Son [seguros] sólidos (FB III, 6). [...] Cualidad de fuerza - seguridad en sus servicios y al mismo tiempo diligencia, la seriosidad (vgl. FB III, 7). Ein Name wie Hércules als Bestandteil des Namens einer Versicherungsfirma scheint also dafür prädestiniert, die Sehnsucht der Versicherungskunden nach Schutz und Zuverlässigkeit optimal zu befriedigen (vgl. Gläser 1973:227).

Da es das wesentliche Merkmal eines suggestiven Firmennamens ist, daß sich die Bedeutsamkeit eines seiner Bestandteile aus dem Wechselverhältnis zwischen Name und Namenträgerschaft, d.h. aus der Zugehörigkeit der Firma als Namenträgerschaft zu einer bestimmten Branche, ergibt, ist ein suggestiver Name demnach zwangsläufig durch seinen Branchenbezug motiviert, denn nur wenn zwischen Branche und FN ein Bezug zu erkennen ist, kann dieser eine Bedeutsamkeit bekommen, die als Werbeappell dienen kann: Ein FN wie * Judas seguros würde also geradezu eine negative Werbebotschaft ausstrahlen, da man mit Versicherungen Assoziationen wie 'Zuverlässigkeit' und 'Beständigkeit' verbindet, Judas jedoch als biblischer Name mit der Bedeutsamkeit 'Verräter' verknüpft ist. Bei einem FN wie * trajes de novia Hércules hingegen würde sich aus der Branchenzugehörigkeit der Firma einfach keine oder eine nur sehr geringe Bedeutsamkeit von Hércules ergeben.

Hércules kann jedoch wegen der Vielfalt seiner historisch gewachsenen Bedeutsamkeit als Beispiel für einen Rufnamen gelten, der sehr wohl in mehreren Branchen als Bestandteil von FN verwendet werden kann und dann durch den Branchenbezug jeweils eine andere aktuelle Bedeutsamkeit bekommt: In Gimnasio Hércules zum Beispiel soll der Rezipient mit Hércules die Vorstellung 'Kraftmeier' verbinden. Dem Rezipienten wird suggeriert, daß er, wenn er Kunde dieses Fitnessstudios wird, nach kurzer Zeit garantiert genauso muskelbepackt sein wird wie die Herkules-Darsteller in den zahlreichen über den Helden gedrehten Historienfilmen. In Viajes Hércules soll der gebildete Sprachbenutzer mit Hércules assoziieren, daß der Held selbst ein Reisender war, der bei der Verrichtung der '12 Aufgaben' die gesamte damals bekannte Welt durchquerte und bei der Überquerung der Meerenge von Gibraltar die Säulen des Herkules als Zeugen seiner weitesten Fahrt setzte26 (vgl. Meyers Enzykiopädisches Lexikon, Bd.11 1974:714). Den Rezipienten, die diesen Zusammenhang zwischen Eigenname und Reisebüro erschließen können, wird eingeredet, daß die Mitarbeiter des Reisebüros über einen ähnlichen Erfahrungsschatz verfügen wie der 'Weltreisende' Hércuies, von dem wiederum die Kunden profitieren, und daß das Reisebüro je nach Interpretation Reisen in alle Welt anbietet oder auf Reisen innerhalb des Mittelmeerraumes spezialisiert ist. Der letzte ermittelte Beleg, der Hércuies als Bestandteil beinhaltet, besitzt nur eine schwache Suggestionskraft, da sich aus dem Branchenbezug für Hércuies keine eindeutige Bedeutsamkeit ergibt: In Imprenta Hércuies könnte man mit Hércuies den Begriff 'physische Stärke' verbinden, die heute jedoch nicht mehr unbedingt vonnöten ist, um Bücher zu drucken. Vielleicht soll auch über Hércuies als in der Dichtung immer wiederkehrende Figur (vgl. ebd.) ein Bezug zum Produkt der Firma, 'Bücher und andere Druckartikel', hergestellt werden.

