Potentiale von Chatbots im Hochschulkontext. Anpassungs- und Erweiterungsmöglichkeiten


Bachelorarbeit, 2021

79 Seiten, Note: 1,7

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung der Arbeit und Fragestellung
1.3 Methodik und Aufbau der Arbeit

2 Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung
2.1 Künstliche Intelligenz
2.2 Mensch-Maschine-Interaction
2.3 Chatbots
2.3.1 Begriffsdefinition und Geschichte
2.3.2 Funktionsweise und technischer Hintergrund von Chatbots
2.3.3 Klassifizierung und Arten von Chatbots
2.3.4 Aktueller Stand der Forschung

3 Empirische Untersuchung und Ergebnisse
3.1 Quantitative Umfrage
3.2 Ergebnisse der Umfrage

4 Potentiale von Chatbots im Hochschulkontext
4.1 Einsatzmöglichkeiten von Chatbots
4.2 Chancen und Herausforderungen beim Einsatz von Chatbots an den Hochschulen

5 Konzept für den Ausbau des Chatbots der EAH-Jena
5.1 Inhaltliche Erweiterungen
5.2 Funktionale Erweiterungen
5.2.1 Mehrsprachiger Chatbot
5.2.2 Chatbot mit Spracheingabe

6 Implementierung, Machbarkeit und Evaluierung
6.1 Durchführung der Implementierung
6.2 Machbarkeit
6.3 Evaluierung

7 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

A. Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Das Arbeitsgebiet MCI

Abbildung 2: ELIZA Dialoge

Abbildung 3: Allgemeine Chatbot-Architektur

Abbildung 4: Einsatzgebiet von Chatbots im Unternehmen

Abbildung 5: Wo stehen Hochschulen generell beim Thema Chatbot?

Abbildung 6: Antwort auf die Frage 2

Abbildung 7: Antwort Frage 19: planen Sie Chatbots einzusetzen?

Abbildung 8: Entity englisch und spanisch

Abbildung 9: Die Architektur eines Echtzeit-Sprachdienste

Abbildung 10: Beispielarchitektur für den Aufbau eines eigenen Sprach-KI Chatbot

Abbildung 11: Einfache Architektur eines Sprachbasierten Chatbot mit Dialogflow

Abbildung 12: Beispielfragen (Trainingsphrase) für den Intent "diningHall.info"

Abbildung 13: Beispiel-Kontext: Intent „thankful“ mit Follow-Up intent

Abbildung 14: Begrüßungsnachricht des Erasmus-Chatbots

Abbildung 15: Konversation mit dem Erasmus-Chatbot der EAH-Jena.

Abbildung 16: Konversation mit dem Mega-Agent der EAH-Jena

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Vergleichstabelle von bekanntesten Chatbot-Tools

Tabelle 2: Vorgeplante Einsatzbereiche

Tabelle 3: SWOT-Analyse des Einsatzes von Chatbots im Hochschulkontext

Tabelle 4: Kategorisierte Fragen

Tabelle 5: Chatbot-Bewertungsmethoden in Bezug auf die ISO 9214

1 Einleitung

Zu Beginn dieser Bachelorarbeit werden die Problemstellung und die Zielvorstellung sowie die Forschungsfragen geschildert. Anschließend werden die methodische Vorgehensweise zur Beantwortung der Forschungsfragen dargestellt.

1.1 Problemstellung

Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) bietet ein großes Potenzial in vielen Bereichen der Wirtschaft(Microsoft, 2019). Die Fortschritte in der KI und die weltweite Verbreitung des Internets und der Messaging-Plattformen haben Unternehmen dazu inspiriert, sich auf Chatbots zu konzentrieren(BARI§, 2020; Spierling & Luderschmidt, 2018).

„Wie kann ich Ihnen heute helfen?“ Chatbots sind heutzutage aus dem Online-Service- und Supportbereich von Unternehmen nicht mehr wegzudenken. Kaum ein Online-Shop kommt ohne sie aus. Aber wie finden sie eigentlich immer die richtige Antwort?(Microsoft, 2019).

