Personenzentrierte Beratung im 21. Jahrhundert. Onlineberatung im Blended Counseling


Bachelorarbeit, 2021

146 Seiten, Note: 1,1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abstract

Kurzfassung

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Danksagung

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Zielbestimmung und Forschungsfrage
1.2 Vorgehensweise
1.3 Aufbau
1.4 Zusammenfassung

2 Begriffsbestimmung

3 Personenzentrierter Ansatz
3.1 Grundlagen
3.2 Weiterentwicklungen
3.3 Zusammenfassung

4 Personenzentrierung in der Berufsberatung
4.1 Einführung
4.2 Die Berufsberatung der Bundesagentur für Arbeit
4.3 Zusammenfassung

5 Onlineberatung
5.1 Einführung
5.2 Onlineberatung und persönliche Beratung im Vergleich
5.3 Vor- und Nachteile der Onlineberatung
5.4 Zusammenfassung

6 Videoberatung
6.1 Einführung
6.2 Vor- und Nachteile der Videoberatung
6.3 Kriterien einer Personenzentrierten Videoberatung
6.4 Zusammenfassung

7 Zielgruppen
7.1 Einführung
7.2 Diskriminierungsrisiko
7.3 Ansprache der Zielgruppen
7.4 Zusammenfassung

8 Blended Counseling
8.1 Einführung
8.2 Blended-Counseling-Modell
8.3 Personenzentrierung und praktische Anwendungsfelder
8.4 Entwicklungsperspektive der BB: Blended Counseling
8.5 Zusammenfassung

9 Schlussteil

Quellenverzeichnis

Verzeichnis der Anhänge

Anhang

Separater Anhang

Transkripte

Abstract

This thesis examines remote career counseling from a person-centered perspective. Focussing on video counseling and especially its target groups the findings of a literature review are integrated into a blended counseling approach. The target group segmentation is discussed using “discrimination risk” as the crucial criterion. Interviewing seven job counselors at the Federal Employment Agency in the agency district of Potsdam serves as a feedback loop to the theoretical approach.

This thesis might help counseling practitioners as well as scientists to develop customized counseling tools.

Keywords: online counseling, blended counseling, career counseling, Carl Rogers, discrimination

Kurzfassung

Diese Thesis untersucht die Berufsberatung auf Distanz aus einer Personenzentrierten Perspektive. Mit dem Fokus auf der Videoberatung und insbesondere ihren Zielgruppen werden Erkenntnisse der Literaturrecherche in einen Blended Counseling-Ansatz integriert. Die Zielgruppensegmentierung wird mit dem „Diskriminierungsrisiko“ als wesentlichen Segmentationskriterium diskutiert. Sieben Interviews mit Berufsberater:innen der AA im Agenturbezirk Potsdam dienen als Rückkopplungsschleife zum theoretischen Ansatz.

Diese Thesis könnte Praktiker:innen in der Beratung sowie Wissenschaftler:innen helfen, angepasste Beratungswerkzeuge zu entwickeln.

Schlagwörter: Onlineberatung, Blended Counseling, Berufsberatung, Carl Rogers, Diskriminierung

Vorwort

„Alongside the current challenges posed by the COVID-19 pandemic, business and public administration are confronted with the challenges of the 3Ds almost simultaneously: diversity,demographyand digitisation.”(Behrens 2021)

Mit Diversität und Demografie bildet die Digitalisierung eine der von Behrens (ebd.) mit „3Ds“ einprägsam bezeichneten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts.1

Im Zuge des pandemiebefeuerten Digitalisierungsschubs kann mit einer erhöhten Nachfrage nach Distanzberatung gerechnet werden, um dem Gesundheitsschutz gerecht zu werden (vgl. Deutscher Caritasverband 2020; Hitzel-Abdelhamid 2020a; Weyh 2020). E-Learning als „Schwesterdisziplin“ weist ein hohes Wachstumspotenzial auf (Porath 2020).

Die „Homeschooling“-Debatte verfolge ich seit Pandemiebeginn hinsichtlich der digitalen Spaltung der Schüler:innenschaft. Ich vermute unter Teilhabegesichtspunkten eine Parallele zu anderen betroffenen sozialen Gruppen, wie den Ratsuchenden (RaSu) der Agentur für Arbeit (AA). Als Mitglied im Arbeitskreis Diversity der AA Potsdam beschäftige ich mich schon seit Studienbeginn mit Teilhabe- und Gerechtigkeitsthemen. So wuchs die Idee heran, Digitalisierung und Diversität in meiner Bachelor-Thesis aufzugreifen. Diese Interessen verbinde ich mit einem Hauptthema im Studium: der Berufsberatung (BB). Meine subjektive Lebens- und Erfahrungswelt spiegelt sich daher in der gesamten Arbeit deutlich wider; wie Rogers (2018: 214, Erstauflage 1961) sagte: „Wissenschaft existiert nur im Menschen.“ Die Objektivierbarkeit der vorliegenden Ergebnisse ist durchaus diskutabel und sollte kritisch hinterfragt werden. Dennoch hoffe ich, mit dieser Thesis einzelne Fragmente der Erkenntnis in die wissenschaftliche Diskussion einzubringen.

Danksagung

Ich danke Prof. Dr. Hiller für die Betreuung meiner Bachelor-Thesis. Die konstruktive Kritik, das Lob und die Ermutigung halfen mir durch den Prozess des Denkens und Schreibens. Prof. Dr. Stanik bin ich sehr verbunden für seine wissenschaftlichen Arbeiten, an die ich zum Teil gedanklich anknüpfen konnte. Ihn als Zweitbetreuer gewinnen zu können, hat mich sehr gefreut.

Zudem möchte ich meinen Mitstudierenden für Literaturtipps und Hinweise zur Interviewdurchführung danken.

Einen großen Dank richte ich an meine Interviewpartner:innen der Berufsberatung im Agenturbezirk Potsdam: Ohne ihre wertvollen Praxiseinblicke wäre meine Arbeit „graue Theorie“ geblieben.

Einen herzlichen Dank möchte ich ebenfalls an die Beschäftigten der Bibliothek der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit und der Universitätsbibliothek der Martin- Luther-Universität Halle-Wittenberg sowie der Deutschen Nationalbibliothek richten.

Neben den fördernden Personen aus Wissenschaft und Praxis gilt mein Dank meiner Familie in Halle und der Welt. Stets hatten sie ein offenes Ohr für meine wissenschaftlichen und emotionalen Launen und halfen mir, unter den Bedingungen der Corona-Krise und der veränderten Normalität zuversichtlich und ausdauernd an meiner Thesis zu arbeiten.

Halle (Saale) am 30.April 2021

Jessica Désirée Tschunko

Abkürzungsverzeichnis

(Einige der Abkürzungen kommen ausschließlich in den Interviewtranskripten und der Analysetabelle vor.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 : Aufbau der Thesis

Abbildung 2 : Themencluster

Abbildung 4 : Systematisierung der Onlineberatung

Abbildung 5 : Informationsquellen bei der Berufswahl

Abbildung 6 : SINUS-Milieus U 18

Abbildung 7 : Diskriminierung durch Behörden

Abbildung 8 : Blended Counseling

Abbildung 9 : Mehrwert des Blended Counseling

Abbildung 10 : Berufsberatung nach Schweiker

Abbildung 11 : Modell 1

Abbildung 12 : Modell 2

Abbildung 13 : Modell 3

Abbildung 14 : Modell 4

“Each person is an island unto himself, in a very real sense; and he can only build bridges to other islands if he is first of all willing to be himself and permitted to be himself.” Carl Rogers

1 Einleitung

„Wissenschaft behandelt bestimmte Aspekte der Wirklichkeit, indem sie sie systematisch ordnet und erklärt.“ (Sandberg 2017: 5)

1.1 Zielbestimmung und Forschungsfrage

Ziel dieser Thesis ist es, sich dem Phänomen der Videoberatung als einem speziellen Format der Onlineberatung in der BB aus der Perspektive des Personenzentrierten Ansatzes (PCA) zu nähern. Die Corona-Krise2 bietet das historisch einmalige Zeitfenster, die Anfänge der Videoberatung in der BB der Bundesagentur für Arbeit (BA) wissenschaftlich zu begleiten.

Mit zunehmenden Digitalisierungsgrad der Bevölkerung gilt Onlineberatung als Wachstumsbranche (vgl. Klein/Pulver 2020), denn bereits 2020 hatten 88 % der Bevölkerung (ab 14 Jahren) in Deutschland Zugang zu Onlinemedien (vgl. Initiative D21 2020: 11).

Ausgangspunkt und Stand der Forschung

In der beratungswissenschaftlichen Literatur fällt die Hervorhebung des persönlichen Gesprächs als Idealtypus der Beratung auf (vgl. Eichenberg/Kühne 2014: 27).3 Dieser Standard gilt ebenso in der Praxis (vgl. Hörmann 2020a: 11:41, 12:03 und 12:54). Mit „persönlicher Beratung“ ist hier die Beratung unter physisch im gleichen Raum Anwesenden (Kopräsenz4 ) von Angesicht zu Angesicht (Face-to-Face) gemeint.5 Auf der Homepage der American Psychological Association spricht Novotney bereits 2017 von einer „wave of online therapy“ für den Bereich der Psychotherapie. In der Seelsorge ist die Onlineberatung in Textform als Foren-, E-Mail- und Chatberatung seit Jahrzehnten im Angebot (vgl. Knatz 2013: 13). Im medizinisch-therapeutischen Bereich beschäftigt die digitale Beratung unter dem Oberbegriff „E-(Mental-)Health“ Forschung und Praxis (vgl. Knaevelsrud et al. 2016).6 Im Coaching (arbeitsweltliche Beratung) sind Ausführungen zur Onlineberatung vorhanden (vgl. Kunert 2020). Mit der Videoberatung hat sich die Forschung bislang nur punktuell befasst (vgl. Berger 2015: 6). Kühne (vgl. 2021) setzt sich mit der Videoberatung in Bildungs­und Berufsberatung auseinander. Eine Studie zur Videoberatung in der BB hat Silfverberg (vgl. 2020) durchgeführt. Für die BB der BA ist die Onlineberatung bislang in Textform diskutiert (vgl. Weimert 2015). Zusammenfassend fehlt es für das spezifische Feld der BB an einer konzeptuellen Ausarbeitung. Diese Thesis bettet sich in die Forschungsbestrebungen zur Online- und Videoberatung mit Entwicklungsrichtung Blended Counseling (BC) ein. Im Zuge dessen soll versucht werden, die Videoberatung in einem begründbaren BC-Konzept zu verorten.

