Juden-Diffamierung im Spätmittelalter am Beispiel von Hans Folz


Seminararbeit, 2007

15 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


Gliederung:

Einleitung

1. Das Bild der Juden im Spätmittelalter
1.1 Kirche und Juden
1.2 Die Stellung der Juden in Nürnberg

2. Hans Folz – ein mittelalterlicher Antisemit?
2.1 Definition von Antisemitismus
2.2 Antijudaist oder Antisemit?
2.3 Gründe für antijüdische Polemik

3. Zwei Fastnachtspiele des Hans Folz
3.1 „Die alt und neu ee“
3.1.1 Aufbau und Inhalt
3.1.2 Folz´ Mittel zur Diffamierung
3.2 „Ein spiel von dem herzogen von Burgund“
3.2.1 Aufbau und Inhalt
3.2.2 Skatologisches und das Bild der Judensau

Resümee

Literaturverzeichnis

Einleitung

Wenn man die Begriffe ‚Judenverfolgung’ und ‚Judenhass’ hört, ist man automatisch dazu geneigt, an die NS-Zeit und an Hitlers Regime zu denken. Rassenideologie, Deportationen, Vergasungen und Massenmorde sind die zentralen Begriffe des 2.Weltkrieges und werden, besonders in Bezug auf die Juden, immer einen üblen Nachgeschmack mit sich bringen. Während der NS-Zeit gipfelte der Judenhass sicherlich in seinen Höhepunkt, doch keinesfalls war dies der Zeitpunkt seines ersten Auftretens. Schon in der Antike herrschten Antipathien gegen Juden. Zwar noch nicht so stark wie in späteren Zeiten, zumal auch der Begriff „Jude“ noch nicht so klar wie heute definiert war, aber immerhin hatten sie bereits zu so früher Zeit eine Außenseiterfunktion.[1] Der erste Höhepunkt der Judendiffamierung fand im (Spät-)Mittelalter statt und hatte sowohl im politischen, im wirtschaftlichen, als auch im sozialen Bereich weit reichende Auswirkungen. Hans Folz (geboren ca. 1435 in Worms – gestorben 1513 in Nürnberg) war, neben seiner Tätigkeit als Barbier und Wundarzt, ein Nürnberger Autor des Spätmittelalters, der sich in seinen literarischen Werken antijüdischer Polemik bediente. Mit etwa 100 Meisterliedern, mindestens 12 Fastnachtspielen, 45 Reimpaarsprüchen und zwei Prosaschriften ist er der wohl produktivste Schriftsteller des Spätmittelalters gewesen. Die folgende Arbeit soll die Diffamierung der Juden aus verschiedenen Aspekten beleuchten. Angefangen mit einer allgemeinen Darstellung der Juden und ihre Stellung in der Kirche, über eine Spezialisierung auf die Juden in Nürnberg mit besonderem Blick auf den Autor Hans Folz mündet die Arbeit in die Analyse zweier konkreter Fastnachtspiele Folz’, die auf diverse Auffälligkeiten untersucht werden.

1. Das Bild der Juden im Spätmittelalter

1.1 Kirche und Juden

Wie schon erwähnt, nahmen die Juden bereits in der Antike, theologisch gesehen, eine besondere Rolle ein. Die Gründe hierfür sind zum einen ihre monotheistische Haltung und zum anderen ihre Einstellung zur Vermischung mit anderen Völkern, welche sie strikt ablehnten.[2] Um 1140 gab es in Gratians Dekret Bestimmungen, dass Christen sich, aufgrund des Proselytismus, möglichst von Juden fernhalten sollten.[3] Der Begriff Proselytismus kommt vom griech. prosérchomai und heißt ‚hinzukommen’. Gemeint ist die Angst, dass die Christen durch den Kontakt mit Juden zu ihrer Religion ‚hinzukommen’, also konvertieren könnten. Die Juden übten schon immer eine gewisse Faszination auf die Christen aus. Da das Judentum die älteste Weltreligion ist, musste sich die Kirche mit ihrem „wahren“ Glauben und vor allem als Offenbarungsreligion durchsetzen. Es gab im Mittelalter drei Hauptargumente der Kirche gegen die Juden.