Chatbots sind Programme, welche automatisch auf Anfragen antworten und den Nutzer bei Bedarf in eine bestimmte Richtung leiten können. Auf diese Weise ist es möglich, Anfragen auch außerhalb der Öffnungszeiten zu beantworten(Ringeisen, Bertolosi-Lehr, & Demaj, 2018).

Interessant ist in diesem Zusammenhang nicht allein die Unternehmensperspektive, sondern die Betrachtung des Potenzials und der Möglichkeiten, Chatbots an den Hochschulen1 zu nutzen. Ausgangssituation der Auseinandersetzung sind die Bedürfnisse der Zielgruppe einer Hochschule, die sich verändern, die vielen wiederholenden Fragen von BewerberInnen und die mehr anfallenden Aufgaben in der Verwaltung und im Service mit kleinem Team sowie die aktuelle Art und Weise der Informationsbereitstellung. Chatbots haben das Potenzial, diese Probleme anhand von Beispielen aus anderen Branchen zu lösen(Winkler & Soellner, 2018).

Die Corona-Pandemie hat Hochschulen vor große Herausforderungen gestellt und zu einem Digitalisierungsschub geführt. Die Hochschulen waren gezwungen, die meisten Kurse, Prüfungen, Campusaktivitäten und Service, die Studierenden angeboten waren, in nur wenigen Wochen zu digitalisieren (Winde, Werner, Gumbmann, & Hieronimus, 2020). Ein mangelndes Engagement der Studierenden ist derzeit zu beobachten, was eine Herausforderung in der Hochschulbildung darstellt. Diese Herausforderung ist auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen, darunter das Mangelnde Sozialleben, Motivations- und Konzentrationsprobleme, Probleme bei Einschätzung des Lernstoffes und eine Erhöhte Arbeitslast (Ebenda). Zunehmende Gefühle der Isolation und Einsamkeit werden allgemein als Gründe für eine schlechte Integration der Studierenden in das Hochschulleben genannt. Diese Faktoren stellen zahlreiche Herausforderungen im Hochschulbereich dar, insbesondere beim Übergang von der Schule zum Hochschulleben (Bundesministerium für Bildung Wissenschaft und Forschung (BMBWF)).

Die Hochschulbildung ist ein sehr wichtiges Anwendungsfeld für Chatbots. Sie können Studierenden bei der Integration in Lerngemeinschaften unterstützen, um die oben genannten Herausforderungen zu bewältigen. Chat-Programme bieten daher eine innovative Lösung zur Verbesserung der Studierendenerfahrung beim Lernen und bei Lernprozessen(Villegas-Ch, Arias-Navarrete, & Palacios-Pacheco, 2020).

Im Rahmen eines technisch-wirtschaftlichen IT-Projekt im Wintersemester 2020/2021 wurde der Chatbot der EAH-Jena2, der zur Studienorientierung implementiert wurde, mit dem Framework Botium3 auf Effizienz und Qualität getestet. Durch den Test ergab sich Verbesserungsbedarfe. Grund genug, sich mit dem Thematik Chatbots, deren technischer sowie funktionaler Erweiterung auseinanderzusetzen.

1.2 Zielsetzung der Arbeit und Fragestellung

Das Ziel dieser Arbeit ist es, die Potentiale von Chatbots im Hochschulkontext aufzuzeigen. Zudem wird einen Überblick über den aktuellen Stand ihres Einsatzes an Hochschulen geliefert. Ein weiteres Ziel dieser Arbeit ist es, den Chatbot der EAH-Jena möglichst inhaltlich und funktional zu erweitern.

Die Arbeit soll Hochschulen daher einen Orientierungsrahmen bieten und die Chancen und Herausforderungen von Chatbots aufzeigen, um eine mögliche Implementierung in Ihre eigene Hochschule abzuwägen.

Folgend werden sechs Fragestellungen aufgestellt. Diese Fragestellungen dienen vor allem als Referenz für die Ziele der Arbeit.

Frage 1: Gibt es Hochschulen, die bereits einen Chatbot eingesetzt haben? zu welchem Zweck?

Frage 2: Wo steht die EAH-Jena im Kontext der Hochschule?

Frage 3: Sind weitere Einsatzgebiete neben der Bewerbung für Studieninteressierte sinnhaft?

