Auf der anderen Seite sind es jedoch Menschen, die Märchen gestalten, erzählen und tradieren. Reale Menschen mit einem realen Leben in einer realen Welt. Es ist geradezu unvorstellbar, dass diese ihre soziale Wirklichkeit nicht in die Erzählinhalte einbringen.
Mit genau dieser Thematik beschäftigt sich die vorliegende Arbeit, die den Titel „Soziale Ordnungen im Spiegel der Märchen“ trägt. Da es sich dabei um ein sehr weites Forschungsfeld handelt, wird versucht, sich unter möglichst unterschiedlichen Aspekten mit der Fragestellung auseinanderzusetzen.
So soll in einem ersten Punkt zunächst das bereits angesprochene Problem der Realitätsbezüge untersucht werden. (...)
Das zweite Kapitel setzt sich mit dem sozialen Milieu im Märchen und dem der Erzähler beziehungsweise Hörer auseinander. (...) Anhand unterschiedlicher Beispiele soll gezeigt werden, dass sich das soziale Milieu der Trägergruppen sowohl in der Charakterisierung des Helden als auch in der Beschreibung des täglichen Lebens und in der Darstellung der höfischen Welt im Märchen widerspiegelt.
Zentrales Thema sehr vieler Märchen ist der soziale Aufstieg des Helden. Ob dieser König wird oder lediglich ein eigenes Grundstück bekommt, hängt wiederum von der sozialen Wirklichkeit der Märchenträger ab. Je größer die gesellschaftliche Not, desto realistischer wird der soziale Aufstieg in der Regel dargestellt.
Im vierten Punkt der Arbeit geht es um sozialkritische Aspekte im Märchen. Anhand der Märchenvarianten vom starken Hans, vom Gevatter Tod und von der klugen Bauerntochter soll exemplarisch gezeigt werden, dass sowohl direkte als auch indirekte Kritik an bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen zentraler Bestandteil vieler Märchen ist. Mit der Frage, warum in einigen Sammlungen sozialkritische Aspekte nicht aufgenommen oder im Nachhinein abgeschwächt wurden, beschäftigt sich dabei ein eigener Abschnitt.
Der letzte Punkt setzt sich schließlich mit der Sozialisation im und durch das Märchen auseinander. Dabei geht es insbesondere um die Frage, inwieweit im Märchen die persönliche Entwicklung des Helden thematisiert wird. Zudem soll gezeigt werden, wie Märchen seit dem 17. Jahrhundert als Sozialisationsmittel eingesetzt wurden und werden
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Realitätsbezüge im Märchen
- Das soziale Milieu der Märchen und Märchenträger
- Die soziale Position der Märchenträger seit dem späten 18. Jahrhundert
- Das soziale Milieu der Märchenhelden
- Der Märchenalltag als Spiegel der sozialen Wirklichkeit der Erzähler
- Die Welt des Hofes als Spiegel der sozialen Wirklichkeit der Erzähler
- Der soziale Aufstieg des Helden als zentrales Thema des Märchens
- Sozialkritik im Märchen
- Märchenvarianten vom starken Hans
- Märchenvarianten vom Gevatter Tod
- Märchenvarianten von der klugen Bauerntochter
- Umformungsprozesse als Spiegel gesellschaftlicher Bedingungen
- Sozialisation im und durch das Märchen
- Die Thematisierung der Sozialisation im Märchen
- Märchen als Sozialisationsmittel
- Schluss
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die sozialen Ordnungen, die sich in Märchen widerspiegeln. Sie analysiert die Realitätsbezüge in Märchen und beleuchtet das soziale Milieu der Märchenträger und -helden. Die Arbeit untersucht den sozialen Aufstieg des Helden als zentrales Thema des Märchens und analysiert sozialkritische Aspekte in verschiedenen Märchenvarianten. Schließlich wird die Sozialisation im und durch das Märchen betrachtet.
- Realitätsbezüge in Märchen
- Soziale Milieus der Märchenträger und -helden
- Sozialer Aufstieg des Helden
- Sozialkritik in Märchen
- Sozialisation im und durch das Märchen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Thematik der Arbeit vor und erläutert die Forschungsfrage: Inwieweit spiegeln Märchen die soziale Wirklichkeit der Erzähler wider? Das zweite Kapitel untersucht die Realitätsbezüge in Märchen und stellt fest, dass Märchen trotz ihrer phantastischen Elemente realistische Elemente enthalten, die Aufschluss über das soziale Leben der Märchenträger geben können. Das dritte Kapitel befasst sich mit dem sozialen Milieu der Märchen und der Märchenträger. Es wird gezeigt, dass Menschen aus den unteren Gesellschaftsschichten als Märchenträger fungierten und dass sich dieses soziale Milieu in der Charakterisierung der Helden, der Beschreibung des täglichen Lebens und der Darstellung der höfischen Welt im Märchen widerspiegelt. Das vierte Kapitel analysiert den sozialen Aufstieg des Helden als zentrales Thema des Märchens und zeigt, dass die Darstellung des sozialen Aufstiegs von der sozialen Wirklichkeit der Märchenträger abhängt. Das fünfte Kapitel untersucht sozialkritische Aspekte in Märchen. Anhand von Märchenvarianten vom starken Hans, vom Gevatter Tod und von der klugen Bauerntochter wird gezeigt, dass sowohl direkte als auch indirekte Kritik an bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen ein zentrales Element vieler Märchen ist. Das sechste Kapitel befasst sich mit der Sozialisation im und durch das Märchen. Es wird untersucht, inwieweit die persönliche Entwicklung des Helden im Märchen thematisiert wird und wie Märchen als Sozialisationsmittel eingesetzt wurden und werden.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Märchen, Volkskunde, soziale Ordnungen, Realitätsbezüge, soziales Milieu, Märchenträger, Märchenhelden, sozialer Aufstieg, Sozialkritik, Sozialisation.
- Quote paper
- Ann-Kathrin Thoennes (Author), 2007, Soziale Ordnungen im Spiegel der Märchen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115017