Coaching-Methoden für arbeitssuchende Migranten und Migrantinnen. Ihre Anwendung in der pädagogischen Beratung


Masterarbeit, 2021

67 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Coaching
2.1. Definition
2.2. Entstehung und Entwicklung
2.3. Erwachsenenpädagogische Bezüge
2.3.1. Konstruktivismus
2.3.2. Ermöglichungsdidaktik
2.4. Coaching im pädagogischen Handlungsfeld Beratung

3. Anforderungen an eine*n Coach*in für Beratungen von arbeitssuchenden Migrant*innen in Deutschland

4. Coaching-Methoden
4.1. Allgemeine Methoden
4.2. Auswahl spezieller Coaching-Methoden mit Berücksichtigung der Zielgruppe arbeitssuchende Migrant*innen
4.3. Konkrete Anwendungsvorschläge aus der Praxis

5. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

Unsere heutige Gesellschaft ist durch die stete Zuwanderung von Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturräumen geprägt. Die anhaltenden „Migrations- und Fluchtbewegungen verändern auch zunehmend unsere heutige Lebens- und Arbeitswelt“ (Kinne 2016, S. 5), denn „[i]mmer mehr Menschen mit Migrationshintergrund, internationale Fachkräfte oder qualifizierte Geflüchtete mit Zugang zum Arbeitsmarkt arbeiten in Unternehmen, Verwaltungen und Organisationen“ (Kinne 2016, S. 6). Das alles bringt viele Herausforderungen mit sich, beginnend mit der Ankunft dieser Menschen in unser Land bis hin zu ihrer Integration in den ersten Arbeitsmarkt. Grundsätzlich ist es nicht verwunderlich, dass sich viele der erst kürzlich nach Deutschland Zugewanderten noch nicht mit den Gepflogenheiten unseres Landes auskennen. In vielerlei Hinsicht fällt ihnen die Orientierung in ihrer neuen Umgebung sehr schwer, angefangen mit einer neuen Sprache, einem anderen Wertesystem und einer ihnen unbekannten Kultur. „Eine kulturelle Sensibilisierung und Informationen über andere Kulturen oder Interkulturalität reichen oft nicht aus, um Menschen im beruflichen Umfeld dabei zu unterstützen, interkulturelle Konflikte nachhaltig zu lösen“ (Kinne 2016, S. 4). Damit es ihnen aber dennoch gelingt, sich im neuen Land besser zurechtfinden und auch beruflich verwirklichen zu können, ist es wichtig, diesen Menschen durch kompetente und professionelle Beratung Unterstützung zu bieten bis sie sich so gut eingelebt haben, dass sie auf sich alleine gestellt sein können.

In dieser Masterarbeit wird daher der Fokus auf die Anwendung spezieller Coaching-Methoden in der pädagogischen Beratung von arbeitssuchenden Migrant*innen gelegt. Die Forschungsfrage, welcher sich diese Arbeit widmet, lautet: Welche Methoden sollten im Coaching mit arbeitssuchenden Migrant*innen angewendet werden, um ihren speziellen Bedürfnissen in Beratungssituationen gerecht werden zu können?

Für eine lange Zeit wurde Coaching von den Wissenschaftler*innen als ein „unseriöse[s] Handlungs- und Reflexionsfeld“ (Müller-Commichau 2016, S. 567) angesehen. Nun gibt „die Wissenschaft ihre lange Zeit gewahrte Distanz gegenüber dem […] Coaching nach und nach auf“ (ebd.). Mittlerweile gibt es zu diesem Thema sehr viele unterschiedliche Diplom- bzw. Masterarbeiten, aber auch einige Dissertationen, Habilitationen, Monographien und verschiedene Aufsätze in Fachzeitschriften und Handbüchern. Jedoch ist die Auswahl an fachwissenschaftlicher Literatur in der Betriebswirtschaftslehre und Psychologie vergleichsweise etwas größer als in der Pädagogik. Aus diesem Grund sollte Coaching mehr in das Bewusstsein „der praktisch wirkenden Pädagogik“ (Müller-Commichau 2006, S. 386) gerückt werden, damit die „Professionalisierung dieses Segments pädagogischer Beratung“ (Müller-Commichau 2016, S. 567) weiter vorangebracht werden kann.

Am Anfang dieser Masterarbeit erfolgt eine Einführung in die Thematik des Coachings. Dabei wird nicht nur die Definition und Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte aufgeführt, sondern auch der Bezug des Coachings zur Erwachsenenbildung hergestellt. So soll diese Masterarbeit an dieser Stelle rechtfertigen, warum das Coaching berechtigterweise zur Erwachsenenbildung gezählt werden kann. Dabei spielen auch der Konstruktivismus und die Ermöglichungsdidaktik im Hinblick auf das Coaching eine ganz bedeutende Rolle, weshalb diese Masterarbeit diese beiden Begrifflichkeiten detailliert vorstellen wird. Im Anschluss wird der Fokus vom Coaching in der Erwachsenenbildung auf das pädagogische Handlungsfeld Beratung gerichtet. Danach werden grundsätzliche Anforderungen an die*den Coach*in herausgearbeitet. Des Weiteren werden Methoden ergründet, die die*der Coach*in anwenden kann, um am besten auf die speziellen Bedürfnisse von arbeitssuchenden Migrant*innen eingehen und ihnen in Beratungssituationen weiterhelfen zu können. Zu allererst einmal werden ganz allgemeine Coaching-Methoden vorgestellt. Aus diesen wird dann eine Auswahl getroffen, welche auf die Zielgruppe der arbeitssuchenden Migrant*innen zutrifft. Diese Auswahl wird zusätzlich durch eine Begründung verstärkt, warum gerade diese Methoden in einer erwachsenenpädagogisch konzipierten Beratung von arbeitssuchenden Migrant*innen am erfolgversprechendsten erscheinen. Da die gesamte Masterarbeit im Fokus des Coachings in der Erwachsenenbildung steht, widmet sich das Kapitel 4.3. der konzeptionellen Umsetzung von Coaching-Methoden in der Praxis. In diesem Kapitel werden dann auch konkrete Anwendungsvorschläge genannt. Am Ende dieser Masterarbeit steht ein Fazit, welches noch einmal die wichtigsten Erkenntnisse zusammenfasst, und es wird ein Ausblick gegeben.

In dieser Masterarbeit wird fast durchgehend auf eine gendergerechte Sprache geachtet. Einzig bei der direkten Übernahme von Zitaten aus der Fachliteratur wird der Lesbarkeit halber auf das Gendern verzichtet.

2. Coaching

2.1. Definition

„Im Bildungskontext wird Coaching neben Begriffen wie Mentorat, Lernberatung oder auch Lernprozessbegleitung verwendet“ (Truniger 2019, S. 17). Grundsätzlich haben all diese Begriffe gemeinsam, dass „je das Verhältnis der (projektbezogenen) Zusammenarbeit zwischen Lehrenden und Lernenden [bezeichnet wird]“ (ebd.), Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, „dass die Ratsuchenden bzw. die Lernenden einen hohen Grad an Verantwortung für das Geschehen tragen und ihnen die zugewiesene Lehrperson beratend zur Seite steht“ (ebd.). Jedoch kann das Coaching laut Rolf Arnold „nicht einfach mit Beratung übersetzt werden“ (Arnold 2008, S. 36). Seiner Meinung nach ist eines der ausschlaggebendsten Kriterien „die prozessorientierte und biographiebezogene Begleitung sowie die situative Anpassung ihrer Ausdrucksformen“ (ebd.).