Frage 4: Welche Potentiale ergeben sich daraus für die Hochschule?

Frage 5: Welche funktionalen Erweiterungen des bestehenden Chatbots sind sinnvoll?

Frage 6: Mehrsprachiger Chatbot, inwieweit ist das möglich?

1.3 Methodik und Aufbau der Arbeit

Die Arbeit basiert zu einem großen Teil auf einer Literatur- und Dokumentenrecherche, um sowohl den Stand der Forschung festzulegen als auch die mögliche Potentiale durch den Einsatz von Chatbots an Hochschulen zu ermitteln und aufzuzeigen. Die Recherche wurde vor allem auf Google Scholar, ScienceDirect und Springerlink durchgeführt.

Zudem wurde eine Online-Umfrage vorgenommen. Diese bestand zunächst darin, Hochschulen zu identifizieren, die bereits einen Chatbot eingeführt haben, in welchen Bereichen bzw. für welchen Anwendungsfall, sie ihn eingesetzt haben und dann die EAH Jena im Kontext der Hochschule zu positionieren bzw. einzuordnen.

In Kapitel 2 dieser Arbeit werden die theoretischen Grundlagen zu Chatbots behandelt. Dies beinhaltet eine Einführung in das Thema Künstliche Intelligenz (KI) in Kapitel 2.1 und das Thema Mensch-Maschine-Interaktion (MMI) in Kapitel 2.2. Danach erfolgt in Kapitel 2.3.1 die Definition des Begriffes „Chatbot“ und einen Rückblick auf seine Geschichte. Kapitel 2.3.2 zeigt die grundlegende Funktionsweise und die dahintersteckenden Technologien von Chatbots auf. Weiterhin werden in Kapitel 2.3.3 die Klassifizierung und Arten von Chatbots vorgestellt. Abschließend wird in Kapitel 2.3.4 der aktuelle Stand des Thematik-Chatbot zusammengefasst.

In Kapitel 3 wird die Umfrage besprochen und die Ergebnisse dieser behandelt. Die Gliederung der Umfrage und die Funktion der Teilgliederungen wird in Kapitel 3.1 erklärt. Anschließend werden in Kapitel 3.2 die Ergebnisse der Online-Umfrage in Diagrammen gezeigt und kommentiert.

Das Kapitel 4 befasst sich mit den Potentialen von Chatbots im Hochschulkontext. Hierzu wird zuerst in Kapitel 4.1 auf die Einsatzmöglichkeiten von Chatbots eingegangen. Dabei werden die Vorteile für Hochschulen sowie für Zielgruppe ausgeführt. Zum Schluss wird in Kapitel 4.2 auf die Chancen und Herausforderungen beim Einsatz von Chatbots eingegangen.

In Kapitel 5 wird ein Konzept zur Erweiterung des Chatbots der EAH-Jena erstellt. Das Kapitel 6 widmet sich mit seiner Implementierung, Machbarkeit und Evaluierung.

2 Theoretische Grundlagen und Stand der Forschung

2.1 Künstliche Intelligenz

Die Definitionen von Künstliche Intelligenz (KI; engl. Artificial Intelligence AI) sind vielfältig. KI ist ein Teilgebiet der Informatik und bezeichnet im Allgemeinen den Versuch, eine menschenähnliche Intelligenz nachzubilden, das heißt, einen Computer zu bauen oder so zu programmieren, dass er eigenständig Probleme bearbeiten kann(Cornelius, 2019; Gentsch, 2019a).

Das Ziel der KI-Forschung ist, die Funktionsweise des menschlichen Geistes als Computerprogramm zu implementieren (Nilsson, 2010). Dabei muss zwischen Methoden und Anwendungen der KI unterschieden werden(Lackes & Siepermann, 2018). Die wichtigste Methode der KI ist die Wissensrepräsentation (ebd.) und lässt sich in Symbolische und subsymbolische KI einordnen.

In einem symbolischen KI-System werden Symbolsprache angewendet, die für Menschen verständlich sind. Das heißt: Das Symbol kann von Menschen gelesen und erfasst werden(Newell & Simon, 2007). Als Symbol sind nicht nur unsere Sprachen gemeint, sondern auch Bilder oder Piktogramme(Gentsch, 2019a).

