Die Elektrotechnische Firma J. Einstein u. Cie in München - 1876-1894


Doktorarbeit / Dissertation, 1996

213 Seiten, Note: befriedigend


Leseprobe


1 Einleitung

Die Entdeckung und Nutzbarmachung einer neuen Technikart, die dazu noch zu einem bedeutenden eigenständigen Wirtschaftszweig wird, führt früher oder später zwangsläufig zu einer Beschreibung ihrer Entstehungsgeschichte. Dies gilt selbstverständlich auch für die Elektrotechnik.

Die Geburtsstunde dieser Branche wurde zunächst durch die Biographien ihrer großen Pioniere skizziert, so zum Beispiel durch die „Lebenserinnerungen“ von Werner von Siemens, die 1893 erschienen. Die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichten der großen Firmen, die sich auf dem deutschen und dem Weltmarkt durchsetzen konnten, wurden mit Akribie recherchiert. Dies ging zwangsläufig mit der Beschreibung des Umfeldes, also der gesamten Branche, einher.

So entstanden nach und nach die Firmengeschichten der Siemens AG, der AEG oder der BBC. Dagegen gerieten kleinere Firmen, die wenig erfolgreich waren oder von den Großen der Branche geschluckt wurden, schnell wieder in Vergessenheit. Es sei nur an die Kölner Helios oder die Firma Kummer aus Dresden erinnert.

Noch weniger oder gar keine Beachtung fanden bisher die kleinen mittelständischen Unternehmen, die ebenso ihren Teil zu der Entwicklungsgeschichte dieser neuen Technikform beigetragen haben, und deren heute nicht mehr so bekannte Forscher und Firmengründer versuchten, dem Beispiel Werner von Siemens´ zu folgen.

Denn zu Beginn der neuen Ära standen die meisten der Pioniere vor den gleichen Problemen. Eine sehr aussagekräftige Beschreibung dieser Epoche finden wir bei Heinrich Voigt, dem Mitinhaber der Firma Staudt&Voigt:

„Und so war es für viele damals der einzige Gedanke, der sie Tag und Nacht verfolgte, auch eine Dynamomaschine bauen zu können, gerade wie jetzt für die Erfindertätigkeit der jungen Leute das Flugzeug oder die Funkentelegraphie im Mittelpunkt des Interesses steht. Welcher Unterschied aber zwischen damals und heute! Während für die letztgenannten Probleme Literatur in Hülle und Fülle vorliegt, Material gegen Geld für alle Ansprüche zu haben ist, standen die Dynamo-Autodidakten gewissermaßen mit völlig leeren Händen da. Kaum, da[ß] man umsponnenen Kupferdraht kaufen konnte. Man wußte aber wenig oder nichts über Leitfähigkeit, und Widerstandsmessungen konnten die wenigsten machen, weil gerade diejenigen, die sich an das Problem heranwagten, nur Mechaniker und keine Physiker waren, die selbst, wenn sie ein Siemensches Torsionsgalvanometer gehabt hätten, kaum etwas damit anfangen konnten. Andere, leicht zu handhabende und direkte Ablesung ermöglichende Instrumente gab es aber noch nicht. Es hieß also probieren, und da haperte es schon bei den einfachsten Sachen, den Hilfsmaterialien. Womit sollte man die Kollektorlamellen gegenseitig isolieren, wenn man sie nicht mit Luftzwischenraum auf Holzzylindern aufschrauben wollte, von denen sie so gerne abflogen? Wie konnte man gelötete Drahtverbindungen im Inneren von Spulen oder an Abzweigungsstellen wieder gut isolieren? Isolierband im heutigen Sinne gab es noch nicht; man half sich mit Baumwollband, das an einem Wachsklumpen eingeschmiert wurde; so klebte es wenigstens. Und so war es mit allem. Überall mußte Pfadfinderarbeit geleistet werden, und wenn dann ein solches Wunderwerk wirklich soweit fertig war und nicht beim ersten Anlauf zu Schaden kam, sondern Strom gab, dann wußte man wieder nicht, wieviel es war; denn Strom- und Spannungsmesser gab es ja auch noch nicht; man war aber stolz und zufrieden, wenn man zwischen zwei Kohlespitzen einen Lichtbogen erzielte, was auch nur gelang, wenn zufällig eine genügende Spannung erzeugt werden konnte. War das nicht der Fall, dann mußte eben von vorn angefangen werden; wo aber den Hebel ansetzen?“[1]

Hier wurde viel Detailarbeit gerade von den kleinen und mittleren Unternehmen geleistet, später natürlich erst recht von den entstehenden Spezialfirmen, die wesentlich zu Vereinfachungen und zur Vereinheitlichung beitrugen.

Auch die Elektrotechnische Fabrik J.Einstein&Cie, die in der Zeit zwischen 1885 und 1894 in München ansässig war, trug ihren Teil zur Verbreitung der Elektrizität in Süddeutschland bei. Sie wurde 1876 ursprünglich als „Fabrik für Wasserförderungen und Centralheizung“ gegründet. Spätestens seit dem Jahre 1882 befaßte sie sich auch mit der Elektrotechnik. Ein Beispiel, wie es vielfach in dieser Zeit zu finden ist. Die vorliegende Firmengeschichte soll einen Überblick über die „Morgenröte“ der Elektrotechnik in Bayern vermitteln und gleichzeitig einen Teil des Umfeldes skizzieren, in dem Albert Einstein bis zu seinem 15ten Lebensjahr aufwuchs.

2 Abgrenzung des Themas

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der „Elektrotechnischen Firma J.Einstein&Cie“, die in der Zeit zwischen 1876 und 1894 in München unter verschiedenen Firmennamen und Adressen ansässig war. In der Hauptsache handelt es sich hierbei um eine Firmengeschichte, die gleichzeitig ein Bild des Milieu zeichnet, in dem Albert Einstein seine Jugendjahre verbrachte. In diesem Zusammenhang werden Weg und Untergang einer Firma beleuchtet, die vom enormen Aufschwung der Elektrotechnik zu Ende des 19. Jahrhunderts profitierte und anfangs auf der Welle des Erfolges mitschwimmen konnte, schließlich aber, wie so viele andere auch, in dem sich schnell wandelnden Umfeld nicht überleben konnte.

Der Ansatz zu dieser Arbeit liegt schwerpunktmäßig auf dem Gebiet der Elektrotechnik, jedoch sollen die Umgebungsbedingungen, sofern sie ermittelt werden konnten, nicht außer acht gelassen werden.

Zwar war die Firma außer in Bayern, auch im Ausland -und hier besonders in Italien- tätig, diese Geschäfte werden jedoch nur erwähnt, sofern sie auch von Deutschland aus bewertbar sind. Eine genaue Betrachtung dieser Aktivitäten hätte den Rahmen der Arbeit gesprengt und soll daher hier nicht weiter in Erwägung gezogen werden. Dasselbe gilt für den weiteren Geschäftsverlauf nach der Umsiedlung nach Italien.

Die kleineren Geschäfte, z.B. mit einzelnen Generatoren oder sonstigen Installationen, können aufgrund der Quellenlage nicht in ihrer Vollständigkeit wiedergegeben werden. Ebenso die Geschäfte der frühen Jahre vor 1882, also vor dem Jahr, in dem die Firma das erste Mal in Verbindung mit der Elektrotechnik gebracht werden kann. Gesicherte Erkenntnisse über den Geschäftsverlauf liegen erst ab 1885 vor, dem Jahr, in dem das neue Fabrikgebäude in der Adlzreiterstrasse 14 bezogen werden konnte.

Dem umwälzenden technischen Wandel der damaligen Zeit und der damit verbundenen großtechnischen Nutzung und Verbreitung der Elektrizität werden einige Kapitel gewidmet. Hierbei wird deutlich wie stark die Firmen dem Zwang unterworfen waren, ständig auf dem neuesten Stand der Technik zu sein, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Um dieser Anforderung gerecht zu werden, bedurfte es außer der entsprechenden Liquidität auch der ständigen Schulung von Mitarbeitern und Entwicklern. Zu solchen Schulungsinstitutionen können auch Fachvereine zählen, die durch Vorträge und Exkursionen ständig ein Bild vom aktuellen Stand der Technik geben.

Die Internationalen Messen -hier speziell München und Frankfurt- waren gute Spiegel für den Entwicklungsstand der Branche. Ihnen wird ein angemessener Platz in dieser Arbeit eingeräumt.

Einer der Schwerpunkte der Arbeit liegt in der Beschreibung der projektierten sowie der tatsächlich installierten Anlagen. Dies hat zwei Gründe: Zum einen war die Einrichtung einer elektrischen Straßenbeleuchtung in einer Stadt oder Gemeinde zum damaligen Zeitpunkt sicherlich die anspruchsvollste Aufgabe auf dem Gebiet der „Starkstromtechnik“.Zum zweiten ist davon auszugehen, daß die Dokumentation bei solchen Großprojekten noch eher erhalten ist als bei kleineren Privatinstallationen. Da viele kleine Beleuchtungsanlagen von privaten Auftraggebern initiiert wurden -auch solche, die später in die öffentliche Hand übergingen-, ist es gut möglich, daß etliche dieser kleinen Anlagen im gesamten Königreich Bayern von den Einsteins eingerichtet wurden. Jedoch ist hier die Quellenlage sehr schlecht. Es sind nur mehr die direkt von den Gemeinden angeforderten Angebote als Schriftstücke noch erhalten.

Somit kann insgesamt nur ein unvollständiges Bild der Firma J.Einstein&Cie wiedergegeben werden, und sicher bleiben manche Fragen unbeantwortet. Wesentliche Veränderungen im Bild der „Münchner Zeit“ durch neu auftauchende Dokumente erscheinen jedoch unwahrscheinlich.

3 Quellenlage

Die Quellenlage muß für die vorliegende Arbeit in zwei Abschnitte untergliedert werden:

In den allgemeinen Teil, in dem die Umgebungsbedingungen wiedergegeben werden, und in den firmenspezifischen Teil, in dem Besonderheiten und Einzelprojekte behandelt werden. Eine exakte Trennung zwischen den beiden Bereichen ist jedoch nicht immer möglich.

Da schon viel über die Geschichte der Elektrotechnik geforscht und veröffentlicht wurde, liegt recht umfangreiches Material zu diesem Gebiet vor. Sowohl Einzelschriften, als auch die teilweise noch gut erhaltene Fachliteratur der Zeit vermitteln ein übersichtliches Bild der damaligen Entwicklung. Stellvertretend für viele andere Werke werden nur Hoppe, „Die Geschichte der Elektrizität“, Urbanitzky, „Die Elektrizität im Dienste der Menschheit“ und Dettmar mit seiner umfassenden Geschichte der Elektrotechnik genannt. Sein Werk „Die Entwicklung der Starkstromtechnik in Deutschland“ ist in zwei Bände unterteilt, die die Entwicklungen in Deutschland technisch dokumentieren.

Viele Hinweise finden sich ebenso in Fachzeitschriften wie z.B. dem „Centralblatt für Elektrotechnik“, welches von Friedrich Uppenborn in München herausgegeben wurde und ab 1890 mit der „Elektrotechnischen Zeitschrift“ verschmolz. Diese Zeitschrift ist insofern von besonderer Bedeutung, da sie auch kleinere Ereignisse aus Bayern und insbesondere aus München berichtet. Uppenborn war außerdem bis Ende 1889 Leiter der Elektrotechnischen Versuchsstation, einer Unterabteilung des Polytechnischen Vereins in München. Glücklicherweise sind auch von anderen technischen Vereinen Zeitschriften herausgegeben worden, stellvertretend sei hier der VDI genannt, der ebenfalls über nationale sowie lokale Ereignisse berichtete.

Festschriften und die Erinnerungen einzelner führender Persönlichkeiten sind sowohl für den allgemeinen Teil, als auch für den speziellen herangezogen worden. Eine Unterscheidung ist hier nicht immer einfach, als Beispiel können die „Erinnerungen an die internationale Elektrizitätsausstellung in München“ von Oskar von Miller dienen.

