Revisionen katholischer Sexualmoral. Homosexualität


Hausarbeit, 2021

13 Seiten

Elisa M. (Autor:in)


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einstieg:

2. Die Position der katholischen Kirche
2.1 Theologische Grundidee von Sexualität
2.2 Die Bibel und die Thematik der Homosexualität
2.3 Eine kritische Betrachtung

3. Betrachtung anthropologischer Voraussetzungen

Fazit

Literatur

1. Einstieg

Das ‚Phänomen‘ der Homosexualität, der Umgang und die Beurteilung mit ihr werden in der Öffentlichkeit aber auch innerkirchlich heftig und kontrovers diskutiert. Das römische Lehramt hat sich in den letzten 40 Jahren mehrfach zu Homosexualität geäußert. Die beiden Autoren Breitsameter und Goertz beschreiben in ihrem Buch ‚Vom Vorrang der Liebe‘, wie die katholische Kirche, wie das Lehramt und einzelne Theologen auf Entwicklungen ihrer Zeit eingehen und verdeutlichen die Problematik der gegenwärtigen katholischen Sexualmoral. So setzen sich die Autoren mit innovativen Argumenten auseinander, setzen Akzente, die zum Nachdenken und Argumentieren hinsichtlich der katholischen Moraltheologie anregen. Der Umgang mit homosexuellen Prägungen ist hinsichtlich einer gesellschaftlichen Wandlungserscheinung zu einer besonderen Herausforderung geworden. Demnach wird der Wunsch, nach einer Änderung der katholischen Lehraussage, innerhalb dieser Arbeit anhand der Thematik Homosexualität weiter durchleuchtet.

Hetero- und Homosexualität sind nicht zwei völlig voneinander isolierte nebeneinanderstehende Erscheinungen. Sie sind einzig verschiedene Ausprägungen einer im Menschen innewohnende Kraft und jene Sexualität ist ein Faktor, der das Leben eines jeden Menschen maßgeblich beeinflusst. Im Folgenden werden anthropologische und theologische Überlegungen von ethischer bzw. moralischer Relevanz diskutiert.

Die These lautet wie folgt: Liebe ganz gleich welcher sexuellen Orientierung kann nichts schlechtes bzw. sündhaftes sein.

Es gilt zunächst die Begrifflichkeiten der Liebe bzw. der Liebesbeziehung und Homosexualität zu klären und zu definieren.Der Begriff Homosexualität setzt sich etymologisch aus dem griechischen Adjektiv ὁμός (homós), „gleich, gleichartig“ und dem lateinischen Substantiv sexus, das sowohl das männliche wie auch weibliche Geschlecht zusammenfasst. Der Wandel von der Bewertung der Homosexualität von einem medizinisch-psychiatrischem Problem zu einer als eine natürliche Variante menschlicher Sexualität, vollzog sich zu Beginn des 20. Jahrhundert.

Homosexualität gilt demnach nicht mehr länger als Krankheit, sondern als Normvariante der sexuellen Orientierung eines Menschen.1 Nach der geltenden Lehre der katholischen Kirche sind homosexuelle Handlungen als „in sich nicht in Ordnung“2 definiert, da sie gegen das Prinzip der Untrennbarkeit von liebender sexueller Vereinigung und Fortpflanzung verstoßen. Sexualität Gleichgeschlechtlicher wird folglich als eine unter allen Umständen unsittliche Handlung beurteilt. Liebe im Allgemeinen wird als ein Begriff definiert, mit dem eine Vielzahl von Gefühlen der Zuneigung charakterisiert wird. Man unterscheidet zwischen personenbezogener Liebe zu einem Partner, die meist Sexualität miteinschließt oder zu Eltern, Freunden, Familie und anderen Menschen und die objektbezogene Liebe zur Natur, zur Freiheit und zum Eigentum u.a.3 Liebe ist also ein Gefühl, welches eine positive Beziehung indiziert, welche zudem mit physiologischen Prozessen verbunden ist. Eine Liebesbezeichnung definieren wir heutzutage als eine innige intime, leidenschaftliche Beziehung zwischen zwei gleichen und freien Personen, welches sexuelles Begehren miteinschließt.4 Im 20. Jahrhundert hat man erkannt, dass Sexualität mehrere Dimensionen hat und dass sich diese in einer Liebesgemeinschaft von Mann und Frau ausdrücken kann. Überträgt man diese auf die Homosexualität entsteht die Möglichkeit, auch diese Form der Sexualität moralisch zu respektieren und anzuerkennen hinsichtlich gleichgeschlechtlicher Liebes- und Lebensgemeinschaften.

