Leseprobe
Inhaltsverzeichnis:
I. Einleitung
II. Die romantische Bewegung
III. Lebenslauf
IV. Die Zeit in Kopenhagen
V. Dresden
VI. Die Heirat
VII. Schlussbemerkungen
I. Einleitung
Die Werke Caspar David Friedrichs, die bis heute Kunstliebhaber bewegen , haben im Laufe der Jahre viele Interpretationsansätze Kritik, wie Lob erfahren müssen. Die Symbolsprache, die Metaphorik, sowie die ideologische Aussage seiner Bilderhaben viele Diskussionen entfacht. Friedrichs poetische Auffassung von Kunst, seine Art Bilder als Instrument zur Vermittlung von Gefühlen und Gedanken durch einfachen Symbolismus zu nutzen, will erst verstanden werden.
Bei dem Versuch der Deutung von Caspar David Friedrichs Bildern stößt man auf das Problem der Konventionen der religiösen Sprache. Der Versuch Parallelen zur traditionellen religiösen Symbolik zu ziehen, reduziert den Inhalt Friedrichs Bilder auf religiöse Dogmatik und verfehlt somit den Kern der Bedeutung.
Im folgenden soll auf das Leben Caspar David Friedrichs eingegangen werden, mit dem Ziel des Versuchs der Annäherung an Friedrichs Einstellung zur Gesellschaft, Religion, Leben und der Einwirkung dieser auf seine Kunst. Es sollen die äußeren und inneren Einflüsse diskutiert werden, die sich auf Friedrichs Malerei ausgewirkt haben.
II. Die romantische Bewegung
Die Romantik galt einer Generation, die nach 1770 geboren wurde, unter dem großen Eindruck der französischen Revolution. Die Epoche der Romantik führte weiter über die Restaurationsperiode in Deutschland und verebbt schließlich in den darauffolgenden revolutionären Bewegungen von 1830. Die größten Leistungen dieser widersprüchlichen Bewegung liegen in dem Zeitraum von 1798 bis 1812/13, dem Zeitraum der Frühromantik.
Die Früchte der frazösischen Revolution, der Ballhausschwur, das Auftreten Mirabeaus, die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte, die Aufhebung der Klöster, die Abschaffung des Adels, die Rede des Advokaten Robespierre gegen den Krieg, der enthusiastische Impetus der Marseillaise: das sind Signale, die in den Deutsche Landen als Vorboten einer neuen Zeit freudig zur Kenntnis genommen werden.
Zu jener Zeit war das Heilige Römische Reich Deutscher Nationen, dessen junge bürgerliche Elite die Aktionen aus dem revolutionären Nachbarland verfolgte, noch ein Gebilde aus über dreihundert Territorialstaaten und Freien Reichsstädten. Nutznießer dieser alten Feudalstruktur waren autonome Landesfürsten und der Adel, dem die Befehlsstellen in Verwaltung und Heer vorbehalten waren. Fünfundsiebzig Prozent der 23 Millionen Einwohner des Reichsgebietes waren in der Landwirtschaft tätig. Für den kleinen Teil der Handwerker wurde das Geschäft schwer gemacht durch die unzähligen Zollschranken und Zunftbestimmungen. Nach späteren Schätzungen waren circa siebzig Prozent der Bevölkerung Analphabeten. Dennoch wächst in diesem Umkreis ein in Künsten und Wissenschaft dominierendes Bürgertum heran, vor allem in den Höfen wie etwa Weimar und Dessau. Dieses Bürgertum ist seit Jahrhundertmitte Träger der deutschen Aufklärung. So beispielsweise der Wolfenbütteler Bibliothekar und Schriftsteller Lessing, der Königsberger Philosophieprofessor Kant oder der sachsen - weimarische Superintendant Herder. Dieses aufgeklärte Bürgertum nimmt die revolutionären Losungen aus Frankreich mit unverhohlener Sympathie auf: die ältere Generation etwas distanzierter, die jüngere um so begeisterter. Nur wenige halten in dieser Zeit den Devisen von 1789 die Treue, so die