Wie gesehen läßt sich anhand des Beispieles Hércuies recht gut zeigen, daß ein Name aus seinem jeweiligen Gebrauch heraus immer wieder eine andere Bedeutsamkeit bekommen kann, daß es also vom Wechselverhältnis zwischen FN und Branche abhängt, welche Vorstellungen suggestive Bestandteile von FN beim Rezipienten hervorrufen können. Die Primärmotiviertheit von Hércuies bzw. Héracies, nämlich seine appellativische Grundbedeutung "der durch Hera Berühmte" (vgl. ebd., S. 713), spielt hingegen in keinem der oben genannten Belege eine Rolle. Zugleich ist die TK Hércuies ein gutes Beispiel für einen Bestandteil von FN, der seine polyvalente Suggestivkraft nur entfalten kann, wenn der Rezipient über ein großes Allgemeinwissen verfügt: Daß mit dem Namen Herkules die Vorstellung 'physische Stärke' verbunden wird, kann als Kulturwissen großer Bevölkerungsteile des Abendlandes vorausgesetzt werden. Vermutlich werden jedoch nur Rezipienten mit überdurchschnittlich hoher Allgemeinbildung wissen, daß Herkules der Sage nach zur Verrichtung der '12 Aufgaben' den gesamten Mittelmeerraum bereiste und damit als Reisender par exceiience gelten kann, und nur für diese Rezipienten wird der FN Viajes Hércuies eine gewisse Suggestionskraft erhalten. Der FN Viajes Hércuies ist deshalb ein Beispiel für den Mitwisser-Effekt: Nur einem gebildeten Personenkreis erschließt sich die Bedeutsamkeit des Namens Hércuies im Sinne von "Reisender" oder "Reiseexperte".

Während es sich bei Hércuies als suggestivem Bestandteil von FN um eine anthropomorphe Metapher handelt (vgl. Gläser 1973:229), zeigt ein weiteres im Korpus ermitteltes Beispielpaar, daß auch einem Appellativum als Konstituente von FN eine suggestive Funktion zukommen kann:

(14) Sillas y Muebles Jiménez, (Carpinleria de Madera, S. 66)

(15) Artesur Muebles, (Carpinteria de Madera)

In beiden FN wird der Rezipient anhand des das Produkt bezeichnenden Gattungsnamen muebles darüber informiert, daß die dazugehörigen Firmen Möbel herstellen. In (14), in dem außerdem zum Ausdruck kommt, daß die Firma sich auf die Herstellung von Stühlen spezialisiert hat, erhält der Rezipient keine weiteren Argumente dafür, sich für diese Firma zu entscheiden, es sei denn, der Familienname Jiménez bekommt für den Rezipienten eine positive Bedeutsamkeit, weil er über 'Mund-zu-Mund-Propaganda' vom guten Ruf der zugehörigen Firma gehört hat. In (15) dagegen wird das in Artesur enthaltene Grundwort arte, stimuliert durch das Reizwort muebles von den Rezipienten zu artesana ausgebaut, so daß der FN den Rezipienten suggeriert, die von der Firma verkauften Möbel seien indivuell von der Hand eines (Kunst-)Handwerkers im für den spanischen Süden typischen Stil hergestellt und nicht industriell produziert worden. Entsprechend wurde (15) von den VP der Fragebogenaktion III verstanden: Creación y venta de muebles. Son artesanos y de calidad (FB III, 17). Empresa de exposición y venta de productos de artesama; muebles de un estilo tipico de Andalucia (FB III, 18). Carpinteria artesanal . Venta de muebles - cläsicos (FB III, 19) [eigene Hervorhebungen].