2. Die Position der katholischen Kirche

2.1 Theologische Grundidee von Sexualität

Der in der Bibel geschriebene Schöpfungsbericht stellt das männliche und weibliche Geschlecht des Menschen deutlich heraus und demnach sind Mann und Frau die ersten Menschen auf der Erde gewesen. Deren Schöpfung legte das Fundament für die Liebe und Reproduktion. Und jene Reproduktion wurde von der katholischen Kirche als Grundlage gegen die gleichgeschlechtliche Liebe genutzt.5

Der Katechismus der Katholischen Kirche macht die Einstellung zu Homosexualität deutlich in dem geschrieben steht, dass homosexuelle Männer und Frauen die Veranlagung nicht selbst gewählt haben, sie jedoch zu Keuschheit berufen sind um sich entschieden der christlichen Vollkommenheit anzunähern.6

Im katholischen Verständnis ist die mit Sexualität verbundene Liebe nicht von dem Sakrament der Ehe zu trennen. Hinsichtlich dieser Auffassung ist jene ein Bestandteil der Schöpfungsordnung. Laut katholischer Lehre steht die Ehe als Sakrament für eine unauflösliche Verbindung zwischen Mann und Frau, welche auf die Zeugung von Nachkommen ausgerichtet ist. Als Sünde, wider der sozialen Natur, gelten u.a. Ehebruch, homosexuelle Handlungen, Selbstbefriedigung und Empfängnisverhütung.7

2.2 Die Bibel und die Thematik der Homosexualität

Im Hinblick auf den Umgang mit homosexuellen Lebenspartnerschaften stehen Christen dahingegen vor besonderen Herausforderungen, wenn der Zugang zur Beurteilung anhand biblischer Texte gesucht wird. Das Urteil gegen homosexuelle Handlungen stützt sich nach Auskunft des Katechismus auf die Heilige Schrift und die kirchliche Überlieferung.8 Hier sei zu bemerken, dass die Bibel weder im Alten noch im Neuen Testament von weiblicher Homosexualität spricht. Wenn die Bibel von Homosexualität spricht, so meint sie damit Homosexualität im weiteren Sinne; Homosexualität im engeren Sinne liegt nicht im Blickfeld bzw. ist nicht bekannt.

Der Eigenwert der Sexualität, so wie wir ihn heute kennen, war den biblischen Autoren nicht bekannt und entspricht den Kriterien einer vergangenen Welt9 und die in der Bibel verschriftlichten Passagen über homosexuelle Akte müssen in ihrem jeweiligen kulturellen und sozio-historischen Kontext betrachtet werden.

Kennzeichnend für die Bibelstellen, in welcher männliche Homosexualität bzw. männliche Sexualpraktiken thematisiert wurde, war schlussendlich die homosexuelle Praxis an und für sich und nicht die eigentliche Orientierung. Das kirchliche Lehramt sieht Sexualität im Hinblick auf die Ehe als legitim an und mit dem Verweis auf die Bibel erkennt es eine untrennbare Sinneinheit von Fruchtbarkeit und Geschlechtlichkeit.

Im Umkehrschluss bedeutet dies für den homosexuellen Akt eine unmoralische und verbotene Handlung hinsichtlich ihrer Unfruchtbarkeit und das Geschehnis außerhalb der Ehe und zudem ein Verstoß gegen die Schöpfungsordnung Gottes.

Hier sei nochmal darauf hingewiesen, dass ein Wandel dahingegen stattfand, dass die homosexuelle Neigung an sich selbst nicht schuldhaft ist und dem jeweiligen Träger mit Würde und Respekt zu begegnen ist. Es liegt also bei der Verantwortung jedes Einzelnen, dem laut kirchlichem Lehramt nur die Keuschheit bleibt.10

2.3 Eine kritische Betrachtung

Die Vorstellung von sexueller Selbstbestimmung ist eine relativ neue Entwicklung und wer diese nicht anerkennt, und auf die Thematik der sexuellen Orientierung bezogen macht das katholische Lehramt dies nicht, verstößt gegen die Menschenwürde. Das katholische Christentum steckt, wenn man es kritisch hinterfragt, historisch betrachtet zum Teil in mittelalterlichen Überzeugungen fest. Bei der Sexualität ist es demnach entscheidend, dem Naturzweck der Fortpflanzung gerecht zu werden, damals gab es die Vorstellung noch nicht, dass Sexualität im Wesentlichen als Ausdruck von Liebe menschenwürdig gelebt wird.11 Also gilt nach wie vor die einmal definierte sexualethische Norm, wonach der Naturzweck der Reproduktion faktisch der Sinngebung von Sexualität übergeordnet ist. Von dieser Tradition und dieser Vorstellung scheint man sich bis heute noch nicht wirklich gelöst zu haben. Sowohl die Tradition als auch diese Lehrmeinung zeigt den fehlenden Respekt der Lebenswirklichkeit und Erfahrungen Homosexueller gegenüber. Es wird damit signalisiert, dass man die Beziehungen bzw. ihre Liebesbeziehungen nicht ernst nimmt.

Festzuhalten ist dennoch, dass sich die katholische Kirche seit Jahrzehnten gegen Diskriminierung und gegen Kriminalisierung ausspricht. Jedoch handelt es sich auch um Diskriminierung, wenn nur Heterosexuellen zugestanden wird, ihre Sexualität verantwortlich zu leben und von Homosexuellen erwartet wird, dass sie ausschließlich enthaltsam zu leben haben.

Es fällt auf, dass eine Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse hinsichtlich der Bedeutung der Sexualität für den Einzelnen, ganz gleich welcher sexueller Orientierung, auch über die Natur der Homosexualität keinen Einklang gefunden hat.