In der Sub-symbolische KI -Systeme hingegen versucht man mithilfe der künstliche neuronale Netze, Strukturen zu schaffen, die intelligentes Verhalten mit biologieinspirierten Informationsverarbeitungsmechanismen lernen(TURING, 1950). Dabei dient die Sub­symbolische KI als künstliche neuronale Framework zur Problemrepräsentation für Maschinelles Lernen(Gentsch, 2019b).

Das Maschinelle Lernen bzw. Machine Learning (ML) ist einer der wesentlichen Anwendungsbereiche der KI. Es handelt sich bei ML um Computerprogramme, die ihre Performance durch eigene Erfahrungen (Daten) verbessern können. Damit eine Software selbstständig lernen und auch Lösungen finden kann, ist zunächst menschliches Handeln erforderlich. Sie müssen die Systeme mit den notwendigen Daten und Algorithmen für das maschinelle Lernen bereitstellen.

Es kann auch zwischen starke und schwache KI unterschieden werden. Unter starke KI (strong/general AI) versteht man ein Computer-Programm, welches genauso denken kann wie ein Mensch(Nilsson, 2010). Aber bis heute wurde kein solches System implementiert(Cornelius, 2019). Mit schwacher KI (weak/narrow AI) ist hingegen ein Programm gemeint, das nur konkrete Anwendungsprobleme löst oder zur Unterstützung des menschlichen Verstandes dient(Cornelius, 2019; Nilsson, 2010).

2.2 Mensch-Maschine-Interaktion

Wie der Begriff Mensch-Maschine-Interaktion (MMI) bereits vermuten lässt, bezeichnet er die Interaktion zwischen einem Mensch und einer Maschine(Bendel, 2019). Laut DUDEN handelt es sich bei der Interaktion um eine „Wechselbeziehung zwischen Handlungspartnern“(Dudenredaktion, o.j.). Als Beispiel zitiert DUDEN „sprachliche Kommunikation ist die wichtigste Form menschlicher Interaktion“(ebd.). MMI kann daher als eine Kommunikation zwischen einem Menschen mit einer Maschine definieren werden. Im Kontext von MMI wird die Maschine als ein Computer (d.h. ein Datenverarbeitungssystem) beschrieben oder genauer gesagt als eine „Informations- und Kommunikationstechnologie (mit) Anwendungs- und Informationssystemen“(Bendel, 2019) beschrieben, spricht man in diesem Zusammenhang von Computern oder Softwareanwendungen und der Begriff Mensch­Computer-Interaktion (MCI) wird verwendet. MCI lässt sich der MMI unterordnen und beschreibt die Beziehung zwischen Mensch und Computer und ihr gegenseitiges Verständnis (Bansal & Khan, 2018). In der vorliegenden Arbeit geht es vor allem um die MCI.

MCI eng. HCI (Human-Computer-Interaction) ist ein interdisziplinäres Fach und seine Theorie stammt aus mehreren Disziplinen, nämlich Psychologie, Informatik, Ergonomie, Kognitionswissenschaft und Industriedesign(Bansal & Khan, 2018). Die Abbildung 1 veranschaulicht sein Arbeitsgebiet. Dabei untersucht MCI das Design, die Evaluation und die Implementierung von interaktiven Computersystemen. MCI ist daher von größter Bedeutung, weil:

- „Systeme, die nicht benutzbar sind und aus Sicht des Kunden nicht funktionieren, sind letztlich, unabhängig von ihrer potenziellen Funktionalität, wertlos - erst Nutzbarkeit schafft Nutzen!
- Defizite in der Nutzbarkeit stellen die Effizienz der Nutzung infrage und sind damit unökonomisch.
- Nicht gebrauchstaugliche Systeme können für den Nutzer sogar gefährlich sein.
- Solche nicht an die Menschen angepasste Systeme finden keine Akzeptanz und können damit vor allem in Consumermärkten nicht wirtschaftlich abgesetzt und verbreitet werden“ (Koch, Ziegler, Reuter, Schlegel, & Prilla, 2020).