In (13) und (15) liegen Beispiele für suggestive FN vor, in denen die Appellativa seguros bzw. muebles den Rezipienten über die Branchenzugehörigkeit der bezeichneten Firma informieren und zugleich als Reizwörter oder 'Lenkwörter' fungieren, die steuern sollen, mit welchen Assoziationen der Rezipient auf die an sie gekoppelten Determinantien Hércules und Artesur reagiert. Im Korpus liegen jedoch auch zahlreiche FN mit Bezug zum spanischen Süden vor, die Suggestivkraft haben, obwohl sie kein die Branchenzugehörigkeit der Firma anzeigendes Appellativum enthalten. Doch auch in diesen Fällen ergibt sich die Bedeutsamkeit des jeweiligen FN aus dem Wechselverhältnis zwischen Namen und Namenträgerschaft, d.h. aus der Beziehung zwischen Namen und Branchenzugehörigkeit der bezeichneten Firma. Um den Bezug zur Branche herstelllen und die Bedeutsamkeit des Firmennamens erschließen zu können, muß der Rezipient bei dieser Kategorie suggestiver FN die Überschrift der Sparte, unter der der jeweilige FN in den Päginas amarillas eingetragen ist und aus der sich die Branchenzugehörigkeit der Firma ergibt, als Basis-Information hinzuziehen. Dies soll an einem weiteren Beispielpaar veranschaulicht werden:

(3) Crislaleria Andaiucia (Crislalerias)

(16) La Veneciana Bética S.A. (Crislalerias)

Während es sich bei (3), wie bereits ausgeführt, um einen FN mit deskripitiv- informativem Charakter handelt, der eindeutig für die Verwendung motiviert ist, da er das die Branche bezeichnende Appellativum enthält, ist bei (16) vom Rezipienten ein Assoziationsprozeß zu leisten, um den Branchenbezug und damit die Motiviertheit des Firmennamens wahrzunehmen: Wenn vorausgesetzt wird, daß der Rezipient (16) in der Sparte Crislalerias der Paginas amarillas gefunden hat und somit bereits über die Branchenzugehörigkeit der von (16) bezeichneten Firma informiert ist, dann könnte ein gebildeter Rezipient mit dem toponymischen Adjektiv veneciana verbinden, daß Venedig dafür bekannt ist, daß dort im Mittelalter "die größte Ansammlung von Glashütten des alten Eurpoa beheimatet war" und daß "Venezianische [...] Glasmacher nördlich der Alpen als Lehrmeister wirkten" (Meyers Enzyklopädisches Lexikon Bd. 10, S. 420). Veneciana könnte für den Rezipienten also die Bedeutsamkeit "lange Tradition der Glasherstellung als Kunstgewerbe" bekommen (vgl. ebd.), so daß (16) dem Rezipienten suggeriert wird, daß es sich bei der bezeichneten Firma um eine Glaserei handelt, deren Firmensitz zwar nicht in Venedig ist, die jedoch ebenfalls über eine lange kunsthandwerkliche Tradition und das im Verlaufe dieser Tradition angesammelte Fachwissen über die Glasherstellung verfügt, so daß die von ihren Mitarbeitern hergestellten Produkte von hoher Qualität sind. Diese Werbebotschaft wird noch verstärkt durch Verwendung des toponymischen Adjektivs bélica, das auf die römische Provinz Baelica zurückverweist, der heute Andalusien weitgehend entspricht. Dem Rezipienten könnte durch bélica suggeriert werden, daß das durch (16) bezeichnete Unternehmen schon lange existiert und daß seine handwerkliche Tradition möglicherweise bis auf die Römer zurückgeht, die die Technik der Glasherstellung entscheidend weiterentwickelten (vgl. ebd.). Bei der Wahl von veneciana als Konstituente von (16) mag es auch eine Rolle gespielt haben, daß Venedig neben der branchenrelevanten Assoziation 'Zentrum der Glasherstellung' insgesamt einen positiv besetzten "Katalog von Assoziationen" (Hörmann 21977:74) besitzt: So gilt Venedig gemeinhin als 'Stadt der Flitterwochen und der Baudenkmäler'. Zwar bekommt veneciana durch den Bezug zur Branche Crislalerias nicht primär diese Bedeutsamkeit, jedoch werden diese latent beim Rezipienten vorhandenen positiven Vorstellungen von Venedig durch (16) mit angesprochen und tragen so dazu bei, den Rezipienten gegenüber der Firma positiv zu stimmen.

