Darstellung der Christen und Muslime in mittelalterlichen Pilgerberichten

Ein Vergleich zweier mittelalterlicher Pilgerberichte von Bernhard von Breidenbach und Felix Fabri


Hausarbeit, 2020

21 Seiten, Note: 2,0

Anonym


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung
1.1. Forschungsüberblick
1.2. Quellengattung

2. Einzeluntersuchung der Reiseberichte
2.1. Vorstellung des Autors: Bernhard von Breidenbach
2.1.1. Motive für die Jerusalemreise und der Verlauf der Reise
2.2. Darstellung der Religionen bei Breidenbach
2.2.1. Darstellung der Muslime
2.2.2. Darstellung der Christen
2.3. Vorstellung des Autors: Felix Fabri
2.3.1. Motive für die Jerusalemfahrt und der Verlauf der zweiten Reise
2.4. Darstellung der Religionen bei Fabri
2.4.1. Darstellung der Muslime
2.4.2. Darstellung der Christen

3. Fazit
3.1. Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Darstellung der Christen und Muslime

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Angst vor dem Islam. Jeder zweite Deutsche fühlt sich nach einer Studie bedroht“1 ist eine Zeitungsschlagzeile von vielen, die man in Deutschland heutzutage nicht selten liest. Die öffentliche Wahrnehmung des Islams ist negativ geprägt, denn die Verunsi­cherungen und Ängste der Christen gegenüber der islamischen Religion nehmen zu.

Nach dem alten europäischen Urteil ist die islamische Religion der Innbegriff von „Fa­natismus und Radikalität, Intoleranz gegen Andersgläubige und die Unterdrückung der Frauen.“2 Jedoch gerät aus dem Blick, dass das problematische Verhältnis zwischen europäischen Christen gegenüber der islamischen Religion und der islamischen Welt eine historische Tiefe hat. Eine Möglichkeit, das gegenwärtige Verhältnis zu verstehen, ist ein Blick in die Vergangenheit zu werfen.

Wenn man Jahrhunderte zurückschaut, dann stellt man fest, dass bereits im Mittelalter die Beziehung zwischen Muslimen und Christen angespannt war. Durch die schnelle Expansion der Omayyaden entfaltete sich die muslimische Machtstellung. Für die by­zantinischen Herrscher war die schnelle Expansion eines Gegners, den sie kaum kann­ten, eine Bedrohung.3 Das christliche Europa unternahm daher über Jahrhunderte pro­pagandistische Anstrengungen zur Diffamierung des Islams. Besonders negativ ver­schärfte sich die Beziehung ab dem 14. Jahrhundert, als die sogenannte „Türkenangst“ in Europa wütete. Der Buchdruck ermöglichte die Verbreitung islamfeindlicher Schrif­ten und prägte dadurch das europäische Islambild ab Mitte des 15. Jahrhundert ent­scheidend negativ.4 Einerseits erfuhren die Zeitgenossen durch Flugschriften über Ge­fahren vor den Muslimen. Andererseits existieren weitere Quellen, die über den Islam und seine Anhänger berichteten. In mittelalterlichen Reiseberichten schrieben Reisende ihre Begegnungen mit neuen Kulturen nieder, die der Öffentlichkeit in teilweise auf­wendigen Büchern zugänglich gemacht wurden. Noch heute ist es uns möglich, an den Erlebnissen der damaligen Reisenden teilzuhaben und ihren Blick auf die Begegnungen mit neuen Kulturen und Religionen mit zu verfolgen.