Eine grundlegende Annahme dieser Arbeit ist folglich die Forschungslücke in der wissenschaftliche Bearbeitung der Videoberatung im BC für den Bereich der BB aus Personenzentrierter Perspektive.

Forschungsfrage(n)

Aus der Forschungslücke leitet sich folgende Forschungsfrage ab: Inwiefern bietet die Videoberatung Potenzial für die Weiterentwicklung des Beratungsportfolios der BA? Daraus ergeben folgende Unterfragen: Wie ist der Status Quo der Onlineberatungsangebote in beruflichen und vergleichbaren Settings einzuschätzen? Inwiefern bietet der theoretische Ansatz der Personenzentrierten Beratung einen Verständnisrahmen, die beschleunigte informationstechnologische Transformation der Arbeitsverwaltung zu einem passgenauen Beratungsangebot für die RaSu zu entwickeln?

1.2 Vorgehensweise

Die Forschungsfrage gibt die erfolgversprechenden Vorgehensweisen vor. Methoden sind dann zielführend, wenn mit ihnen die Forschungsfrage zu beantworten ist.

Um Forschungsfragen in der Beratungswissenschaft zu beantworten, bieten sich entweder ein empirisches Vorgehen (Datenerhebung und -auswertung) oder ein Auswerten der zeitgenössischen wissenschaftlichen Literatur an. Beim empirischen Vorgehen wird zwischen quantitativen und qualitativen Methoden unterschieden. Für explorative Fragestellungen bieten sich insbesondere qualitative Methoden an (vgl. Meuser/Nagel 2009: 465). Methodenplurale Forschungsansätze sind ebenfalls eine Option (vgl. Burzan 2016). Unter methodenpluraler Forschung wird nach Burzan (vgl. ebd.) eine Kombination unterschiedlicher Datenerhebungs- und Auswertungsmethoden verstanden. Sich einem „dunklen Feld“ der Forschung zu nähern, spricht für ein methodenplurales Vorgehen, weil unklar ist, was in diesem kaum erforschten Bereich zu finden sein wird.7 Dieses Vorgehen verspricht durchaus verschiedene Daten, die jedoch hinsichtlich ihrer Gemeinsamkeiten untersucht werden können.

In dieser Thesis muss auf Methodenpluralität verzichtet werden, da dies zu aufwändig geworden wäre. Die Arbeit ist auf die Literaturauswertung mit Expert:inneninterviews und ergänzende Quellen beschränkt. Es erscheint dennoch sinnvoll, diese Arbeit mit der Entwicklungsperspektive des BC als ein „Blended-Science“-Projekt zu verstehen. Damit ist die Einbindung verschiedener Quellen von unterschiedlicher Qualität in die Erkenntnisgewinnung gemeint. Um den damit einhergehenden Qualitätsunterschied deutlich zu machen, erfolgt eine Einteilung der Quellen nach Güte und Bedeutung (absteigende Reihenfolge):

Primärquelle: Literatur

Die Literaturarbeit8 bildet die primäre Erkenntnisquelle.

Sekundärquelle: Expert:inneninterviews

Die Literatur ist um eine Rückkopplung zur Praxis9 in Form von explorativen Skype- Interviews (ohne Nutzung der Videofunktion) mit Berufsberater:innen des Agenturbezirks Potsdam (N=7) ergänzt.10 Der relationale Expert:innenstatus ergibt sich aus der Forschungsfrage, denn die Berater:innen führen die ersten Videoberufsberatungen in der AA Potsdam unmittelbar durch.

Das teilstrukturierte Leitfadeninterview ist das Erhebungsinstrument in den Interviews, um das Forschungsfeld als kompetent auftretende Interviewerin abzustecken (vgl. Meuser/Nagel 1991: 448f.; 2009: 472f.). Dabei wird der „Leitfaden nicht als zwingendes Ablaufmodell“ (vgl. Meuser/Nagel 1991: 449) eingesetzt. In den Interviews ist die persönliche Auslegung, Strukturierung und Schwerpunktbildung durch die interviewten Personen erwünscht.

Die Einzelinterviews wurden in der Zeit zwischen dem 01.03.2021 und dem 23.03.2021 geführt. Die Rückmeldungen erfolgten in zwei Wellen, sodass die Interviewtermine in Kalenderwoche 9 und 11/12 stattfanden.

Der allgemeine Erkenntniswert von Expert:inneninterviews ist bereits hinreichend in den Arbeiten von Meuser und Nagel (vgl. 1991, 2009) sowie mit BA-Bezug von Weimert (vgl. 2015: 35ff.) und Schreiter (vgl. 2017: 4f.) mit weiterführenden Quellen beschrieben. Mit Gläser und Laudel (vgl. 2010: 11ff.) sowie Meuser und Nagel (vgl. 1991, 2009: 467) lässt sich zusammenfassend formulieren, dass Expert:innen Erfahrungen haben, über welche die forschende Person nicht verfügt und welche sie somit durch die Interviews mittelbar erhält. Für die vorliegende Arbeit kann dies wie folgt konkretisiert werden: Die Expert:innen ergänzen die theorievermittelten Erkenntnisse der Interviewerin durch ihre persönlichen Erfahrungen und Einschätzungen mit der seit Oktober 2020 in der BB praktizierten Videoberatung.

Den Interviews ging ein technischer Vortest11 zur Prüfung von Qualität und Verlässlichkeit der Tonbandaufnahme voraus. Die Rekrutierung der Expert:innen erfolgt im Rahmen des Praxiseinsatzes in der BB. Der Umfang der Erfahrung mit dem neuen Beratungsformat spielte bei der Auswahl der Expert:innen aus dem BB-Team keine Rolle, weil auch die Perspektive einer Beratungsfachkraft spannend gewesen wäre, die dieses Beratungsformat ablehnt. Von den Interviewpartner:innen verfügen letztendlich alle über eigene Beratungserfahrung per Video. In den wöchentlichen Teambesprechungen und informell findet regelmäßig ein Austausch zwischen den Expert:innen statt. Das gesamte Team (außer der Teamleiterin12 ) wurde für ein Einzelinterview in einer weitgehend13 identischen E-Mail angefragt. Dabei wurde nicht nach persönlicher Vorliebe oder Bekanntschaftsgrad ausgewählt. Aufgrund der geringen Zahl der Befragten ist ihre Einschätzung nicht für alle Berufsberater:innen der BA repräsentativ. Eine für quantitative Auswertungen verwertbare Menge an Interviews war im Hinblick auf die explorative Natur dieser Untersuchung nicht vorgesehen.

Zu den im Anhang befindlichen Transkripten ist zu ergänzen, dass Transkripte nur „selektive und abstrahierende Ausschnitte aus der Gesamtheit des Gesprächsgeschehens [.]“ sind (Deppermann 2008: 41). Dies gilt insbesondere für die simple Form der Transkription, die in dieser Arbeit Verwendung findet.14 Die Transkriptionsregeln lehnen sich an der Zusammenfassung von Dresing und Pehl (vgl. 2015: 21f.) an, wobei Pausen und nonverbale Äußerungen nicht erfasst werden. Ferner sind die Transkripte geglättet, sodass Zwischenlaute wie „äh, hm, usw.“ sowie Lachen und kürzere Bestätigungssätze der Interviewerin15 nicht transkribiert werden. Satzbruchstücke ohne relevanten Inhalt wie „was weiß ich“ sind stellenweise ausgelassen. Zudem sind einleitende und abschließende Gesprächsinhalte nicht transkribiert. Des Weiteren sind einige Passagen durch hochdeutsche Ausdrücke ohne die typische Wortverkürzung in der gesprochenen Sprache ausgeschrieben. Groß- und Kleinschreibung ist bewusst unterschieden. Die Glättung dient der Lesbarkeit und ist mit der Forschungsfrage vereinbar.

Die Interviewauswertung erfolgt mittels der qualitativen Inhaltsanalyse in Anlehnung an Meuser und Nagel (vgl. 2009: 476f.). Zudem sind die Erkenntnisse aus den Interviews in die thematisch passenden Kap. eingebettet. Eine Zusammenfassung ist in Kap. 4 platziert.

Tertiärquelle: Bachelor-Arbeiten

Als Tertiärquelle werden themenverwandte Bachelor-Arbeiten der Vorgänger:innen an der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit aufgegriffen.16 Weimert (2015), Schreiter (2017) und Teuber (2019) finden in BA-spezifischen Kontexten Berücksichtigung.17

Quartärquelle: Medienmix

Als Quartärquelle finden „unwissenschaftliche“ Quellen als Fragmente menschlicher Erfahrung Eingang in die Thesis. Hierzu zählen YouTube-Videos, Internetartikel sowie eigene Eindrücke aus den Dienstbesprechungen und Feedbackrunden zum Videokanalmanager18. Zu begründen ist dies mit der stellenweise spärlichen wissenschaftlichen Literatur und dem Ziel, das wissenschaftliche Feld gründlich zu beleuchten.

Themenbegrenzung

Themenbegrenzend wurden Beratungssettings mit mehr als zwei Personen, das heißt zu beratender Person und beratende Person19, weitgehend ignoriert, um gruppendynamische Fragestellungen ausblenden zu können.20

1.3 Aufbau

Die thematisch-strukturelle Erarbeitung des Themas spiegelt sich im Aufbau dieser Thesis wider (Abb. 1):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Aufbau der Thesis (Eigene Darstellung)

Kap. 2 ist der Klärung zentraler Begriffe gewidmet. Darauf folgt Kap. 3 mit den Grundlagen des Personenzentrierten Ansatzes (PCA) als Theorierahmen für die gesamte Thesis. Dabei werden die neurowissenschaftlichen Erkenntnisse als Beleg für die Aktualität und Rationalität des PCA angeführt. Systemische Aspekte nach Kriz (2017) und das Empathiemodell nach Barrett-Lennard (1981) ergänzen die Ausführungen zu einem für die Bewertung von Beratungsformaten und Zielgruppensegmentierung notwendigen Verständnis des PCA.

In Kap. 4 wird die Theorie aus Kap. 3 mit der praxisbezogenen BB verbunden. Kap. 4 enthält die Auswertung der Expert:inneninterviews, während Kap. 5 überblicksartig in die Onlineberatung einführt. Daraufhin folgt eine thematische Eingrenzung und die Überleitung zu den Fokusthemen dieser Thesis.