Wie in diesem Unterkapitel gezeigt werden sollte, kann bezüglich der Art der Referenz auf die Branchenzugehörigkeit zwischen zwei Kategorien von FN unterschieden werden: Die erste Kategorie bilden FN mit informierendem Charakter, die ein die Branchenzugehörigkeit der Firma anzeigendes Appellativum enthalten und den Rezipienten somit auf eine objektive Weise darüber in Kenntnis setzen, welcher Art von Geschäften die bezeichnete Firma nachgeht. Dieser Kategorie gegenüber steht eine zweite Gruppe von FN, die entweder neben dem das Gewerbe bezeichnenden Appellativum einen suggestiven Bestandteil enthalten (vgl. 13, 15) oder gänzlich suggestiv sind (vgl. 16). Diese FN zeichnen sich dadurch aus, daß der suggestive Teil des Firmennamens durch den Branchenbezug eine positive Bedeutsamkeit erhält. Mit Hilfe dieser positive Bedeutsamkeit, die von den Rezipienten auf die bezeichnete Firma übertragen werden soll, versucht der Unternehmer den Rezipienten mitzuteilen, welche Vorzüge seine Firma positiv von Konkurrenzunternehmen unterscheiden, und auf diese Weise letztlich als Kunden zu gewinnen. Da der Firmengründer bei der Namengebung von persönlichen Interessen geleitet ist, enthalten suggestive FN immer eine subjektive, vom Unternehmer ausgehende positive Charakterisierung der Firma, die die Rezipienten glauben machen soll, die bezeichnete Firma sei zur Befriedigung der Bedürfnisse der künftigen Kunden am besten geeignet. Erst nachdem sich der Rezipient von der Suggestivkraft des Firmennamens hat beinflussen lassen und Kunde der Firma wird, stellt sich heraus, ob die Firma hält, was ihr Name verspricht.

Baumgart (1992:41) gibt die klassische AIDA-Regel dafür an, nach welchen werbepsychologischen Gesichtspunkten ein FN entwickelt werden sollte. Die Sigle AIDA steht hier für attention, interest, desire, action. Wie am Beispiel Hércuies als suggestive Komponenten von FN gezeigt werden sollte, ist es ein probates Mittel, FN mit möglichst großer Suggestivkraft auszustatten, um den in der AIDA-Regel zusammengefaßten werbepsychologischen Anforderungen gerecht zu werden: Suggestive FN erregen zuerst auf semantischem Wege die Aufmerksamkeit des Rezipienten27, indem sie beim Rezipieren Assoziationen auslösen und so dazu führen, daß sich der Rezipient mit dem FN auseinandersetzt. Durch die evozierten positiven Assoziationen wird zugleich das Interesse für die Firma geweckt, und es entsteht der Wunsch, die Dienste der bezeichneten Firma in Anspruch nehmen zu wollen. Sind die mit dem FN verbundenen positiven Assoziationen überzeugend genug, dann wird dieser Wunsch vom Rezipienten letztendlich in die Tat umgesetzt.

