Das Thema der Schöpfung ist gerade in der heutigen Zeit, die von Naturausbeutung und Umweltzerstörung geprägt ist, aktuell.
In der Reflexion über Schöpfung mag der Laie jene Thematik womöglich ausschließlich mit biblischen Texten wie der Schöpfungserzählung in Genesis 1,1-2,4a oder dem berühmten Schöpfungspsalm 104 verbinden, denen allerdings ein völlig anderes Weltbild als das heutige zu Grunde liegt.
Auch die Literatur, insbesondere die Naturlyrik, kennt den Schöpfungsbegriff. Bezüge werden oft explizit sichtbar oder sind implizit vorhanden. Die Autoren aller Epochen setzen sich bis heute mit ihm auseinander und greifen ihn in den vielfältigsten Dimensionen auf.
Gerade die Aktualität des Themas im Rahmen der ökologischen Krise hebt die Bedeutsamkeit hervor, Schöpfungsdarstellungen zu erfassen, zu beschreiben und zu analysieren. Was meint der Begriff im christlichen Sinne, wenn man ihm außerhalb biblischer Zeugnisse begegnet? Hinter welchen Bildern verbirgt er sich? Und was können und sollen diese dem Rezipienten vermitteln?
Vor dem Hintergrund solcher Fragen werden in der vorliegenden Arbeit verschiedene Texte untersucht und verglichen, um aufzuzeigen, auf welch vielfältige Weise das Thema der Schöpfung in der Lyrik betrachtet und interpretiert werden kann.
Zunächst wird der Psalm 104 in den Gesamtkontext eingeordnet und als zentraler Schöpfungspsalm exegetisch untersucht. Nach der literarischen Analyse, die ein Kapitel zur Bildsprache enthält, wird sodann das Gottes- und Menschenbild des Psalms aufgegriffen, um jene Punkte später von den außerbiblischen und aktuelleren Texten abzugrenzen.
Die Parallelen des Psalms zu weiteren biblischen Texten und Mythen werden - stellvertretend für zahlreiche weitere Vergleichstexte und -passagen - mit der Schöpfungserzählung in Genesis 1,1-2,4a und einem altägyptischen Lobpreis, dem Sonnenhymnus des Echnaton, verglichen.
Aufbauend auf den Ausführungen zu Psalm 104 werden hiernach drei Gedichte, aus Romantik, Expressionismus und Exilszeit der 30er bis 50er Jahre, vor allem in Hinblick auf die Schöpfungsdarstellung analysiert und interpretiert. Es handelt sich um die Gedichte Mondnacht von Joseph Freiherr von Eichendorff, Weltende von Jakob van Hoddis und Ziehende Landschaft von Hilde Domin.
Meine Wahl ist auf diese lyrischen Texte gefallen, da sie neben ihrem hohen Bekanntheitsgrad stellvertretende literarische Dokumente für den Zeitgeist ihrer Epoche sind.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Psalm 104
- 2.1. Ein Schöpfungspsalm
- 2.2. Exegese
- 2.2.1. Verfasser
- 2.2.2. Abfassungszeit
- 2.3. Literarische Analyse
- 2.3.1. Gattung
- 2.3.2. Gliederung
- 2.3.3. Stilistische Elemente
- 2.3.4. Bildsprache
- 2.4. Gottes- und Menschenbild im Psalm
- 2.4.1. JHWH, der Schöpfergott
- 2.4.2. Gottesbild
- 2.4.3. Menschenbild
- 2.5. Verwendung des Psalms in weiteren biblischen Kontexten
- 2.6. Textvergleiche
- 2.6.1. Gen 1,1 – 2,4a
- 2.6.2. Der Sonnenhymnus des Echnaton
- 2.7. Die geordnete Schöpfung
- 3. Joseph Freiherr von Eichendorff: Mondnacht
- 3.1. Ein Zeugnis romantischer Naturpoesie
- 3.2. Aufbau
- 3.3. Ein geistliches Lied
- 3.4. Schöpfungsglaube in Himmelskuss und Seelenflug
- 3.5. Gesellschaftskritik in Eichendorffs Natur
- 4. Jakob van Hoddis: Weltende
- 4.1. Van Hoddis - Lyriker der Moderne
- 4.2. Historischer Kontext
- 4.2.1. Industrie, Großstadt und die neue Zeit - ein Weltbild
- 4.2.2. Die Welt als Menschenschöpfung
- 4.3. Wirkungsabsicht
- 4.4. Analyse
- 4.4.1. Ein Interpretationsansatz
- 4.4.2. Stilmittel erzeugen „Weltweite“
- 4.5. Das Chaos
- 4.6. Bezug zu Psalm 104
- 5. Hilde Domin: Ziehende Landschaft
- 5.1. Flucht aus der Heimatlosigkeit in die Sprache
- 5.2. Aussage und Wirkungsabsicht
- 5.3. Analyse / Interpretation
- 5.4. Interpretation im Hinblick auf Natur und Schöpfung
- 5.5. Ein „nüchternes“ Naturbild
- 6. Das Schöpfungsverständnis im Wandel
- 6.1. Der Schöpfungsglaube und die biblische Natur
- 6.2. Das Verständnis von Schöpfung
- 6.2.1. Im Alten Testament
- 6.2.2. Heute
- 6.3. Beziehung Mensch - Natur heute
- 7. Kritischer Vergleich der Schöpfungsdarstellungen
- 8. Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung des Schöpfungsthemas in der Psalmdichtung und der modernen Naturlyrik. Ziel ist es, die unterschiedlichen Perspektiven und Interpretationen des Schöpfungsbegriffs aufzuzeigen und zu vergleichen. Die Analyse berücksichtigt sowohl biblische als auch literarische Texte, um die Entwicklung des Schöpfungsverständnisses im Wandel der Zeit zu beleuchten.
