Betrachtet man sich alleine die deutsche Verfassung, wird man schnell feststellen, dass der Bundespräsident nur wenig Macht besitzt. Weder in der Regierung darf er mitarbeiten, noch obliegt es ihm an der Gesetzgebung mitzuwirken. „Aber auch das gesprochene Wort und eine kluge symbolische Handlung zum richtigen Zeitpunkt können den Lauf der Dinge beeinflussen“. Besonders Richard von Weizsäcker vermochte es das politische Klima zu beeinflussen und die Menschen zu bewegen, mehr noch als es seine Vorgänger im Amt getan hatten. Trotz seines über den Parteien schwebenden Amtes, vermied er keinesfalls den Konflikt mit politischen Institutionen. Immer wieder mischte er sich in Diskussionen und Debatten der Tagespolitik ein und wagte sich dabei auch nahe an seine verfassungsmäßigen Möglichkeiten heran. Dass er aber trotzdem den Rückhalt und das Vertrauen der Bevölkerung hatte, belegen seine hohen Umfrageergebnisse, von 86 Prozent Zustimmung.
In dieser Arbeit soll vor allem Richard von Weizsäckers Wirken für Berlin, Deutschland und Europa, beleuchtet werden. Es soll auch herausgestellt werden, ob er durch seinen Einfluss bzw. sein Wirken als Vorreiter für die Überwindung der Teilung Berlins, Deutschland sowie Europas zu sehen ist. Dabei wird sein Handeln vor seiner Zeit als Bundespräsident ebenfalls in die Analyse einfließen. Wichtig ist diese Phase, da er bereits als Präsident des evangelischen Kirchentages (1964- 1970), als Abgeordneter des deutschen Bundestag (1969- 1981) und als Bürgermeister Berlins (1981- 1984) für die Verbesserungen der Beziehungen zwischen West und Ost eingetreten war.
Zuerst werden die verfassungsmäßigen Möglichkeiten des Bundespräsidenten näher beleuchtet, als Grundlage dessen, welche Mittel der Mitbestimmung dem Präsidenten eingeräumt sind. Danach wird versucht, Weizsäckers Vorreiterrolle, anhand seiner Reden und Handlungen herauszustellen Dies geschieht zuerst für Weizsäckers Einsatz für die Überwindung der Teilung Berlins im speziellen. Hier wird auch auf seine Vorreiterrolle, in der Frage, der deutschen Hauptstadt nach der Einheit, eingegangen. Danach wird sein Engagement für Deutschland näher betrachtet. Abschließend wird untersucht, was Weizsäcker zu einem Vorreiter für das vereinte Europa machte. Auch auf sein Handeln vor dem Bundespräsidentenamt wird eingegangen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Vorbetrachtung: Das Amt des Bundespräsidenten- Möglichkeiten zur politischen Mitgestaltung
3. Weizsäckers Wirken für ein geeintes Berlin
3.1 Die Diskussion um Berlin als Regierungssitz
4. Für ein geeintes Deutschland
5. Für ein geeintes Europa
6. Schlussbetrachtung
7. Verzeichnis der verwendeten Literatur
1. Einleitung
Betrachtet man sich alleine die deutsche Verfassung, wird man schnell feststellen, dass der Bundespräsident nur wenig Macht besitzt. Weder in der Regierung darf er mitarbeiten, noch obliegt es ihm an der Gesetzgebung mitzuwirken.[1] „Aber auch das gesprochene Wort und eine kluge symbolische Handlung zum richtigen Zeitpunkt können den Lauf der Dinge beeinflussen“.[2] Besonders Richard von Weizsäcker vermochte es das politische Klima zu beeinflussen und die Menschen zu bewegen, mehr noch als es seine Vorgänger im Amt getan hatten. Trotz seines über den Parteien schwebenden Amtes, vermied er keinesfalls den Konflikt mit politischen Institutionen. Immer wieder mischte er sich in Diskussionen und Debatten der Tagespolitik ein und wagte sich dabei auch nahe an seine verfassungsmäßigen Möglichkeiten heran.[3] Dass er aber trotzdem den Rückhalt und das Vertrauen der Bevölkerung hatte, belegen seine hohen Umfrageergebnisse, von 86 Prozent Zustimmung.[4]
In dieser Arbeit soll vor allem Richard von Weizsäckers Wirken für Berlin, Deutschland und Europa, beleuchtet werden. Es soll auch herausgestellt werden, ob er durch seinen Einfluss bzw. sein Wirken als Vorreiter für die Überwindung der Teilung Berlins, Deutschland sowie Europas zu sehen ist. Dabei wird sein Handeln vor seiner Zeit als Bundespräsident ebenfalls in die Analyse einfließen. Wichtig ist diese Phase, da er bereits als Präsident des evangelischen Kirchentages (1964- 1970), als Abgeordneter des deutschen Bundestag (1969- 1981) und als Bürgermeister Berlins (1981- 1984) für die Verbesserungen der Beziehungen zwischen West und Ost eingetreten war.