2.4 Funktionale Ähnlichkeit zwischen Namen und Wappen (nach Bühler)

Um die in diesem Kapitel herausgearbeiteten drei wesentlichen Funktionen von FN zusammenzufassen und nochmals zu verdeutlichen, soll abschließend kurz auf die funktionale Ähnlichkeit zwischen Namen und Wappenzeichen eingegangen werden, auf die Karl Bühler zur Illustration seines Begriffs der 'dingfest angehefteten Namen' eingeht (vgl. Bühler 1934:159ff.). Laut Bühler diente das Wappenzeichen im "symbolbesessenen Mittelalter" dazu, den Wappenträger, auf dessen Schild es angebracht war, "bei den Prunkfesten des ritterlichen Waffenspiels [...] als den und den Kämpfer kenntlich zu machen" (ebd., S. 162). Kraft seiner Zuordnung zum Ritter ist das Wappenzeichen also ebenso Symbol wie der FN kraft seiner Zuordnung zur Firma: Beide haben die Aufgabe, die Träger des Wappens bzw. des Namens eineindeutig zu kennzeichnen und damit die Identifizierung des Trägers und gleichzeitige Unterscheidung von anderen Wappenträgern bzw. Firmen zu ermöglichen. Sowohl beim Ritter als auch bei der Firma wird die Anheftung des Symbols "zum physischen, sinnlich manifesten Kriterium der Zuordnung" (ebd.), beim Ritter deshalb, weil das Wappen auf seinem Schild zur Schau stellt, und bei der Firma deshalb, weil an ihrem Firmenstandort immer ein Firmenschild angebracht ist, auf dem der FN steht. Wenn also ein Rezipient einen FN in den Paginas amariiias liest und die Geschäftsräume der Firma aufsuchen will, kann er die Firma anhand des am Firmenstandort zu lesenden Firmennamens eindeutig wiedererkennen.

Nach Bühler "begnügte sich das Wappen aber nicht mit der Funktion eines einfachen Diakritikons, sondern fing preisend zu erzählen an [...] von den Individualtugenden und - schicksalen des Gewappneten" (ebd.). Das Wappen hatte also Ausdrucksfunktion: Es teilte den Rezipienten auf suggestive Weise mit, daß der Gewappnete bestimmte, meist positive Charaktereigenschaften besaß. Ähnlich wie bei den suggestiven FN hing die Bedeutsamkeit des Wappenzeichens jedoch vom Wechselverhältnis zwischen Zeichen und Zeichenträger ab: Wenn ein Ritter auf seinem Wappenschild einen Löwen als Symbol für seinen großen Mut trug, sich aber während eines Turniers wie ein Feigling verhielt, verlor der Löwe als Symbol die intendierte Bedeutsamkeit. Genauso verlöre Hércuies als Bestandteil von Hércuies Seguros für den Kunden die Bedeutsamkeit "Retter", wenn die zugehörige Versicherung bei der Regulierung eines vom Versicherungsvertrag abgedeckten Schadensfalles

[...]


1 Unter 'Bildungen' werden im Zusammenhang der Hausarbeit Wortgebildetheiten von Firmennamen verstanden, wobei der Verfasser Milos Dokulils Definition von Wortgebildetheiten als "Ergebnissen von wortbildenden Prozessen" folgt (Dokulil 1968:203).

2 Bezogen auf die administrative Einteilung des spanischen Staates kann es sich bei diesem 'geographischen Raum' sowohl um die Stadt handeln, in der die vom FN bezeichnete Firma ihren Standort hat, als auch um die Provinz, die Region oder Spanien als übergeordneten Staat.

3 Als Nebenkorpora wurden außerdem eine Broschüre des Tourismusbüros Chiclana und eine Seite des Diario de Cadiz mit in die Untersuchung aufgenommen, da beide Korpora interessante Belege enthalten, die im Hauptkorpus nicht vorliegen. Die entsprechenden Belege (4 an der Zahl) sind im Anhang durch die Abkürzungen fol=folleto bzw. diar=diario de Cadiz in der Spalte "Ort" gekennzeichnet.

4 Insgesamt wurden im Korpus 1332 FN ermittelt, die in den Untersuchungsbereich dieser Hausarbeit fallen (vgl. Anhang).

5 ( La Provincia de Cadiz: puebio a puebio : H. 11, S.1)

6 Um die Auffindung der im Hauptteil der Arbeit besprochenen Belege im Korpus zu erleichtern, wird zusätzlich zum Firmennamen immer die Branche und die Seitenzahl in den Paginas amariiias angegeben. Außerdem können die Belege im Anhang nachgesehen werden, der alphabetisch geordnet nach Firmennamen, nach Branchenzugehörigkeit, nach Firmensitz und nach Type der toponymischen Konstituente vorliegt.