„Zudem zielt Coaching auf ein eher höherstufiges Lernen, welches ohne die Dimensionen des Handelns und Erfahrens nicht auskommt. Natürlich geht es beim Coaching auch um die Darstellung von Erklärungen (z. B. von Modellen, Ratschlägen), doch kommt es nur dann zu einer wirklichen Suchbewegung und Verhaltenstransformation, wenn von dem handelnden Subjekt alternative Formen in Kontexten eines Handlungs- und Erfahrungslernens erprobt, reflektiert und verändert werden können. Dieses Veränderungslernen ist ein handelndes Lernen, ein Sich-Entfalten durch neue Erfahrungen“ (ebd.).

Rolf Arnold hält noch fest, dass es beim Coaching „um die Begleitung einer – zumeist beruflichen – Gestaltungsphase in der Auseinandersetzung mit den eigenen Potenzialen einerseits und den sich bietenden Gelegenheiten andererseits [geht]. Um solche Phasen wirksam zu initiieren und erfolgreich zu begleiten, bedarf es sog. ‚Agenten des Wandels‘ […], die in der Lage sind, aus den inneren und äußeren Systematiken des Gegenüber[s] heraus Alternativen in den Blick zu rücken, Unterschiede zu markieren und mit ‚verdeckten Widerstandsformen‘ […] konstruktiv umzugehen. Diese müssen über eine hermeneutische sowie persönliche Kompetenz verfügen, wie sie auch für therapeutische Beratungs-Settings gefordert ist“ (ebd.).

Christopher Rauen betont in seinen Arbeiten die „absichtsvoll herbeigeführte Arbeitsbeziehung, deren Qualität durch Freiwilligkeit, gegenseitige Akzeptanz, Vertrauen und Diskretion zwischen den beteiligten Personen bestimmt wird“ (Rauen 2014, S. 2). Aufgrund der respektvollen Umgangsweise und des verständnisvollen Auftretens der Coachin bzw. des Coaches fühlt sich die*der Coachee in deren*dessen Anwesenheit wohl und kann dadurch eher Themen ansprechen, die vielleicht sonst gar nicht zur Sprache kämen. Auf diese Weise soll in den Augen Christopher Rauens eine „tragfähige Beziehung“ (ebd.) zwischen Coach*in und Coachee hergestellt werden, die zur Klärung unausgesprochener Anliegen oder Themen beiträgt, welche „oft jahrelang oder generell vernachlässigt oder beiseite gedrängt wurden und großes Optimierungspotenzial enthalten“ (ebd.). Wichtig ist dabei aber auch, dass die*der Coachee die Ursachen für ihre*seine Probleme selbst erkennt und zu eigenen Lösungswegen gelangt, um diese Probleme beheben zu können. Nur so kann die*der Coachee lernen, „seine Anliegen selbst zu lösen, klare Ziele zu setzen und wieder eigenständig effektive Ergebnisse zu produzieren (‚Hilfe zur Selbsthilfe‘)“ (ebd.).

Nach seinen systematischen Untersuchungen der Definitionen zum Coaching stellte Michael Loebbert eine aus seiner Sicht allgemeingültige Definition für den Begriff auf, welche Coaching als „eine auf den Leistungs- und Handlungsprozess von Personen bezogene Form der Beratung [festlegt]“ (Loebbert zit. nach Truniger 2019, S. 17). Seinen Forschungsergebnissen nach kennzeichnen folgende Merkmale das Coaching:

„die Optimierung von Problemlöseprozessen, die Erleichterung von Lernen, die Erhöhung der persönlichen Wirksamkeit, das Erreichen nachhaltiger Verhaltensänderungen, die Verbesserung von Fähigkeiten und Leistungen und damit das persönliche Wachstum“ (ebd.).

Laut Loebbert unterstützt das „Coaching den Ratsuchenden in einem umfassenden Sinne“ (ebd.), denn „[e]s werden nicht nur Lernen und die Leistungsverbesserung angestrebt, sondern es geht ebenso um die Analyse von Maßstäben und Werten, die den Coachee in seiner Zielverfolgung leiten, und um die Zweckmäßigkeit der gewählten Lösungsoptionen“ (ebd.). Der wichtigste Aspekt, der dabei nicht vernachlässigt werden darf, ist die „Unterstützung zur Selbsthilfe“ (Truniger 2019, S. 18). Damit meint Loebbert, dass die*der Coach*in das Problem für die*den Coachee nicht löst, sondern die*der Coachee ihr*sein Problem selbst lösen muss, indem sie*er dabei von der*dem Coach*in unterstützt wird (vgl. Loebbert zit. nach Truniger 2019, S. 18 f.).

Sonja Radatz setzt sich mit systemischem Coaching auseinander, worunter „die maßgeschneiderte Problemlösung im Spannungsdreieck zwischen Beruf, Organisation und Privatleben oder in einem dieser drei Bereiche [zu verstehen ist] – eine Problemlösungsmethode, in welcher der Coach für die passenden Fragen, hilfreichen Zusammenfassungen und die Einhaltung des Ablaufs verantwortlich ist, und der Coachee eigenständige Lösungen für seine Situationen – für seine anstehenden Fragestellungen – findet“ (Radatz 2018, S. 85).

Daraus schlussfolgert Radatz, dass die*der Coach*in „den Anstoß für die Problemlösung geben [soll], die dann beim [Coachee] stattfindet“ (Radatz 2018, S. 93), sodass „[b]ei konsequenter Coaching-Haltung […] der Coach […] für den Prozess und der Coachee für die Inhalte (Probleme, Problemlösung) verantwortlich [ist]“ (ebd.). Ihrer Meinung nach „entfällt [damit] der Zwang, als Coach ständig neue Ideen der Problemlösung (Ratschläge) präsentieren zu müssen – andererseits bleibt auch der ‚Ruhm‘ beim Coachee: Er hat die Lösung selbst gefunden, die Leistung des Coaches bleibt damit im Hintergrund“ (ebd.).

Trotz alledem befindet sich das Coaching „als Methode noch immer in einer innovativ-experimentellen Grundsituation [, weshalb] […] allgemein gestützte Definitionen nach wie vor nicht zu finden [sind], sondern […] von der wissenschaftlichen Disziplin des jeweiligen Autors [abhängen]“ (Müller-Commichau 2006, S. 386). Wolfgang Müller-Commichau betrachtet das Coaching aus einem pädagogischen Blickwinkel und unterscheidet daher zwischen einem „Coaching als Beratungsform“ (ebd.) und einem „Coaching als methodisch-didaktischer Grundhaltung“ (ebd.). So definiert er „Coaching als Beratungsform“ (ebd.) wie folgt:

„Coaching ist eine professionell betriebene, sowohl prozess- als auch lösungsorientierte individuelle Beratung, die Menschen darin unterstützt, ressourcengeleitet individuell fixierte Ziele zu erreichen“ (Müller-Commichau 2016, S. 562)