Zuerst werden die verfassungsmäßigen Möglichkeiten des Bundespräsidenten näher beleuchtet, als Grundlage dessen, welche Mittel der Mitbestimmung dem Präsidenten eingeräumt sind. Danach wird versucht, Weizsäckers Vorreiterrolle, anhand seiner Reden und Handlungen herauszustellen Dies geschieht zuerst für Weizsäckers Einsatz für die Überwindung der Teilung Berlins im speziellen. Hier wird auch auf seine Vorreiterrolle, in der Frage, der deutschen Hauptstadt nach der Einheit, eingegangen. Danach wird sein Engagement für Deutschland näher betrachtet. Abschließend wird untersucht, was Weizsäcker zu einem Vorreiter für das vereinte Europa machte. Auch auf sein Handeln vor dem Bundespräsidentenamt wird eingegangen.
2. Vorbetrachtung: Das Amt des Bundespräsidenten- Möglichkeiten zur politischen Mitgestaltung
Das Amt des Bundespräsidenten genießt bei der Bundesbevölkerung das größte Vertrauen von allen gesellschaftlichen und politischen Institutionen Deutschlands. Zwar ist das Amt arm an wirklichen Befugnissen, bleibt aber gerade deshalb oft außerhalb des tagespolitischen Streits.[5] Diese Nichtbetroffenheit trägt dazu bei, dass der Bundespräsident zu einem Symbol der staatlichen Einheit und einem „Hüter des freiheitlichen Grundkonsens“[6] wird.
Der Bundespräsident, hat bedingt durch die negativen Erfahrungen, der zu starken Stellung des Reichspräsidenten in der Weimarer Republik, nur schwache politische Kompetenzen. Das Grundgesetz weist Ihm daher eine eher staatsnotarielle Funktion zu. Ihm obliegt die völkerrechtliche Vertretung des Bundes, dass heißt, er empfängt Staatsgesandte und schließt, nach Art. 59 Abs. 1 GG, völkerrechtliche Verträge mit auswärtigen Staaten ab. Er ist verantwortlich für die Ausfertigung und Verkündung der Gesetze, das schließt eine Prüfung der Übereinstimmung mit dem Grundgesetz ein (Art. 59 Abs. 2 GG). Nach Art. 60 GG ernennt, beziehungsweise entlässt, er die Bundesminister sowie Bundesbeamte, Bundesrichter, Offiziere und Unteroffiziere der Bundeswehr, außerdem übt er das Begnadigungsrecht für den Bund aus. Er besitzt ein Vorschlagsrecht zur Wahl des Bundeskanzlers und führt allgemeine Repräsentationsaufgaben im In- und Ausland durch. Des weiteren besitzt er bei Regierungskrisen eine Reservemacht, welche Ihn nach Art. 63 Abs. 4 GG, dazu ermächtigt den Bundestag aufzulösen und nach Art. 81 GG den Gesetzgebungsnotstand zu erklären. Ohne Zweifel sind die ihm vom Grundgesetz zugewiesenen Rechte und Pflichten eher gering und schwach. Aber gerade in dieser relativ schwachen politischen Stellung des Bundespräsidenten liegt seine eigentliche Stärke und seine Wirkungschance. Er hat die Möglichkeit, durch seine persönliche Ausstrahlung, durch die Symbolkraft seiner Handlungen, durch die Macht der von ihm gesprochenen Worte aber auch durch persönliche Kontakte zu politisch Beteiligten, Einfluss auf die Gesellschaft zu nehmen. Diese Machtschwäche ist für den Bundespräsidenten die Möglichkeit, Meinungsbildner der Nation zu werden.