7 Aus dem Umstand, daß die von diesem FN bezeichnete Firma in Jerez de la Frontera ansässig ist, geht hervor, daß sich das Toponym Cadiz in diesem Beleg nicht auf die Stadt Cadiz, sondern auf die Provinz Cadiz bezieht. Der FN Cadiz de bebidas fällt somit unter die Fragestellung dieser Hausarbeit, in der zwar die Beziehung zwischen FN und Provinz, nicht jedoch die Beziehung zwischen FN und Stadt untersucht werden soll.

8 Innerhalb der genannten Appellativa, die als Bestandteile von im Korpus vorliegenden FN auf den Geltungsbereich des Korpus als Firmenstandort referieren, kann des weiteren unterschieden werden zwischen Appellativa, die 'explizit' auf den geographischen Raum des Firmenstandortes referieren (z.B. sur ) und Appellativa wie soi oder mar, die von den Rezipienten als charakteristische Attribute ihres Lebensraumes begriffen werden, und die daher 'implizit' auf den geographischen Raum referieren, in dem die bezeichnete Firma angesiedelt ist (vgl. Kapitel 4).

9 Auf das Problem, daß den FN aufgrund der ihnen einzuräumenden Zwischenstellung zwischen Eigennamen und Gattungsnamen keine feste Bedeutung zugeschrieben werden kann, soll in Kapitel 2.3.2 eingegangen werden.

10 Die zu den erwähnten Fragebogenaktionen gehörenden Fragebögen werden der Hausarbeit im Anhang beigefügt.

11 In dieser Arbeit soll jedoch 'Firma' im Sinne von a) immer als kaufmännischer Betrieb oder gewerbliches Unternehmen verstanden werden und nicht als Name dieses Unternehmens, es sei denn, es wird ausdrücklich auf eine andere Verwendung des Begriffs 'Firma' hingewiesen.

12 Die im HGB gegebene Definition von 'Firma' im Sinne unserer Definition von 'Firmenname' kann somit als Definition pragmatischer Art bezeichnet werden: Unter 'Pragmatik' in sprachwissenschaftlichem Sinne wird hier "die Funktion von sprachlichen Äußerungen" (Bußmann 1990: s.v.) verstanden, wobei die FN in den Paginas amarillas als sprachliche Äußerungen angesehen werden.

13 Ähnliche Fälle von im Korpus vorgefundenen Paaren von FN, die einander nahezu identisch sind, jedoch zwei unterschiedliche Firmen bezeichnen, werden ausführlich in Kapitel 6.8 behandelt.

14 Abweichend von der spanischen Rechtschreibnorm sollen in der vorliegenden Arbeit, der Schreibweise in den untersuchten Paginas amariiias folgend, die Gattungsnamen der einzelnen Branchen groß geschrieben werden.

15 vgl. dagegen das analog gebildete, vollmotivierte Kompositum Roiistuhi.

16 In Kapitel 6.7 soll noch ausführlicher auf die Undurchsichtigkeit von FN infolge von Wortkürzung eingegangen werden.

17 (zitiert aus der Mitschrift einer im Wintersemester 1997/98 von Professor Christian Schmitt am Romanischen Seminar der Universität Bonn zum Thema "Onomasiologie der heutigen romanischen Sprachen" gehaltenen Vorlesung)

18 vgl. Anhang, Fragebogenaktion II, Fragebogen (FB) 5. Die Fragebögen im Anhang sind gemäß der drei durchgeführten Fragebogenaktionen in drei Gruppen unterteilt: I (Assoziationsexperiment mit toponymischen Konstituenten), II (von Firmen beantwortete Fragebögen, die Auskunft über den Bildungsprozeß, der der Wortgebildetheit des jeweiligen Firmennamens zugrunde liegt, sowie über die Motive für die Wahl des FN geben), III (Assoziationsexperiment mit größtenteils suggestiven Firmennamen).