Diese Beratungsform zielt v.a. auf die Frage ab, wie die Menschen „ihre jeweiligen sozialen Rollen zukünftig ressourcengeleitet handhaben können und wollen“ (Müller-Commichau 2006, S. 387). Wolfgang Müller-Commichau führt näher aus, was unter den einzelnen Begrifflichkeiten wie professionell, prozess- und lösungsorientiert, individuell oder ressourcengeleitet zu verstehen ist. Er geht als erstes auf die Professionalität ein und hält dabei fest, „dass Beratende in einer systematischen Weise für ihre Aufgabe qualifiziert wurden und auf Grundlage dieser Qualifikation in einer begründbaren Weise tätig werden“ (Müller-Commichau 2016, S. 562). Die Prozess- und Lösungsorientierung demgegenüber „hebt den Anspruch hervor, eine Beratungssequenz nicht ohne greifbares Ergebnis zu beschließen und appelliert zugleich an die Flexibilität der Beratenden, den Verlauf der gemeinsamen Arbeit sensibel zu beobachten“ (ebd.). Auf diese Weise haben die „für die Coachees jeweils aktuellen Anliegen […] Vorrang“ (ebd.), sodass „von einem vereinbarten Thema abgewichen werden kann, um sich einem anderen, für die bzw. den Coachee akuteren, zuzuwenden“ (ebd.). Im Vordergrund des Coaching-Geschehens steht immer das Individuum, weshalb das Einzel-Coaching eine optimale Variante darstellt, denn „[d]ie ‚Eins-zu-Eins-Begegnung‘ zwischen Coach und Coachee […] stellt eine besondere Chance dar, uneingeschränkt durch Rücksichtnahme auf anwesende Dritte, die Anliegen der Coachees gewinnbringend zu behandeln“ (ebd.). Zu guter Letzt führt Müller-Commichau die Ressourcenorientierung in seiner Definition auf, welche bedeutet, dass „das Individuum die notwendigen Elemente zur Verbesserung seiner Lebens- und Arbeitssituation in sich trage“ (ebd.). Seiner Meinung nach „gehe [es] nur darum, diese Elemente zu erkennen und in einer förderlichen Weise anzusprechen“ (Müller-Commichau 2016, S. 563). Coaching, so Müller-Commichau, „nimmt für sich in Anspruch, diese Form der Ressourcenerkennung und Ressourcenaktivierung angemessen unterstützen zu können“ (ebd.). Insgesamt geht es beim Coaching also „um die Begleitung von Coachees auf deren Lernweg, an dessen Ziel in der Regel auch eine Handlungsalternative benennbar ist“ (ebd.).

„Coaching als methodisch-didaktische Grundhaltung“ (Müller-Commichau 2006, S. 387) definiert er als „[d]ie Haltung des Coach[es] im Lehr-Lernproze[ss] […], [d.h.] dass er nicht vorrangig Wissen vermittelt, sondern ein förderliches Lehr-Lernsetting bereithält, in dessen Rahmen er Lerner ressourcenorientiert in ihrem Lernproze[ss] begleitet“ (ebd.).

Diese Definition ist zwar eher für den Unterricht relevant, kann aber in Bezug auf Coaching in der pädagogischen Beratung nicht außer Acht gelassen werden, da auch die*der Coach*in keiner*keinem Coachee einen bestimmten Lösungsweg vorgeben und diesen an sie*ihn übertragen kann, sondern die*der Coachee muss den für sich richtigen Lösungsweg selbst finden. Die*der Coach*in kann sie*ihn dabei nur unterstützen.

2.2. Entstehung und Entwicklung

Der Begriff Coaching hat seinen Ursprung im ungarischen Wort Kotscha, welches im Deutschen Kutsche bedeutet. Es wurde von Emigrant*innen aus Ungarn in die Vereinigten Staaten von Amerika gebracht (vgl. Müller-Commichau 2006, S. 386 f.). Im englischsprachigen Raum wurde dieser Begriff schließlich im Hochleistungssport etabliert, denn „[i]n Analogie zu dem ‚Coach man‘, dem Kutscher im Transportwesen, der nicht zuletzt für das zuverlässige ‚Funktionieren‘ des Pferdegespanns zuständig war, wurde im Sport der Coach als die Person angesehen, die anhaltende Höchstleistung der Athletin oder des Athleten zu gewährleisten hatte“ (Müller-Commichau 2016, S. 559).

Da die Wirtschaft der Vereinigten Staaten von Amerika nach dem zweiten Weltkrieg florierte und sie sich „als ökonomische Großmacht ‚aufstellen‘ konnten“ (Müller-Commichau 2016, S. 558), war es an der Zeit für „qualifiziertes Personal [und] […] differenzierte[r] Aus- und Weiterbildung von effizient arbeitenden Führungskräften in Handel und Industrie“ (ebd.). Aus diesem Grund wurde das Coaching in den USA „[a]ls Methode […] ausdifferenziert und zunächst ausschließlich in Form von entwicklungsbezogenem Führen durch Vorgesetzte genutzt“ (Müller-Commichau 2006, S. 386). Eine derartige Form von Coaching bezeichnet man heutzutage als Mentoring, da Führungskräfte mit langjähriger Betriebszugehörigkeit als Mentor*innen fungieren und sich in dieser Verantwortung um den Nachwuchs kümmern, damit dieser in Zukunft imstande ist, leitende Positionen im Unternehmen übernehmen zu können (vgl. Rauen 2014, S. 9). Die Aufgaben, denen ein*e Mentor*in nachgeht, sind die „Vermittlung der Riten und Normen der Organisationskultur, die Bindung des Mitarbeiters an die Organisation und teilweise auch eine karriereorientierte Beratung“ (ebd.). Damit verfolgt Mentoring das Ziel, „die Fluktuationskosten zu reduzieren, Missverständnisse und Reibungsverluste bei der Integration neuer Mitarbeiter zu vermeiden und den Mitarbeiter langfristig an die Organisation zu binden“ (ebd.). Im Gegensatz zum Coaching, wo das Gespräch auf Augenhöhe stattfindet, besteht beim Mentoring eine Art Hierarchie zwischen der*dem Mentor*in und deren*dessen Mentee. Selbst die Beratung ist in jeder Hinsicht von den Interessen der Organisation beeinflusst (vgl. ebd.).

Blickt man nun genauer auf die Entwicklungsgeschichte des Coachings, so werden sieben Phasen erkennbar, die das Coaching von seinen Anfängen in den USA bis zu seiner heutigen Bedeutung in unserer Gesellschaft geprägt haben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Die Entwicklungsphasen des Coachings

(https://www.landsiedel-seminare.de/coaching-welt/wissen/fragen/coaching-entwicklung.html, Aufruf am 17.02.2021)

In der ersten Phase vom Ende der siebziger Jahre bis Anfang der achtziger Jahre hatte Coaching in den USA die Bedeutung einer „zielgerichtete[n] und entwicklungsorientierte[n] Mitarbeiterführung durch Vorgesetzte“ (Böning 2005, S. 28). Dabei hatten alle Mitarbeitenden die Chance, sich „in [ihrem] beruflichen Kontext nach [ihrer] jeweiligen fachlichen und persönlichen Reife [zu] entwickeln“ (ebd.). Für die damalige Zeit war diese Art des Führungsverständnisses ein Fortschritt, denn die „rein fachliche Führung wurde durch eine persönlichkeits- und motivationsbezogene Komponente ergänzt, durch die einzelne Mitarbeiter gezielt gefördert wurden“ (Böning 2005, S. 30). Uwe Böning erklärt sich dieses Phänomen mit „der Werteausrichtung des damaligen Zeitgeistes und der auf Entwicklung und Expansion ausgelegten Wirtschaftspolitik in den USA“ (ebd.).