[7] „Da er nichts zu sagen hat, hört ihm die Öffentlichkeit unbefangen zu, kann unvoreingenommen seine Worte erwägen.“[8] Die Neutralität seines Amtes, aber auch der geringe Einfluss auf das tagespolitische Geschäft erlaubt ihm, sich mit langfristigen und grundsätzlichen Problemen zu beschäftigen, welche außerhalb der täglichen Politik liegen. Seine informellen Einflussmöglichkeiten, können vor allem in Zeiten der gesellschaftlichen Orientierungslosigkeit beziehungsweise eines für die Gesellschaft grundlegenden Umbruchs und Umdenkens eine entscheidende Rolle spielen.[9] Richard von Weizsäckers Amtsperiode als Bundespräsident (1984-1994), lag in einer Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs, eventuell der erste Hinweis darauf, das er später die Rolle eines Vorreiters einnehmen konnte.
3. Weizsäckers Wirken für ein geeintes Berlin
Der folgende Abschnitt beschäftigt sich mit dem Engagement Richard von Weizsäckers für ein vereintes Berlin. Es soll dargestellt werden, warum für ihn gerade Berlin eine wichtige Rolle einnahm und warum er der Stadt eine bedeutende Rolle für die Entwicklung Deutschlands gab.
Die Stadt Berlin, hatte für Weizsäcker eine besondere Bedeutung. Zum einen ging er in Berlin mehrere Jahre zur Schule und legte auf dem humanistischen Bismarckgymnasium im Jahr 1937 sein Abitur ab.[10] Zum anderen war er in dieser Stadt insgesamt fünf Jahre, von 1979 bis 1984, als Oppositionschef und regierender Bürgermeister tätig.[11] „Hier hatte er die entscheidenden Prägungen seines politischen Denkens erworben, und hier hat er versprochen, dass Berlin seine Lebensaufgabe sein sollte. Schließlich war Weizsäcker nicht ein Kind der Bonner Republik, sondern ist mit Berlin als Hauptstadt aufgewachsen“[12]. Für Weizsäcker symbolisierte die Teilung Berlins, seiner „ersten Heimat“[13], zugleich die Teilung Deutschlands, was wiederum für Ihn den Ausgangspunkt für die Teilung Europas symbolisierte. Im Umkehrschluss sah er Berlin als Schlüssel zur Vereinigung und damit auch als Brückenschlag der Verständigung zwischen Ost und West vor der Wiedervereinigung.[14]
Bereits als Bürgermeister war die Frage der Wiedervereinigung für ihn eng verbunden mit dem Schicksal Berlins. „In Berlin habe ich gelernt, dass die deutsche Frage so lange offen ist, wie das Brandenburger Tor geschlossen bleibt.“[15] Dieses war der Kernsatz, der seinen Standpunkt besonders unterstrich und für seine Handlungen prägend war. Die Wiedervereinigungsfrage Deutschlands war für Weizsäcker mit dem Schicksal der geteilten Stadt verbunden. Die deutsche Frage war für ihn nicht nur eine Frage der territorialen Ausgestaltung war, sondern vor allem eine der Menschenrechte, besonders für die Bewohner Berlins.[16] Auch als späterer Bundespräsident hielt er noch an diesen Standpunkten fest.