Das damalige deutsche Zentrum für Elektrotechnik war eindeutig Berlin mit seinen beiden Großfirmen Siemens&Halske und der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft. Im süddeutschen Raum rangierte München aber eindeutig an erster Stelle, spätestens seit Oskar von Miller 1882 dort die erste deutsche Elektrizitäts-Ausstellung organisierte. Mit der Firma Schuckert&Co in Nürnberg wuchs langsam eine ernstzunehmende Konkurrenz für die beiden Berliner Großfirmen heran. Aus diesem Grund wurden zahlreiche Quellen aus den Archiven des süddeutschen Raums, und hier insbesondere des Königreichs Bayern, untersucht.

Entwicklung und Einsatz elektrotechnischer Anwendungen beschränkten sich im untersuchten Zeitraum natürlich nicht auf das Deutsche Reich. Die Erforschung von Quellen in anderen betroffenen Staaten wurde für dieses spezielle Vorhaben jedoch unterlassen, da sie den Rahmen der Arbeit sprengen würde. Im speziellen Teil dieser Arbeit wird gegebenenfalls auf ausländische Literatur verwiesen, aber nur dort, wo sie direkt mit den deutschen Aktivitäten der Firma in Zusammenhang steht.

Um die Einzelaktivitäten der Firma beleuchten zu können, war es notwendig, zunächst die Sekundärliteratur auszuwerten. Besonders die „Einstein Edition“ und verschiedene Biographien, wie zum Beispiel die von Hermann und Peynson, erleichterten den Einstieg in die Thematik. Zeitzeugen konnten verständlicherweise keine mehr ermittelt werden. Einige interessante Hinweise zu der Firma und ihren Projekten ergaben sich aus einer unveröffentlichten -und somit auch bisher unbekannten- Biographie eines ehemaligen Mitarbeiters der Einsteins. Die lokale Tagespresse, also z.B. die „Münchner Neusten Nachrichten“, gaben ebenfalls so manchen wertvollen Hinweis, der ausgewertet werden konnte. Schließlich konnten die Archive der Stadt München, in denen sich besonders zu Großprojekten (den Beleuchtungsanlagen Schwabings und Münchens) eine gut erhaltene Dokumentation befindet, einbezogen werden. Schwieriger war es dagegen, die Aktivitäten der Firma im Königreich Bayern außerhalb der Residenzstadt nachzuvollziehen. Eine schriftliche Umfrage unter 130 bayerischen Städten und Gemeinden förderte lediglich sieben weitere Angebote für elektrische Beleuchtungsanlagen zu Tage. Aller Wahrscheinlichkeit nach war die Firma wesentlich rühriger, als es dargestellt werden kann, jedoch sind in den vergangenen 100 Jahren viele strukturelle Neuordnungen in den Archiven durchgeführt worden. Häufig wird Desinteresse und manchmal auch Vorsatz, besonders in der Zeit zwischen 1933 und 1945, als Grund für die geringe Datendichte gelten können. Sofern sich die Firma an größeren Veranstaltungen, also Ausstellungen oder staatlichen Ereignissen (z.B. die Centenarfeier 1888) beteiligt hat, konnten aus den Messekatalogen bzw. der Berichterstattung in der lokalen Presse weitere Erkenntnisse gewonnen werden.

Die Firmenarchive der AEG und von Siemens waren leider nicht ergiebig. Die AEG hat zwar 1894 den Kundenstamm der Firma J.Einstein&Cie übernommen und aller Wahrscheinlichkeit nach war die Firma auch Lizenznehmer für Dynamomaschinen. Leider wurde das Firmenarchiv der AEG aber während des Zweiten Weltkrieges zerstört und die erhaltenen Teile sind in der ehemaligen DDR zerstreut worden. Das Archiv der Firma Siemens AG ist zwar vollständiger erhalten geblieben. Hier war jedoch die Erschließung des Materials aufgrund der für dieses Vorhaben zu groben Katalogisierung sehr schwierig.

Auch bei den staatlichen Archiven erlauben kriegsbedingte Verluste keine vollständige Dokumentation der Ereignisse und Fakten. Bis heute konnte z.B. die Handelsregisternummer der Firma nicht in Erfahrung gebracht werden.

Erschwerend kommt außerdem der Umzug der Firma 1894 nach Italien hinzu, bei dem sicher viele wichtige Dokumente mitgenommen wurden und viele davon im Verlauf der Jahre verlorengegangen sind. Andere verwendete Quellen, wie z.B. die Sondersammlung des Polytechnischen Vereins im Deutschen Museum, werden an der entsprechenden Textstelle erwähnt.

4 Die Elektrotechnik in Deutschland in der Zeit zwischen 1875 und 1895

4.1 Eine Einführung

Die Elektrotechnik, ein Begriff, der auf Werner von Siemens zurückgeht, konnte sich erst nach den grundlegenden Entdeckungen von Oerstedt, Faraday, Maxwell und schließlich Siemens zu einer eigenständigen Industrie entwickeln. Standen zunächst die Galvano-Technik und die Nachrichtenübermittlung im Vordergrund -bereits Gauß und Weber hatten erkannt, daß sich mittels der Elektrizität schnell und effektiv Signale übermitteln ließen-, entwickelte sich nach der Entdeckung des „dynamo-elektrischen Prinzips“ eine neue Anwendung: Die Nutzbarmachung der umgewandelten mechanischen Energie für Beleuchtung und für motorische Zwecke.

Je nach Anwendung unterscheidet man in Schwachstrom- und Starkstromtechnik, wobei die Stärke des zum Betriebe benötigten Stromes das Unterscheidungskriterium darstellt. Natürlich sind die Gruppen nicht immer streng zu trennen, jedoch soll der vorliegende Überblick sich vornehmlich mit der Starkstromtechnik und -Industrie befassen. Zur Abrundung des Bildes sollen trotzdem einige statistische Daten aus der Schwachstromtechnik vorangestellt werden.

Die größte deutsche elektrotechnische Firma war lange Zeit unangefochten Siemens&Halske, die sich zunächst, nach der Erfindung der Gutta-Percha-Presse durch Werner von Siemens, naturgemäß nur mit der Schwachstromtechnik befaßte. In der Zeit zwischen 1850 und 1870 erhöhte sich die Zahl der verlegten Telegraphen-Leitungs-km von ca. 4000 km auf weit über 50000 km allein in Preußen, und die Telegrafenämter nahmen von 40 auf ca. 1200 zu. Dennoch beschäftigte die Firma Siemens&Halske bis 1870 keine 600 Mitarbeiter, war also trotz des Aufschwungs dieser Branche immer noch ein kleines bis mittleres Unternehmen. Insgesamt zählte die Statistik 1875 im deutschen Reich 81 Firmen mit 1157 Arbeitern und Angestellten. Davon entfielen über 80% auf Preußen, der Rest verteilte sich auf Württemberg, Bayern und Elsaß-Lothringen.

Erst mit der Entwicklung der Starkstromtechnik war es möglich geworden, den Produktionsprozeß direkt zu unterstützen. Anfänglich geschah dies durch die elektrische Beleuchtung, die unabhängig von Tag und Nacht, von Petroleum und Gas machte. Sehr bald erfolgte diese Unterstützung in Form präziser Hilfe von Elektromotoren, besonders im Kleingewerbe und Handwerk. Große Firmen wie Krupp oder Borsig konnten sich Betriebsdampfmaschinen leisten und so immerhin durch Transmissionen Bohrwerke oder Drehbänke antreiben. In kleinen Betrieben fehlten aber häufig das Kapital und der Platz für eine solche Anschaffung.

Die elektrische Beleuchtung mit den dafür notwendigen Artikeln war der erste Schwerpunkt der Starkstromfabrikation: Bogen- und Glühlampen wurden schnell zu Industrieartikeln. Bald war man auch in der Lage, beide Lampenarten mit einer gemeinsamen Dynamomaschine zu betreiben. Bereits 1882 zählte man im Reichsgebiet 169 Betriebe in diesem Industriezweig. (Jedoch nur 40 davon beschäftigten mehr als 5 Personen!) So konnten sich langsam neben Siemens&Halske weitere elektrotechnische Großfirmen etablieren. Bereits 1873 hatte Sigmund Schuckert in Nürnberg Schuckert&Co gegründet, und 1883 rief Emil Rathenau die Deutsche-Edisongesellschaft, die spätere Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft, ins Leben.

Bereits 1881 hatte Edison in Paris ein Modell einer modernen Straßenbeleuchtung mit einer Kraftzentrale gezeigt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten fanden, ausgehend von Berlin, immer mehr Städte Gefallen daran, eine elektrische Beleuchtung für öffentliche Zwecke einzurichten. Zwar besaßen größere Städte in der Regel eigene Gaswerke, oder es bestanden durch Verträge zumindest langfristige Bindungen an solche, aber es wurde auch zu einer Frage des Prestiges, eine solche „elektrische“ Anlage zu betreiben. So entstanden, ausgehend von den Einzelanlagen, die nur ein Gebäude mit Strom versorgten, zunächst immer mehr Blockwerke -hier werden ganze Häuserblöcke mit Strom beliefert, ohne jedoch öffentliche Wege und Straßen zu kreuzen- und schließlich Zentralanlagen, die ein ganzes Versorgungsgebiet bedienten.

Eine statistische Auswertung einer Städtebefragung mit 81 Teilnehmern ergab, daß sich die Zahl der Einzelanlagen in der Zeit zwischen 1885 und 1894 von 286 Betrieben mit 1248 Bogen- und 14614 Glühlampen auf 1663 Betriebe mit 14992 Bogen- und 320478 Glühlampen erhöhte. Besonders deutlich fällt die starke Zunahme der Glühlampen auf, deren Zahl um den Faktor 22 wuchs.

Durch die stetige Verbreitung immer neuer Anlagen wurde der Wettbewerb unter den Konkurrenten immer härter. Neue Großgesellschaften entstanden, die bereits vorhandenen konzentrierten immer mehr Kapital auf sich, um ihre Stellung behaupten zu können. Es entstand das sogenannte Unternehmer Geschäft. Mit den ersten Versuchen, eine elektrische Straßenbahn großflächig einzusetzen, war die AEG die erste Firma, die diese neue Form des Geschäfts praktizierte:

Die AEG übernahm den in städtischem Besitz befindlichen Pachtvertrag der Pferdebahn und baute diese auf eigene Kosten auf elektrischen Betrieb um. Nachdem alle technischen Schwierigkeiten behoben waren und die Anlage rentabel lief, konnte sie wieder veräußert werden. Dieses Unternehmer-Geschäft wurde bald auch von anderen Firmen praktiziert und konnte natürlich auch bei Großprojekten in anderen Bereichen angewandt werden. Voraussetzung war allerdings eine ausreichende Kapitaldecke des Unternehmens.

Zunächst zielten die Elektrofirmen darauf, örtliche Elektrizitätswerke zu errichten. Nachdem 1891 auf der Frankfurter Internationalen Elektrizitätsausstellung das erste Mal eine Kraftübertragung über die Distanz von 175 km gelungen war, konnten große Versorgungsgebiete von einem Kraftwerk bedient werden. Dies war jedoch mit entsprechend hohem Kapitalbedarf verbunden. Um den Finanzmittelbedarf zu decken, gründeten einige der großen Elektrizitätsgesellschaften unternehmenseigene Banken. Dabei kam es teilweise zu Fehlspekulationen, die zum Zusammenbruch einiger Unternehmen und schließlich auch in die Krise der Elektrotechnik um die Jahrhundertwende führten. Andere Gesellschaften nahmen diesen hohen Kapitalbedarf zum Anlaß, auf die Rechtsform der Aktiengesellschaft umzufirmieren, um sich so das notwendige Eigenkapital zu verschaffen. So stand den sechs Aktiengesellschaften im Jahre 1895 nur eine AG im Jahre 1883 gegenüber. Diese Versechsfachung ist erstaunlich, denn die Gesetzgebung, die die Zulassungskriterien für diese Gesellschaftsform regelte, war hart. Um einen Größenvergleich zu erhalten, wird das durschnittliche Eigenkapital der Aktiengesellschaften angegeben. Es lag immerhin bei ca. 11.000.000,- Mark.