Die zweite Phase wurde in der Mitte der achtziger Jahre eingeläutet, als „sich der Einsatz von Coaching allmählich auf die karrierebezogene Betreuung von Nachwuchs-Führungskräften [erweiterte]“ (ebd.) und sich somit das Mentoring etablierte, welches die Unterstützung des vielversprechenden Nachwuchses durch hochpositionierte Manager*innen meint. Diese haben den Nachwuchs „auf dem Karriereweg […] begleite[t] und in die gewünschte Richtung […] [ge]lenk[t]“ (Böning 2005, S. 30). Der Grund für die Entwicklungsrichtung des Coachings in der ersten Phase als „entwicklungsorientierte[s] Führen“ (ebd.). und in der zweiten als „karrierebezogene Betreuung“ (ebd.) ist auf den „sich verschärfende[n] internationale[n] Wettbewerb“ (ebd.) zurückzuführen, welcher „zwingend nach neuen Qualifikationen und Potenzialentwicklungen der Führungskräfte auf den unterschiedlichen Ebenen [verlangte]“ (ebd.).

Die dritte Phase kennzeichnet sich durch die Etablierung des Coachings in der Mitte der achtziger Jahre im deutschsprachigen Raum. Im wirtschaftlichen Bereich diente es als „Einzelbetreuung von Top-Managern durch externe Berater“ (Müller-Commichau 2006, S. 386). Diese Entwicklung führt Uwe Böning auf die stetig steigende Komplexität in der „Technik, [im] wirtschaftliche[n] Handeln, [in den] Organisationsabläufe[n]“ (Böning 2005, S. 27), aber auch im „ganze[n] alltägliche[n] Leben“ (ebd.) zurück. Mit ihr wurde auch eine ganz neue Herausforderung im Berufsleben der Menschen eingeläutet, die von ihnen eine gewisse Anpassungsfähigkeit verlangte, da sie nun „auf turbulente Veränderungen immer schneller, effektiver, flexibler und professioneller reagieren mussten – und das in ständiger Ungewissheit“ (ebd.). Diese rasant fortschreitende Entwicklung im gesellschaftlichen Leben forderte nicht nur bestimmte Fähigkeiten von Führungskräften, sondern steigerte auch noch die Anforderungen an alle Bürger*innen, welche im sozialen wie beruflichen Leben partizipieren wollten (vgl. ebd.). „Die Pluralisierung, der Zerfall und die rapide Veränderung von Einstellungen, Werten und Verhaltensweisen in allen Lebensbereichen verlangten plötzlich, sich ständig neu zu orientieren“ (ebd.). Einen wesentlichen Beitrag zu dieser Entwicklung leisteten bereits in den siebziger Jahren neue psychologische Erkenntnisse, welche in „weite Lebens- und Gesellschaftsbereiche“ (ebd.) eindrangen und „ganz konkret in Wirtschaft und Gesellschaft angewandt [wurden]“ (ebd.). Die „zunehmende Professionalisierung im Management und die wachsende Erwartung von Hochleistung gerade in Wirtschaftsunternehmen [verlangten] nach immer neuen Methoden der persönlichen Fortentwicklung und Professionalität“ (Böning 2005, S. 28). Auch eine „[e]ffiziente Führung und Zusammenarbeit wurden für eine Firma unerlässlich, wenn sie Erfolg haben und ihre Möglichkeiten optimal ausschöpfen wollte“ (ebd.). Daher war es die Aufgabe der Coachin bzw. des Coaches, den Top-Manager*innen ihre „Wahrnehmungs-, Verhaltens- und Kommunikationsmuster bewusst [zu] machen“ (Böning 2005, S. 31), um ihnen so „eine bessere Einschätzung ihrer tatsächlichen sozialen Wirkung auf andere im Unternehmen [zu ermöglichen]“ (ebd.). Ein weiterer entscheidender Faktor, welcher Coaching zum Durchbruch verhalf, war, dass „das öffentliche wie auch das private Leben der Menschen individueller [wurde]“ (Böning 2005, S. 28), schließlich „‚zerfielen‘ Gesellschaft und Wirtschaft in immer spezialisiertere Gruppen, Interessen und Anforderungen“ (ebd.). Uwe Böning vertritt daher die Meinung, dass „[a]ll diesen veränderten Bedingungen […] das Coaching entgegen[gekommen sei]“ (ebd.), denn „[k]ein anderes Führungsinstrument kann so individuell auf den einzelnen Menschen, seine Persönlichkeit und Situation eingehen. Keine Teamentwicklung, keine Projektarbeit kann besser gefördert werden als mit Coaching. Denn Arbeit und ihre psychologische Aufarbeitung greifen wie nie zuvor ineinander. Coaching sieht den Einzelnen oder eine Gruppe hier nicht als beliebigen Bestandteil des ‚Mainstreams‘, sondern nimmt ihre Individualität ernst und geht gleichsam ganzheitlich auf sie ein“ (ebd.).

In der vierten Phase fingen dann auch „unternehmensinterne Führungskräfte und Personalentwickler“ (Böning 2005, S. 31) an, sich mit dem Coaching auseinanderzusetzen, was letztendlich aber zu Streitigkeiten mit den externen Consultants führte, da sich die Personalentwickler*innen vorrangig auf die „mittleren und unteren Führungskräfte [konzentrierten]“ (ebd.). Außerdem war es ihnen ein Anliegen, „Coaching systematisch zum entwicklungsorientierten Führen durch die Vorgesetzten im Rahmen einer allgemeinen systematischen Personalentwicklung einzusetzen“ (ebd.). In den neunziger Jahren konnten sich die Personalentwickler*innen mit den externen Consultants dennoch „auf eine meist friedliche Koexistenz“ (ebd.) einigen. Damit war der Platz des Coachings „in der sich etablierenden systematischen Führungskräfteentwicklung“ (ebd.) gesichert. Varianten wie Einzel- oder Team-Coaching wurden so „zu einem wichtigen Instrument in der Führungskräfteentwicklung“ (ebd.), sodass diese schließlich „um ein kreatives und problemorientiertes sowie sehr individualisiertes, zielorientiertes und spezifisches Instrument bereichert wurde“ (Böning 2005, S. 32).

Die fünfte Phase zeichnet sich durch die Differenzierung des Coachings aus, da es „nunmehr in sehr verschiedenen Settings eingesetzt und mit immer neuen Bedeutungen, Inhalten und konkreten Abläufen belegt [wurde]“ (ebd.). Auf der einen Seite entwickelte sich das Gruppen-Coaching zu einer Variante, welche „die ‚Kraft‘ der versammelten Gruppe zur intensiven Beratung einzelner Teilnehmer durch das gemeinsame Feedback zu nutzen [versuchte]“ (ebd.), auf der anderen gewann das Team-Coaching immer mehr an Bedeutung, da „reale Arbeitsgruppen durch offene Kommunikation und Feedback zu ‚echten‘ Teams weiterentwickelt [werden konnten]“ (ebd.). Kennzeichnend für diese Phase ist aber auch, dass jegliche Art von Seminaren mit Coaching in Verbindung gebracht wurden, egal ob sie die intensive Auseinandersetzung mit den eigenen Erfahrungen beabsichtigten oder einfach nur stilles Nachdenken anregten (vgl. ebd.). Uwe Böning hält an dieser Stelle fest, dass „[a]us Betroffenen […] Beteiligte gemacht [wurden], aus passiven Befehlsempfängern aktive Mitwirkende, die offen über alles redeten, was sie innerlich bewegte oder die zwischenmenschlichen Erschwernisse im Alltag betraf. Dies führte letztendlich dazu, dass irgendwann selbst Fach-Projekte nicht nur fachlich, sondern auch bezüglich der zwischenmenschlichen Prozesse, der unternehmensbezogenen Akzeptanzprobleme, Hindernisse und Konflikte begleitet wurden: Sie wurden im Verständnis der Handelnden ‚gecoacht‘“ (Böning 2005, S. 32).