Die Videoberatung ist in Kap. 6 das zentrale Thema. Dabei wird der Stand der Literatur dieses Beratungsformats erörtert. Daran knüpft Kap. 7 mit sozialstaatlich motivierten Erwägungen zur Zielgruppeneinteilung und der exemplarischen Betrachtung zwei potenzieller Zielgruppen an. Unter dem Gesichtspunkt kumulativer Benachteiligung erfolgt ein Ausflug in das Thema der digitalen Teilhabe. Kap. 8 öffnet den Blick für BC als Entwicklungsrichtung. Kap. 9 bildet den Abschluss dieser Thesis.

1.4 Zusammenfassung

Diese explorativ angelegte Literaturarbeit mit den Ergänzungen durch Expert:inneninterviews sowie aktuellen Medien will sich der Frage nach dem Entwicklungspotenzial des Berufsberatungsportfolios im Hinblick auf die dyadische Onlineberatung im 21. Jahrhundert nähern, um etwaige Potenziale aufzudecken. Aus der Theorie sollen für die Fokusthemen tragfähige Hypothesen entwickelt werden.

Stand dieser Arbeit ist der 12.04.2021, wobei unmittelbar vor diesem Datum erschienene Literatur nicht mehr eingearbeitet werden konnte.

2 Begriffsbestimmung

„Es geht darum, vorhandenes Erfahrungswissen und theoretisches wie auch empirisches Expertenwissen in ein gesundes Miteinander zu bringen (Hoff/Zwicker-Pelzer 2015: 11)

Die Mehrdeutigkeit von Begriffen erfordert Definitionen für den wissenschaftlichen Gebrauch (vgl. Nußbeck 2019: 30). Dabei findet die terminologische Klärung - bis auf die folgenden zentralen Begriffe - in den einzelnen Kap. statt.

Beratung

Den Begriff der Beratung fasst die Literatur unterschiedlich auf (vgl. Nußbeck 2019 ; Nestmann et al. 2014, Erstauflage 2004; McLeod 2004;). Vereinfachend wird vorliegend ein Beratungsbegriff zugrunde gelegt, dem hauptsächlich die Bedeutung der Abgrenzung von Therapie und Information zukommt: Beratung wird als eine professionelle zwischenmenschliche Hilfeleistung durch Kommunikation definiert, bei der das Problem keinen Krankheitswert hat und nicht ausschließlich Informationen vermittelt werden.

Beratungskonzeption

Mit „Beratungskonzeption“ ist die Beratungskonzeption (BeKo) der BA gemeint. Soweit nicht gesondert gekennzeichnet, beziehen sich alle Ausführungen zur BeKo auf Band I (vgl. Rübner/Sprengard 2010).

Berufsberatung

BB21 ist eine Unterstützungsleistung der RaSu durch die Beratungsfachkraft im Bereich der beruflichen Orientierung und Entwicklung, die weder Therapie noch reine Informationsweitergabe ist (vgl. Hirschi 2019). Die BB ist ein spezifisches Anwendungsfeld von formeller Beratung (vgl. Hirschi 2019: 740). Laut Weber (2013: 87) „wird die Beratung in Bildung, Beruf und Beschäftigung meist im Kontext wichtiger gesellschaftlicher Institutionen der modernen Arbeitsgesellschaft als Unterstützungsangebot zur erfolgreichen Bewältigung der Anforderungen, die mit dieser Institution verbunden sind, angeboten.“

Das Element „Unterstützungsangebot“ verdeutlicht die Abkehr von einem Steuern der ratsuchenden Person hin zu einer partnerschaftlichen Beratung. Im Theoriegefüge des PCA verankert, gilt der Beratungsprozess als egalitär, auch wenn ein Machtgefälle in der Praxis durchaus diskutabel erscheint.22 Dabei betont die BeKo ausdrücklich das Entscheidungsrecht der RaSu (vgl. Rübner/Sprengard 2010: 28). Dies schließt eine kritische Begleitung bei Wünschen, die im Ausbildungs- und Arbeitsmarkt objektiv oder subjektiv nicht realisierbar sind, nicht aus (vgl. Hirschi 2019: 742). Der BB liegt nach Brüggemann und Rahn (vgl. 2020) der Passungsgedanke (Matching) zugrunde. Zur BB ist eine ausdifferenzierte Literatur vorhanden (vgl. Reid 2016; Brüggemann/Rahn 2020), die nur auszugsweise in dieser Thesis eingebunden ist.

Eine Beratung erfordert nach der hier vertretenen Auffassung Menschen als Kommunikationspartner:innen. Demnach werden Self-Service-Consulting-Dienste, wie für die Unternehmensberatung diskutiert (vgl. Werth et al. 2016) als Self-Service- Counseling-Dienste (übertragen auf die BB) ausdrücklich ausgenommen. Künstliche Intelligenz kann vermutlich Beratung lernen (vgl. Seelmeyer 2020: 10), wird jedoch in dieser Arbeit nicht behandelt. Mit Bezug auf die Definition des Begriffs „Beratung“ ist BB folglich eine professionelle zwischenmenschliche Hilfeleistung durch Kommunikation, bei welcher der berufliche Werdegang der RaSu gefördert wird.

Beratungsformat

Der Begriff „Format“ wird in Beratungskontexten häufig verwendet, um zwischen Beratung, Coaching, Therapie usw. zu unterscheiden. Dieses Begriffsverständnis ist in der vorliegenden Thesis nicht gemeint. „Format“ meint hier das spezifische Beratungssetting mit Fokus auf dem eingesetzten Kommunikationsmittel, also z.B. Videoberatung.

Onlineberatung/Digitale Beratung

Fraas, Meier und Pentzold (2012: 16) meinen mit Onlinekommunikation „alle Formen interpersonaler, gruppenbezogener und öffentlicher Kommunikation [...], die über vernetzte Computer vermittelt werden.“ Im Mittelpunkt stehe die Kommunikation via Internet (vgl. ebd.). Hörmann (vgl. 2020a: 1:05) weist darauf hin, dass im deutschsprachigen Raum unter Onlineberatung oftmals Mailberatung verstanden wird. Für den hiesigen Kontext kann Onlineberatung als eine spezifische Ausprägung der Onlinekommunikation auf der Mikroebene23 betrachtet werden. Das begriffliche Gegenteil ist die Offlineberatung.

Obwohl die Bezeichnung „digitale Beratung“ ein häufig verwendetes Synonym der Onlineberatung ist, scheint problematisch, dass dies unter Zugrundelegung der strengen Bedeutung von „digital“, also 0 und 1, eine Kommunikation über LAN einschließen würde, die ohne Internetzugang auskäme. Mithin wäre „digitale Beratung“ falsch, sobald die Quanteninformatik im Alltag etabliert wird. Trotz dieser Kritik wird „digital“ im Folgenden wie im öffentlichen und wissenschaftlichen Diskurs üblich verwendet.

Digitale Beratung wird bei Eichenberg und Kühne (vgl. 2014), Wenzel (2020: 7) sowie Reindl (vgl. 2018: 23) von der telefonischen Beratung abgegrenzt. Dies mag aus historischer Perspektive Sinn ergeben, da das Telefon bereits ein gängiges analoges Kommunikationsmedium war, bevor das Internet allgemeine Verbreitung fand. Streng genommen ist die Telefonie allerdings in der Regel VoIP-Telefonie; d.h. Internettelefonie. Daher wäre es denkbar, die Telefonberatung als eine Form der Onlineberatung zu betrachten. In dieser Thesis wird allerdings angenommen, dass die meisten Nutzer:innen telefonische Kommunikation nicht als Onlinekommunikation bewerten und daher Telefon- mit Onlineberatung nicht gleichzusetzen ist. Folglich ist die Onlineberatung24 eine Beratung, die über das Internet geschieht (mit der Ausnahme VoIP). Die Definition ist bewusst einfach gehalten, da der Begriff der Onlineberatung einem steten Wandel unterliegt (vgl. Engelhardt/Gerner 2017: 19; Reid 2016: 222).

Videoberatung

Der Begriff „Videoberatung“25 ist in der Literatur nicht einheitlich. Zum Teil meint Videoberatung die Aufzeichnung eines Beratungsgesprächs auf Video. Je nach Kontext ist eine Beratung mit Video, das unterstützend zur eigentlichen Beratung gezeigt wird, gemeint. Für das Forschungsziel sind diese Begriffe ungeeignet. Videoberatung ist nach Engelhardt und Gerner (2017: 21) „eine Form der Onlineberatung, bei der die Kommunikation zwischen der beratenden und der ratsuchenden Person synchron über ein Videoübertragungssystem stattfindet, welches bei Bedarf auch um textbasierte Kommunikation ergänzt werden kann“. Diese Definition muss nur insofern ergänzt werden, als dass „echte Synchronizität“ technisch (noch) unmöglich ist. Daher wird von einer Quasi-Synchronizität ausgegangen, die den Anwender:innen in der Regel nur bewusst wird, wenn Störungen auftreten.26 Der Begriff „synchron“ meint in dieser Thesis stets „quasi-synchron“. Hier ist also mit Videoberatung Beratung von physisch nicht im gleichen Raum anwesenden Menschen mittels quasi-synchroner Videotelefonie gemeint.

Ratsuchende

In der Praxis der BA ist der Begriff „Ratsuchende:r“ nicht eindeutig (vgl. Rübner/Sprengard 2010: 21). Hier werden als RaSu27 Menschen verstanden, die im Beratungssetting beraten werden oder beraten werden sollen.

3 Personenzentrierter Ansatz

„Das Ziel Klientenzentrierter Beratung ist eine optionale Erweiterung konstruktiv erlebbarer, selbst- und sozial zu verantwortenden Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten jeder einzelnen Person im Kontext multifaktoriell bestimmterLebens-und Arbeitsbedingungen.“ (Straumann 2014)

3.1 Grundlagen

Der PCA gilt als phänomenologisch (vgl. Rogers 2018: 15). Ein phänomenologischer Ansatz zeichnet sich durch den Umstand aus, dass „durch die Erforschung und Beschreibung menschlicher Erfahrung zu wahrem Wissen und einem Verständnis von den Dingen“ gelangt werden kann (McLeod 2004: 136).