Die Entwicklung der Elektrizitätsbranche im ausklingenden 19. Jahrhundert läßt sich anhand folgender Vergleichszahlen beeindruckend schildern: Waren 1888 im Deutschen Reich 15 Elektrizitätswerke in Betrieb, so waren es 1895 bereits rund 200. In diesem Jahr beschäftigten 1326 Betriebe aus der Elektroindustrie bereits 26321 Personen. Knapp die Hälfte der Arbeiter und Angestellten arbeiteten bei 15 Firmen. An diesen Zahlen läßt sich gut erkennen, wie weit die Konzentration in diesem Bereich bereits war.

Natürlich weitete sich in dieser Zeit auch die Produktion entsprechend aus. So wurden 1891 bereits 2,3 Millionen Glühlampen produziert, obwohl die Deutsche Edison- Gesellschaft erst 1883 gegründet wurde und zunächst ein reines Installationsbüro war. Fast die Hälfte der Fertigung wurde zu dieser Zeit von der AEG produziert. 1887 betrug die gesamte Jahresproduktion 300000 Glühlampen. Diesen standen 28000 Bogenlampen gegenüber, die vor allem von Siemens&Halske, Schuckert&Co, der AEG und Körting&Matthiesen hergestellt wurden.

Für den Bereich der Dynamos liegen Zahlen aus dem Unternehmen Siemens&Halske vor. Von einer Dynamoreihe mit einer Leistung von maximal 5 kW wurden 1877 genau 91 Stück verkauft, 1879 waren es bereits 351 Stück.

Schuckert&Co stellte bis 1879 insgesamt nur 109 Dynamomaschinen her, im Geschäftsjahr 1885/ 86 waren es dann 500 und in der Periode 1893/ 94 sogar 1157 Stück.

Mit dem steigenden Ausstoß an Waren änderten sich die Produktionsmethoden zwangsläufig. Fertigte man anfänglich in ein und derselben Werkstatt Schwach­strom- und Starkstromprodukte nebeneinander und dies zudem noch nach hand­werklichen Methoden, so mußten wegen der schnell wachsenden Nachfrage inno­vative Produktionsprozesse entwickelt werden. Deshalb stellten Mitte der 80er Jahre viele Betriebe auf die Massenfabrikation um. Durch diese arbeitsteilige Fa­brikation wuchs der Kapitalbedarf der einzelnen Firmen rapide, da teure Spezial­maschinen beschafft werden mußten. Ferner wurde durch die starke Produktions­zunahme und durch die große Vielfalt an Produktvarianten eine große Lagerhal­tung an Halbzeugen erforderlich. In den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts be­schränkte sich die Produktion der starkstromtechnischen Produkte im wesentlichen auf Dynamos. Mit Beginn der 90er Jahre bauten die einzelnen Firmen ihre Sorti­mente deutlich aus. Hinzu kamen Turbinen, Motoren, Beleuchtungskörper, Kraft­werke, elektrische Transporteinrichtungen, Förderanlagen und Industrieausrüstun­gen aller Art. Gleichzeitig wurde der Produktionsfaktor Arbeit billiger, da man aufgrund der arbeitsteiligen Massenproduktion nur noch Maschinenarbeiter benö­tigte, die weniger Lohn erhielten als die bisher beschäftigten Mechaniker.

Zwangsläufig bildeten sich Spezialfabriken, die nicht mehr das ganze Gebiet der Elektrotechnik bedienten, sondern sich auf einzelne Produkte, z.B. Kabel, Siche­rungen oder auch Meßgeräte beschränkten. Diese Firmen waren in der Regel sehr wettbewerbsfähig, da sie einen viel kleineren Verwaltungsapparat hatten als die Großindustrie.

Die Herstellung elektrotechnischer Produkte war, wie bereits weiter oben angeris­sen, nur ein Schwerpunkt der elektrotechnischen Großfirmen. Ein weiteres Tätigkeitsgebiet waren Lieferung und Installation kompletter Beleuchtungs- bzw. Kraftanlagen, wofür besondere Ausführungsorgane benötigt wurden. Diese Installationsabteilungen, die mit der Kundschaft in engstem, stetigem Kontakt stehen mußten, konnten nicht -wie die eigentlichen Produktionsstätten- an einem festen Standort sein, sondern sie mußten planmäßig über das gesamte Land verteilt werden. Daher wurden früh an allen wichtig erscheinenden Plätzen Niederlassungen, sogenannte Technische Büros, gegründet. Diese Niederlassungen bezogen wiederum vom Stammhaus Maschinen und Materialien, waren sonst aber wirtschaftlich eigenverantwortlich.

Für allgemeine Verkaufsartikel wie Telephone oder Glühlampen wurde ein eigenes dichtes Händlernetz aufgebaut, welches die Aufgabe hatte, schnell die Neu- und Ersatzteilbedürfnisse zu befriedigen.

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4.2 Die öffentliche Elektrizitätsversorgung in Bayern

Kohle und Wasser sind die Grundvoraussetzungen für die Elektrizitätserzeugung. Lange hatte dabei die Kohle den Hauptanteil der Bedarfsdeckung zu tragen. Im Königreich Bayern waren jedoch keine Kohlevorkommen bekannt. Daher mußte sie aus den linksrheinischen Gebieten oder aus Sachsen und Schlesien herangeschafft werden. Dies verteuerte den Kohle- und damit natürlich auch den Strompreis entsprechend.

Wasser dagegen war im Königreich ausreichend vorhanden, allerdings mußte es zur Stromgewinnung nutzbar gemacht werden. Durch die Erfindung der Turbine war der Technik das Mittel gegeben, die Naturgewalt Wasser auch für die Krafterzeugung nutzbar zu machen. Zwei Voraussetzungen mußten jedoch erfüllt sein. Erstens benötigte man ausreichend große Wassermassen und zweitens mußte ein entsprechendes Gefälle vorhanden sein.

Einen Nachteil hatte aber auch diese Art der Kraftgewinnung. Um nicht bei längeren Trockenheitsperioden plötzlich ohne Antrieb dazustehen, mußten Speicher, also Staubecken, vorhanden sein. Diese zu bauen kostete zunächst einmal viel Geld.

Erst mit der großtechnischen Anwendbarkeit des Wechselstromes war es möglich, die großen Wasserkräfte dort nutzbar zu machen, wo der Hauptbedarf lag. Bis zu diesem Zeitpunkt konnten immer nur einzelne Gemeinden von der eigenen Wasserkraft profitieren. Die anderen waren auf Dampfmaschinen oder auf Gas angewiesen.

Entsprechend früh wurden in Bayern die Wasserkräfte ausgebaut. Zwar hatten damals noch Private die großen elektrischen Zentralen eingerichtet, jedoch wurden die Verhandlungen von der bayrischen Verwaltung so geschickt geführt, daß Monopole ausgeschlossen waren. In jedem Fall übernahmen die Gemeinden früher oder später die einzelnen Kraftzentralen. Dabei kam es auch darauf an, ob kommunale Gaswerke existierten. So konnten sich dann nach und nach größere Stromverbunde bilden, die in Bayern eine flächendeckende Stromversorgung ermöglichten.

Zunächst empfahl die bayrische Regierung den Zusammenschluß einer oder mehrerer Gemeinden und die gemeinsame Vergabe ihrer Hausinstallationen aufgrund eines öffentlichen Ausschreibens. Damit sollte versteckten Monopolen in den ländlichen Gegenden vorgebeugt werden.

Später hat man den so entstandenen Zentralen ein begrenztes Versorgungsgebiet zugewiesen, so daß ein Schutz gegen den Wettbewerb gegeben war. Gleichzeitig mußte das Stromversorgungsunternehmen aber seine Leitungen über Staatsgebiet führen, so konnte man die Strompreise unter Kontrolle halten. Auf diese Weise bildeten sich bis ca. 1925 zehn regionale Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die sich über das gesamte rechtsrheinische Gebiet verteilten. In den 40 Jahren von den Anfängen bis zum flächendeckenden Stromverbund kamen und gingen viele elektrotechnische Unternehmen. Die nachfolgenden Kapitel sollen hierüber einen Überblick vermitteln.

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4.3 Die Elektrotechnik in München

4.3.1 Der Arbeitsplatz München

München ist in erster Linie als Kunst- und Kulturstadt bekannt. Dieser Ruf wird nach wie vor gepflegt, jedoch gab es seit je her Handwerk und Industrie. Als Residenzstadt war es natürlich in hervorgehobener Rolle, jedoch mußten die Mittel dafür erst einmal erwirtschaftet werden. Nach 1871 trat eine beachtliche wirtschaftliche Entfaltung der Stadt und damit auch ein rasches Wachstum von Gewerbe und Industrie ein. Dieses wirtschaftliche Entwicklungstempo spiegelte sich unter anderem in stetem Wachstum der Bevölkerung wieder. Immerhin waren 1882 bereits etwa 45% der Bevölkerung im produzierenden Gewerbe tätig.

Weshalb die industrielle Seite Münchens in der sogenannten Prinzregentenzeit so wenig ins Bewußtsein der Öffentlichkeit drang, hing mit dem bewußt regulierten äußeren Erscheinungsbild der Stadt zusammen. Das Stadtpanorama zeigte neben den Brauereikaminen im Westen und Osten nur wenige, verstreute Fabrikschornsteine, die das von Kuppeln und Türmen geprägte Bild der Altstadt aber nicht beeinträchtigten. Von Anfang an hatte das von natürlichen Bodenschätzen abgeschnittene München auf die von Oskar von Miller propagierte elektrische Kraft gesetzt, ein Umstand, der die Ruß- und Rauchbelästigung der Stadt zusätzlich in Grenzen hielt. Das Münchner Stadtbauamt tat ein Übriges, indem es entsprechend restriktive Maßnahmen verhängte.

Eine weitere Eigentümlichkeit der Münchner Industrie waren mittelständische Unternehmen, die weniger durch eigene Fabrikgebäude als durch in Wohnstraßen integrierte (meist durch Hinterhöfe erreichbare) Produktionsstätten in Erscheinung traten. Nicht Schwerindustrie, sieht man einmal von Firmen wie Maffei oder Landes ab, sondern vielmehr ein breit gefächertes Angebot kleiner und kleinster Veredelungsindustrien bestimmte das wirtschaftliche Bild der Stadt.

Im Jahr 1882 hatte München erst neun Betriebe mit mehr als 200 Beschäftigten, 1885 waren es bereits 38 und 1907 schließlich 66.

Maßgebend für die Außenwirkung der Münchner Wirtschaft waren viele, recht unterschiedlich strukturierte Industriezweige. Als älteste Großindustrie und bedeutendstes Exportgewerbe ist hier zunächst die Bierbrauerei zu nennen. Auch das graphische Gewerbe erlebte einen ähnlichen Aufstieg. Überhaupt lag der Schwerpunkt in den Qualitätsindustrien. Durch die Herstellung von Präzisionsinstrumenten und -maschinen, von Möbeln, von feinen Textilprodukten, Stein-, Ton-, Porzellan- und Glaswaren, von Leder-, Papier- und Gummiartikeln verfügte München über ein breites Angebot hochrangiger Waren, wobei der Charakter der Kunststadt auch die Ästhetik vieler Industrieerzeugnisse nachhaltig beeinflußte. Dieses Phänomen war dem beispiellosen Standard des Münchner Kunstgewerbes zu verdanken, das in seiner Bedeutung die hohe Kunst der akademischen Maler und Bildhauer längst überflügelt hatte. Als ausgesprochene Kunstindustrien, also mit großgewerblicher Massenproduktion, gaben besonders die graphischen Erwerbszweige, die Verarbeitung der Metalle, der Steine, des Holzes usw. ein Beispiel für die enge Verzahnung von Münchner Wirtschafts- und Kulturleben. Wie ein Sauerteig durchdringt es, nach fast allen Richtungen treibend, die Industrie, die in ihren Erzeugnissen Kunst, edle Form und Geschmack gut zu entfalten gewußt hat.

Wie im ganzen Reich änderte sich auch in München ab den 80er Jahren das Erwerbsleben. Natürlich betraf das in erster Hinsicht die gewerblich-industriellen Berufe, weniger dagegen die Beamten.