Die Problematik des Versuches aus einer irgendwie definierten Wesensnatur des Menschen Normen abzuleiten birgt eine doppelte Problematik, da zum einen eben diese Natur gar nicht eindeutig zu benennen ist und zum anderen die Freiheit des Menschen mit der Fixierung auf normative Naturvorgaben aus dem Blick gerät. Besonders moralische Fragen zur Freiheit des Menschen werden durch das Ableiten von Normen aus der Natur vor eine große Herausforderung gestellt. Die Konsequenz der Vorstellung eines Gottes, der von den Menschen einen Lebensvollzug nach den Vorgaben der Natur verlangt besteht darin, dass jener die Freiheit der Menschen und ihre Personenwürde nicht achten würde. Geht man jedoch von einem Gott aus, der eben diese Freiheit und diese Würde achtet, dann müssen gerade Freiheit und Würde als zentrale und entscheidende Achsen einer moraltheologischen Würdigung homosexueller Liebe und homosexueller Partnerschaften gesehen werden. Das sich eine homosexuelle Liebe nicht in Nachkommen auszeichnen kann, bedeutet jedoch nicht, dass sie unehrlich, schlecht, sündhaft oder gar weniger wert ist als die Liebe in heterosexuellen Partnerschaften. So lange die Liebe Raum für Offenheit, Partnerschaft, Solidarität, Beständigkeit und Respekt für seinen Gegenüber offeriert -wie kann diese Liebe als schlecht und sündhaft definiert werden? Eine vom christlichen Gedankengut geprägte Anthropologie geht davon aus, dass der Mensch zweigeschlechtlich von Gott geschaffen wurde und das dieser nach Gottes Willen in der zweigeschlechtlichen Liebe und Hingabe, wie sie sich in der ehelichen Liebe und Treue vollzieht, seine Erfüllung zu finden vermag.12

3. Betrachtung anthropologischer Voraussetzungen

Die Liebe ist ein Gefühl, welche i.d.R. nicht dirigiert werden kann. Immanuel Kant schreibt in der Tugendlehre von „Die Metaphysik der Sitten“ (1797): „Liebe ist eine Sache der Empfindung, nicht des Wollens, und ich kann nicht lieben weil ich will, noch weniger aber weil ich soll (zur Liebe genötigt werden); mithin ist eine Pflicht zu lieben ein Unding“13. Nach Kant besitzt die Würde Vorrang vor allen anderen Werten, sie gilt also als absoluter Wert und somit als nicht austauschbar. Für Kant macht erst die Autonomie, verstanden als die Fähigkeit, moralische Gesetze zu postulieren und diesen auch zu folgen, den Menschen zum Zweck an sich. Die Autonomie leitet sich also insofern in der Freiheit des Menschen ab, als dass dem selbst gewählten und sich selbst auferlegten Gesetz folgt, welches aus der ihm als Vernunftwesen gegebenen Vernunft resultiert. Im Sinne moderner philosophischer Auffassung, bezogen auf die Tradition von Kant, beruht Würde auf der gleichen Freiheit eines jeden Menschen; also Freiheitswürde und nicht Wesenswürde. Wenn man von Würde spricht, so meint man das Wesen des Menschen, jenes, was den Menschen zum Menschen macht und daher unantastbar ist. Denn solange der Mensch existiert, besitzt er Würde. Zum Anderen wird die Würde aber auch als ein zu schützendes Gut bezeichnet, welches unantastbar sein soll. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Mensch diese Würde unter keinen Umständen verlieren kann und auch was zu schützen die Grundaufgabe allen ethischen-, moralischen- politischen Handelns ist.

[...]


1 Breitsameter & Goertz, Vom Vorrang der Liebe, 2020, 103 f.

2 Ebd., 99.

3 Vgl. Bertelsmann Neues Lexikon in 10 Bänden, 64.

4 Vgl. Breitsameter & Goertz, 64.

5 Vgl. Müller, Größer als alles aber ist die Liebe. Für einen ganzheitlichen Blick auf Homosexualität, 2009, 54.

6 Katechismus der Katholischen Kirche, 2358.

7 Breitsameter & Goertz, 20.

8 Vgl. Ebd., 99.

9 Ebd.

10 Godde, Homosexualität zwischen Biologie und kirchlichem Lehramt, 2006, 304.

11 Breitsameter & Goertz, 97f.

12 Gründel, Aktuelle Themen der Moraltheologie, 1971, 84.

13 Kant, Metaphysische Anfangsgründe der Tugendlehre, 20173, 35.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Revisionen katholischer Sexualmoral. Homosexualität
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München
Autor
Jahr
2021
Seiten
13
Katalognummer
V1150888
ISBN (eBook)
9783346541055
ISBN (Buch)
9783346541062
Sprache
Deutsch
Schlagworte
revisionen, sexualmoral, homosexualität, Katholische Religion
Arbeit zitieren
Elisa M. (Autor:in), 2021, Revisionen katholischer Sexualmoral. Homosexualität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1150888

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