1) Im Alten Testament wird das Kommen des Messias prophezeit, die Juden jedoch sehen in Jesus Christus nicht den, auf den sie (teilweise immer noch) warten. Außerdem sind sie verantwortlich für die Auslieferung Jesu und somit auch schuld an Jesu Tod.
2) Die Strafe Gottes dafür ist ihre Zerstreuung auf der ganzen Welt und ihr Sklavendasein ist die Folge ihrer Blindheit und Verstocktheit.
3) Sie sind wegen ihres falschen Glaubens verdammt und erreichen die Erlösung nur, indem sie Jesus als den wahren Messias anerkennen.[4]

Alle Punkte zusammengefasst kann man sagen, dass die Juden ursprünglich nur aus einem einzigen Grund als verhasstes Volk galten, nämlich weil sie die Geschichte Jesu nicht exakt im Sinne der Christen annahmen, sie also Ungläubige und somit automatisch von Gott verdammt waren. Die wichtigsten Argumente gegen die Juden formulierte Augustinus, Bischof von Hippo. Neben der schon vorher erwähnten Verstocktheit und Blindheit der Juden, welche zu ihrem Verderben führen mussten, war er gegen die, bei den Juden gängige, Beschneidung. Erstens, so meinte er, hatte Jesus die Beschneidung abgeschafft und zweitens, „weil es nicht darauf ankomme, einen Körperteil zu beschneiden, sondern die Beschneidung im Herzen der Christen erfolgen müsse.“[5] Außerdem sagte Augustinus, „daß die Auserwähltheit vom jüdischen Volk auf das Christenvolk übergegangen sei, weil die Juden durch die Kreuzigung Christi furchtbare Schuld auf sich geladen hätten.“[6] Hier wird ganz deutlich, dass die Juden als Christusmörder dargestellt werden, sie sind die alleinig Schuldigen an der Kreuzigung Jesu und somit nicht mehr das auserwählte Volk Gottes. Sie durften zwar (zuerst) nicht umgebracht werden, weil Gott sie ebenfalls am Leben gelassen hatte, aber eine Erleichterung ihres Daseins war dies trotzdem nicht, denn sie mussten in ständiger Angst vor Diffamierung, Verfolgung und Vertreibung leben. Besonders verschlechtert hat sich die Situation der Juden im 13. Jahrhundert: „Es waren dies die wellenartigen Ausbrüche […] gewalttätiger Judenfeindschaft, die Kreuzzugsmassaker und Pogrome im Gefolge von Ritualmord- und Hostienschändungs-Beschuldigungen.“[7] Extreme Folgen hatte das Lateranum IV. (1215) unter Papst Innozenz III. für die Juden. In Beschluss Nr. 67 wurde den Christen nahe gelegt, den Geldhandel mit den Juden einzuschränken oder gar zu vermeiden.[8] Früher hatten die Juden die Zinsgeschäfte in der Hand, da dies Christen nicht erlaubt war. Doch diese Geschäfte wurden bald als Wucher bezeichnet und die Juden somit aus ihrem Beruf verdrängt. Beschluss Nr. 68 behandelte die Kleiderordnung. In manchen Gebieten konnte man Juden und Christen allein durch ihre Kleidung nicht unterscheiden und so sollte sich das jüdische Volk optisch vom Rest abheben.[9] Hierzu musste von Männern ein halbkugeliger oder spitzer Judenhut mit einem Knauf auf dem Scheitel (lat. pileum cornutum = gehörnter Hut) in gelb oder orange oder ein sichtbarer gelber Fleck an der Kleidung getragen werden; für jüdische Frauen gab es blaue Bänder als Erkennungszeichen. Beschluss Nr. 69 besagte, dass Juden keine öffentlichen Ämter ausüben durften. Man wollte damit verhindern, dass sie zu viel Macht über die Christen bekommen konnten.[10] Im 70., dem 4. und letzten Beschluss, der das jüdische Volk betraf, ging es um Juden,