Das Erwerbsleben der Mittel- und Unterschichten orientierte sich immer weniger an der herkömmlichen Identität von Lebensstil und Arbeitsrythmus. Die den Maschinen angepaßte moderne Arbeitsteilung verhinderte die Überschaubarkeit aller Arbeitsvorgänge und die Identifikation des Werkmanns mit seiner Arbeit. In vielen Branchen waren tägliche Arbeitszeiten von 11 bis 12 Stunden durchaus üblich, häufig wurde zudem die Arbeitszeit durch angeordnete Mehrarbeit nach oben geschraubt.

Die fortschreitende Industrialisierung weitete den Arbeitsmarkt zwar beträchtlich aus, doch belasteten die starken Konjunkturschwankungen die Arbeitsverhältnisse natürlich auch mit einem Unsicherheitsfaktor. Das Gespenst der Arbeitslosigkeit trat in das Leben der Erwerbstätigen. So entstanden die Arbeitsämter mit der Aufgabe, Stellen zu vermitteln und so den sozialen Frieden zu sichern. Trotzdem kam es immer wieder zu Arbeitskämpfen, wenn auch nicht im selben Umfang wie in der Montanindustrie des Ruhrgebietes oder anderen Wirtschaftszentren. [14]

4.3.2 Ausgewählte Münchner elektrotechnische Firmen und Büros

„Um das Jahr 1880 glänzte am Himmel eigentlich nur ein elektrischer Stern, das war die Firma Siemens&Halske in Berlin. Der Ruhm, der den Namen ihres Gründers umstrahlte, war so groß, daß kaum jemand daran dachte, es könne daneben noch andere geben, die ähnlich hohem Ziele zustrebten.“[1]

Dennoch meldeten sich zur ersten deutschen Internationalen Elektrizitäts-Ausstellung in München im Jahre 1882 viele andere, unter anderem auch in München ansässige Firmen an. Siemens&Halske selbst nahm nicht an der Ausstellung teil, sondern war nur durch ihren Vertreter, die Firma Riedinger aus Augsburg, vor Ort vertreten. Dieses Unternehmen war damals der Meinung, daß eine solche Ausstellung nichts bringe und eine Teilnahme daher nur Zeit- und Geldverschwendung sei.

Viele andere Firmen des In- und Auslandes, die in der aufstrebenden Elektrizitätsbranche tätig waren, teilten diese Meinung nicht. Die bedeutendste deutsche Firma, die ihre Teilnahme zusagte, war zweifellos Schuckert&Co aus Nürnberg. Daneben waren aus München die Firmen J.Einstein&Cie, Schönemann sowie Zettler mit Dynamos, Glühlampen und Apparaten vertreten. Die Werkstätten von Dr. Edelmann zeigten wissenschaftliche Instrumente. Alle anderen Aussteller kamen jedoch aus dem übrigen Reichsgebiet bzw. dem Ausland. Nach dem Erfolg der Ausstellung wuchs das öffentliche Interesse an elektrischer Beleuchtung und so wurden weitere Firmen auf diesem Gebiet gegründet, zum Beispiel die Firma Wachter&Moorstadt.

Bereits 1883 hatte die Firma Schuckert&Co einen eigenen Vertreter für München, nämlich Gustav Teufel in der Heßstraße 8a. [15]

Die Firma Schuckert&Co war es auch, die sich in München zuerst für eine elektrische Straßenbeleuchtung stark machte. So sollten im Jahre 1884 Beleuchtungsversuche rund um den Marienplatz stattfinden, und speziell hierfür wollte die Firma eine Filiale in München einrichten. Allerdings scheiterte das Vorhaben am Einspruch der Gasbeleuchtungsgesellschaft. Dennoch wurden immer mehr Privathaushalte und Firmen mit elektrischer Beleuchtung ausgestattet. Aufgrund dieses Wachstums richtete auch die Deutsche Edison-Gesellschaft, die Vorgängerin der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft, noch im gleichen Jahr ein Büro am Kosttor ein. Diese DEG rüstete ebenfalls im selben Jahr die königlichen Theater in München mit elektrischen Beleuchtungsanlagen aus, die sich hervorragend bewährten. In München entwickelte sich so, neben Berlin, langsam das zweite deutsche Zentrum der Elektrotechnik. Zu Beginn des Jahres 1885 versuchte daher die Deutsche Edison-Gesellschaft, ähnlich wie in Berlin, Zentralstationen für die Stromversorgung einzurichten. Dies gelang allerdings erst im Jahr 1886, dem Jahr, in dem auch die aufsehenerregende elektrische Beleuchtungsanlage im Kriegsministerialgebäude von Schuckert&Co eingerichtet wurde.

Gleichzeitig richtete diese Firma nun doch ihr eigenes Büro am Maximiliansplatz ein. Die Tatsache, daß sich im selben Jahr noch drei weitere elektrotechnische Firmen in München angesiedelt haben, läßt den Schluß zu, daß die Nachfrage nach der neuen Beleuchtungsart stetig zugenommen haben muß.

Aus der Fachliteratur -und hier hauptsächlich dem „Centralblatt für Elektrotechnik“, welches von Friedrich Uppenborn, dem früheren Chefkonstrukteur von Schuckert, herausgegeben wurde- läßt sich entnehmen, daß die meisten elektrischen Beleuchtungsanlagen in München von den drei Firmen J.Einstein&Cie, Schuckert&Co und der Deutschen Edison-Gesellschaft ausgeführt wurden. Siemens&Halske trat zwar in München kaum in Erscheinung, wurde jedoch im restlichen Königreich Bayern häufig mit der Installation solcher Anlagen betraut. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte man der Firma in München die Absage an der Elektrizitäts-Austellung 1882 noch nicht vergessen. So kam es, daß die Weltfirma Siemens&Halske erst Mitte 1890 ein technisches Büro in der Galleriestraße einrichtete. Der Umsatz des Büros stieg von 1.346,50 Mark im ersten Geschäftsjahr auf 86.567,- Mark im Geschäftsjahr 1892/ 93. Hieran läßt sich leicht erkennen, welches Potential die Branche in sich barg.

Bis zu diesem Jahr waren noch sechs weitere Wettbewerber hinzugekommen, so daß in München 15 Firmen oder Büros existierten, die sich mit elektrischer Beleuchtung befaßten. Bei den lukrativen Großaufträgen traten meistens die vier Firmen J.Einstein&Cie, Schuckert&Co, Siemens&Halske und die nun umfirmierte Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft als Konkurrenten auf. Die technischen Stärken waren dabei einigermaßen gleich verteilt. Entsprechend den Erkenntnissen der Zeit setzten alle vier Firmen auf das Gleichstromsystem. Obwohl Schuckert&Co bei der Auftragsvergabe für die Münchner Straßenbeleuchtung damit warb, eine bayrische Firma zu sein, läßt sich nicht erkennen, daß sich die Investoren bei der Vergabe dieses und anderer Aufträge von Lokalpatriotismus leiten ließen. In der Regel standen bei der Auftragsvergabe die Konditionen im Vordergrund. Im angeführten Fall der Münchner Straßenbeleuchtung bemühten sich wiederum die oben genannten vier Firmen um den Auftrag, und Schuckert&Co erhielten tatsächlich den Zuschlag. Eine detaillierte Darstellung dieses Projektes erfolgt in Kapitel 8.5.

Die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft errichtete 1889/ 1890 das erste kommunale Wechselstromkraftwerk des gesamten Deutschen Reiches in Reichenhall. Damit gelang es dieser Firma, eine gewisse Vormachtstellung in dieser Technik einzunehmen, und diese gab sie vorerst nicht mehr ab. Oskar von Miller hatte zwischenzeitlich ein eigenes Ingenieurbüro in München, aber es bestanden durch seine frühere Tätigkeit als technischer Direktor bei dieser Gesellschaft enge Beziehungen. Als er 1891 als technischer Direktor der Frankfurter Elektrizitäts-Ausstellung die erste Drehstromübertragung von Lauffen am Neckar nach Frankfurt am Main organisierte, kam deshalb nur diese Firma bei Vergabe des Installationsauftrages in Frage.

Interessanterweise eröffneten andere große deutsche Elektrotechnische Firmen wie Lahmayer aus Aachen, Kummer&Co aus Dresden oder Helios aus Köln keine Büros in München und es konnten auch keine Vertreter dieser Firmen festgestellt werden.

Bis zum Jahr 1893 siedelten sich insgesamt 23 Firmen in München an, die sich mit elektrischer Beleuchtung und elektrischer Kraftübertragung beschäftigten. Hiervon erscheinen die Firmen Maschinenfabrik Oerlikon, Gebr. Naglo aus Berlin und die Süddeutsche Elektrizitätsgesellschaft namentlich erwähnenswert.

All diese 23 Firmen bewarben sich nun um die lukrativen Großaufträge und drückten, sofern sie sich nicht auf Sonderprodukte oder bestimmte Baugruppen spezialisiert hatten, die Preise. Alle größeren Fabriken in München waren zu diesem Zeitpunkt bereits mit einer elektrischen Beleuchtungsanlage versehen. Der Absatzmarkt wurde dadurch enger und somit war es für die kleineren Betriebe zunehmend schwieriger, gegen die großen kapitalkräftigen Firmen zu bestehen. Schuckert&Co hatte unter diesem Druck am 1. April 1893 die Gesellschaftsform geändert und firmierte nun Elektrizitäts Aktiengesellschaft vorm. Schuckert&Co. Die gedrückten Preise und der enorme Kapitalbedarf zur Finanzierung von Unternehmungen forderten ihren Tribut. So schnell wie die einzelnen Büros und Firmen entstanden, verschwanden sie auch wieder von der Bildfläche. Entweder wurden sie von den großen Gesellschaften übernommen, oder sie wurden mangels Kapital zur Geschäftsaufgabe gezwungen. J.Einstein&Cie schlossen ihre Fabriktore in München im Jahre 1894 und zogen nach Italien um, da ihre Inhaber dort bessere Geschäftsbedingungen erwarteten. Dies war kein Einzelschicksal in der beginnenden Krise der deutschen Elektrotechnik.

4.4 Der Stand des Beleuchtungswesens und der Telephonie im Jahre1880

In den Jahren 1825 und 1826 führte Johann Friedrich Knoblauch in Frankfurt am Main die ersten größeren Versuche zur Gasfabrikation durch. Das Verfahren dazu hatte er bei Geschäftsreisen in England und Frankreich kennengelernt. So entstand im Jahre 1827 die erste Gasfabrik in Süddeutschland, in der Gas zu Beleuchtungszwecken hergestellt wurde. Damals bereitete man in Frankfurt noch sogenanntes Ölgas zu, während man in Dresden bereits das wesentlich günstigere Steinkohlegas herstellte. Nach einem Zwischenschritt über das Harzgas kam man auch in Frankfurt aufgrund der sich ständig verbessernden Infrastruktur zum Gebrauch der Steinkohle. Im Jahre 1845 wurde von englischen Geschäftsleuten in Frankfurt eine Konkurrenzgasanstalt errichtet, und die Anwendung der Steinkohlegasbeleuchtung verbreitete sich rasch über ganz Deutschland.

In den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde Petroleum als neues Beleuchtungsmittel aus den USA eingeführt. Lampen und Brenner wurden fortlaufend verbessert, und somit versprach der günstige Preis dieses Brennstoffes eine wirtschaftliche Beleuchtung.

Durch die Entwicklung neuer Verfahren wurde es möglich, die in Deutschland in großen Mengen verfügbare und vor allem leicht abbaubare Braunkohle zu nutzen. Außer Mineralöl (damals Gasöl genannt) konnte man daraus ein Leuchtgas gewinnen, welches eine hohe Leuchtkraft besaß und billig in der Herstellung war. [16]

Der Lichtbogen, von dem Davy in den Philosophic Transactions 1821 berichtete, unterscheidet sich von früheren ähnlichen Versuchen durch seine Stärke und Kontinuität. Dennoch war mit der damaligen verfügbaren Qualität der Kohlestifte und vor allem den Zink-Kupfer-Kochsalz Elementen, welche zur Stromerzeugung benutzt wurden, nicht an einen großtechnischen Einsatz zu denken.