Das HCI-Produkt wird von den Menschen hergestellt und verwendet, die die Benutzer des Produkts sind. Zum Design werden daher Kenntnisse menschlicher Wahrnehmung, Denken und Problemlösen sowie Lernen, Kommunikation und Kooperation benötigt (Bansal & Khan, 2018).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Das Arbeitsgebiet MCI

Der Einsatz ergonomischer Benutzeroberflächen erleichtert zunehmend eine effiziente Handhabung und eine Steigerung der Attraktivität bedeutet auch eine Steigerung der Motivation und damit indirekt eine Steigerung der Leistung von Benutzer.

2.3 Chatbots

2.3.1 Begriffsdefinition und Geschichte

Ein Chatbot ist ein Beispiel von KI- Systemen und eine der erste Entwicklung Modell der MCI (Bansal & Khan, 2018). Der Begriff „Chatbot“ ist jedoch in der wissenschaftlichen sowie in der Internet-Literatur unterschiedlich definiert und findet verschiedene Anwendungen(Jurafsky & Martin, 2017). Der Begriff „Chatbot“ wurde erst im Jahr 1994 von Michael Mauldin geprägt, der in einer Konferenzpublikation von «Chatterbots» sprach (Mauldin, 1994). Der Begriff setzt sich aus zwei englischen Unterwörtern, "chat" (deutsch = „plaudern“) und "bot" (Kurzform für “Robot“, deutsch = „Roboter“) zusammen und beschreibt ein Computer-Programm, das in der Lage ist, über sprachbasierte Schnittstellen mit dem Benutzer zu interagieren. Das Hauptziel eines Chatbots ist eine intelligente menschliche Konversation zu simulieren, so dass der Gesprächspartner die beste Erfahrung im Gespräch mit einer anderen Person hat (Villegas-Ch et al., 2020). Somit wird er im Bereich der „Künstliche Intelligenz“ zugeordnet(Spierling & Luderschmidt, 2018).

Chatbots sind schon längere Zeit bekannt. Diese Technologie begann in den 1960er Jahren. Das Ziel war, herauszufinden, ob Chatbot-Systeme Benutzer täuschen könnten, dass sie echte Menschen waren(BARI§, 2020). ELIZA4 gilt als der erste Chatbot und wurde vom deutsch- US-amerikanischen Informatiker Joseph Weizenbaum am Massachusetts Institute of Technology(MIT) entwickelt(Weizenbaum, 1966). ELIZA sollte eine Psychotherapeutin darstellen und mit Menschen auf natürliche Art und Weise kommunizieren (sehe Abbildung 2). Überraschenderweise glaubten tatsächlich viele Gesprächspartner von ELIZA, dass das Programm ihnen zuhörte, sie verstand und helfen konnte(Nebel, 2019), manche von ihnen waren sogar davon überzeugt, dass ELIZA ein Mensch war. Dabei veränderte ELIZA meist bloß die Satzstellung der Aussagen ihrer Gesprächspartner, um Rückfragen zu stellen. Weizenbaum beobachtete und kritisierte damals, wie schnell Menschen bereit waren, einem Programm Intelligenz zuzuschreiben (Weizenbaum, 1966).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: ELIZA Dialoge

Ein Chatbot gilt als erfolgreich, wenn er den Turing- Test besteht (Satow, 2018). Der Test geht auf den britischen Mathematiker Alan Turing (1950) zurück. Es soll einen Mann (A) und eine Frau (B) geben, die einem anderen Menschen (C) Fragen beantworten sollen, dessen Ziel es ist, herauszufinden, ob A oder B die Frau ist. Dabei möchte B (die Frau) C helfen und A (der Mann) C glauben machen, er sei die Frau. Im zweiten Schritt soll A nun durch eine Maschine ersetzt werden. Die ursprüngliche Frage, ob Maschinen denken können, soll dann durch die Frage ersetzt werden: Kann eine Maschine dem menschlichen Tester C erfolgreich vorspielen, ein Mensch zu sein? Um C keine weiteren Anhaltspunkte zu geben, soll das Gespräch schriftlich erfolgen, was an das Konzept Chatbot erinnert. Falls die Maschine nun in der Lage ist, den Befrager C zu täuschen, besteht die Maschine den Test(TURING, 1950).