Der PCA geht auf das Lebenswerk von Carl Ransom Rogers (1902 bis 1987) zurück. Dieser stellte als prominenter Vertreter der humanistischen Psychologie den Menschen in den Mittelpunkt seiner therapeutischen und wissenschaftlichen Arbeit (vgl. Rogers 2018; Nußbeck 2019: 57). Die Erfahrungs- und Erlebensprozesse des Individuums sind dabei der wesentliche Bezugspunkt für Veränderungen (vgl. McLeod 2004: 130). Der PCA gilt als nicht-direktiv28, weil der beratenden Person die Rolle als „Quelle der Reflexion und Ermutigung“ zukommt (McLeod 2004: 130). Vereinfacht ausgedrückt, ist der PCA „Hilfe zur Selbsthilfe“ (Vgl. Straumann 2014: 642).

Dem Ansatz liegt die Annahme zugrunde, dass jeder Mensch nach Kongruenz strebt und in der Lage ist, sich selbst zu verstehen (vgl. Miller 2005: 23). Die therapeutische Beziehung soll der inkongruenten (ratsuchenden) Person durch die entgegengebrachte bedingungslose Wertschätzung der kongruenten Person (Berater:in) zur Aktualisierung des Selbst in Zielrichtung innerer Kongruenz verhelfen.

Dem Modell der hilfreichen Kernbedingungen29 nach müssen die folgenden sechs Charakteristika erfolgsversprechender Beratung nach der Zusammenfassung von McLeod (vgl. 2004: 140) erfüllt sein:

1. Psychologischer Kontakt zwischen zwei Menschen
2. Der Mensch mit Therapiewunsch in diesem psychologischen Kontakt ist in einem Stadium der Inkongruenz.
3. Der therapieleitende Mensch in diesem psychologischen Kontakt befindet sich in einem Stadium der Kongruenz.
4. Der therapieleitende Mensch empfindet bedingungslose positive Wertschätzung für den Menschen mit Therapiewunsch.
5. Der therapieleitende Mensch bringt empathisches Verständnis des inneren Bezugsrahmens des Menschen mit Therapiewunsch auf und teilt dieses dem Gegenüber mit.
6. Das empathische Verständnis und die bedingungslose positive Anerkennung erreichen den Menschen mit Therapiewunsch.

Die beraterischen Kernqualitäten Wertschätzung, Empathie und Aufrichtigkeit (vgl. Rogers 2018: 51f.) finden sich in der obigen Auflistung wieder. Troidl (vgl. 1988: 23) bemerkt zur Aufrichtigkeit/Echtheit, dass die Anforderungen an die beratende Person damit hoch sind. Lux (vgl. 2007 : 54) stimmt mit Troidl (vgl. 1988: 23) in dieser Annahme überein. Auch Rogers (vgl. 2018: 74f.) erkannte das Problem, dass der Idealtypus der beratenden Person niemals erreicht werden kann. Somit ist diesem Ansatz ein persönliches Wachsen beider Teilnehmenden im erfolgreichen Beratungssetting inhärent.

Rogers gestaltete seine Sitzungen themenoffen (vgl. Rogers 2018: 13). Er erwähnt ausdrücklich die BB als Anwendungsgebiet (vgl. Rogers 2018: 53, 71). Troidl (vgl. 1988: 20 f.) geht ebenfalls von einem weiten Anwendungsgebiet aus.

Die Kritik am PCA bezieht sich hauptsächlich auf die Schizophreniestudie (vgl. McLeod2004: 132), was bezüglich der Onlineberufsberatung eine untergeordnete Rolle spielt. Grundlegend setzt der PCA die Fähigkeit zur Selbstreflexion voraus.

Es ist mitunter schwer, Rogers zu kritisieren, da er sich und seine Arbeit kontinuierlich als im Entwicklungsprozess verstand, den er selbstkritisch hinterfragte (vgl. 2018).

3.2 Weiterentwicklungen

Neurowissenschaftliche Erkenntnisse

Lux (vgl. 2007) stellt die Bestätigung zahlreicher Thesen Rogers durch die Neurowissenschaften dar und geht explizit auf die 19 Thesen Rogers ein. Das Ziel von Beratung wie Therapie ist aus neurowissenschaftlicher Perspektive die Veränderung der neuronalen Verschaltungsmuster (vgl. ebd.). Demgemäß ist das Streben nach der Fully-Functioning-Person eine direkte Entsprechung des Strebens nach Selbsterhaltung und Wohlbefinden (vgl. ebd.). Die neuronale Plastizität stützt Rogers Annahme der lebenslangen Aktualisierungstendenz. Dabei ist zu berücksichtigen, dass neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer-Erkrankungen diese Plastizität reduzieren und aufheben können. Depressionen können ebenfalls mit Störungen der Exekutivfunktionen einhergehen (vgl. Lux 2007: 75), sodass die Wirksamkeit des PCA in Frage stünde. Lux (2007: 27) fasst die Perspektive der Neurowissenschaften wie folgt zusammen: „Aus neurowissenschaftlicher Sicht ist die seelische Gesundheit des Individuums abhängig von der Funktionalität seiner neuronalen Verschaltungsmuster.“ Damasio (vgl. 2014) führt Anosognostiker30 als Beispiel für jene Menschen an, die aufgrund neuronaler Schädigungen ein ungewöhnliches Verhalten zeigen. Sie seien mit den gängigen Therapien, also vermutlich auch Beratungsangeboten, nicht erreichbar (vgl. ebd.). Der PCA ist also nicht völlig voraussetzungslos anwendbar. Folglich richtet die BB sich grundsätzlich an Personen ohne schwerwiegende pathologische Störung(en) (vgl. Gelso/Fretz 2001). Dies hat erstens mit der Rechtslage in Deutschland (Gesetz über den Beruf der Psychotherapeutin und des Psychotherapeuten - PsychThG) zu tun und zweitens damit, dass Menschen mit erheblichen psychischen Problemen weniger von einer BB profitieren (vgl. Whiston/Raharjda 2008). Wenn der PCA jedoch angewendet werden kann, dann kann die Personenzentrierte BB in der Lebenswelt des Individuums zum Erreichen von Kongruenz (Fully Functioning Person) beitragen.

Diese Auszüge aus Lux (vgl. 2007) Arbeit stützen die Aktualität von Rogers Thesen.

Subjekt und Lebenswelt

Kriz (vgl. 2017) stellt den Ansatz einer Personenzentrierten Systemtheorie vor. Auf seine Ausführungen Bezug nehmend soll an dieser Stelle verdeutlicht werden, dass die Personenzentrierung im Folgenden eine Fokussierung auf die Person darstellt, jedoch die systemischen Komponenten, also die Umwelt der zu beratenden Person, durchaus mitgedacht sind. Diese Perspektive zeigt sich insbesondere in Kap. 7.

Kriz (vgl. ebd.) belegt die Anpassungsfähigkeit und damit gleichfalls die Aktualität des PCA.

Zyklusmodell der Empathie

Barrett-Lennard (vgl. 1981) entwickelte das Zyklusmodell der Empathie, welches eine Art Verstärkungsmuster darstellt. Statt zu einem „Teufelskreis“ führe Empathie zu einem sich positiv verstärkenden Muster. Dabei differenziert Barrett-Lennard die folgenden fünf Schritte:

- Empathische Bereitschaft der beratenden Person („Aktives Zuhören“)
- Empathische Wiedergabe durch beratende Person
- Empathieausdruck durch die beratende Person
- Empathieempfang durch RaSu

Das Zyklusmodell dient als Argumentationshilfe in Kap. 7.

3.3 Zusammenfassung

Der PCA ist auf die BB anwendbar. Er enthält ein Entwicklungspotenzial als theoretisches Konzept und für die Beratungsteilnehmenden, sodass er weiterhin als aktuell und zur Generierung neuartiger Erkenntnisse geeignet ist. Personenzentriert ist Beratung demnach dann, wenn sie die Entwicklung der ratsuchenden Person zu einer Fully Functioning Person, also zu Kongruenz, fördert.

4 Personenzentrierung in der Berufsberatung

„Zu dieser Zeit bekam ich Zweifel, ob ich eigentlich Psychologe sei.“(Rogers 2018: 28)

4.1 Einführung

Die Corona-Krise erfordert von staatlichen Arbeitsverwaltungen global hohe Anpassungsleistungen (vgl. Arbetsförmedlingen 2020; Markovic 2020). Im Zuge dessen werden alternative Beratungsformen entwickelt31 oder zügiger als geplant eingeführt. Die krisenbedingte Implementation könnte jedoch einen Mangel an konzeptioneller Einbindung in die Beratungsstruktur der BA bedingt haben. Mit der Suche nach der Personenzentrierung in der BB soll ein Konzept angedacht werden. Das obige Zitat von Rogers (ebd.) verdeutlicht, wie jedes Individuum Zeiten der Unsicherheit in seiner beruflichen Rolle empfinden kann. Dies verdeutlicht den Stellenwert der BB in der Gesellschaft und Beratungswissenschaft.

Systematisierung der Berufsberatung nach Schweiker

Wie in Abb. 10 erkennbar, systematisiert Schweiker (vgl. zitiert nach Weber 2013) die BB nach typischen beruflichen Lebensläufen. Dies kann als „berufliche Normalbiografie“ bezeichnet werden. Neben den Zielgruppen in der Darstellung fällt die Vielzahl an beratenden Organisationen auf. Schweiker (vgl. ebd.) nimmt zudem die besonderen Anforderungen von vulnerablen Gruppen durch separate Nennung auf. Der 1:1-Beratung wird daher Schweikers (vgl. ebd.) Systematisierung zugrunde gelegt.

Interviews: Zusammenfassung der qualitativen Inhaltsanalyse

Nach Schweikers Systematisierung ist die BA Partnerin der RaSu in allen Phasen deren Berufstätigkeitbis aufden Vorruhestand/Rente.32 Ihre Berater:innen unterstützen somitÜbergangsprozesse und sind folglichExpert:innen in beruflicher Beratung.

Anknüpfend an Kap. 1 erfolgt an dieser Stelle die Interviewanalyse. Zur strukturierten Auswertung fand zunächst eine Festlegung von Labeln33 anhand der Literaturauswertung und der Forschungsfrage statt. Die aus den Transkripten gebildeten Paraphrasen sind mit den Labeln sowie einem Kapitelbezug versehen (siehe Anhang). Die Label sind ferner zu Themenclustern (Abb. 2) kumuliert. Diese Cluster spiegeln die themenbezogene Erwartung der Interviewerin vor der Interviewdurchführung wider.