die sich (mehr oder weniger freiwillig) haben taufen lassen. Getauften Juden war es verboten, den jüdischen Ritus zu beobachten, damit der Glanz des neu erworbenen Christentums nicht getrübt wurde.[11]

1.2 Die Stellung der Juden in Nürnberg

Die ersten Juden in Nürnberg, die seit 1146 nachgewiesen sind, übten im 12. Jahrhundert zunächst ihre wirtschaftliche Tätigkeit im Fernhandel aus. Durch das Aufblühen der christlichen Handelskolonien wurden sie jedoch bald aus diesem Bereich verdrängt und mussten sich beruflich neu orientieren. Sie waren nun im Geldhandel tätig, der durch die kluniazensische Reform begünstigt war.[12] Diese Reform ging vom Kloster Cluny aus und trat für eine strenge Klosterzucht und die direkte Stellung der Klöster unter Rom ein.[13] Den Geistlichen und Klöstern, die bisher Kredite an Adelshäuser vergaben, war dies jetzt nicht mehr erlaubt, was für die Juden nur von Vorteil war. Dieser jüdische Geldhandel, der so genannte „wuocher“, fand zunächst auch weitgehend Akzeptanz.

[...]


[1] Vgl. Toch, Michael: Judenfeindschaft im deutschen späten Mittelalter, in: Klein Thomas/ Losemann, Volker/ Mai, Gunther (Hrsg.): Judentum und Antisemitismus von der antike bis zur Gegenwart. Düsseldorf (Droste Verlag) 1984, S. 69 [Kurztitel: Toch, Judenfeindschaft].

[2] Vgl. Bremer, Natascha: Das Bild der Juden in den Passionsspielen und in der bildenden Kunst des deutschen Mittelalters. Frankfurt am Main/Bern/New York (Peter Lang Verlag) 1986, S.27 [Kurztitel: Bremer, Juden].

[3] Vgl. Toch, Judenfeindschaft, S. 69.

[4] Vgl. Bremer, Juden, S. 28.

[5] Ebd. S. 30.

[6] Ebd. S. 30.

[7] Toch, Judenfeindschaft, S. 70.

[8] Vgl. Bremer, Juden, S. 32.

[9] Vgl. Ebd. S. 34.

[10] Vgl. Ebd. S. 33.

[11] Vgl. Ebd. S. 34.

[12] Vgl. Referat: Die antijüdischen Mären von Hans Folz, in: http://www.phil-fak.uni-duesseldorf.de/germ3/lehr.kokott/ss2003/kokott.maerendichtung.referat, S.3 [Kurztitel: Referat, Folz].

[13] Vgl. InfoBitte Universal-Lexikon, in: http://www.infobitte.de/free/lex/allgLex0/k/kluniazensischeReform.htm.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Juden-Diffamierung im Spätmittelalter am Beispiel von Hans Folz
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg  (Lehrstuhl für Deutsche Philologie des Mittelalters)
Veranstaltung
Mediävistik II: Spätmittelalterliche Fastnachtspiele
Note
2,5
Autor
Jahr
2007
Seiten
15
Katalognummer
V115035
ISBN (eBook)
9783640163168
Dateigröße
375 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Juden-Diffamierung, Spätmittelalter, Beispiel, Hans, Folz, Mediävistik, Fastnachtspiele, Juden, Mittelalter
Arbeit zitieren
Stefanie Pokorny (Autor:in), 2007, Juden-Diffamierung im Spätmittelalter am Beispiel von Hans Folz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115035

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