Um zu sehen, welcher Chatbot bei einem Turing-Test am besten abschneidet, wurde im Jahr 1991 zum ersten Mal der von Hugh Gene Loebner und dem Cambridge Zentrum für Verhaltensforschung initiierte Loebner-Preis vergeben. Das Ziel des Wettbewerbs ist es, dass ein Programm den uneingeschränkten Turing-Test besteht. Bis dahin wird das am höchsten bewertete Programm ausgezeichnet (Mauldin, 1994). Dabei werden sowohl mehrere Computer­Programme als auch einige Menschen als Gesprächspartner eingesetzt. Zehn Preisrichter chatten für eine bestimmte Zeit mit ihrem Gegenüber in dem Wissen, dass es sich entweder um ein Programm oder um einen echten Menschen handeln kann. Danach sollen die Richter eine Rangordnung erstellen, in der sie die Menschlichkeit der Gesprächspartner bewerten und gleichzeitig die Menschen identifizieren. In der ersten Auflage des Wettbewerbs wurden die Themen, über die mit den Programmen geschrieben werden durften, eingeschränkt. Außerdem wurden Regeln aufgestellt. Eine davon war, dass die gleiche Frage nicht zweimal hintereinandergestellt werden durfte (Shieber, 1994). Es geht also mehr darum, den Tester zu täuschen, als darum, Intelligenz zu demonstrieren (Floridi, Taddeo, & Turilli, 2009).

In den letzten Jahren sind viele sogenannte "Chatbots" entstanden, die Sprache verwenden, um auf natürliche Weise mit Benutzern zu interagieren. Dann werden solche Chatbots auch in Umgebungen wie E-Commerce, E-Learning oder Information Retrieval eingesetzt. Durch die Weiterentwicklung der Technologie zum Sprachverstehen sind sogenannte „digitale Assistenten“ entstanden, wie Apple Siri, Google Assistent und Alexa von Amazon, die ihnen Fragen stellen oder in gesprochener Sprache Befehle erteilen können(Nebel, 2019).

2.3.2 Funktionsweise und technischer Hintergrund von Chatbots

Für die Konzeption eines Chatbots ist ein grundlegendes Verständnis der Funktionsweise sowie der technischen Rahmenbedingungen für die Interaktionsmöglichkeiten von Bedeutung. Es gibt verschiedene Chatbot-Frameworks, die von verschiedenen Communities und Gruppen angeboten werden. Tabelle 1 zeigt einen Vergleich der bekanntesten Anbieter. Jedes Framework basiert auf unterschiedlichen Programmierumgebungen, Konversationsstilen, Datenmodellen, Trainingsmethoden und mehr. Es dient jedoch dem gleichen Zweck, Nachrichten von Benutzern proaktiv zu empfangen und Antworten auf bequeme Weise zu erstellen. Im Folgenden werden die wichtigsten Funktionen und Eigenschaften von Chatbots beschrieben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Allgemeine Chatbot-Architektur (Eleni Adamopoulou & Moussiades, 2020).

1. User Interface Component (UI-Controller) Der Prozess beginnt mit einer Anfrage eines Benutzers über eine Messenger-App, Webseite oder eine App mit Text- oder Spracheingabe.
2. User Message Analysis Component erhält die Anfrage des Benutzers von dem UI- Controller, um diese zu analysieren. Dabei wird der Natural Language Processing (NLP) angewendet, um die Absicht des Benutzers zu erkennen und die Entitäten (Schlüsselvariablen) wie Orten, Zeiten oder Objekte aus der natürlichen Sprache zu extrahieren. Das maschinelle Lernen wird häufig genutzt, um das Training der NLP zu verbessern.

BSP.: Benutzer: „was gibt es heute in der Cafeteria zu essen“; Intent = Speiseplan der Cafeteria; Entität = heute und Cafeteria.