Es zeigen sich Gemeinsamkeiten und Unterschiede sowohl hinsichtlich der Wahrnehmung der Videoberatung als auch ihrer konkreten Umsetzung im Beratungsalltag. Die Interviews enthalten sowohl Betriebs-34 als auch Kontextwissen35 (vgl. Meuser/Nagel 2009: 470f.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Themencluster (Eigene Darstellung)

Aus den im Anhang befindlichen Daten lassen sich folgende Hypothesen (Cluster in Klammern) generalisierend ableiten:

- Die Videoberatung ist eine positiv wahrgenommene Ergänzung des Beratungsportfolios der BB (Ersteindruck).
- Die Berater:innen zeigen Offenheit gegenüber dem Videoberatungsformat (Ersteindruck).
- Hemmschwellen bestehen anfangs sowohl bei Berater:innen als auch bei Ratsuchenden. Sie werden bei mehrfacher Nutzung der Videoberatung abgebaut (Beziehung).
- Die Nutzungsweise der Videokommunikation sind je nach Beratungsfachkraft unterschiedlich (BC).
- Die Berater:innen nutzen insbesondere die Präsentationsfunktion (BC).
- Persönliche Beratung, Telefon-, Videoberatung werden parallel genutzt (Hinsichtlich der E-Mail-Beratung kann aus den Interviews keine Aussage getroffen werden) (BC).

In den Clustern „Beziehung36 “ und „Teilhabe“ waren die Aussagen uneinheitlich und teilweise widersprüchlich. Demnach können keine Hypothesen aufgestellt werden.

Hinsichtlich der Interviewsituation37 ist anzumerken, wie professionell, diszipliniert und offen die Berufsberater:innen sich den Fragen der Verfasserin stellten. Die Betonung der F2F-Beratung war jedoch wahrnehmbar. Dies könnte eine Art Groupthink-Effekt38 sein und/oder aus der Befürchtung, die Videoberatung solle die persönliche Beratung ersetzen, resultieren. Die Betonung des bekannten Formats als Bezugspunkt wäre ebenfalls möglich. Dies ist nicht eindeutig einzuordnen. Die bei Meuser und Nagel (vgl. 1991: 449f.) beschriebenen Fälle des Misslingens traten nicht ein.

Die durchgängig genannte Nutzung der Informationsangebote und der Präsentationsfunktion decken sich mit den Erkenntnissen von Engelhardt et al. (vgl. 2019: 49), die in ihrer Studie das Item, welches sich auf die Nutzung des Internets zu Recherchezwecken bezog, als am bedeutsamsten identifizierten. Silfverberg (vgl. 2020) ermittelte im Zuge ihrer Befragung ebenfalls, dass die gemeinsame Arbeit an Dokumenten als Vorteil durch die Beratungsfachkräfte gesehen wurde. Auch wenn Silfverberg (vgl. ebd.) schwerpunktmäßig quantitativ auswertet, unterliegen die im Rahmen dieser Thesis realisierten Interviews den gleichen Einschränkungen hinsichtlich ihrer Aussagekraft. Silfverberg (vgl. ebd.) hat 29 Berufs-, Studien-, und Laufbahnberater:innen (BSLB) einer Beratungsstelle befragt.39 Für die vorliegende Arbeit wurden nur sieben Berufsberater:innen eines Berufsberatungsteams befragt. Damit lassen sich erste Thesen aufstellen, aber noch keine Beweise führen.

4.2 Die Berufsberatung der Bundesagentur für Arbeit

BB als Kerngeschäft der AA wird in Band I des vierteiligen Grundlagenwerks der BeKo bei Rübner und Sprengard (vgl. 2010) detailliert veranschaulicht. Die BeKo ist dabei offen fürdie Fortschritte derBeratungswissenschaftgehalten (vgl. ebd.: 18).

Gesetzliche Grundlage der Beratungspflicht sind §§ 29ff. SGB III in Verbindung mit den Beratungsgrundsätzen des SGB I (ebd.). Insbesondere § 31 Satz 1 SGB III könnte als Hinweis auf die Personenzentrierung verstanden werden, denn es sind in der BB „Neigung, Eignung, berufliche Fähigkeiten und Leistungsfähigkeit der Ratsuchenden“ einzubeziehen. Dem entspricht die Kongruenzförderung (Fully Functioning Person) im PCA.

Die Beratungsformate aus der BeKo sind die integrationsbegleitende Beratung (IBB) und die Orientierungs- und Entscheidungsberatung (OEB). Das Kernformat der Berufsberatung ist die OEB (vgl. Rübner/Sprengard 2010: 64). Differenziert wird in der AA zwischen der Berufsberatung vor dem Erwerbsleben (BBvE) und der Berufsberatung im Erwerbsleben (BBiE).

Die BBvE ist die „klassische“ Variante der BB und richtet sich an Menschen, die über keine berufsqualifizierende Erstausbildung verfügen. Die OEB war ihrer Grundidee zufolge die begleitende Beratung für den Übergang von der Schule in das Berufsleben (vgl. Teuber 2019: 21). Dies trifft in der Regel auf jüngere Menschen (U25) zu, die folglich die Hauptzielgruppe in der BBvE sind.

Inzwischen wurde das Angebot auf die lebenslange BB erweitert, was eine Ausweitung der Zielgruppen zur Folge hat (vgl. Rübner/Sprengard 2010: 18). Die BBiE richtet ihr Angebot an Menschen, die bereits eine Erstausbildung haben und sich informieren und gegebenenfalls beruflich umorientieren möchten. Zudem ist diese eher Aufstiegs- und Weiterbildungsberatung als die BBvE. In der BeKo sind Bedürfnisse von bestimmten Zielgruppen berücksichtigt, wie zum Beispiel jene Menschen mit Behinderung (vgl. Rübner/Sprengard 2010: 11).40

Übereinstimmungen und Abweichungen zwischen BeKo und PCA

Die BeKo stellt für den Bereich der BB ein partnerschaftliches Beraten in den Vordergrund (vgl. Rübner/Sprengard 2010: 36). Dies entspricht dem PCA und findet sich insbesondere in der (bedingungslosen) Wertschätzung wieder.

Problematisch ist der institutionelle Kontext insofern, als dass Zielkonflikte entstehen können. Die beratende Person kann beispielsweise gehalten sein, die zu beratende Person zügig in den Arbeits- oder Ausbildungsmarkt einzugliedern, obwohl sich die beratene Person eher eine Umschulung wünscht, um ein neues berufliches Feld zu erschließen. Drängt die beratende Person in einer solchen Situation vehement oder nutzt die institutionell verliehene Macht, kann die beratene Person in Richtung Inkongruenz statt Kongruenz geführt werden. Kritisch zu betrachten ist zudem die im Zweifel mangelnde Vertraulichkeit des Gesprächs. Für die beratenden Personen gibt es kein Zeugnisverweigerungsrecht wie für Berufsgeheimnisträger in § 53 StPO.

Entwicklungsperspektive der Beratung

Der Gesetzgeber hat der BA eine Digitalisierungsstrategie ab spätestens Ende 2022 durch das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsdienstleistungen (OZG) in das Dienstleistungsportfolio geschrieben (vgl. Diakonie 2021: 1).41

Der neue Regelbetrieb, somit perspektivisch die Zeit nach der Krise, ist nach den im Intranet der BA wahrnehmbaren Erwartungen und Plänen eine Fortschreibung der guten Praxisanwendungen aus der Zeit vor der Krise plus in der Krise erprobten Innovationen. Hierzu zählen insbesondere die Erweiterung des Verständnisses der persönlichen Beratung in der BA auf die Video- und Telefonberatung.42

Bereits vor der Corona-Krise zeigte sich im PES-Netzwerk ein Trend zur Digitalisierung von Beratungs- und Vermittlungsleistungen. So wurde zum Beispiel in Estland die Skype-Beratung für Arbeitssuchende vor der Krise angeboten (vgl. OECD 2020). In Schweden gibt es das Angebot der berufsbezogenen Online-Speed-Datings („Snabbintervjuer“), um Matches zwischen arbeitssuchenden Menschen und personalsuchenden Unternehmen zu generieren (vgl. Arbetsförmedlingen 2020). Dänemark hat mit eVejledning auf dem Internetportal Uddannelsesguiden Bildungsberatung digitalisiert (vgl. Jochumsen 2016).

4.3 Zusammenfassung

Der PCA findet sich in der BeKo der BA in zahlreichen Punkten wieder. Der institutionelle Charakter und die damit verbundene Zielsetzung der Arbeitsmarktintegration schränken die Anwendung der PCA-Grundsätze jedoch ein.

In der BB werden die Zielgruppen im Wesentlichen danach unterschieden, ob sie schon einen beruflich qualifizierenden Abschluss erworben haben oder nicht. Diesem Prinzip folgen BBvE und BBiE. Zukunftsgerichtet ist der Trend zu Onlineformen der Beratung und Vermittlung auch auf europäischer Ebene wahrnehmbar.

5 Onlineberatung

„Sie [die Entwicklung von Onlineberatungen] ähnelt eher einem Flickenteppich als einer systematischen Entwicklung.“ (Reindl 2018: 20)

5.1 Einführung

Die Eingabe des Begriffs „Onlineberatung“ am 10.02.2021 in die Suchmaschine Google (vgl. 2021) ergab circa 140.000.000 Treffer.43 Bei Culemann (2002: 21) waren es 2001 nur 2100 Treffer. Die Suche mit dem Begriff „Onlineberatung“ im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek mit Stand 10.03.2021 zeigte 141 Ergebnisse an.44 Die Bibliographie des amerikanischen, kommerziell ausgerichteten Telebehavioral Health Institute enthielt mit Stand 27.02.2021 916 Einträge wissenschaftlicher Quellen. In diesem Kap. wird der gegenwärtige Stand der Wissenschaft zur Onlineberatung in Grundzügen dargestellt. Dabei wird ein Systematisierungsversuch unternommen. Onlineberatung existiert seit 1995 im deutschsprachigen Raum. - Historisch geht diese auf die Briefseelsorge zurück. Die Rolle der innovativen Vorreiterin nahm damals die Telefonseelsorge ein (Knatz 2013: 13). Vor der Corona-Krise war somit vor allem die textbasierte psychosoziale45 Onlineberatung Thema wissenschaftlichen Interesses. Dabei gelten E-Mail, Chat und Foren als die textbasierten Standardangebote (vgl. Hitzel-Abdelhamid 2020b; Reindl 2018: 17; Stanik/Maier-Gutheil 2020). Knatz (2013: 50) kategorisiert die Forenberatung als eine Form der Chatberatung ein. Textbasierte Angebote sind quantitativ in zahlreichen Zweigen der psychosozialen Beratung vertreten und nehmen schätzungsweise zu (vgl. Kühne 2021: 81; Reindl 2018: 17, 21). Während Videokonferenzen in globalen Unternehmen üblich sind, fand keine vergleichbare Entwicklung in der Beratungswissenschaft im deutschsprachigen Raum statt. Dies scheint sich im Laufe der Krise geändert zu haben, was aktuelle Aufsätze demonstrieren (vgl. Kasten/Ritter 2021; Kühne/Hintenberger 2020; Stanik/Maier-Gutheil 2020). Innovative Angebote wie die mbeon-App zur Aufrechterhaltung der Migrationsberatung (vgl. DRK 2021) deuten in die gleiche Richtung.