Erst durch Faradays Entdeckung der galvanischen und magnetischen Induktion wurden die Grundlagen für weitere Entwicklungen gelegt. Fortan war man nicht mehr auf die kostspieligen, in der Handhabung umständlichen Batterien angewiesen. Nachdem durch das Daniellesche Element und noch mehr durch die Entwicklungen von Grove und Bunsen 1840 die Voraussetzungen für starke Stromerzeugung geschaffen waren, nahm das allgemeine Interesse am Lichtbogen wieder zu. Bereits 1863 wurde der Leuchtturm La Hève bei Le Havre mit einer Lichtbogenanlage ausgerüstet [17]

Bei der Produktion der Kohlestifte folgten in den nächsten Jahren ebenfalls viele Verbesserungen. Zunächst wurde die bisher verwendete Holzkohle durch die sogenannte Retortenkohle ersetzt, welche aus den in Gaserzeugungsretorten anfallenden Rückständen gewonnen wurde.

Edward Staite fand bereits im Jahre 1846 ein Verfahren, nach welchem die Kohle für die Kohlestifte bis zum Ende des 19. Jahrhunderts hergestellt wurden. Er mahlte Koks zu einem ganz feinen Pulver, mischte dasselbe mit ein wenig Sirup, knetete den Teig und komprimierte die Masse in Formen. Die so erhaltene Kohle wurde geglüht und in einer konzentrierten Zuckerlösung abgekühlt, um dann erneut geglüht zu werden. In den folgenden Jahren tauchten immer neue Patente auf, die aber prinzipiell kein neues Verfahren beschrieben.

Die zweite Schwierigkeit bestand darin, daß die Kohlestifte abbrannten und folglich ständig nachgestellt werden mußten. Bei Davy´s Versuchen wurden die Kohlenspitzen noch von Hand nachgestellt.

Der Widerstand der beiden senkrecht zueinander stehenden stromdurchflossenen Kohlestäbe ist dann am geringsten, wenn der Abstand zwischen den Spitzen gleich Null ist. Entfernen sich beide Kohlespitzen voneinander, wächst der Widerstand an. Er würde durch den Abbrand der Kohle immer größer werden, bis endlich der Lichtbogen zusammenbräche.

Marcel Deprez führte 1850 ausführliche Versuche über den Lichtbogen durch.

Der Lichtbogen kann nur entstehen, solange der Strom stark genug ist, die Kohleteilchen konstant zu überströmen. Dabei ist die Länge des Lichtbogens nicht direkt proportional zur Stromstärke. Außerdem ist die Länge des Lichtbogens begrenzt. Daraus folgt zwingend, daß zum befriedigenden Lampenbetrieb diese Lichtbogengrenzlänge nicht überschritten werden darf. Staite versuchte, das Problem des sich wegen des Abbrands vergrößernden Kohleabstandes dadurch zu lösen, daß ein Regulator mittels Federkraft die zwei Kohlespitzen nachstellte. Da jedoch der positive Kohlestift etwa doppelt so schnell abbrennt wie der negative, befriedigte diese Lösung keinesfalls. Erst Archerau stellte den ersten brauchbaren Apparat her, mit dem dieses Handicap vermieden wurde. Das Prinzip beruht auf elektromagnetischer Induktion eines bewegten Leiters in einer Spule. Durch die Konstruktion ist gewährleistet, daß sich der Strom selbst reguliert und dadurch der Abstand zwischen den Kohlespitzen konstant bleibt. Spätere Regulatoren unterschieden sich vom Archeauschen Apparat nur in folgender Weise: Sie ließen beide Kohlestifte beweglich, und die Abstandsregulierung erfolgte mittels eines Uhrwerkes, welches durch einen vom Strom durchflossenen Elektromagneten gesteuert wurde. Der von dem Siemens-Mitarbeiter Friedrich von Hefner-Alteneck erfundene Regulator arbeitete sehr präzise und fand daher weite Verbreitung.

An Einfachheit übertroffen werden diese Regulatoren durch die sogenannten Kerzen, welche ursprünglich jedes Mechanismuses entbehrten. Jablochkoff stellte die beiden Kohlestifte parallel zueinander auf und füllte den Zwischenraum mit Gips. Der zwischen den Enden der Kohle übergehende Lichtbogen schmolz den Gips sukzessive und so konnte die Kerze gleichmäßig herabbrennen. In Paris wurde 1878 mittels dieser Jablochkoffschen Kerzen die Avenue de l`Opéra beleuchtet, was sich aber auf Dauer als zu teuer für die Stadtkasse erwies.

Die bisher beschriebenen Lampen hatten alle den Nachteil gegenseitiger Beeinflussung bei Schaltung mehrerer Lampen in einen Stromkreis. Im schlimmsten Fall, bei vollständigem Versagen eines Elementes, brach die gesamte Lichterkette zusammen. Solange die Aufgabe, mehrere Lampen ohne nennenswerte gegenseitige Beeinflussung von einer Stromquelle zu speisen, nicht gelöst war, konnte an eine billige Alternative zur Gasbeleuchtung mittels einer elektrischen Beleuchtung nicht gedacht werden. So verwendete man bis dahin die elektrische Beleuchtung nur auf Leuchttürmen, zu besonderen öffentlichen Anlässen wie Festen oder auch zu militärischen Zwecken, wie z.B. bei der Belagerung von Paris 1870/71.

Das Problem wurde durch die sogenannte Differentiallampe von Siemens und Hefner-Alteneck gelöst. Statt der bislang verwendeten mechanischen Feder nahmen diese einen zweiten Elektromagneten zu Hilfe, dessen Kraft von der Lichtbogenspannung abhängig war. Das System war im Gleichgewicht, sobald sich beide Magnetkräfte ausbalancierten, sich also ein bestimmtes Verhältnis zwischen Lichtbogenspannung und Stromstärke einstellte. Die Lampe wurde dadurch unabhängig von den übrigen Vorgängen im Stromkreis. Das Problem der Teilung des elektrischen Lichtes war somit gelöst. Ein erster öffentlicher Versuch hierzu wurde 1879 in Berlin erfolgreich unternommen. [2;18]

Eine zweite Möglichkeit zur Erzeugung des elektrischen Lichtes besteht darin, einen Leiter zum Glühen zu bringen, ihn aber nicht wie bei der Bogenlampe zu verbrennen. Sowohl Draht wie auch Kohlestäbchen wurden hierfür in einem möglichst evakuierten Glasgefäss durch einen entsprechend starken Strom zur Weißglut gebracht. Der verwendete Platindraht schmolz jedoch zu schnell, und die Retortenkohle enthielt zuviel gebundenen Sauerstoff, so daß sie verbrannte. Viele Versuche, zunächst mit Iridium, welches einen höheren Schmelzpunkt hat als Platin, später wieder mit Retortenkohle, brachten nicht den gewünschten Erfolg. Erst Thomas Alva Edison gelang es 1879, mit aus Kartonpapier gewonnener Papierkohle, eine wesentlich längere Brenndauern der Glühlampen zu erreichen. Dennoch setzte sich während des Gebrauchs einer solchen Glühlampe schwarzer Kohlenstaub auf der Glaswand ab.

Joseph Swan in Newcastle verwendete Baumwollgarn als Glühfaden, welches er mit Schwefelsäure und Wasser behandelte und anschließend karbonisierte. Hierfür wurde der Baumwollfaden zu einer einmal gewundenen Schleife umgelegt und deren Enden mit den Stromzuleitern verbunden. Daraufhin wurde die Behandlung mit der Säure vorgenommen. Nach dem anschließenden Glühprozess wurde eine Glasglocke über den Bügel gestülpt. Diese wurde evakuiert und verschlossen. Die Swan-Lampe zeichnete sich durch einen sehr geringen Leitungswiderstand aus und erreichte bei der Verwendung von nicht allzu hohen Strömen für damalige Verhältnisse hohe Standzeiten. [2;18;19]

Neben den bereits oben erwähnten Elementen zur Stromerzeugung von Grove und Bunsen gab es bereits relativ früh andere Möglichkeiten, den zum Betrieb der Lampen erforderlichen Strom bereitzustellen. So gingen die Erfinder nach der Entdeckung der Induktion durch Faraday gleich daran, „Maschinen zur Erzeugung von elektrischen Strömen“ zu entwickeln. Pixii in Paris konstruierte 1832 einen Apparat, der als die erste elektrische Maschine bezeichnet werden kann.

Er verwendete dazu ein U-förmig gebogenes Eisen, um dessen Schenkel je eine Drahtspule gewickelt war. Dem gegenüber befand sich ein möglichst starker Permanentmagnet, welcher sich um seine Mittelachse drehte. Während einer Umdrehung bewegten sich so die beiden Pole des Hufeisenmagneten von ihrer Ausgangslage in einer Kreisbahn an den beiden Enden des U-Trägers und damit an den beiden Spulen vorbei, in ihre ursprüngliche Lage zurück. Durch die Bewegung des Magneten wurde in den Spulen eine Spannung induziert. (Nach Maxwell kommt die Induktionspannung dadurch zustande, daß jedes sich räumlich oder zeitlich ändernde Magnetfeld von ringförmigen elektrischen Feldlinien begleitet wird, die vorhandene Leitungselektronen in Bewegung setzen.) Die Spulenleiter wurden zu einem Stromkreis geschlossen und man erhielt einen der Spannung entsprechenden Strom. Da man mit jeder halben Umdrehung des Magneten eine Änderung der Stromrichtung in den Spulen erhielt, sprach man von einem Wechselstrom.

1836 wurde diese Maschine durch Clarke und Saxton verbessert. Sie ließen nun die Spulen anstatt des Magneten rotieren. Dadurch war es möglich, wesentlich größere Magnete zum Einsatz zu bringen, sofern der Strom von den sich drehenden Spulen abggegriffen werden konnte. Dies erreichten sie durch zwei auf der Achse isoliert befestigte Schleifringe, auf denen feststehende Kontaktfedern, die sogenannten Bürsten, schleiften, die den Strom verfügbar machten.

In der damaligen Zeit waren Wechselströme jedoch nicht so wichtig wie starke, konstante Gleichströme, so z.B. zu galvanoplastischen Zwecken. Ziel mußte es also sein, die vorhandenen Wechselströme in Gleichströme umzuwandeln. Gelöst wurde die Aufgabe durch den sogenannten Kommutator, den Stromwender. Hierfür wurden die oben erwähnten Schleifringe geteilt und so angebracht, daß die Bürsten in dem Augenblick, in welchem sich die Stromrichtung ändert, auch den Schleifring wechseln.

Ein großer Fortschritt wurde durch die Anwendung des Doppel-T-Ankers durch Werner Siemens im Jahre 1856 erreicht.

Die nächste außerordentliche Verbesserung rührte von Pacinotti her, der einen Ringanker benutzte. Die geschlossene Wicklung und der vierteilige Kommutator stellten besonders große Fortschritte dar, weil nun ein konstanter Gleichstrom erzielt wurde und nicht, wie bisher, ein pulsierender.

Eine bahnbrechende Erfindung wurde Ende 1866 durch Werner Siemens und fast gleichzeitig durch Wheatstone in England gemacht: Dieses sogenannte dynamoelektrische Prinzip beruht auf der Erkenntnis, daß die Maschine ihren Elektromagneten selbst speist und daß zur Einleitung der Selbsterregung der überall vorhandene remanente Magnetismus genügt.

Im Jahre 1868 verband Gramme das Siemens´sche dynamoelektrische Prinzip und den Ringanker von Pacinotti. Die konstruktiven Vorzüge dieser Maschine setzten sich schnell durch, nun ließ sich durch den vierteiligen Kommutator vor allem richtiger Gleichstrom erzeugen. Der Nachteil dieser Konstruktion lag in der schlechten Ausnutzung der Ankerwicklung, denn es wurde nur in einem kleinen Teil davon ein Strom induziert.

Bei dem von Hefener-Alteneck 1872 geschaffenen Trommelanker war dieser Mangel beseitigt, jedoch war die Wärmeentwicklung so groß, daß teure Abhilfemaßnahmen (Kühlung) notwendig wurden.