Ein besonders beliebter Reiseort war Jerusalem, eine Stadt, „die eine enorme spirituelle Anziehungskraft auf die Gläubigen ausübte [.. ,]“5. Da Jerusalem aber seit dem 7. Jahr­hundert von den Muslimen beherrscht wurde, waren Spannungen zwischen den christli­chen Pilgern und Muslimen vorprogrammiert.6

In dieser Hausarbeit wird der Blick auf spätmittelalterliche Pilgerberichte gerichtet sein. Zum Einen ist diese Quellengattung reich an Detailfülle, denn die Verfasser schreiben ausführlich über die Begegnungen mit neuen Kulturen. Zum Anderen eignet sich diese Quellengattung besonders für die Untersuchung der Wahrnehmung des Eigenen und des Fremden. Mittelalterliche Reiseberichte kennzeichnen sich dennoch durch hohe Subjek­tivität und aus dem religiösen Weltbild der Autoren.7

Betrachtet werden Pilgerberichte von Bernhard von Breidenbach und Felix Fabri, die im Jahre 1483 zu einer Fahrt ins Heilige Land aufbrachen und gemeinsam eine Sinai­Ägypten reise antraten. Nach der Reise schrieben beide zwei Pilgerberichte, die zeitlich auseinander liegen.8 Ausgewählt wurden diese zwei Reiseberichte, da sie in der Mediä­vistik gut erforscht sind und man daher einen guten Zugang zu den Übersetzungen hat. Für Fabri lag mir die Übersetzung von Herbert Wiegandt und für Breidenbach die Über­setzung von Elisabeth Geck vor.

Im Rahmen dieser Hausarbeit soll die Frage nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden in der Darstellung der Christen und Muslime in mittelalterlichen Pilgerberichten geklärt werden. Es wird untersucht, was die Pilger als Fremd und was sie als Eigen ansahen. Außerdem wird betrachtet, welchen Standpunkt sie zu der muslimischen Religion und ihren Anhängern einnahmen. Das heißt, wie wurden Muslime und Christen in den bei­den Pilgerberichten dargestellt? Der Blick wird besonders auf die unterschiedlichen Bezeichnungen der Muslime und Christen sowie deren Gebräuche und Sitten gerichtet sein. Durch den Vergleich der Reiseberichte soll am Ende der Hausarbeit herausgearbei­tet werden, wie der Islam und das Christentum sich in der Darstellung voneinander un­terscheiden. Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, werden im Hauptteil die Ver­fasser der Reiseberichte sowie ihre Reisemotive vorgestellt. Im Fazit folgt die Analyse der Darstellungen: zuerst der Muslime und danach der Christen.

1.1. Forschungsüberblick

Im Folgenden sollen chronologisch einige zentrale Ergebnisse in der Forschung der Reiseberichte aufgegriffen werden, um die Analyse in den Darstellungen in einen brei­teren Kontext einordnen zu können. Zunächst werden die Anfänge der Reiseforschung und die Entwicklung benannt und anschließend genauer auf die Forschung des Fremden und des Eigenen eingegangen.

In Deutschland wurde der Geschichte des Reisens und den mittelalterlichen Reisebe­richten lange Zeit kaum Beachtung geschenkt. Erst ab den 1970er und besonders ab den 1980er Jahren stieg das Interesse an den Pilgerberichten im Kontext der Mentalitätsge­schichte an.9 „Im Zuge kolonial -und kirchenpolitischer Interessen“10 gewann der nahe Osten mehr Aufmerksamkeit und Forschungsreisende durchsuchten die Bibliotheken und Archive nach historischen Dokumenten. Unter ihnen sticht besonders der Schwei­zer Landarzt Titus Tobler heraus. In seiner Bibliografie führte er ein chronologisches Verzeichnis der von 333 bis 1878 verfassten Literatur über das Heilige Land.11

In nachfolgenden Jahren konzentrierten sich Forscher in ihren Untersuchungen auf eine größere Bandbreite von Pilgerberichten. So setzte sich Martin Sommerfeld in differen­zierter Form mit Pilgerberichten auseinander. Er begriff Reiseberichte als eine literari­sche Gattung und versuchte gemeinsame Merkmale und Tendenzen herauszuarbeiten, indem er Texte von deutschsprachigen Jerusalempilgern des Spätmittelalters miteinan­der verglich.12