Entgegen der Annahme von Teuber (vgl. 2019: 32) geht die Verfasserin davon aus, dass die digitalen Medien die Beratungstätigkeit und -landschaft grundlegend verändern werden. Dem liegt auf der Mikroebene der Beratung der Gedanke zugrunde, dass neue Beratungsformate durch ihre Anwendung neue Skripte46 erzeugen. Teuber (vgl. ebd.) nimmt an, dass sich nur die Gestaltungsmöglichkeiten des Beratungsprozesses verändern. Von einer über Gestaltungsmöglichkeiten hinausgehenden Veränderung gehen Engel (vgl. 2014: 497ff.), Reindl (vgl. 2018) sowie Rietmann et al. (vgl. 2019) aus. Bei Eichenberg und Kühne (vgl. 2014: 67ff.) ist diese Annahme für den Gesundheitsbereich zu finden. Dies lässt sich argumentativ mit fluiden Modellen wie der Messengerberatung (Überlappung in der Zeitdimension) vertreten (vgl. Kühne 2021: 81). Folglich ist mit einer grundsätzlichen Veränderung des Kommunikationsverhaltens zu rechnen (Fraas et al. 2012).47 Inzwischen scheint daher die Hypothese, die Entwicklung innovativer Beratungsformate folge den technischen Möglichkeiten (und ihrer Verbreitung), vertretbar.

Die Klassifikation nach Pross bildet die Grundlage der Systematisierungsbestrebungen für die Onlineberatung.

Allgemeine Medienklassifikation nach Pross

Bei der Systematisierung der Onlineberatung kann auf die Medienklassifikation nach Pross rekurriert werden, die bereits Teuber (vgl. 2019: 4f.) beschreibt. Nach Pross (vgl. 1976) sind primäre Medien (ohne Technik) Gespräche unter Anwesenden. Sekundäre Medien zeichnen sich durch das technische Senden aus, während tertiäre Medien technisches Senden und Empfangen beinhalten. Die vorliegend untersuchte Onlineberatung fällt damit unter den tertiären Medienbegriff.48 Aus der Mediensystematisierung lässt sich die Kommunikation mit oder ohne Zwischenschaltung eines Übertragungsmediums extrahieren. Bedeutsam scheint an dieser Stelle, zu erkennen, dass jegliche Kommunikation, die nicht von Angesicht zu Angesicht stattfindet, einer filterspezifischen Gefahr von Missverständnissen und Fehldeutungen unterliegt. Das heißt nicht, dass die Kommunikation F2F nicht zu Missverständnissen und Fehldeutungen führen kann. Diese Fehldeutungen können allerdings nicht ursächlich auf den Filter, sondern auf die allgemeinen zwischenmenschlichen Kommunikationsschwierigkeiten zurückgeführt werden.

Systematisierung der Onlineberatung

In der praxisorientierten Beratungswissenschaft dominiert die Diskussion um die Einsatzmöglichkeiten der Videoberatung und die damit verbundenen Vor- und Nachteile oft feldspezifisch (vgl. Engelhardt/Gerner 2017: 19). Systematisierungen sind erst im Entwicklungsstadium.

Reindl (2018: 21f.) bildet zwei parallel existente Kommunikationsnetze des Individuums als Vorstellungsmodell aus: ein virtuelles und ein interpersonales (F2F).

Demnach entstünden zwei Beratungssphären; die virtuelle und die interpersonale mit fließenden Übergängen (siehe Kap. 8). Kühne (2021: 80) systematisiert die Onlineberatung entlang der Pole synchron-asynchron und schriftbasiert-audiovisuell:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Systematisierung der Onlineberatung nach Kühne (2021)

Onlineberatung wird also überwiegend als ein eigenständiges Beratungsformat gesehen. Allerdings erfolgt die Argumentation in der der Regel mit der persönlichen Beratung als Ausgangspunkt. Die Systematisierung der Onlineberatung durch Kühne (ebd.) ist gut strukturiert, jedoch mit dem Ziel der Fokussierung auf die Videoberatung im folgenden Kap. noch nicht optimal.

5.2 Onlineberatung und persönliche Beratung im Vergleich

Dieser Vergleich erfolgt anhand der aktuellen Modelle, die unterschiedliche Schwerpunkte setzen.

Kanalreduktionsmodell

Das Kanalreduktionsmodell (vgl. Döring 2019; Engelhardt 2018) geht von einem Defizit der Onlinekommunikation im Verhältnis zur persönlichen Beratung aus. Es folgt daher dem Surrogatsgedanken (vgl. Stanik/Maier-Gutheil 2020: 110f.). Das Modell wurde im Kontext der textbasierten Onlineberatung konzipiert, die sich dadurch auszeichnet, dass „soziale Hinweisreize“ und „parasprachliche Merkmale“ (vgl. Stanik/Meier- Gutheil 2020) nicht übermittelt werden.

Filtermodell

Das Filtermodell wägt Vor- und Nachteile des Fehlens sozialer Hinweisreize in der Onlinekommunikation ab. Damit ist insbesondere das, was lapidar „Status-Check“ des Gegenübers genannt werden könnte, gemeint. Vermeintlich soziodemografische Daten werden aufgrund des Erscheinungsbildes und des Auftretens einer Person von den Beratungspartner:innen (tendenziell eher unbewusst) erhoben. Wie im Filtermodell explizit betrachtet, hat der Filter potenziell Vorteile, da eine vorurteilsfreie Beratung möglich scheint. Nachteilig ist allerdings, dass Unsicherheiten im Umgang miteinander auftauchen können, weil nicht auf erlernte Rollen- und damit verbundene Kommunikationsmuster (Skripte) zurückgegriffen werden kann.

Theorie der medialen Reichhaltigkeit

Die Theorie der medialen Reichhaltigkeit differenziert die Kommunikationsmedien nach ihrer Eignung für bestimmte Kommunikationsaufgaben (vgl. Sheer/Chen 2004). Hier sei erwähnt, dass in den Expert:inneninterviews das Präsentieren als ein Vorteil der Videoberatung genannt wurde. Präsentieren könnten die Berater:innen zwar auch im persönlichen Gespräch, dies wäre jedoch erstens ein Bruch mit den typischen Erwartungen an den Ablauf einer persönlichen Beratung und zweitens aufgrund des lediglich bei der Beratungsfachkraft vorhandenen Monitors nicht anwender:innenfreundlich.

Theorie der sozialen Kommunikationsverarbeitung

Die Theorie der sozialen Kommunikationsverarbeitung stellt die These auf, dass die Kommunikationspartner:innen ihr Verhalten den medialen Gegebenheiten anpassen (vgl. Walther 1992). Dies umfasst die Verwendung sogenannter „Emojis“, „Gifs“ und anderen Ausdrucksformen (vgl. Döring 2018).

Systematisierung der Onlineberatung in dieser Thesis

Um sich der Forschungsfrage annähern zu können, bedarf es einer zeitgemäßen und die fließenden Grenzen49 (vgl. Fraas et al. 2012: 19) integrierenden Systematisierung.

Zunächst sollen in Anlehnung an Fraas et al. (vgl. ebd.: 19 f.) die Dimensionen, in denen Onlineberatung erfasst werden kann, dargestellt werden:

- Konzeptuelle Dimension: Onlineberatung wird von Organisationen nicht, ausschließlich, komplementär zur persönlichen Beratung und unter Einsatz unterschiedlicher Beratungsformate (siehe Kap. 8) angeboten,
- Zeitdimension: (quasi-)synchron und asynchron - Überschneidungsbereiche wie die Beratung über Messengerdienste50 wie WhatsApp oder Threema. Diese können synchron und asynchron genutzt werden.
- Sozialdimension: 1:1, 1:n, n:1, n:n (= one-to-one, one-to-many, many-to-one, many-to-many).51
- Zeichendimension: Unterscheidung zwischen textbasierter und sprach- und/oder bildbasierter Beratung - Übergänge fließend (fluide Modelle).

Mit dem PCA als Leitlinie erfolgt die Systematisierung der Onlineberatung danach, inwiefern der zu beratenden Person eine hohe Anwender:innenfreundlichkeit durch Multikanalnutzungsmöglichkeiten offeriert wird. Als Kernelement der Systematisierung wird der Flexibilitätsgrad genutzt. Onlineberatung kann auf jeder der obigen Dimensionen mehr oder weniger flexibel sein.

Auf der konzeptuellen Ebene ist der Pol minimaler Flexibilität zum Beispiel das Angebot von E-Mailberatung. Maximale Flexibilität läge im Angebot von Offline- und Onlineberatung, wobei die Onlineberatung über mehrere Kanäle oder einen fluiden erfolgt. Die Zeitdimension ist minimal flexibel, wenn ausschließlich asynchron oder ausschließlich synchron beraten wird. Demzufolge wird maximale Flexibilität durch Mischformen, in denen asynchrone und synchrone Beratung realisierbar ist, erreicht. Die Sozialdimension ist wiederum minimal, wenn lediglich 1:1-Beratung möglich ist. Maximal flexibel ist die Option n:n, also mehrere Kommunikationspartner:innen auf beiden Seiten. Die Zeichendimension ist wiederum minimal, wenn sie nur text- oder nur tonbasiert möglich ist.52 Eine fluide Beratung ist maximal flexibel, wenn beispielsweise eine Videoberatung durch einen Chat mit der Nutzung von Emojis und die Möglichkeit der Präsentation angeboten wird. Dieses 4-Dimensionen-Flexibilitätsmodell ist ein Ansatz, der noch entwicklungsfähig und um weitere Dimensionen ergänzbar ist. Die entwickelte Systematisierung könnte Ausgleichspotenzial bestehender Nachteile eines Formats in der Kombination mit einem weiteren Format sichtbar machen.