Die elektrische Beleuchtung wurde hauptsächlich auf Leuchttürmen, bei militärischen Operationen und Taucherarbeiten eingesetzt. Vielfachen Einsatz fand sie auch in Fabriken, in denen die Feuergefahr zu verringern war, so z.B. in Webereien oder Buchdruckereien. Ebenso bewährte sich das elektrische Licht in Theatern und als Bahnhofsbeleuchtung, z.B. in Elberfeld. Als besondere Vorzüge stellte man damals die Feuersicherheit, die Farbechtheit seines Lichtes und die Verbrennung ohne Verschlechterung oder Erwärmung der Umgebungsluft heraus. [20]

Friedrich Uppenborn vertrat in einem Vortrag über das elektrische Licht vor dem Hannoverschen Bezirksverein des VDI im Jahre 1879 noch die Meinung: „Sicher ist die elektrische Beleuchtung nicht danach angetan, das Gas als Beleuchtungsmittel vollständig zu verdrängen, wohl aber können Räume, welche viel Licht bedürfen, wenn sie nur den dispositionellen Anforderungen entsprechen, bedeutend billiger, gefahrloser und angenehmer mit elektrischem Licht beleuchtet werden als mit Gas.“[21]

Auch Werner von Siemens äußerte sich noch im Jahre 1878 ähnlich. An eine allgemeine Verwendung des elektrischen Lichtes, z.B. auch für Straßenbeleuchtungen, anstelle des Gaslichtes sei vorerst nicht zu denken, sondern jede Art der Beleuchtung beherrsche ein ihr vorzugsweise geeignetes Gebiet. [17]

Dennoch war es gerade die Firma Siemens&Halske, die eingehende Experimente mit der neuen Beleuchtung auf öffentlichen Plätzen und Straßen durchführte. So beleuchtete man bereits 1879 mit 12 „Differentiallampen“ die sogenannte Kaiserpassage in Berlin und bald darauf einige Berliner Bahnhöfe. Im Herbst des gleichen Jahres unternahm man auch im Münchener Zentralbahnhof einen erfolgreichen Versuch . [2]

Wie bereits erwähnt wurde, konnte das bis dahin bestehende Problem der Teilbarkeit des elektrischen Lichtes erst mit der Erfindung dieser Differentiallampe einigermaßen zufriedenstellend gelöst werden. Nun konnte man darangehen, auch größere Beleuchtungsprojekte erfolgversprechend in Angriff zu nehmen.

Philipp Reis erkannte bereits 1860, daß Schallwellen in elektrische Ströme umgewandelt werden können, und umgekehrt diese sich auch wieder in Schallwellen zurückwandeln lassen. Das von ihm entwickelte Telephon bestand aus einer Membran, die auf ihrer Rückseite mit einem Platinplättchen verbunden war. Dieses Plättchen war durch einen weiteren Platinstreifen mit dem Pluspol einer Batterie verbunden. Über der Membran war ein winkelförmiger Steg, der eine Platinnadel trug, mit dem Gehäuse verbunden. Die Konstruktion war so ausgelegt, daß die Nadel das Platinplättchen unter der Membran gerade dann berührte, wenn sich diese in Ruhe befand. Wurde die Membran durch Schallwellen in Schwingungen versetzt, erreichte man durch den oben beschriebenen Mechanismus ein dem Ton entsprechendes Öffnen und Schließen des Stromkreises.

Der Empfänger des Telephons bestand aus einer Eisennadel, welche horizontal auf einem Resonanzkasten befestigt und von einer Drahtspule umgeben war. Durch diese wurde der Strom geleitet. Bei jedem Stromstoß, der durch die Membranschwingung hervorgerufen wurde, magnetisierte sich die Eisennadel. Bei jeder Unterbrechung verlor sie diesen Magnetismus zum Teil wieder. Durch diesen Wechsel des Magnetismus entstanden Töne, welche den in den Geber hineingesprochenen Tönen gleich waren. Zwar waren diese Töne noch nicht ausreichend für einen Telephonverkehr, wie wir ihn heute kennen, das Grundprinzip war aber gefunden.

Graham Bell entwickelte diese Idee so weiter, daß 1877 nicht nur Töne, sondern auch Sprache übermittelt werden konnten. Als Membran, welche die Schallwellen empfing und selbst mitschwang, diente eine dünne Eisenlamelle. Hinter derselben befand sich ein Magnetstab, dem die Lamelle durch die Schwingungen genähert bzw. entfernt wurde. Damit veränderte sich das Magnetfeld entsprechend. Der Magnetstab war von einer Spule umgeben und die Intensitätsschwankungen des Magnetismus induzierten darin entsprechende Ströme. Diese Ströme wurden nun zum baugleichen Empfangsapparat geleitet und versetzten dort die Eisenlamelle wiederum in Schwingungen, die vom Ohr aufgenommen werden konnten. [18;19]

4.5 Die Lage der öffentlichen Beleuchtung im Jahre 1891

In den 11 Jahren zwischen 1880 und 1891 hat die Elektrotechnik auf allen Gebieten bedeutende Fortschritte gemacht. Es sei nur an die Konstruktion eines brauchbaren Wechselstrom-Motors erinnert oder an die Entdeckung des Drehstromes. Dadurch wurde der noch im Jahre 1882 als für den täglichen Gebrauch untauglich angesehene Wechselstrom in einem völlig anderen Licht gesehen. Durch die erfolgreiche Stromübertragung von Lauffen am Neckar nach Frankfurt am Main im Jahre 1891 (siehe auch Kapitel 5.3) ergaben sich für die öffentliche Versorgung ganz neue Voraussetzungen. Im folgenden soll daher kurz auf die wesentlichen Entwicklungen dieser Epoche eingegangen werden.

Elektrische Zentralanlagen haben bis 1891 das Stadium des Experimentierens verlassen. Sie waren zu diesem Zeitpunkt sicher, einfach und kostengünstig zu betreiben.

Mit der zunehmenden Einrichtung von Zentralanlagen stieg natürlich auch die Anzahl der an sie angeschlossenen Bogen- und Glühlampen. Daher wurde es notwendig, leistungsfähigere Stromerzeuger zur Verfügung zu haben. Dieser Notwendigkeit wurde durch den Bau mehrpoliger Dynamomaschinen Rechnung getragen. Mehrpolige Dynamomaschinen unterscheiden sich von herkömmlichen durch die Anordnung mehrerer Elektromagnete um den Rotor. Abbildung 4.1 zeigt schematisch eine solche mehrpolige Dynamomaschine.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4.1: AEG-Maschine aus dem Jahr 1888

Mit zunehmender Größe der Dynamomaschinen gelang es, diese für immer höhere Spannungen zu bauen. Bereits 1887 baute Thury eine Maschine, die 1800 V Spannung abgab. Wurden diese Maschinen früher nach „Intuition“ gebaut, so zog nun der wissenschaftliche, methodische Maschinenbau in diese Domäne ein. Die Theorie der Dynamomaschinen wurde ab 1886 untersucht und ständig weiterentwickelt. Wie unsicher man noch beim Entwurf eines Dynamos war, geht aus einer Äußerung von Hefner-Altenecks hervor. Er sagte noch im Jahre 1886, daß es reine Glückssache sei, ein neues Dynamomodell zu bauen.

Brauchbare Berechnungsmethoden zur Auslegung von Dynamos wurden erst von Kapp und den Brüdern Hopkinson zur Verfügung gestellt. Hierdurch wurde es möglich, die elektromagnetischen Kräfte möglichst günstig auszunutzen. Ein an Dynamos häufig bemängelter Umstand war der, daß sie relativ hohe Umlaufgeschwindigkeiten aufwiesen, sobald höhere Leistungen erforderlich waren. Dies erhöhte den Verschleiß und machte Übersetzungen zwischen Antrieb und Dynamo erforderlich. So kam man auf die Idee, sogenannte Innenpol-Maschinen zu konstruieren, deren wesentliches Merkmal die innen liegenden Magnete waren.

Die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft verließ den geltenden Grundsatz, daß Polschuhe den Anker höchstens zu 2/3 umschließen dürften und verbanden alle Pole durch einen Eisenring. Diese Anordnung ermöglichte einen ruhigen Polwechsel im Anker und vermied so die Funkenbildung am Kollektor. [22]

Seit dem Jahr 1885 nahm die Verwendung von Transformatorendeutlich zu, was den Anstoß zur Weiterentwicklung der Wechselstrom-Maschinen gab. Tesla schuf einen brauchbaren Einphasen-Wechselstrom-Motor, der später zur Grundlage für viele Baureihen wurde.

Etwa zum Ende der 80er Jahre wurde das Mehrphasen-System gebräuchlich, welches sich zunächst dem Einphasen-System als überlegen erwies.

Friedrich August Haselwander baute 1887 einen Generator mit dreiphasiger Wicklung. Diese Maschine wurde in Freiburg im Breisgau eingesetzt und 1891 in der Frankfurter Ausstellung vorgeführt. Fast gleichzeitig befaßten sich Tesla und Bradley unabhängig voneinander mit Mehrphasen-Strömen und bauten mehrphasige Motoren bzw. Generatoren. Man war sich sofort über den Vorteil bewußt, daß man nun die Möglichkeit hatte, größere Gebiete durch die Übertragung hochgespannter (transformierter) Ströme zu versorgen.

Michael von Dolivo-Dobrowolsky arbeitete bei der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft an Akkumulatoren und Gleichstromdynamos. Er war bald so sehr vom Wechselstrom überzeugt, daß er 1889 einen ersten Versuchsmotor auf Drehstrombasis herstellte. Dies war der erste wirklich brauchbare Asynchron-Motor mit Kurzschlußanker. Bei der 1891 ausgeführten Stromübertragung von Lauffen nach Frankfurt benutzte man bereits einen 74 kW starken Asynchron-Motor zum Betrieb des künstlichen Wasserfalls auf dem Ausstellungsgelände.

Auch hinsichtlich der Verteilung des Stromes wurden große Fortschritte erzielt. Prinzipiell bestehen zwei Möglichkeiten, um Stromabnehmer zu versorgen. Entweder läßt man den Strom durch alle Verbraucher (z.B. die Glühlampen) nacheinander fließen, oder man führt jeder Lampe ihren eigenen Strom zu. Im ersten Fall spricht man von einer Hintereinander-Schaltung, im zweiten von einer Parallelschaltung. Da die Parallelschaltung am weitesten verbreitet war, soll nur auf deren Entwicklung eingegangen werden.

Der Standardtypus der elektrischen Stromverteilung bestand zunächst darin, die erzeugten Ströme von der Zentralstation aus durch sogenannte Speiseleitungen an verschiedene Punkte im Netz zu führen. Am Ende der Speiseleitungen befanden sich Verteilungskästen, die Sicherheitsschalter und natürlich Kabel und Anschlüsse für Meßinstrumente enthielten. Von diesen Kästen aus wurden die sogenannten Verteilungsleitungen weggeführt, die ihrerseits netzartig um die zu versorgenden Häuserblöcke verlegt waren. Von ihnen aus zweigten die Versorgungsleitungen zu den Konsumenten ab. Da bei dieser Art der Verteilung nur jeweils ein Hin- und ein Rückleiter verwendet wurde, sprach man von dem 2-Leitersystem. Der Vorteil des Systems lag in der Übersichtlichkeit und Einfachheit. Bei größeren Entfernungen von der Zentralstation (über 500 m) wurden jedoch die Leitungsverluste zu groß, sofern nicht Leitungen mit größeren Querschnitten, also teurere, verlegt werden. (Die bei der Fortleitung des Stromes entstehenden Verluste sind direkt proportional zur Leitfähigkeit des verwendeten Materials und zum Quadrat der Stromstärke) Aufgrund der Tatsache, daß die Glühlampen jedoch nur Spannungen von 100 V aushielten, konnte man die Spannung in der Zentralstation nicht beliebig steigern, um diesen Leitungsverlust auszugleichen.

Edison und Hopkinson erfanden daher das 3-Leitersystem. Hierbei wurden zwei Dynamos von je 100 V hintereinander geschaltet, so daß ein Strom von 200 V zu den in zwei Gruppen hintereinander geschalteten Abnehmern geleitet wurde. Die Verdoppelung der Betriebsspannung gestattete eine wesentliche Einsparung an Leitungsmaterial, so daß mit dem 3-Leitersystem ein etwa doppelt so großer Radius mit Elektrizität versorgt werden konnte als mit dem 2-Leitersystem. Und dies bei gleichen Kosten. Was das Beleuchtungsnetz und seine Ausdehnung anbelangte, so wurde im Zentrum des Beleuchtungsbezirkes ein Knotenpunkt angenommen, von dem aus sich die Verteilungsleitungen entweder strahlenförmig ausdehnten oder bei dem der Beleuchtungsbezirk von einer Ringleitung um- und durchzogen war. Das 3-Leitersystem wurde entweder direkt oder in Verbindung mit Akkumulatoren angewendet.