Infolgedessen wurde das Coaching „zum Ausdruck und Kernbegriff einer allgemeinen und vertieften psychologisch ausgerichteten Beratungsmethodik“ (ebd.). Allerdings ist diese Phase von der raschen Verbreitung der „Anwendungsgebiete und eingesetzten Methoden“ (ebd.) gekennzeichnet. Daher ist es kaum möglich, sich einen Überblick über die einzelnen Strömungen zu verschaffen (vgl. ebd.).

Im Zuge der nachweisbaren Erfolge stieg in der sechsten Phase die Beliebtheit des Coachings stark an, sodass der Begriff schließlich inflationär für alles, was in irgendeiner Form mit Beratung oder Training zu tun hatte, verwendet wurde. Hierfür können als Bespiele die klassischen Unternehmensberater*innen genannt werden, die ab dann nur noch als Coaches auftraten, oder gar das Tanztraining zu einem Dance-Coaching wurde (vgl. Böning 2005, S. 33 f.).

Ab der siebten Phase lässt sich Coaching in fast allen Berufsfeldern wiederfinden, z.B. im „Hochleistungssport[, in der] Politikberatung [oder] Künstlerbetreuung“ (Müller-Commichau 2006, S. 386). Seitdem zeichnet sich auch eine zunehmende Professionalisierung des Coachings ab (vgl. Böning 2005, S. 33 f.). Es gibt mittlerweile sogar die Möglichkeit, eine Ausbildung zur Coachin bzw. zum Coach zu machen (vgl. Böning 2005, S. 35 f.). Jedoch ist Coach*in immer noch keine geschützte Berufsbezeichnung, weshalb bei einigen „Ausbildungen die erforderlichen Qualitätsstandards“ (Böning 2005, S. 35) nicht unbedingt gegeben sind. Um die Qualitätsstandards zu finden, die die Praxis weiterentwickeln können, sind Fachtagungen entstanden, auf denen die Möglichkeit zum Austausch geboten wird. Verständlicherweise hat dies dann auch die Transparenz des Coachings gesteigert (vgl. ebd.). Selbst in der Forschung nimmt das Coaching seit dieser Phase mehr an Bedeutung zu, da der Fokus nun auf die Praxis gelenkt wird und hierzu schon einige Studien von Jüster, Hildenbrand, Petzold, Böning, Fritschle, Offermann und Riedel erschienen sind (vgl. Böning 2005, S. 34 f.). Des Weiteren existiert seitdem eine „Coach-Datenbank (www.coach-datenbank.de)“ (ebd.), wo Unternehmen nach professionellen Coaching-Anbieter*innen suchen können (vgl. ebd.). Noch dazu sind ab 2003 mehrere Coaching-Verbände entstanden, „die sich mit Inhalts- und Methodikaspekten, Qualitätsfragen, Standards, Zertifizierungen und berufsständischen Themen auseinandersetzen“ (Böning 2005, S. 35). An dieser Stelle sei ganz besonders der „Deutsche Bundesverband Coaching e.V. (DBVC)“ (ebd.) genannt, der „mit seinem 4-Säulenkonzept eine Sonderrolle ein[nimmt], da dort Coaching-Praktiker, Ausbilder, Wissenschaftler und Kunden gemeinsam ein Vorantreiben der Profession anstreben“ (ebd.).

2.3. Erwachsenenpädagogische Bezüge

2.3.1. Konstruktivismus

Im antiken Griechenland gab es schon eine „Skeptiker-Schule“ (Müller-Commichau 2003, S. 56), welche von Pyrrhon von Elis gegründet wurde und der Überzeugung war, dass es unmöglich sei, „den Wahrheitswert einer Erkenntnis zu validieren, da jede Art der Erkenntnis auf eine schon bestehende Erkenntnis rekurrieren müsse“ (ebd.). Daher versuchten die Anhänger*innen dieser Schule immer, „die Unzuverlässigkeit menschlicher Sinneswahrnehmungen zu belegen“ (ebd.). Ihnen erschien es als notwendig, dass man die Grundhaltung einer „Urteilsenthaltsamkeit im Sinne von Nicht-Wertung“ (ebd.) einzunehmen habe. An diesen sogenannten Pyrrhonisten erkennt man, dass die Menschen langsam begannen, einzusehen, dass „das Erkennen von Wirklichkeit ausgesprochen viel mit den individuellen Vorstellungen des Erkennenden zu tun habe“ (ebd.). In diesem Fall ist die Rede von „einer Art zirkulärer Abhängigkeit des Erkennens“ (ebd.). Aus diesem Grund stellte Immanuel Kant schon zu seiner Zeit fest, dass „der Mensch […] die Dinge nicht so erkennen [könne], wie sie an sich seien, sondern nur, wie sie [für ihn] sind“ (Müller-Commichau 2003, S. 58). Mit dieser Einsicht hatte Immanuel Kant „die Wendung von empirisch Gegebenem zurück in das Subjekt vollzogen, dessen Bewusstsein den Gegenständen ihre begrifflich-kategoriale Einordnung, ihre Formen und Gesetze vorschreibt und sie dadurch erst zu Bestandteilen der Welt dieses Bewusstseins macht“ (ebd.).

Im Grunde kann man daraus konkludieren, „dass der Mensch immer nur einen Teil der Wirklichkeit, niemals ‚das Ganze‘ zugleich, zu erfassen vermag. Die anderen Teile hat er sich gedanklich hinzu zu konstruieren“ (Müller-Commichau 2003, S. 59).

Den Begriff des Konstruktivismus prägten Persönlichkeiten wie z.B. Heinz von Foerster, Niklas Luhmann, Ernst von Glasersfeld und Paul Watzlawick (vgl. Müller-Commichau 2003, S. 59 f.). Letzterer hielt sogar Folgendes fest: „Wie man an die Wirklichkeit herangeht, ist für das ausschlaggebend, was man finden kann“ (Watzlawick zit. nach Müller-Commichau 2003, S. 60). Anknüpfend an Watzlawicks Aussage kann an dieser Stelle die sich selbsterfüllende Prophezeiung angesprochen werden.

„Gemä[ß] diesem Effekt nimmt die Wahrscheinlichkeit eines spezifischen Verhaltens bei Menschen zu, wenn dieses Verhalten erwartet wird. Erwartungen, die sich an einen Menschen richten, werden von diesem sukzessive übernommen und wirken verursachend auf sein Verhalten. Dabei müssen diese Erwartungen nicht explizit geäu[ß]ert werden; non-verbale Signale reichen unter Umständen schon aus“ (Thomann 2019, S. 243).

Die sich selbsterfüllende Prophezeiung kann aber auch einfach nur den Zweck haben, „etwas Geschehenem oder Geschehendem einen Sinn zu geben, einfach weil es geschehen ist oder gerade geschieht“ (Thomann 2019, S. 244).