5.3 Vor- und Nachteile der Onlineberatung

Sieland und Rahm (vgl. 2007: 390) weisen auf die Personal- und Kostenintensität der persönlichen Beratung hin. Demgegenüber erfordert die Onlineberatung eine höhere Medienkompetenz beider Beratungspartner:innen. Beim textbasierten Chatten oder VoIP-Telefonieren (ohne Bildübermittlung) fallen visuelle Elemente wie Mimik und Gestik weg (vgl. Boer 2000: 4; Knatz/Schumacher 2019: 4). Während in der Telefonie die Tonhöhe und Sprechtempo als Informationsquelle vorhanden sind, sind diese beim textbasierten Chat nicht gegeben. Allerdings bieten zahlreiche Chatprogramme Multiebenenkommunikation, indem Bildzeichen (Emojis) und andere kreative Ausdrucksweisen verwendet werden können (vgl. Walther 1992).

Die ratsuchende Person wahrt laut Knatz und Schumacher (vgl. 2019: 4, 8) Autonomie und Entscheidungsfreiheit durch die Unverbindlichkeit der Beratung und Anonymität beziehungsweise Pseudonymität (innere Niedrigschwelligkeit). Durch die Möglichkeit, textbasierte Onlineberatung jederzeit abbrechen zu können und sich sozialem Antwortdruck zu entziehen, haben die RaSu im Chat die Kontrolle über ihre Erzähl- und Berichtsposition (vgl. Knatz/Schumacher 2019: 8; Weyh 2020: 24f.). Zudem wird für textbasierte Beratung das paradoxe Phänomen der „Nähe durch Distanz“ (vgl. Knatz/Schumacher 2019: 4; Boer 2000: 12f.) als Vorteil genannt. Dies überrascht nicht, denn vor Erfindung des Telefons wurden Fernfreundschaften und - beziehungen per Brief gepflegt. Zudem zeigen sich in der textbasierten Beratung positive Effekte der Verschriftlichung von Anliegen (Reflexionsraum) (vgl. Boer 2000: 12).

Äußere Niedrigschwelligkeit laut Knatz (vgl. 2013: 58 f) bedeutet, dass die RaSu nicht in eine Beratungsstelle kommen müssen, also folglich weder aufwendige Planung noch Fahrtwege in Kauf nehmen müssen. Für Menschen mit körperlichen Einschränkungen (Behinderung, Beeinträchtigung, chronischer Erkrankung) kann das Angebot der Onlineberatung durch äußere Niedrigschwelligkeit z. T. die Beratung erst ermöglichen. In den Interviews wurde außerdem die Einschätzung formuliert, Videoberatung führe zu gesteigerter Termintreue, da sie mit weniger Aufwand verbunden ist.

Ein weiterer Vorteil hinsichtlich der Ortsunabhängigkeit ist, dass z.B. Jugendliche im Auslandsjahr weiterhin in ihrer Muttersprache bezüglich ihres beruflichen Weges beraten werden können. Diesen Vorteil findet auch Silfverberg (vgl. 2020: 9): In ihrer Befragung gaben 86,2 % der befragten BSLB an, den Wegfall des Anreisewegs als positiv zu bewerten.

Ein Nachteil kann wiederum versagende Technik sein, was ähnlich einzustufen ist wie Herausforderungen in der Präsenzberatung: Auch Berater:innen können ausfallen.

In der Gesamtbetrachtung bleibt ein entscheidender Nachteil bestehen: 100 % Datensicherheit kann selbst das beste IT-System nicht gewährleisten,53 jedoch können hohe Sicherheitsstandards erreicht werden (Reindl 2018: 19). Durch die Vielseitigkeit der Onlineberatung lassen sich die Vor- und Nachteile - losgelöst vom spezifischen Format - nur in groben Zügen diskutieren (vgl. Neukirchen 2017: 17). Infolgedessen widmet sich Kap. 6 mit dem ersten Fokusthema dieser Thesis der Videoberatung.

5.4 Zusammenfassung

Die in diesem Kap. entwickelte Systematisierung nach dimensionsbezogener Flexibilität ist imstande, Online- und Offlineberatungsformate praxisbezogen im Rahmen der Forschungsfrage zu beschreiben.

6 Videoberatung

„Grundsätzlich kann eine öffentliche Dienstleistung ihre beabsichtigte systemrelevante Wirkung nur entfalten, wenn sie von den Zielgruppen als relevant wahrgenommen und im Bedarfsfall genutzt werden kann.“ (Silfverberg 2020: 3)

6.1 Einführung

Mit der „Weisung 202009009 vom 29.09.2020 - Einführung der Videokommunikation in der Berufsberatung sowie beruflichen Rehabilitation und Teilhabe“ erfolgte die Einführung der Videoberatung in der BB der BA (zeitlich unbegrenzt). Als Qualitätsstandard wurde laut Weisung die in Kap. 4 vorgestellte BeKo festgelegt. Die Videoberatung führt zu einem „Verwischen der Online-/Offline-Grenze“. Das persönliche Gespräch wird demgemäß virtuell simuliert.

Videoberatung und F2F-Beratung im Vergleich

Die Videoberatung bietet Kollaborationsmöglichkeiten, welche in der persönlichen Beratung schwerer realisierbar wären, wie:

- gemeinsame Internetrecherche
- Tipps zu Online-Tools mit gemeinsamer Testmöglichkeit
- gemeinsames Brainstorming

Summarisch lässt sich dies unter dem Oberbegriff der medialen Reichhaltigkeit als Erweiterung der Zusammenarbeitsvarianten einordnen. In den Interviews bestätigen das die Expert:innen. Auch Silfverberg (vgl. 2020) resümiert, dass die BSLB die gemeinsame Recherche im Internet und die Dokumentenbearbeitung positiv bewerten. Im Vergleich zur persönlichen Beratung ist jedoch nonverbales und paraverbales Verhalten auf den Kameraausschnitt begrenzt wahrnehmbar (Kanalreduktion). Zudem ist zu vermuten, dass bestimmtes Verhalten, wie bewusstes Schweigen, in der Videoberatung vom Gegenüber eher fehlgedeutet werden könnte als F2F.

Hirschi (2019: 747) beschreibt, wie bereits die physische Haltung der Gesprächspartner:innen in der Beratungssituation wirken kann. Aspekte wie der Blickkontakt, die Körperhaltung, Mimik und Gestik könnten Bedeutung generieren. Im Interview nannte eine der befragten Personen als Fallbeispiel eine ratsuchende Person mit einer Gehbehinderung, welche F2F beraten wurde. Das Ausmaß der Behinderung wäre von der interviewten Person in der Videoberatung ihrer eigenen Einschätzung nach nicht wahrgenommen worden. Die Kanalreduktion birgt folglich die Gefahr, relevante Aspekte nicht zu erkennen. Dieses Argument kann insoweit relativiert werden, dass gesundheitliche Einschränkungen mit Auswirkung auf die Ausbildungs- und Berufstätigkeit von den Berater:innen initiativ verbal thematisiert werden können.54 Als positives Beispiel der Vorzüge der Videoberatung aus dem Kontext der Bankenwelt lässt sich die Beratung in Gebärdensprache für die Zielgruppe der Gehörlosen und Menschen mit eingeschränktem Hörvermögen nennen (Borchers 2021).

Es bleibt allerdings offen, ob der Beziehungsaufbau zwischen den Teilnehmenden der Videoberatung gleichwertig mit jenem in der persönlichen Beratung ist. Das verbale Verhalten ist, zumindest im Hinblick auf die Rahmenbedingungen, in der Videoberatung wie in der persönlichen Beratung transportierbar. Hinsichtlich der Stimmverzerrung durch die Übermittlung dürfte eine Vergleichbarkeit mit der sogenannten „Telefonstimme“ gegeben sein, da die Telefonie gegenwärtig in der Regel VoIP ist. Die Erfahrungen der Telefonseelsorge belegen, dass ein verbaler Beziehungsaufbau trotz Kanalreduktion gelingen kann. Nach Knaevelsrud et al. (vgl. 2016) lassen die Erkenntnisse aus Therapiekontexten Optimismus zu. Aus den Interviews kristallisierte sich ein sehr unklares Bild hinsichtlich des Beziehungsaufbaus per Video heraus: Während einige Beratende den Beziehungsaufbau als gelingend empfanden, zeigten andere Bedenken hinsichtlich der Gleichwertigkeit des Beziehungsaufbaus im F2F-Setting. Demzufolge ließe sich die Hypothese der Abhängigkeit der Qualität des Beziehungsaufbaus von der Medienkompetenz der Interaktionspartner:innen formulieren.

Versuch einer eigenen Systematisierung

Die Videoberatung lässt sich in der BB zusätzlich zu den für die Onlineberatung entwickelten vier Dimensionen nach Erst-/Folgegespräch und Beratungsanlass differenzieren. Der Flexibilitätsgrad wird nach dem Status Quo in der BB der BA eingeschätzt:

- Konzeptuelle Dimension: komplementär
- Zeitdimension: synchron
- Sozialdimension: 1:1
- Zeichendimension: sprach- und bildbasiert
- Prozessdimension: Erst-/Folgegespräch
- Themendimension: unklar55

[...]


1 Das European Institute of Public Administration (vgl. EIPA 2020) sieht ebenfalls die 3Ds als die Herausforderungen unserer Zeit; ergänzt um das vierte D „Demokratie“.

2 Die Corona-Krise unterscheidet sich von Krisen wie der Finanzkrise 2009/2010 dadurch, dass sie nicht unmittelbar durch ökonomische Faktoren bestimmt ist, sondern durch den Gesundheitsschutz (vgl. Walwei 2020). Sie begann in Deutschland Anfang 2020 und ist bei Beendigung dieser Thesis noch aktuell.

3 Ein Überblick zum Forschungsstand zur F2F-Beratung findet sich bei Nestmann et al. (vgl. 2014).

4 Wenzel et al. (vgl. 2020: 7) benutzen den Begriff der Kopräsenz als Bezeichnung der gleichzeitigen physischen Anwesenheit der Interaktionspartner:innen.