19 (vgl. Thiele 1992:114)

20 Unter den 22 in der Sparte Agencias de Viajes ermittelten FN mit geomorphischer Dimension fand sich neben 21 exozentrischen Komposita lediglich der eine im Textteil zitierte Beleg für ein endozentrisches Kompositum (vgl. Anhang, Branchenregister).

21 So wie Eltern oft mit einer Anzeige die Geburt ihres Kindes bekanntgeben, so informiert eine Firma, die zum ersten Mal in den Paginas amariiias inseriert, über ihre Gründung, d.h. über ihre Existenz. Beide Inserate haben nicht nur eine informative, sondern auch eine emotive Funktion: Die Eltern wollen die ganzen Welt an ihrem Glücksgefühl teilhaben lassen, während der Geschäftsmann, indem er die Gründung seiner Firma bekanntgibt, gleichzeitig der Öffentlichkeit zu verstehen gibt, daß er selbstbewußt ist, da er sich für kompetent genug hält, im Wettbewerb mit anderen Firmen zu bestehen.

22 In diesem Fall wäre der FN also für die Verwendung motiviert.

23 Durch Verwendung der TK appelliert FN (3) lediglich an die Heimatliebe der Rezipienten, worauf in Kapitel 5 noch näher eingegangen werden soll.

24 Im Falle von (1) steht die Strategie des Firmeninhabers im Vordergrund, sich durch handwerkliche Kompetenz nach und nach einen guten Namen, d.h. einen positiven Bekanntheitsgrad zu erwerben, so daß der FN für die Qualität der von seiner Firma abgelieferten Arbeiten bürgen würde und demnach im Laufe der Zeit auch ein Argument dafür wäre, Kunde der Firma zu werden. Im Augenblick der Namengebung ist (1) jedoch ein weitgehend neutraler Name, der eine geringe Appellfunktion besitzt.

25 Ein in der Provinz Cadiz lebender, durchschnittlich gebildeter Rezipient wird mit dem Namen Hércuies die 'Säulen des Herkules' als antike Bezeichnung für die Felsen beiderseits der Meerenge von Gibraltar verbinden (vgl. Meyers Enzyklopädisches Lexikon Bd. 20 1974:765) und so auch bei (13) den Bezug des Firmennamens zum spanischen Süden herstellen.

26 Herkules überquerte die Meerenge von Gibraltar der Sage nach, um in Nordafrika die goldenen Äpfel der Hesperiden zu erringen ( '11. Aufgabe').

27 Eine weitere Möglichkeit zur Erregung von Aufmerksamkeit liegt in den morphotypologischen Gestaltungsmöglichkeiten für Firmennamen, die in Kapitel 6 beleuchtet werden sollen.

Ende der Leseprobe aus 169 Seiten

Details

Titel
Die Wortbildung und Werbebotschaft südspanischer Firmennamen
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Romanistisches Institut)
Note
1,0
Autor
Jahr
1999
Seiten
169
Katalognummer
V1149229
ISBN (eBook)
9783346537942
ISBN (Buch)
9783346537959
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In dieser Arbeit zum Erwerb des 1. Staatsexamens geht es um Firmennamen, deren Bestandteile einen Bezug zu Südspanien (Andalusien, Provinz Cádiz) haben. Diese Bestandteile werden in den Firmennamen verwendet, weil sie eine positive Werbebotschaft für die Kunden beinhalten und zugleich den regionalen Bezug enthalten. Untersucht werden die Wortbildung der Firmennamen (z.B. Wortkürzung, Siglenbildung, Akronyme, Komposita, Suffixe und Präfixe) und der Werbeeffekt.
Schlagworte
Lexik, Wortarten, Produktname, Marke, Markenkern, Assoziation, Firmennamen, Wortbildung, Werbung, Marketing, Südspanien, Markennamen, Werbebotschaft, Suggestion, Bedeutung, Akronym, Produktnamen, Sprachwissenschaft, Linguistik, Markenname Namensgebung Image
Arbeit zitieren
Marcus Krämer (Autor:in), 1999, Die Wortbildung und Werbebotschaft südspanischer Firmennamen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1149229

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