Während Weizsäckers Amtszeit als Bürgermeister (1981- 1984) verbesserten sich die Beziehungen zwischen Ost- und Westberlin. Das machte sich durch folgende Maßnahmen bemerkbar: 1.) Es wurde ein Transitabkommen unter Weizsäckers Regentschaft geschlossen, welches die Abfertigung an den Kontrollpunkten zwischen West- und Ostberlin normalisierte. 2.) Er schaffte es, die Wirtschaft der Stadt, durch die Förderung der Tourismusindustrie anzukurbeln. Dadurch überholte Berlin bald die Bundesrepublik im Durchschnitt des Wirtschaftswachstums. 3.) Mit seinem Engagement wurde der Bürgermeister, bald auf beiden Seiten der Mauer zur Identifikationsfigur des westlichen und östlichen Stadtteils. Er genoss das Ansehen aller Berliner. Davon zeugte auch die Enttäuschung der Bevölkerung, nach dessen Wechsel in die Villa Hammerschmidt.[17]
Gegen verschiedene Entwicklungen, besonders jene innerhalb Ostberlins, äußerte sich von Weizsäcker, während dieser Zeit auch kritisch. In seiner Ansprache vom 13. August 1981, im Berliner Abgeordnetenhaus, macht er darauf aufmerksam das besonders die seit 1980 vom SED- Regime eingeführte Finanzmauer, eine Mindestumtauschpflicht für Einreisende nach Ostberlin von 25 DM, die deutsch- deutschen Beziehungen stark belasteten und besonders den Personenverkehr innerhalb Berlins behindert. Weizsäcker nannte diese Maßnahme unsozial und sah vor allem den Reise- und Besucherverkehr von Rentnern, Jugendlichen und Kinder stark beeinträchtigt.[18]
[...]
[1] Vgl. Pflüger, Friedbert, Zur Einführung Präsident aller Deutschen- schon vor der Vereinigung, in: Darchinger, Jupp (Hrsg.), Richard von Weizsäcker. Porträt einer Präsidentschaft, Düsseldorf u.a. 1993, S.21.
[2] Ebd.
[3] Vgl. ebd.
[4] Vgl. Jäckel, Eberhard/ Möller, Horst/ Rudolph, Hermann (Hrsg.), Von Heuss bis Herzog. Die Bundespräsidenten im politischen System der Bundesrepublik. Stuttgart 1999, S.329.
[5] Vgl. Pflüger, Friedbert, Konsens und Orientierung. Von Heuss bis Weizsäcker: Das Amt des Bundespräsidenten in Theorie und Praxis, in: Landeszentrale für politische Bildung Schleswig -Holstein (Hrsg.), Grundkonsens und Orientierung. Reden des Bundespräsidenten 1986 und 1987, 3.Aufl., Kiel 1988, S.165.
[6] Ebd.
[7] Vgl. ebd., S.165-173.
[8] Baring, Arnulf, Machtwechsel. Die Ära Brand- Scheel, Stuttgart 1982, S.28.
[9] Vgl. Pflüger, Friedbert, Konsens und Orientierung. Von Heuss bis Weizsäcker: Das Amt des Bundespräsidenten in Theorie und Praxis, S.173f.
[10] Vgl. Jäckel, Eberhard/ Möller, Horst/ Rudolph, Hermann (Hrsg.), Von Heuss bis Herzog, S.331.
[11] Vgl. ebd., S. 350.
[12] Pflüger, Friedbert, Porträt einer Präsidentschaft, S.15.
[13] Wiedemeyer, Wolfgang, Richard von Weizsäcker. Ein Denker als Präsident, 4.Aufl., Stuttgart/ München 1992, S. 38.
[14] Vgl. Pflüger, Friedbert, Porträt einer Präsidentschaft, S.15.
[15] Ebd., S.122.
[16] Vgl. Pflüger, Friedbert, Porträt einer Präsidentschaft, S.7.
[17] Vgl. Wiedemeyer, Wolfgang, Richard von Weizsäcker. S.41ff..
[18] Vgl. Weizsäcker, Richard von, Die deutsche Geschichte geht weiter, 3.Aufl., München 1986, S.255.
- Arbeit zitieren
- René Gabriel (Autor:in), 2008, Richard von Weizsäcker - Vorreiter für die Einheit Berlins, Deutschlands und Europas, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/114963