5 Voraussichtlich wird in der BA als „persönliches Gespräch“ in Zukunft auch die Videoberatung und Telefonberatung bezeichnet werden (BA 2020).

6 Zur Übertragbarkeit von Erkenntnissen aus der lebensweltlichen Beratung in die arbeitsweltliche Beratung (und umgekehrt) siehe Hoff/Zwicker-Pelzer (vgl. 2015: 10).

7 In diesem Zusammenhang erschließt sich der große Vorteil von Forscher:innenteams, die unterschiedliche Herangehensweisen zu einem gemeinsamen Untersuchungsgegenstand einbringen können.

8 Eine Literaturarbeit zeichnet sich im Arbeitsprozess durch die Auswertung von Fachbüchern und Papers aus.

9 Den Interviews kommt aus systematischer Perspektive eine Randstellung zu (vgl. Meuser/Nagel 1991: 445).

10 Es wurden insgesamt 14 Menschen aus dem Berufsberatungsteam angeschrieben. Nicht alle im Team sind Berufsberater:innen. Eine Rückmeldung kam, dass die angeschriebene Person keine Videoberatung mache, da sie Ausbildungsstellen vermittle. Demzufolge ist die Rücklaufquote mit mindestens 50% anzusetzen.

11 Der Begriff „Pretest“ wird hier bewusst vermieden, da der Techniktest den gewöhnlichen Umfang eines Pretest nicht erreichte.

12 Die Teamleiterinnen wurden vor der E-Mail an die Teammitglieder per E-Mail um ihre Einverständnis gebeten, welche sie gaben. Es wurden zwei Teamleiterinnen um Einverständnis gebeten, weil bei einer Interviewpartnerin ein Teamwechsel kurz vor dem Interview stattgefunden hatte.

13 Es gab teilweise einen zusätzlichen Satz, um den persönlichen Bezug herzustellen oder auf Fragen einzugehen.

14 Eine präzisere linguistische Transkription anzuwenden, wäre im Hinblick auf die Zielsetzung dieser Interviews als Recherchemittel nicht nur für die Lesenden anstrengender, sondern auch unnötig kompliziert, da es um die ausgesprochenen Erfahrungen der Berufsberater:innen geht.

15 Dahingegen wurden die Fragen der Interviewerin transkribiert, um die Verbindung der Interviews mit dem Leitfaden darzustellen.

16 Alle Vorgängerarbeiten sind als empirische Arbeiten einzuordnen.

17 Weimert (vgl. 2015) nähert sich dem Thema Onlineberatung hinsichtlich einer Implementierungsstrategie an. Schreiter (vgl. 2017) betrachtet die Digitalisierung der BB bezogen auf die Schulabgänger. Bei Teuber wird die Zielgruppe der U25-Ratsuchenden in der BB und die Sicht der Beratenden auf die Digitalisierung behandelt (vgl. Teuber 2019).

18 Diese ähneln einer Fokusgruppendiskussion.

19 Dieses Zweipersonensetting wird synonym „dyadisches Setting“ genannt.

20 Zur Verdeutlichung des Komplexitätszuwachses bei Mehrpersonensettings: Kriz (vgl. 2017: 13).

21 In dieser Arbeit werden synonym „Beratung in Bildung, Beruf und Beschäftigung“ sowie „berufliche Beratung“ benutzt. Der in der Literatur verwendete Laufbahnbegriff wird hier inhaltlich mit dem Begriff der BB bzw. seiner Synonyme erfasst, da es auf eine inhaltliche Abgrenzung nicht ankommt.

22 Dieses Machtgefälle in der BB zu identifizieren, dürfte bei näherer Betrachtung anspruchsvoll sein, denn nicht nur RaSu und Ber. sind involviert, sondern bei jugendlichen RaSu Eltern, Großeltern, Peers, Bildungsträger usw.

23 Überblick zu den Kommunikationsebenen: vgl. Fraas/Meier/Petzold 2012: 8.

24 Synonym zum Begriff der Onlineberatung wird der Begriff Remote-Beratung genutzt. Theoretisch wäre eine Beratung per (Post-)Brief jedoch ebenfalls Remote-Beratung, sodass der Begriff der Onlineberatung spezifischer ist. In ihrer Bedeutung ähnlich oder synonym werden in der Literatur die Begriffe „Beratung im Internet, digitale Beratung, virtuelle Beratung, Teleberatung, WebCounseling und E-Counsel(l)ing bzw. eCounseling“ verwendet.

25 Teilweise findet sich wie bei Berger (2015) für den therapeutischen Kontext die Bezeichnung der „Beratung per Videokonferenzsystems“.

26 Vgl. Wenzel et. al. (2020: 7) zu Beispielen typischer technischer Störungen.

27 Synonyme in dieser Arbeit: zu beratende Person, Ratsuchende (Pl.) (RaSu), ratsuchende Person, und Kund:in.

28 Das inhärente Problem des PCA, dass eine Einflussnahme der beratenden Person auf die zu beratende Person niemals völlig ausgeschlossen werden kann, wird hier nicht vertieft, kann jedoch zum Beispiel bei McLeod (2004: 131 m.w.N.) nachgelesen werden.

29 Bei Rogers (1957: 95) bezeichnet als „notwendige und hinreichende Bedingung einer therapeutischen Veränderung der Persönlichkeit“.

30 Anosognosie: „mit manchen Gehirnerkrankungen einhergehende Unfähigkeit, Erkrankungen der eigenen Person wahrzunehmen“ (Duden.de 2021).

31 Als Beispiele seien genannt: „Walk and Talk“ (Jobcenter Barnim 2020).

32 Dies könnte sich in Zukunft unter dem Stichwort „Altersarmut“ und damit verbundener Arbeit über das Renteneintrittsalter hinaus ändern.

33 Der Begriff „Label“ entspricht dem Begriff „Code“ in ähnlichen Klassifizierungssystemen.

34 Betriebswissen= Eigenes Handeln im Rahmen der institutionellen Maximen und Regeln (vgl. Meuser/Nagel 2009: 470).

35 Kontextwissen= Kontextbedingungen des Handelns anderer (vgl. Meuser/Nagel 2009: 470); zum Beispiel Kolleg:innen oder RaSu.

36 In diesem Cluster geht es um den Aufbau einer tragfähigen Arbeitsbeziehung.

37 Es wurden Interviewprotokolle gefertigt, welche in den separaten Datenschutzanhang mit den Einwilligungen zur Datenerhebung eingefügt wurden. Ein Musterprotokoll findet sich im Anhang.

38 Groupthink (Gruppendenken) ist nach Aronson et al. 2004: 336ff. eine „Art zu denken, bei der das Aufrechterhalten der Kohäsion und der Solidarität der Gruppe wichtiger ist, als die Fakten realistisch zu betrachten.“ Diese Theorie wurde von Janis begründet (ebd.).

39 Die Grundstichprobe ist 47.

40 Diese werden in der AA in der Regel durch die Teams Reha/SB unterstützt.

41 Die Digitalisierung ist mitunter Teil der Strategie 2025 der BA, in welcher die lebenslange Berufsberatung, Chancen für Benachteiligte und der digitale Service fokussiert sind (vgl. BA 2019).

42 Dies betrifft nicht nur die BB, sondern wird bereits in anderen Bereichen wie dem Arbeitgeberservice und der Arbeitsvermittlung erprobt.

43 Dieses Beispiel mag bei anderen Usern durch die Personalisierung von Trefferlisten bei Google anders ausfallen (vgl. Iske/Kutscher 2020: 121). Die Größenordnung der Trefferliste dürfte jedoch vergleichbar sein.

44 Um diese Zahl in ein Verhältnis zu setzen: Der Suchbegriff „Carl Rogers“ generiert 349 Einträge im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek. Der Suchbegriff „Beratung“ sorgt für ein Ergebnis von 30310 Einträgen.

45 Das Begriffspaar „psychosoziale Beratung“ umfasst hier die Seelsorge, da es im Kontext dieser Arbeit auf die Ausdifferenzierung nicht ankommt.

46 Skripte sind ein Begriff der Kognitionspsychologie und bezeichnen ein Handlungsschema.

47 Die Veränderung auf dem „Beratungsmarkt“ werden hier bewusst ausgelassen.

48 Zum Teil wird in der Literatur noch von Quartärmedien geschrieben, welche allerdings eine Erweiterung des klassischen Medienbegriffs beinhalten.

49 Synonym: Medienkonvergenz.

50 Mit der exemplarischen Nennung ist keinesfalls eine Empfehlung verbunden, da die technischen Maßnahmen zum Schutz persönlicher Daten sich deutlich unterscheiden können.

51 Fraas et al. (2012: 19) unterscheiden one-to-few und one-to-many. Diese Unterscheidung wird hier nicht aufgegriffen, da es in dieser Thesis nicht von Bedeutung ist, ob „few“ oder „many“ die eine Seite der Kommunikation stellen. Der Fokus liegt auf der Konstellation one-to-one.

52 Da ausschließlich bildbasierte Beratung der Verfasserin nicht bekannt ist, wird diese hier bewusst ausgelassen, auch wenn sie beispielsweise für taubstumme Menschen denkbar wäre.

53 Es darf davon ausgegangen werden, dass es im persönlichen Gespräch auch keine 100 % Sicherheit hinsichtlich der Vertraulichkeit gibt; jedoch scheinen die Eingriffsmöglichkeiten Dritter leichter kontrollierbar.

54 Hierfür genügt im Grunde die Frage, ob es bei der gewünschten Beratung gesundheitliche Einschränkungen hinsichtlich der Berufsausübung zu berücksichtigen sind.

55 In den Interviews wurde oft die Gutachteneröffnung als ungeeignet für die Videoberatung eingestuft.

Ende der Leseprobe aus 146 Seiten

Details

Titel
Personenzentrierte Beratung im 21. Jahrhundert. Onlineberatung im Blended Counseling
Hochschule
Hochschule der Bundesagentur für Arbeit - Mannheim/Schwerin
Note
1,1
Autor
Jahr
2021
Seiten
146
Katalognummer
V1150684
ISBN (eBook)
9783346538017
ISBN (Buch)
9783346538024
Sprache
Deutsch
Schlagworte
personenzentrierte, beratung, jahrhundert, onlineberatung, blended, counseling
Arbeit zitieren
Jessica Tschunko (Autor:in), 2021, Personenzentrierte Beratung im 21. Jahrhundert. Onlineberatung im Blended Counseling, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1150684

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