Bestimmte cognitive Service können mit der Komponente zur Analyse von Benutzernachrichten verknüpft werden, um die Genauigkeit zu verbessern. Es handelt sich dabei um:

- Eine Rechtschreibprüfung bzw. Spell-Checker korrigierten die Rechtschreibfehler des Benutzers. Dies liegt daran, dass „gereinigte“ Eingabe in der Regel die Erkennung der Absicht verbessert.
- Ein maschinelles Translator wird für mehrsprachige Chatbot-Benutzer verwendet. Die Sprache des Benutzers wird identifiziert und in die Sprache des Chatbots Natural Language Understanding (NLU) übersetzt.
- Eine Stimmungsanalyse wird auf Benutzereingaben angewendet, um zu sehen, wie zufrieden oder frustriert der Benutzer ist.

3. Dialog Management Komponente behält und aktualisiert den Kontext einer Konversation, d.h. die aktuelle Absicht, identifizierte Entitäten oder fehlende Entitäten, die zur Erfüllung von Benutzeranfragen erforderlich sind(Kucherbaev, Bozzon, & Houben, 2018). Sie umfasst normalerweise die folgenden Module:

- Ambiguity Handling Die Mehrdeutigkeitsbehandlung liefert eine Antwort, wenn der Chatbot die Absicht in der Anfrage des Benutzers nicht findet oder wenn die Eingabe nicht erkannt wird. Der Chatbot kann darauf hinweisen, dass er keine Antwort hat, oder kann um Klärung bitten.
- Data Handling während der Datenverarbeitung werden die Benutzerinformationen in einer Datei gespeichert. Auf diese Weise kann der Chatbot seine Antworten je nach Benutzer ändern und den Eindruck erwecken, intelligenter zu sein.
- Error Handling Das Fehlerbehandlungsmodul bewältigt unerwartete Fehler, um sicherzustellen, dass der Chatbot ordnungsgemäß funktioniert.

Sobald die Absicht erkannt ist, führt der Chatbot weitere Aktionen durch, z. B. das Abrufen von Informationen vom Backend oder das Bereitstellen von Feedback an den Benutzer.

4. Das Backend ist mit einer oder mehreren Datenbanken (DB) oder Informationssystemen (IS) verbunden, die die Antworten auf die entsprechende Anfrage geben. Die Antworten können ausfolgenden DBs oder IS abgerufen werden:

- Content Management System (CMS), Blogs, Intranets oder Wikis
- Enterprise resource planning system (ERP)
- Geographical data, public data, oder statistics und (local, national oder international) open data.
- Data warehouse (DWH), business intelligence (BI), big data oder ein anderes Informationssystem.
- Knowledge Base (KB) bzw. Wissendatenbank (Zumstein & Hundertmark, 2017).

5. Response Generation Component. Die Antwortgenerierungskomponente erzeugt Antworten ruiter Verwendung eines oder mehrerer der drei verfügbaren Modelle: regelbasierte, abrufbasierte und generative-basierte Modelle. Sie werden in Kapitel 2.3.3.1 näher erläutert.

Tabelle 1: Vergleichstabelle von bekanntesten Chatbot-Tools (eigene Darstellung in Anlehnung an(Data Monster, 2019: Rehan, 2020))

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten56

Tabelle 1 (Fortsetzung)

2.3.3 Klassifizierung und Arten von Chatbots

2.3.3.1 Klassifizierung von Chatbots

Chatbots können Anhang verschiedene Parameter klassifiziert werden und ein Chatbot kann gleichzeitig zu mehreren Kategorien zugeordnet werden. Die Klassifizierung basierend auf folgenden Kriterien:

- The Knowledge Domain bzw. Wissen Domäne berücksichtigt das Wissen, auf das ein Chatbot zugreifen kann, oder die Datenrnenge, mit der er trainiert wird. Ein Chatbot, der jede Benutzerfrage aus einer beliebigen Domäne beantworten können, werden als Generischer- Chatbot bezeichnet. Einer, der in mehr als einer Domäne operiert, ist ein Cross- oder Open- Domäne-Chatbot. Ein Chatbot, der sich hingegen auf bestimmte Wissensdomäne konzentriert und andere Fragen möglicherweise nicht beantwortet, wird als Geschlossener-Domäne-Chatbot bezeichnet(Nimavat & Champaneria, 2017; Ramesh, Ravishankaran, Joshi, & Chandrasekaran, 2017).