Generell sollte der Konstruktivismus nicht als ein Konzept, welches die „Wirklichkeit leugnet“ (Müller-Commichau 2003, S. 60), missverstanden werden. Wolfgang Müller-Commichau spricht daher eher von einem „Antirealismus in epistemologischer […] Hinsicht“ (ebd.), da die Vertreter*innen des Konstruktivismus zwar prinzipiell leugnen, dass Menschen die Realität objektiv erkennen können, aber der Konstruktivismus selbst leugnet nicht, dass die Realität „die Wahrnehmung und unser Wirklichkeitsbild beeinflusst, […] [bzw.] sie maßgeblich bedingt“ (ebd.).

„Auch wenn […] der Mensch tendenziell ein zirkuläres, operationell geschlossenes, damit autopoietisches, [d.h.] selbstreferentielles System darstelle, das auf seine Umwelt lediglich mit dem Umweg über interne Prozesse reagiere, verfügt er dennoch über Kontakt zu dieser Umwelt, nämlich über eine Art von Beziehung, die als strukturelle Kopplung bezeichnet werden kann“ (ebd.).

Laut Niklas Luhmann liegt dem Menschen kein unmittelbarer Zugang zur Außenwelt vor, weshalb er sich den Rest zu dem, was er erkennt, hinzudenken bzw. selbst konstruieren muss (vgl. Müller-Commichau 2003, S. 61 f.). Die Wahrheit stellt daher „für die Konstruktivisten lediglich ein relatives Phänomen dar“ (ebd.) Sie ist also „nichts Auffindbares, sondern etwas individuell Gemachtes“ (ebd.). Jedoch sind die Wahrheiten, welche sich das Individuum konstruiert, „nicht als willkürlich anzusehen, sondern sie orientieren sich zum einen an den lebensgeschichtlich geprägten Erfahrungen des Einzelnen sowie an ihrer Zweckmäßigkeit, ihrer individuellen Brauchbarkeit zum anderen“ (Müller-Commichau 2003, S. 62). Laut den Konstruktivist*innen „gebe [es] eine Orientierung an der Viabilität, was die Gang- ([bzw.] Begeh-)barkeit einer Wahrheitskonstruktion, zugleich aber auch das Moment der Bewegung, das aktive Handeln, in der Überprüfung von Konstruktionen hervorhebt“ (ebd.). Mit genau dieser Viabilität gehen auch die „Deutung, Um- und Neu-Deutung“ (Müller-Commichau 2003, S. 66) einher, denn z.B. „Neu-Deutungen werden dann als viabel akzeptiert, wenn sie […] Leidensdruck, Angst und Unsicherheit angesichts biographischer Brüche nach und nach zu reduzieren vermögen“ (ebd.).

„Wenngleich Wahrheitskonstrukte und Wirklichkeitssichten weitgehend persönliche Produkte darstellen, ist das Individuum gleichwohl in der Lage, mit anderen Individuen über die entsprechenden Konstruktionen und Perspektiven zu kommunizieren und daraufhin Differenzen zwischen eigenen und fremden Konstruktionen wahrzunehmen“ (Müller-Commichau 2003, S. 62).

Diese Kommunikation zwischen den Individuen begünstigt auch eine Beobachtung zweiter Ordnung, welche nichts anderes bedeutet, als dass sich die Individuen „selbst beim Beobachten beobachten […] und aus [ihren] Beobachtungen wie auch immer geartete Konsequenzen ziehen“ (ebd.). Jedes Individuum kann aus den Konsequenzen, welche es aus der Beobachtung zweiter Ordnung gezogen hat, lernen. Diese Art von Lernen wird dann als „reflexives Lernen“ (ebd.) bezeichnet. Wenn diese „Beobachtungs- und Lernprozesse“ (ebd.) versprachlicht werden, dann werden sie als „Metakommunikation“ (ebd.) angesehen. Daraus schließt Horst Siebert, dass „Verständnis, Sinn, Bedeutung […] nicht von außen vermittelt werden [können], sondern […] emergent innerhalb kognitiver Netzwerke [entstehen]“ (Siebert zit. nach Müller-Commichau 2003, S. 62). Siebert spricht dann von „Aha-Erlebnissen […] [oder] plötzlichen Einsichten“ (ebd.), die durch „neue Verknüpfungen, aber auch durch Handlungen und Impulse“ (ebd.) hervorgerufen werden. Generell können sich Menschen nicht dem Beobachten widersetzen, da es in ihrer Natur liegt, nicht nur ihr privates Umfeld wie z.B. Familie oder Freunde, sondern auch ihre soziale Umgebung wie z.B. Schule, Universität oder Arbeitsplatz zu beobachten. Tatsächlich gibt es auch zwei Seiten, welche der Mensch voneinander unterscheidet und von denen er eine Seite der anderen vorzieht, sodass die eine Seite bevorzugt gesehen und die andere beinahe völlig ausgeblendet wird. Es kann auch sein, dass Beobachter nur das sehen, was sie kennen und somit nicht anders können, als nur die Seite wahrzunehmen, die ihnen bereits bekannt und längst vertraut ist (vgl. Müller-Commichau 2003, S. 63 f.). In der Fachliteratur ist daher von einem sogenannten „blinden Fleck“ (ebd.) die Rede. Die Dozierenden könnten bei Teilnehmenden in Erwachsenenbildungsveranstaltungen eine „Perspektivenerweiterung“ (ebd.) oder „Mehrdimensionalität“ (ebd.) ermöglichen, indem sie ihnen einmal aufzeigen, was sie selbst in dem Moment beobachten bzw. wahrnehmen. An dieser Stelle sollten die Dozierenden jedoch vorsichtig sein, da auch sie keinen Anspruch auf Objektivität erheben dürfen, schließlich sollte es jeder*jedem Teilnehmer*in selbst überlassen bleiben, ob sie*er sich von ihrem*seinem blinden Fleck lösen möchte oder weiterhin daran festhalten will (vgl. Müller-Commichau 2003, S. 64 f.).

In der konstruktivistischen Wissenstheorie stellt „auch Wissen kein Abbild einer gegebenen Welt [dar], sondern [wird] zur adaptiven inneren Basis einer jeglichen Aktivität des Menschen“ (Müller-Commichau 2003, S. 65). Daher lässt sich Wissen nicht auf einen „Kompetenzberg“ (ebd.) reduzieren, „sondern wird als eine Ansammlung interner Operationen verstanden: Immer in Bewegung, gelegentlich mehr, dann wieder weniger funktionstüchtig, nie aber am Endpunkt ihrer Entwicklung“ (ebd.). In den meisten Fällen lösen bestimmte Ereignisse oder Vorkommnisse, welche in der Umwelt passiert sind, bestimmte Störungen oder Verunsicherungen bei den Menschen aus. Diese Art von Störungen oder Verunsicherungen werden als „Perturbationen“ (ebd.) bezeichnet. Sie sorgen dafür, dass die oben erwähnten „internen Operationen […] verfeinert [bzw.] – wenn nötig – immer wieder neu ergänzt werden“ (ebd.). Damit veranlassen diese sogenannten Perturbationen eine Art Neurahmung des vorhandenen Wissens, welche in der Fachsprache als „Reframing“ (ebd.) bezeichnet wird. Auf diese Weise wird es möglich, dass neue Informationen zu Wissen transformiert werden können. Wichtig ist dabei nur, dass die neuen Informationen „relevant […], [d.h.] bedeutsam und sinnvoll, viabel […], [d.h.] praktisch, hilfreich und nützlich, möglichst neu […], also nicht redundant, […] [und] anschlussfähig, das heißt, in das bereits bestehende kognitive System integrierbar“ (Müller-Commichau 2003, S. 66) sein sollten.