jungen Literaten, die sich kurz darauf in Jena als romantischer Zirkel zusammenfinden. Die deutsche Romantik ist geradezu ein Kind der Revolution. Aber die meisten Angehörigen des Bürgertums fliehen dem Ancien régime in die Arme. Überall wo Volksmassen aufbegehren, rufen verschreckte Bürger nach den Truppen der Fürsten. Für die Romantiker ist die Begeisterung für Frankreich dennoch groß. Der Student Ludwig Tieck, der gerade seinen ersten frühromantischen Roman schreibt, ,,Geschichte des Herrn William Lovell", berichtet seinem Freund Wackenroder 1792:
Doch leider bin ich in einer Monarchie geboren, die gegen die Freiheit kämpfte, unter Menschen, die noch Barbaren genug sind, die Franzosen zu verachten. Ich habe mich sehr geändert, ich bin itzt nicht glücklich, wenn ich keine Zeitung haben kann. Oh, in Frankreich zu sein - es muß doch ein groß Gefühl sein, unter Dumouriez zu fechten und Sklaven in die Flucht zu jagen und auch zu fallen = was ist ein Leben ohne Freiheit.[1]
Nach dem Sturz der Jakobiner müssen selbst die Franzosen einsehen, dass nicht die Freiheit gesiegt hat, sondern das Geld der Bourgeoisie, nicht die Gleichheit, eher die neuen Privilegien des Großbürgertums und auch nicht die Brüderlichkeit, sondern vielmehr der kapitalistische Konkurrenzkampf.
Bald darauf macht Napoleon Bonaparte von sich reden, denn durch ihn schlägt der erhoffte Frieden in einen über zwanzig Jahre andauernden Eroberungskrieg um. 1799 macht sich Bonaparte zum ersten Konsul und damit zum Alleinherrscher der Franzosen. Fünf Jahre später krönt er sich zu Frankreichs Kaiser. Nur sehr wenige sehen hinter dem Triumph der französischen Bourgeoisie und hinter dem Marschschritt der französischen Armeen einen sinnvollen Gang der Weltgeschichte, wie Goethe und Hegel. In Napoleon, der das längst untergangsreife Reich der Deutschen zerstört, sieht man weniger den Befreier, sondern eher den Unterdrücker. So entsteht eine Tendenz zur Entdeckung der eigenen nationalen Identität und der spezifisch deutschen Tradition, sowie die Rückbesinnung auf die Werte des vaterländischen Erbes und der Religion, an der auch die Frühromantiker beteiligt sind.
,,Auf ihren Streifzügen durch Raum und Zeit machen sie verschollenes Volksgut ausfindig, Märchen, Sagen und Volkslieder, die sie zu sammeln beginnen ( ... ). Armins und Brentanos ,,Des Knaben Wunderhorn", die ,,Kinder- und Hausmärchen" der Brüder Grimm sind nur zwei von vielen Dokumenten dieser Rückbesinnung auf nationale Kulturwerte, die unter dem Druck der napoleonischen Demütigungen im patriotischen Sinne gedeutet wurden."[2]
Aber sie machten den Deutschen auch andere europäische Literatur zugänglich. So Tiecks Übertragung des ,,Don Quijote" oder seine und Schlegels große Shakespeare - Übertragung. So eilten auch viele von ihnen zu den Fahnen, als Napoleon Grande Armée geschlagen von den Schneefeldern Russlands zurückkehren. Aber auch diese Aufbruchstimmung ist nur von kurzer Dauer. Die deutschen Fürsten nehmen die nur widerwillig gewährten Reformen wieder zurück und anstelle von der versprochenen Verfassung tritt erneute Willkür. Auch die Hoffnungen auf nationale Einigung müssen sich mit dem deutschen Bund begnügen, denn im Wiener Kongreß von 1814 hat es Fürst Metternich auch nur auf die Restauration der alten Gewalten abgesehen. Unter Metternich vereinigen sich die Schlüsselmächte Russland, Preußen und Österreich zur ,,Heiligen Allianz".
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[1] Günzel, S 18
[2] Günzel, S 20