- Bereitgestellte Service berücksichtigt die emotionale Nähe des Chatbots zum Benutzer, den Grad der intimen Interaktion, die stattfindet und hängt auch von der Aufgabe ab, die der Chatbot ausführt. Man unterscheidet hier Interpersonal-Chatbots, Sie sind kein Begleiter des Benutzers, sondern nehmen die Informationen entgegen und geben sie an den Nutzer weiter. Intrapersonale Chatbots befinden sich in der persönlichen Domäne des Benutzers, wie z. B. Chat-Apps wie Messenger, Slack und WhatsApp. Sie sind Begleiter des Benutzers und verstehen den Benutzer wie ein Mensch. Inter-agent-Chatbot bieten die Kommunikation mit anderen Chatbots. Die Alexa-Cortana-Integration ist ein Beispiel für die Kommunikation zwischen Agenten(Nimavat & Champaneria, 2017) .

- Die Klassifizierung basierend auf Goals bzw. Ziele berücksichtigt die Hauptziele, die den Chatbot erreichen möchte. Informative -Chatbots werden verwendet, um Benutzern Informationen bereitzustellen, die zuvor archiviert wurden oder aus permanenten Quellen wie Chatbot-FAQs verfügbar sind. Chat-basierte/Conversational- Chatbots sprechen mit den Benutzern wie jeder andere Mensch. Ihr Ziel ist es, eine bestimmte Frage richtig zu beantworten. Task-based bzw. Aktivitätsbasierte Chatbots führen bestimmte Aufgaben aus. Diese Chatbots eignen sich hervorragend, um nach Informationen zu fragen und zu verstehen, was Benutzer sagen. Beispiele für Task-based Chatbots sind Restaurantbuchungs-Bots und FAQ-Chatbots(Kucherbaev et al., 2018; Nimavat & Champaneria, 2017).

- Retrieval-based bzw. Abrufbasierte und Generative- Chatbots gehören zur Methode der Eingabeverarbeitung eng. Input Processing und Antwortgenerierung eng. Response Generation Method (Hien, Cuong, Nam, Nhung, & Thang, 2018). Abrufbasierte Chatbots verwenden APIs, um verfügbaren Ressourcen abzufragen und zu analysieren und wählen in einem Pool vordefinierter Antworten, die an der besten geeigneten Antwort aus. Systeme, die auf diesem Konzept basieren, erzeugen keine neuen Antworten, sondern wählen einfach eine aus einem Pool vordefinierter Antworten aus. Die Generative-Chatbots überwinden diese Abhängigkeit von vordefinierten Antworten, indem sie der Natural Language Generation (NLG) verwenden, um Antworten basierend auf den letzten und vorherigen Eingaben in einer menschenähnlichen natürlichen Sprache zu generieren. (Ramesh et al., 2017).

[...]


1 Es wird in dieser Arbeit keinen Unterschied zwischen Universitäten und Fachhochschulen gemacht. Die Bezeichnung „Hochschule“ wird als Oberbegriff unabhängig vom Hochschultypus verwendet.

2 https://www.eah-jena.de/studienangebot

3 Testautomatisierungs-Framework für Chatbot-Projekte. Es besteht im Wesentlichen aus einer Reihe von Richtlinien zum Erstellen und Entwerfen von Testfällen.

4 https://www masswerk.at/elizabot/

5 https://developeis facebook.com/docs/messenger-platfomi

6 Bereitstellung auf privaten Servern möglich

Ende der Leseprobe aus 79 Seiten

Details

Titel
Potentiale von Chatbots im Hochschulkontext. Anpassungs- und Erweiterungsmöglichkeiten
Hochschule
Ernst-Abbe-Hochschule Jena, ehem. Fachhochschule Jena
Note
1,7
Jahr
2021
Seiten
79
Katalognummer
V1150525
ISBN (eBook)
9783346536808
ISBN (Buch)
9783346536815
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Chatbots, Hochschule, Potentiale von Chatbots, KI, Künstliche Intelligenz
Arbeit zitieren
Anonym, 2021, Potentiale von Chatbots im Hochschulkontext. Anpassungs- und Erweiterungsmöglichkeiten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1150525

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