Das Gedächtnis sehen die Konstruktivist*innen als ein „Konstruktionsmittel“ (ebd.) an, da es alle Erinnerungen eines Menschen aufbewahrt, welche im Grunde genommen nur die Erfahrungen sind, die Menschen in ihrem Leben gemacht haben (vgl. ebd.) Demzufolge „erinnern sich Menschen stets an das, was sie gerade brauchen“ (ebd.). Diesem Verständnis nach kann Wissen somit nicht einfach linear von der Lehrkraft zu der*dem Schüler*in vermittelt bzw. der Lernstoff kann demnach nicht als Input in das Gedächtnis der Schüler*innen eingefügt werden (vgl. ebd.).

„[J]edes Individuum hat [das Wissen] für sich selbst

- in der ihm adäquaten Weise
- bei Auswahl der ihm relevant erscheinenden Elemente nach und nach aufzubauen“ (ebd.)

Mit diesem Argument beziehen sich die Konstruktivist*innen auf den biographischen Bezug, den sie als „Biografizität“ (Müller-Commichau 2003, S. 67) bezeichnen, da das Lernen in ihren Augen „erst dann relevant wird, wenn es die Veränderung der eigenen Person, zumindest deren kognitiver Segmente, miteinbezieht“ (ebd.). Um Lehr-Lern-Prozesse ermöglichen zu können, muss der biographische Bezug immer berücksichtigt werden (vgl. ebd.). Das Wissen ist somit für jede Person ein „internes und ganz spezifisches Merkmal“ (ebd.). Es sichert „die Identität des Einzelnen […] [bzw.] [federt] Identitätserosionen in ihren schädlichen Konsequenzen [ab]“ (ebd.). Aus diesem Grund „muss neues Wissen stets in gleichwie gestalteter Weise an das bereits bestehende individuelle Wissen anschließbar sein“ (ebd.). Das bedeutet, dass „[n]icht das, was gelehrt wird, sondern das, was zu (ge-)brauchen ist, […] gelernt [wird]“ (ebd.). Generell stellt das Lehren im Sinne des Konstruktivismus „nicht die Vermittlung von Wissen [dar], sondern die Bereitstellung von angemessenen, [d.h.] förderlichen Kontexten, die den Aufbau bestimmter kognitiver Strukturen sukzessive wahrscheinlich machen“ (Müller-Commichau 2003, S. 68). Dabei geht es um das Aufzeigen verschiedener Sichtweisen und „deren Kontingenz […] immer neu zu verdeutlichen“ (ebd.). Die „Kontingenz“ (ebd.) meint die „Ersetzbarkeit“ (ebd.) eines beobachteten Sachverhaltes, d.h. der Sachverhalt ist entweder so, wie er beschrieben worden ist oder er wird in seiner Beschaffenheit völlig anders wahrgenommen und ganz anders wiedergegeben (vgl. Müller-Commichau 2003, S. 68). Daraus lässt sich schließen, dass alle Sachverhalte den Menschen Interpretationsspielräume bieten, d.h. jeder Mensch interpretiert in einen Sachverhalt, den er beobachtet, etwas hinein, um diesen Sachverhalt für sich selbst begreifen zu können. Somit sind Interpretationen in Beobachtungen unausweichlich und nicht vermeidbar (vgl. ebd.). Grundsätzlich macht sich eine Person im Zuge der Wahrnehmung eines Sachverhalts ihre persönlichen Gedanken zu diesem, welche sie später äußert. Für diese Äußerung nutzt sie ihre Sprache, durch welche aber zwei Brüche entstehen (vgl. ebd.), nämlich „[v]on der Beobachtung zur Wahrnehmung der erste Bruch; von der Gedanke gewordenen Wahrnehmung zur Sprache der Zweite“ (ebd.). Genau aus diesem Grund können auftretende Phänomene mit unterschiedlichen Ursachen begründet werden (vgl. Müller-Commichau 2003, S. 69 f.), denn laut den konstruktivistischen Erkenntnistheorien gibt „es keine objektive, von allen Menschen auf die gleiche Weise wahrgenommene und erlebte Welt“ (Truniger 2019, S. 29), da „jedes Individuum ein subjektiv konstruiertes, unverwechselbares Bild der Welt und der darin stattfindenden Prozesse und Phänomene in sich [trägt]“ (ebd.), wovon ihr „Handeln und Erleben […] beeinflusst [sind]“ (ebd.). Das bedeutet, dass „[z]wei Menschen, welche dieselbe Situation erleben, […] sie nicht auf identische Weise wahr[nehmen, d.h.] [a]bhängig von Vorerfahrungen gewichten, verarbeiten und speichern sie die Informationen unterschiedlich“ (Truniger 2019, S. 31).

Rolf Arnold bezieht sich auf die Forschungsarbeiten der Hirnforscher*innen, welche bereits festgestellt haben, dass „Wahrnehmung ein operational geschlossener Vorgang ist, bei dem Menschen sich das Neue stets nur unter Nutzung ihrer bereits vorhandenen Kompetenzen sowie unter Anwendung ihrer biographisch entwickelten Deutungs- und Emotionsmuster anzuzeigen vermögen“ (Arnold 2008, S. 38).

Damit ist die Sichtweise einer anderen Person auf einen Sachverhalt nicht als falsch zu werten, nur weil man selbst eine andere Perspektive darauf geworfen hat. Denn schließlich konstruiert sich jede Person ihre Sichtweisen basierend auf ihren „persönlichen Wahrnehmungen sowie auf Lernerfahrungen und Erkenntnissen“ (Truniger 2019, S. 29) und da eben andere Personen andere Erfahrungen in ihrem Leben gemacht haben, blicken sie mit anderen Augen auf die Welt als man selbst.

„Mittels der Sprache gelingt es uns, Annäherungen zu den Sichtweisen anderer zu finden. Indem wir Erlebtes beschreiben, erklären und gewichten, wird für das Gegenüber nachvollziehbar, wie wir erleben und interpretieren“ (Truniger 2019, S. 30).

Dennoch können beim Austausch über „[d]ie im Zusammenhang mit einem bestimmten Ereignis wahrgenommenen und gespeicherten Informationen“ (Truniger 2019, S. 31) Missverständnisse, Fehldeutungen und -interpretationen sowie Irrtümer entstehen, da diese Informationen eben „mehrdeutig, widersprüchlich und lückenhaft sein [können]“ (ebd.). Daher gilt es, sich immer bei seinem Gegenüber zu vergewissern, ob man „eine Äußerung richtig verstanden oder ein Ergebnis auf die gleiche Weise wie das Gegenüber wahrgenommen [hat]“ (ebd.). Durch diese Vergewisserung gelingt es dann auch, Missverständnisse zu minimieren, sodass Kommunikationen konfliktfrei ablaufen können.