So wie man zwei Maschinen hintereinander schaltete, um die doppelte Spannung zu erhalten, versuchte man dies später mit drei bzw. vier Maschinen, um ein noch größeres Netz versorgen zu können. Ähnlich wie beim 3-Leitersystem durchfloß beim 5-Leitersystem die Normalspannung von 400 V vier hintereinander geschaltete Lampengruppen. Selbstverständlich konnte man auch eine Dynamomaschine mit 400 V Spannung entsprechend verwenden. Allerdings waren in solch einer Anordnung zwischen den Ausgleichsleitungen Reguliermaschinen erforderlich, die bei ungleichmäßigem Konsum für Ausgleich sorgten. Der Nachteil dieses Systems lag aber darin, daß es sehr schwierig war, vier annähernd gleiche Konsumgruppen zu schalten. Immerhin konnte man so aber auf Verteilungsradien von bis zu 1800 m gelangen.

Um den geschilderten Nachteil zu vermeiden, bzw. um noch größere Versorgungsgebiete ausreichend bedienen zu können, schaltete man mehrere Zentralen zusammen und verringerte so die Entfernung zwischen den einzelnen Verteilungspunkten. Ein weiterer Vorteil lag darin, daß in Zeiten geringen Konsums nur eine Station in Betrieb sein mußte. Die anderen Zentralen konnten als Reserve dienen.

Bei den Glühlampen lagen die wesentlichen Verbesserungen darin, daß seit 1886 die Glühbirnen mit einer Gasfüllung versehen wurden, was eine bessere Lichtausbeute zur Folge hatte. Auer von Welsbach begann Versuche mit Osmiumglühfäden, die aber erst nach 1890 befriedigende Resultate zeigten. Zum Ende der 80er Jahre war es erstmals gelungen, Glühlampen mit einer Leuchtstärke von mehr als 20 cd herzustellen. Bis dahin war der Standardwert 16 cd. Ein weiterer großer Fortschritt lag darin, daß es gelang, den Preis einer Glühbirne von anfänglich 20 Mark pro Stück auf etwa 2,50 Mark je Stück zu senken. Dies erleichterte die Verbreitung dieser Beleuchtungsart wesentlich.

Bogenlampen wurden ab 1885 auch für niedrige Stromstärken gefertigt. Die Mindestspannung betrug 35 V, die Mindeststromstärke 2 A. Auch die Gestaltung und die Anordnung der Kohlen veränderten sich. Die obere Kohle wurde dabei als Scheibe ausgebildet. Dadurch, daß die Scheibe durch eine Zahnstange geführt wurde, entstand ein sehr gleichmäßiger Abbrand.

Zu Beginn der 90er Jahre wurde bereits die Meinung vertreten, daß das Glühlicht die Bogenlampen einmal verdrängen könnte. Als Grund wurden ökonomische Gesichtspunkte angegeben sowie der Vorteil des angenehmeren und ruhigeren Lichtes der Glühlampe. Zwar konnte das Zucken der Bogenlampe fast völlig beseitigt werden, aber bei Arbeiten, die

Präzision verlangten, wurde der Beleuchtung mittels Glühlampen der Vorzug gegeben. Dies galt um so mehr, als es gelang, Glühlampen mit einer Leuchtstärke von bis zu 3000 cd herzustellen. Die Lebensdauer einer solchen Lampe veränderte sich trotz dieser gewaltigen Steigerung der Leuchtstärke nicht. Der Preis einer Glühlampe von 500 cd betrug ca. 20% des Preises einer Bogenlampe mit der gleichen Stromaufnahme. Allerdings verhielten sich auch die Beleuchtungsstärken im Verhältnis 1:2. Dadurch, daß die Glühlampe das Licht nach unten warf und keine Schatten bildete, konnte dieser Mangel jedoch ausgeglichen werden. Für öffentliche Plätze und Straßen empfahl sich zwar immer noch die Bogenlampe, aber in Fabrikgebäuden oder in sonstigen geschlossenen Räumen wurde die Glühlampe immer häufiger eingesetzt . [23]

Akkumulatoren dienen in erster Linie dazu, elektrische Kraft zu speichern und diese zu einem gewünschten Zeitpunkt wieder abzugeben, bzw. sie an einem Ort zur Verfügung zu stellen, an dem eine direkte Erzeugung nicht möglich ist. Außerdem können Akkumulatoren als Transformatoren dienen, denn sie können durch eine geeignete Schaltung Ströme von unterschiedlicher Stärke abgeben. Das Grundprinzip beruht auf der Umwandlung von elektrischer Energie in chemische, die sich speichern läßt und zum gewünschten Zeitpunkt wieder in Form von Elektrizität abgegeben werden kann.

Hierzu taucht man zwei voneinander isolierte Akkumulatorenplatten in Schwefelsäure, welche die Bleioberfläche der Platten in Bleisulfat umwandelt. Durch den Ladestrom werden einer Platte Elektronen zugeführt, und das Bleisulfat wird zu einer schwammigen Masse reduziert. Auf der negativen Platte entsteht ein sogenannter Bleischwamm, auf der positiven Bleidioxyd. Bei der Entladung läuft dieser Vorgang in der umgekehrten Reihenfolge wieder ab, und es entsteht an beiden Platten wieder Bleisulfat. Während des Lade- bzw. Entladevorganges verändert sich die Säuredichte, die als Maß für die Beendigung beider Vorgänge verwendet wird.

Akkumulatorenplatten bestanden anfänglich aus Weichblei. Diese wurden dann in Glas- bzw. Holzgefäße gestellt und durch Glasröhrchen voneinander getrennt. Durch die Aufhängung der Platten erreichte man, daß die, sich am Boden ansammelnden Masseteilchen nicht so schnell zu Störungen führten. Als nächstes konnten die Schwierigkeiten beim Verbinden der gleichpoligen Platten überwunden werden. Hierfür ist es wichtig, daß der Ladestrom stets in der richtigen Richtung durch die Zellen fließt, da sonst die Platten durch Kurzschluß zerstört werden.

Später verwendete man Gitterplatten, deren Öffnungen mit aktiver Masse gefüllt wurden. Die positiven Platten wurden mit einem Gemenge aus Schwefelsäure und Mennige, die negativen Platten mit einer Mischung aus Schwefelsäure und Bleiglätte gefüllt. Da die Füllmassen starken Volumenänderungen unterlagen, durfte der Be- und Entladevorgang nicht zu schnell vor sich gehen, sonst wären die Gitterplatten unbrauchbar geworden.

Bei der Verwendung von Akkumulatoren in elektrischen Anlagen mußte im allgemeinen die Zahl der Zellen dem jeweiligen Lade- bzw. Entladezustand angepaßt werden. Daher entwickelte die Firma Einbeck&Müller 1888 sogenannte Zellschalter. Nachdem die Akkumulatoren in den Betrieben immer mehr Verwendung fanden, zeigte sich, daß die richtige Wartung für ihre Lebensdauer von grundlegender Bedeutung war. Daher boten die Firmen Einbeck&Müller und die Akkumulatoren-Fabrik Hagen erstmalig einen Instandhaltungs-Service an.

Das Hauptverwendungsgebiet der Akkumulatoren wurden die elektrischen Anlagen zur Versorgung von Fabriken, Häuserblocks usw. sowie die öffentlichen Zentralstationen. Zunächst dienten sie als Reserve bei Störungen. Außerdem schufen sie einen Ausgleich zwischen stark und schwach belasteten Zeiten, und sie ermöglichten einen Licht- und Motorenbetrieb in den Stunden, in denen die Dynamos ruhten. Besonders große Bedeutung hatten sie bei der Ausnutzung der Wasserkräfte, einerseits wegen deren starken Schwankungen, andererseits wegen der Fähigkeit, die Energie nachts aufzuspeichern. In der öffentlichen Versorgung konnten so Spitzenbelastungen abgefangen werden, was sonst nur durch die Aufstellung weiterer Maschinen möglich gewesen wären. (Zu Beginn der Versorgung über Zentralstationen mußte z.B. bei Theateraufführungen der umliegende Block seine elektrische Beleuchtung abschalten und durfte diese erst nach Spielschluß wieder anstellen .) [19;24;25;26]

4.6 Wechselstrom versus Gleichstrom in Bayern (bis 1894)

Im Königreich Bayern kam früh der Wunsch nach elektrischer Beleuchtung auf. Für industrielle Zwecke wurde elektrisches Licht erstmals 1871 erzeugt, und zwar anläßlich des Baues einer Eisenbahnbrücke bei München über die Isar. [27]

Im Jahre 1872 sollten dann zum 400-jährigen Jubiläum der Landshuter Universität der Martinsturm und die Burg Trausnitz elektrisch beleuchtet werden. Zwar scheiterte das Unternehmen wegen schlechten Wetters, aber 1880 konnte während der 700-Jahr-Feier der Stadt dieser Versuch wiederholt werden. Diesmal war das Projekt ein überwältigender Erfolg.

Bereits 1878 installierte Schuckert&Co auf Schloß Linderhof die elektrische Beleuchtung, und viele weitere Einzelinstallationen von den verschiedensten Firmen folgten im ganzen Königreich.

Früh zeigte sich der Trend, daß ländliche Gebiete gegenüber der elektrischen Beleuchtung wesentlich aufgeschlossener waren als die großen Städte. Dies ist nicht verwunderlich, da dort der Wunsch nach elektrischem Licht aus der Unzufriedenheit mit den bisherigen Beleuchtungsmitteln, also Petroleum und seltener Gas, resultierte. In den großen Städten dagegen existierten aber in der Regel kommunale oder in kommunalen Besitz kommende Gaswerke. Selbstverständlich nahmen daher die Stadtmagistrate und die Kollegien der Gemeindebevollmächtigten Rücksicht auf die Stadtkassen, die nicht unnötig geschädigt werden sollten.

Auch aus technischer Sicht ist dieser Trend verständlich. Das Stadtgas verlangt nach einem kurzen Leitungsnetz mit möglichst vielen Abnehmern. Auf dem Land oder in kleinen Gemeinden waren diese Rahmenbedingungen nicht gegeben. Daher konnte wesentlich schneller mit der Einführung des elektrischen Stromes begonnen werden . [28]

Bis zu dieser Zeit wurden alle elektrischen Beleuchtungsanlagen mit Gleichstrom betrieben. Noch auf der Münchner Internationalen Elektrizitätsaustellung 1882 wurde der Gleichstrom als die zukünftige Form der Elektrizität betrachtet. Zwar war man sich des Nachteiles der schlechten Übertragbarkeit bewußt, andererseits existierten aber auch keine brauchbaren Motoren, Glüh- oder Bogenlampen für den Wechselstrombetrieb. Große Übertragungswege spielten auf dem Land keine Rolle und in der Stadt behalf man sich mit Blockstationen. Als jedoch die Nachfrage nach Elektrizität immer größer wurde, und sich die Anwohner über den Rauch der häufig in den Blockstationen benutzten Dampfmaschinen immer öfter beschwerten, wurde es unumgänglich, den Strom außerhalb der Wohngebiete herzustellen. Damit konnte gleichzeitig das Problem der höheren Bodenpreise im Zentrum umgangen werden.

Marcel Deprez´ Versuch der Gleichstromübertragung von Miesbach nach München hatte wohl funktioniert, überzeugend war der Wirkungsgrad jedoch nicht. Die in Bayern reichlich vorhandenen Wasserkräfte mußten aber über wesentlich größere Entfernungen übertragen werden, wenn man sie wirtschaftlich nutzen wollte.