Begründet durch den Cultural Turn in den 1990er Jahren rückten allmählich immer mehr Quellen in den Fokus und das Interesse an den Pilgerberichten stieg an. Peter Brenner veröffentlichte 1990 eine Monografie über Reiseberichte, in der er eine Gat­tungsgeschichte des Reiseberichtes nachzuzeichnen versuchte.13 Durch Brenner ange­regt entstanden weitere Untersuchungen zu Palästina- Pilgerberichten. Als eines dieser Werke ist die Dissertation von Ursula Ganz Blättler zu nennen. Sie verdeutlichte, dass es sich bei dieser Quellengattung um eine abgestimmte Lesererwartung handele.14 Zu­nehmend richtete sich der Fokus der Forschung darauf, wie die Verfasser fremde Wirk­lichkeit bewältigten und in ihren Berichten verarbeiteten. Irene Erfen beschäftigte sich daher mit dem Begriff der Fremdheit.15 Marina Münkler setzte sich ebenfalls mit dem Thema auseinander. Das Fremde geht nach Münkler mit einer Andersartigkeit einher und liegt jenseits der Grenze bis zu der man feststellt wer gleich und wer anders ist.16 Dies wurde besonders an der Religion festgehalten, die im Mittelalter eine überaus wichtige Rolle spielte und an der das Fremde gemessen wurde. So hat Volker Scior im herausgearbeitet, dass die Darstellung des Fremden vorrangig über die religiöse Zu­schreibung entwickelt wird.

In einem Aufsatz erklärt Gerdien Jonkler, dass Europas „Andere“ zunächst kultivierte und gelehrte Araber waren.17 Sie bezieht sich vor allem auf Almut Höferts grundlegen­des Werk über die „Türkengefahr“. In ihrer Dissertation untersuchte Höfert die Reinheit und Unreinheit als Grenzziehung anhand von europäischen Reiseberichten über das Osmanische Reich.18 Im Jahr 2009 beschäftigt sich Stefan Schröder in seiner Dissertati­on ebenfalls mit der Beschreibung des Eigenen und des Fremden. Als Quellengrundlage nutzte er Fabris Reisebericht und untersuchte die kulturellen Grenzen zwischen dem Christentum und dem Islam.19 Im Jahr 2010 veröffentliche Thorsten Schneider einen Sammelband über die Islamfeindlichkeit. Im ersten Kapitel wird der Ausgangspunkt des islamfeindlichen Denkens anhand von ausgewählten Aufsätzen thematisiert.20 Schließ­lich ist die Monografie von Jarbel Rodriguez zu nennen, der 2013 den Kontakt zwi­schen Christen und Muslimen untersuchte.21 Für die Unterstützung in der Analyse der Reiseberichte lag mir zu Felix Fabri die Arbeit von Stefan Schröder vor. Zu Bernhard von Breidenbach konnte ich mich auf die Arbeit von Frederike Timm22 stützen.

[...]


1 Vgl. Wullorst, Heinrich: Angst vor dem Islam. Jeder zweite Deutsche fühlt sich nach einer Studie be­droht, in Die Tagespost, https://www.wr.de/politik/mehrheit-islam-passt-nicht-zu-deutschland-muslime- schon id215408787.html, Zugriff: 10.06.2020.

2 Vgl. Naumann, Thomas: Feindbild Islam. Historische und theologische Gründe einer europäischen Angst, in: Schneider, Thorsten Gerald (Hg.): Islamfeindlichkeit. Wenn die Grenzen der Kritik ver­schwimmen, Wiesbaden 2010, S. 19.

3 Ebd., S. 20-21.

4 Ebd., S. 99-100.

5 Vgl. Rauf Ceylan/Naika Foroutan/Andreas Zick(Hg.): Diskurse des Niedergangs. Reflexionen über das Eigene und das Fremde in osmanischen und türkischen Reiseberichten (Islam in der Gesellschaft), Berlin 2017, S. 25.