Im Zentrum des Konstruktivismus steht, wie bereits erwähnt, die „Überzeugung, dass Menschen vornehmlich dann lernen, wenn sie neues Wissen an bereits vorhandenes Wissen anknüpfen können, das sich in den Denk-, Gefühls- und Handlungswelten des Individuums bewährt hat. Lernimpulse werden auf ihre Brauchbarkeit hin überprüft, (seitens der Beraterinnen oder Lehrer) aufgezeigte Wege auf ihre ‚Viabilität‘, ihre Begehbarkeit, hin getestet“ (Müller-Commichau 2006, S. 393).

Daher überprüfen die Coachees die Informationen, welche sie von ihren Coaches erhalten haben, auf ihre Relevanz, Bedeutsamkeit, ihren Sinn und ihre Aktualität hin (vgl. ebd.). Dieser Prozess kann entweder wenig oder viel Zeit einnehmen, weshalb es für die*den Coach*in in solchen Fällen grundsätzlich wichtig ist, sich in Geduld zu üben. Erst wenn sich die*der Coachee nach einer Prüfung und Verarbeitung der von der*dem Coach*in angebotenen Informationen dazu entschließen sollte, diese in ihre*seine „Denk-, Gefühls- und Handlungswelten“ (ebd.) zu integrieren, können sie in das Wissensrepertoire aufgenommen werden (vgl. ebd.). Damit aber diese „Transformationsprozesse“ (ebd.) in Gang gebracht werden können, bedarf es bestimmten „Reflexionsinstrumenten“ (ebd.) wie z.B. der „Deutung, Um- und Neu-Deutung“ (ebd.). Das Ergebnis solcher „Transformationsprozesse“ (ebd.) ist, dass Menschen anfangen, gewisse Dinge in ihrem Leben anders zu betrachten als sie es bisher getan haben bzw. gewohnt waren, dass sie gar beginnen, an ihrer bisherigen Weltanschauung zu zweifeln und auch in ihren Handlungen unsicher werden (vgl. ebd.). In solchen Situationen kann dann die*der Coach*in die Aufgabe übernehmen, „den Coachee bei der Bewältigung eingetretener Verunsicherung und beim Aufbau neuer Deutungen in einer behutsamen Weise zu begleiten. Deutungen, die dann nach und nach zu Deutungsmustern gerinnen können“ (ebd.). Allerdings darf an dieser Stelle die „konstruktivistische Grundüberzeugung“ (ebd.) nicht vernachlässigt werden, nämlich dass es für eine Lehrperson unmöglich ist, unmittelbar „auf das Lerngeschehen im jeweiligen Gegenüber“ (ebd.) einzuwirken. Die von der*dem Coach*in als neu erachteten Informationen können der*dem Coachee zwar angeboten werden, aber ob die*der Coachee diese schließlich für sich selbst als solche annehmen und an ihr*sein vorhandenes Wissen anschließen möchte, bleibt alleine ihr*ihm überlassen. Die „[k]onstruktivistische Lehr-Lernorganisation beschränkt sich stattdessen darauf, Lerneinladungen zu formulieren. Angebote, die, wie jede andere Einladung auch, von den Lernern angenommen oder abgelehnt werden können“ (Müller-Commichau 2006, S. 394).

Der Konstruktivismus ist davon überzeugt, dass „der Mensch […] einzigartig, unwiederholbar und tendenziell fähig zur selbstbestimmt-individuellen Gestaltung seines Lebens [sei]“ (ebd.). Denn im Laufe des Lebens eines jeden Menschen passieren verschiedene Situationen, die wiederum die Persönlichkeit prägen und den Charakter formen. Genau darin besteht aber die Chance für den Menschen, dass er aus den Erfahrungen, die er macht, und den Lehren, die er daraus zieht, lernt und an diesen wächst. So gelingt es ihm auch, unabhängiger zu werden (vgl. Müller-Commichau 2006, S. 394 f.). Damit jeder Mensch in die Lage versetzt werden kann, unabhängig und selbstbestimmt zu leben, müssen die Verantwortlichen für die „Lehr-Lern-Settings“ (ebd.), seien es nun „Lehrer, Erzieherinnen, Berater“ (ebd.), den Menschen Unterstützung „bei der Erhöhung ihrer Selbstorganisationskompetenz“ (ebd.) bieten. Sollten sie „die Fähigkeit zur Selbstorganisation“ (ebd.) erlangt haben, können sie ein gutes Leben führen, selbst wenn sich ihre Vorstellungen davon von denen ihrer Mitmenschen unterscheiden (vgl. ebd.). Wichtig für den Konstruktivismus ist v.a. die Nähe zur Aufklärung und ganz besonders zu Kants Wahlspruch, dass sich der Mensch seines „eigenen Verstandes zu bedienen [habe]“ (Kant zit. nach Müller-Commichau 2006, S. 394). Mit dem Konstruktivismus geht somit ein Bild von den Lernenden einher, welches „deren Fähigkeit zur Mündigkeit gleichermaßen voraussetzt und intendiert“ (ebd.). Zusammengefasst lässt sich mit den Worten Horst Sieberts festhalten:

„Lernen ist ein autopoietischer, selbstgesteuerter, eigenwilliger und eigensinniger Prozess. Lernen benötigt zwar Informationen, Anregungen, Rückmeldungen, Lernhilfen, aber Lernen lässt sich nicht ‚von außen‘ determinieren. Das psychische ‚System‘ entscheidet, was es verarbeiten kann und will. Lernen ist kein Transport des Wissens von A nach B, ‚Bedeutungen‘ können nicht linear mitgeteilt werden, sondern das System konstruiert seine Welt des Bedeutungsvollen“ (Siebert zit. nach Truniger 2019, S. 30).

Daher hängt das, „[w]as Menschen lernen, […] von der Lernbiografie, den Lerngewohnheiten, den emotionalen und kognitiven Mustern, den psychosozialen Vorgaben oder auch von bewährten Problemlösestrategien ab“ (Truniger 2019, S. 30). Laut Horst Siebert gelingt den Lernenden nachhaltiges Lernen auch nur dann, wenn sie den Lerninhalt für sinnvoll erachten, d.h. wenn er „nicht nur eine pragmatische lebenspraktische Bedeutsamkeit, sondern auch eine Relevanz für Identitätsentwicklung und ‚Weltverstehen‘ [aufweist]“ (Truniger 2019, S. 31). Daher muss der Sinn im Lerninhalt von den Lernenden „erlebt“ (ebd.) und kann ihnen somit nicht „pädagogisch ‚verordnet‘ werden“ (ebd.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 67 Seiten

Details

Titel
Coaching-Methoden für arbeitssuchende Migranten und Migrantinnen. Ihre Anwendung in der pädagogischen Beratung
Hochschule
Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau
Note
2,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
67
Katalognummer
V1150276
ISBN (eBook)
9783346537225
ISBN (Buch)
9783346537232
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Da ich mittlerweile seit über vier Jahren arbeitssuchenden Migrantinnen und Migranten helfe, in Deutschland beruflich Fuß zu fassen, habe ich meine Erfahrungen aus meinem Berufsalltag in meine Abschlussarbeit einfließen lassen. Diese Arbeit soll nun auch anderen Menschen aus diesem Berufsumfeld dabei unterstützen, ihren Coachees bestmöglich helfen zu können.
Schlagworte
coaching-methoden, migranten, migrantinnen, ihre, anwendung, beratung
Arbeit zitieren
Mais Al-Sabti-Bauer (Autor:in), 2021, Coaching-Methoden für arbeitssuchende Migranten und Migrantinnen. Ihre Anwendung in der pädagogischen Beratung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1150276

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