Die Ausnutzung der Wasserkräfte war schon Oskar von Miller´s vordringlichstes Anliegen, als er 1881 die Weltausstellung in Paris besuchte. Die dort ausgestellten Jablochkoff-Kerzen wurden bereits mit Wechselstrom betrieben. Allerdings hatten die hohen Kosten damals noch keinen städtischen Betrieb gerechtfertigt. Nachdem die Ausstellungen 1882 in München und 1883 in Wien zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen waren, arbeiteten die größeren bayrischen Firmen J.Einstein&Cie, Schuckert&Co und die Fabrik für Elektrotechnik und Maschinenbau AG Bamberg zunächst nicht an der Entwicklung von mit Wechselstrom zu betreibenden Produkten. Ganz&Co aus Budapest jedoch arbeitete weiter intensiv an der Nutzbarmachung des Wechselstroms, und es gelang dieser Firma tatsächlich, 1885 zu befriedigenden Ergebnissen zu kommen. Entsprechende Lampen, Strommeßgeräte etc. wurden entwickelt, und diese Firma konnte die Aufträge für Wechselstrom-Zentralstationen in Tivoli bei Rom (1885) und Karlsbad (1889) erhalten. (Viele weitere Aufträge folgten; so richtete man bis 1891 weitere 96! Wechselstrom-Zentralen ein.)

Die erste im Deutschen Reich mit Wechselstrom betriebene städtische Beleuchtungsanlage war das Elektrizitätswerk von Reichenhall, das 1889/1890 von der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft nach dem Vorbild der Anlage von Tivoli errichtet wurde. Die offizielle Inbetriebnahme fand am 26. April 1890 statt.

Bereits 1891 schlug Oskar von Miller der Stadt München eine Wechselstrom-Zentrale vor, die mit den Wasserkräften der Isar gespeist werden sollte. Dabei stand nicht mehr die Straßenbeleuchtung im Vordergrund. Vielmehr sollte die elektrische Kraft dem verarbeitenden Gewerbe zur Verfügung gestellt werden. Das Projekt wurde jedoch aus verschieden Gründen, die auch im Kapitel 8.5 beschrieben werden, nicht ausgeführt.

Auch die Stadt Lindenberg wurde mit einer Wechselstrom-Zentrale versehen. Die Dynamomaschine lieferte 2000 Volt. Der Strom wurde von den Schleifringen der Maschine durch Bürsten abgenommen, zum Schaltbrett geführt und von dort zum Dach des Gebäudes geleitet, von wo er an die Verbraucherstellen gelangte.

Ein Jahr später bekam Oskar von Miller den Auftrag, ein Elektrizitätswerk für Fürstenfeldbruck zu erstellen. Erstmalig wurden hier bereits bei der Planung Elektroinstallationen für jedes einzelne Haus berücksichtigt, denn die Elektrizität sollte Allgemeingut werden und nicht nur für einige Großverbraucher zur Verfügung stehen.

Zur Beleuchtung der Märkte Partenkirchen-Garmisch ist die Wasserkraft der Partnach nutzbar gemacht worden. Eine von der Maschinenfabrik Landes in München gelieferte Jonval-Turbine ermöglichte die Erzeugung einer Leistung von ca. 95 kW, die an einen Wechselstromdynamo abgegeben wurde. Der Strom wurde über eine Entfernung von 4 km auf Holzmasten mit Ölisolatoren in die Stadt geleitet. In der Stadt selbst wurden 900 Lampen und einige Motoren angeschlossen. [29]

Im Jahre 1894 beauftragte die Gemeinde Holzkirchen Oskar von Miller in München mit dem Bau eines Wechselstrom-Elektrizitätswerkes. Dies wurde durch die Wasserkraft der Mangfall mit ca. 150 kW Leistung betrieben. Von dem 7 km vom Ort entfernten Maschinenhaus wurde der Strom durch zwei für Licht- und Kraftstrom getrennte oberirdische Freileitungen nach Holzkirchen geführt.

Alle anderen größeren bayrischen Städte wurden bis zu diesem Zeitpunkt noch mit Gleichstrom-Zentralen ausgerüstet.

Verständlicherweise ist mit den Wechselstromanlagen der Name Oskar von Miller eng verknüpft. Spätestens seit der von ihm angeregten Fernübertragung Lauffen-Frankfurt war er von der Machbarkeit eines flächendeckenden Stromverbundes überzeugt und förderte diesen Gedanken, wo immer er konnte. Allerdings hatte die Internationale Elektrizitäts-Ausstellung 1891 in Frankfurt am Main auch gezeigt, daß zu diesem Zeitpunkt sowohl der Gleich- als auch der Wechselstrom Vor- und Nachteile besaßen. Daher existierten beide Systeme noch lange Zeit nebeneinander. Da mit dem Bau von Gleichstrom-Zentralen wesentlich früher begonnen wurde, waren diese noch lange Zeit in der Mehrzahl. [27;30]

Ein Umdenken in Richtung Wechselstrom fand in großem Maßstab erst statt, als der Strom nicht nur nachts zu Beleuchtungszwecken benötigt wurde (tagsüber waren die zur Beleuchtung von Kellern oder Lagerräumen benötigten Strommengen zu gering, um rentabel zur Verfügung gestellt werden zu können), sondern auch tagsüber zum Betrieb von Elektromotoren.

4.7 Die Entwicklung der städtischen Beleuchtung

Mit der Entwicklung von Bogen- und Glühlampen entstand das Bestreben, diese für das tägliche Leben nutzbar zu machen. War die Nutzung zunächst noch auf die Installation von Einzelanlagen -z.B. der Beleuchtung von Bahnhöfen, Fabriken oder Theatern- beschränkt, so kam doch schnell das Bedürfnis auf, die öffentliche Straßenbeleuchtung vom Öl- bzw. Gasbetrieb auf das schöne (und wesentlich hellere) elektrische Licht umzustellen. Bereits im Stadium der Einzelanlagen wurden Überlegungen angestellt, die Stromerzeugung an einer zentralen Stelle anzusiedeln, und von dort aus die einzelnen Abnehmer zu versorgen. So entstanden die sogenannten Blockanlagen, die die einzelnen Häuserblöcke etc. mit elektrischer Energie versorgten. In Stuttgart wurden durch Paul Reisser 1882 erstmals mittels einer Einzelanlage Schulen, Behörden, verschiedene gewerbliche Betriebe und seit Anfang 1883 sogar das Königliche Schloß beleuchtet.

In Berlin errichtete die Deutsche Edison-Gesellschaft ebenfalls 1882 eine Blockanlage zur Versorgung eines Klubs. 1884 wurde in der Friedrichstrasse in Berlin eine Anlage errichtet, die Geschäfte, Gaststätten und Büros des Blocks mit Strom versorgte. Insgesamt konnten mit dieser Anlage bereits 2000 Glühlampen und 18 Bogenlampen betrieben werden. Während Reisser den Strom noch gegen eine jährliche Pauschale abgeben mußte, wurde in der Friedrichstrasse der Stromverbrauch bereits über einen Elektrizitätszähler nach dem Prinzip Edison abgerechnet.

Anfänglich bestanden bei dieser Art der Stromversorgung einige Schwierigkeiten. Zum einen stellten die Dampfmaschinen und Gasmotoren eine große Lärmbelästigung für die Anwohner dar. Ein weiteres Problem bestand in der ungenügenden Lagerschmierung und Kühlung der Dynamos. So berichtet auch Oskar von Miller darüber, daß er und Rathenau höchstpersönlich in der Friedrichstrasse die Lager mit in Wasser getauchten Servietten und dem Inhalt von Sektkühlern kühlten . [31]

Die Blockanlagen wurden zu den sogenannten Zentralstationen weiterentwickelt, die dadurch gekennzeichnet waren, daß sie die elektrische Energie nicht nur den unmittelbaren Anrainern zur Verfügung stellten, sondern auch in einem größeren Umkreis von ca. 800 m Radius die Versorgung übernahmen. Die erste bedeutende Anlage scheint die 1885 in der Berliner Markgrafenstrasse errichtete gewesen zu sein. Sie verfügte über eine Leistung von 540 kW und versorgte damit ca. 5000 Lampen. Die gebräuchlichste Stromstärke war zu dieser Zeit 0,5 A bei einer Spannung von 110 V.

Bereits 1886 wurde das zweite Kraftwerk dieser Art in der Mauerstraße dem Betrieb übergeben und bis 1890 kamen noch zwei weitere hinzu. Damit hatte Berlin auch hinsichtlich der elektrischen Beleuchtung die führende Rolle im Deutschen Reich übernommen. Mit zunehmender Nachfrage wurden immer größere Maschinen erforderlich. Genügten zu Beginn noch Dynamos mit Leistungen zwischen 110 kW und 220 kW, wurden bereits 1889 solche mit einer Leistung von 740 kW aufgestellt. Im gleichen Jahr wurde das bis dahin verwendete 2-Leiter-Netz durch ein 3-Leiter-Netz abgelöst. Auch andere deutsche Städte befaßten sich mit der Einführung der elektrischen Beleuchtung. Im Jahre 1886 errichteten z.B. Lübeck, Echternach (das erste Projekt mit Akkumulatorenbetrieb) und Dessau (erster Gasmotoren- betrieb) eigene Zentralstationen. Aus verständlichen Gründen können hier nicht alle entstandenen Zentralstationen aufgeführt werden.

Hinsichtlich der am sinnvollsten zu verwendenden Stromart wurde über die Jahre hinweg immer wieder gestritten (siehe auch Kapitel 5.3). Als die ersten brauchbaren Dynamomaschinen auf den Markt kamen, dachte man vorwiegend daran, diese für die Beleuchtung einzusetzen. Da die Gleichstrombogenlampe derjenigen für Wechselstrom überlegen war, wurde die erstere vorgezogen. Nach der Entwicklung der Jablochkoff-Kerze verschob sich das Gewicht hin zum Wechselstrom. Mit der Differentialbogen- und der Glühlampe kehrte man jedoch schnell wieder zum Gleichstrom zurück. Da die Anlagen damals noch sehr kleine Leistungen und geringen Umfang aufwiesen, machte sich der Nachteil des Gleichstromes, nur verhältnismäßig kleine Spannungen verwenden zu können, noch nicht erheblich bemerkbar. Ein weiterer Grund für die Bevorzugung dieser Stromart lag in der Verwendung des Akkumulators, weil dieser die Möglichkeit schaffte, auch während des Tages Strom abzugeben, ohne die Maschinen laufen lassen zu müssen. Außerdem erhielt die Anlage durch ihn eine Augenblicksreseve, die bei kurzfristigen Störungen dringend erforderlich war.

Durch den Wunsch, elektrische Energie über größere Entfernungen (z.B. von Staustufen o.ä.) zu übertragen, traten die Nachteile des Gleichstromes wieder in den Vordergrund. Durch den Einsatz von Transformatoren wurde es möglich, für die gewünschte Übertragung den Strom hochzuspannen und am Empfangsort diesen Strom wieder auf die Gebrauchs-Spannung herunterzutransformieren. Der Nachteil lag jedoch darin, daß man den Wechselstrom nicht in Akkumulatoren speichern konnte, also bei Tagesbedarf die Zentralen auch betrieben werden mußten, und im Fehlen eines geeigneten Wechselstrom-Motores.

Von der Frankfurter Ausstellung 1891 (siehe auch Kapitel 5.3) hatten sich die Stadtväter und die elektrotechnische Industrie eine Klärung erhofft, welches das am besten geeignete System sei. Es wurde jedoch lediglich bestätigt, daß jedes System seine Vor- und Nachteile habe, und die Randbedingungen ausschlaggebend für die Wahl seien.

Der Bau von Wechselstrom-Zentralen ging entsprechend langsam voran. [24]

[...]

Ende der Leseprobe aus 213 Seiten

Details

Titel
Die Elektrotechnische Firma J. Einstein u. Cie in München - 1876-1894
Hochschule
Universität Stuttgart  (FB Geschichts-, Sozial und Wirtschaftswissenschaften)
Note
befriedigend
Autor
Jahr
1996
Seiten
213
Katalognummer
V11512
ISBN (eBook)
9783638176552
Dateigröße
3130 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Einstein, München, Polytechnischer Verein, Siemens, AEG, Beleuchtung
Arbeit zitieren
Nicolaus Hettler (Autor:in), 1996, Die Elektrotechnische Firma J. Einstein u. Cie in München - 1876-1894, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11512

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