6 Reichert, Folker: Erfahrung der Welt. Reisen und Kulturbegegnung im späten Mittelalter. Stuttgart 2001, S. 137-138.

7 Schröder, Stefan : Zwischen Christentum und Islam. Kulturelle Grenzen in den spätmittelalterlichen Pilgerberichten des Felix Fabri, (Vorstellungswelten des Mittelalters 11), Berlin 2009, S. 26.

8 Ebd., S. 83.

9 Reichert, Folkert: Quellen zur Geschichte des Reisens im Spätmittelalter (Freiherr-vom-Stein Gedächt­nisausgabe 46). Darmstadt 2009, S. 1-2.

10 Vgl. Timm, Frederike, Der Palästina-Pilgerbericht des Bernhard von Breidenbach und die Holzschnitte Erhard Reuwichs. Die Peregrinatio in terram sanctam (1486) als Propagandainstrument im Mantel der gelehrten Pilgerschrift, Stuttgart 2006, S. 18.

11 Schröder, Stefan : Zwischen Christentum und Islam. Kulturelle Grenzen in den spätmittelalterlichen Pilgerberichten des Felix Fabri, (Vorstellungswelten des Mittelalters 11), Berlin 2009, S. 32-33.

12 Ebd.

13 Brenner, Peter J., Der Reisebericht in der deutschen Literatur. Ein Forschungsüberblick als Vorstudie zu einer Gattungsgeschichte (Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur, Sonderheft 2), Tübingen 1990.

14 Ganz- Blätter, Ursula: Andacht und Abenteuer. Berichte europäischer Jerusalem- und Santiago Pilger (1320-1520). Tübingen 1991.

15 Erfen, Irene / Spieß, Karl-Heinz (Hg.): Fremdheit und Reisen im Mittelalter. Stuttgart 1997, S.1-5.

16 Münkler, Martina: Erfahrung des Fremden. Die Beschreibung Ostasiens in den Augenzeugenberichten des 13. und 14. Jahrhunderts. Berlin 2000, S. 8-13.

17 Naumann, Thomas: Feindbild Islam. Historische und theologische Gründe einer europäischen Angst, in: Schneider, Thorsten Gerald (Hg.): Islamfeindlichkeit. Wenn die Grenzen der Kritik verschwimmen, Wiesbaden 2010, S.26.

18 Höfert, Almut: „Ist das Böse schmutzig? Das Osmanische Reich in den Augen europäischer Reisender des 15. und 16. Jahrhunderts.“ In: Historische Anthropologie 11, 2003, S. 176-192.

19 Schröder, Stefan : Zwischen Christentum und Islam. Kulturelle Grenzen in den spätmittelalterlichen Pilgerberichten des Felix Fabri, (Vorstellungswelten des Mittelalters 11), Berlin 2009.

20 Schneider, Thorsten (Hg.): Islamfeindlichkeit. Wenn die Grezen der Kritik verschwimmen, Wiesbaden 2010.

21 Rodriguez, Jarbel: Muslim and Christian contact in the middle ages. United States of America 2015, S. 11-12.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Darstellung der Christen und Muslime in mittelalterlichen Pilgerberichten
Untertitel
Ein Vergleich zweier mittelalterlicher Pilgerberichte von Bernhard von Breidenbach und Felix Fabri
Hochschule
Carl von Ossietzky Universität Oldenburg  (Human und Gesellschaftswissenschaften)
Veranstaltung
Seminar
Note
2,0
Jahr
2020
Seiten
21
Katalognummer
V1150529
ISBN (eBook)
9783346534859
ISBN (Buch)
9783346534866
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Felix Fabri, Bernhard von Breidenbach, Pilgerberichte, Mittelalter, Reisen, Reisen im Mittelalter, Mittelalterliche Pilgerberichte, ein Vergleich
Arbeit zitieren
Anonym, 2020, Darstellung der Christen und Muslime in mittelalterlichen Pilgerberichten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1150529

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