- Exegetische Untersuchung des Psalms 104 als zentralen Schöpfungspsalm
- Vergleichende Analyse der Schöpfungsdarstellungen in ausgewählten Gedichten der Naturlyrik
- Untersuchung des Gottes- und Menschenbildes in den analysierten Texten
- Entwicklung des Schöpfungsverständnisses von der Antike bis in die Moderne
- Beziehung zwischen Mensch und Natur im Kontext des Schöpfungsthemas
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Schöpfung ein und erläutert die Relevanz des Themas im Kontext der heutigen ökologischen Krise. Sie skizziert die methodische Vorgehensweise der Arbeit und benennt die zu untersuchenden Texte. Die Verknüpfung von biblischen Texten und moderner Naturlyrik wird als zentraler Aspekt hervorgehoben, um das wandelnde Verständnis von Schöpfung aufzuzeigen.
2. Psalm 104: Dieses Kapitel bietet eine detaillierte exegetische und literarische Analyse des Psalms 104. Es untersucht den Psalm als Schöpfungspsalm, beleuchtet seine Entstehungszeit und -kontext, analysiert seine literarischen Mittel wie Bildsprache und Stilistik und erörtert das Gottes- und Menschenbild, das in ihm zum Ausdruck kommt. Vergleiche mit Genesis 1,1-2,4a und dem Sonnenhymnus des Echnaton erweitern die Perspektive und zeigen verschiedene kulturelle und historische Einflüsse auf das Schöpfungsverständnis.
3. Joseph Freiherr von Eichendorff: Mondnacht: Dieses Kapitel analysiert Eichendorffs Gedicht "Mondnacht" als Beispiel romantischer Naturpoesie. Es untersucht den Aufbau des Gedichts, seine religiöse Dimension und die darin enthaltene Schöpfungstheologie. Die Verbindung von Naturerfahrung und religiösem Empfinden, sowie mögliche gesellschaftkritische Aspekte werden im Detail beleuchtet.
4. Jakob van Hoddis: Weltende: Das Kapitel analysiert das Gedicht "Weltende" von Jakob van Hoddis im Kontext der Moderne. Es beleuchtet den historischen und gesellschaftlichen Hintergrund des Werkes und untersucht die Wirkungsabsicht des Autors. Die Analyse fokussiert auf die stilistischen Mittel und die Darstellung von Chaos und Zerstörung im Gegensatz zur geordneten Schöpfung im Psalm 104.
5. Hilde Domin: Ziehende Landschaft: Dieses Kapitel befasst sich mit Hilde Domin's Gedicht "Ziehende Landschaft". Es analysiert das Gedicht im Hinblick auf Flucht, Heimatlosigkeit und die Rolle der Sprache. Die Interpretation untersucht, wie das Naturbild im Gedicht mit dem Thema Schöpfung zusammenhängt und wie das Gedicht ein „nüchternes“ Naturbild präsentiert, das im Kontrast zu den anderen Texten steht.
6. Das Schöpfungsverständnis im Wandel: Dieses Kapitel befasst sich mit der Entwicklung des Schöpfungsverständnisses von der Bibel bis in die Gegenwart. Es analysiert das Verständnis von Schöpfung im Alten Testament und in der heutigen Zeit und untersucht die Beziehung zwischen Mensch und Natur im Kontext des Schöpfungsgedankens. Die Entwicklung der Naturbetrachtung wird ebenfalls thematisiert.
Schlüsselwörter
Schöpfung, Psalm 104, Naturlyrik, Gottesbild, Menschenbild, Schöpfungsglaube, Bibel, Genesis, Romantik, Moderne, Eichendorff, Van Hoddis, Hilde Domin, Ökologie, Umweltzerstörung, Natur, Literaturvergleich, Exegese, Interpretation.
Häufig gestellte Fragen zum Text: Schöpfungsdarstellungen im Wandel
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Darstellung des Schöpfungsthemas in der Psalmdichtung und der modernen Naturlyrik. Sie vergleicht unterschiedliche Perspektiven und Interpretationen des Schöpfungsbegriffs und beleuchtet die Entwicklung des Schöpfungsverständnisses im Wandel der Zeit.
Welche Texte werden analysiert?
Die Arbeit analysiert Psalm 104, Joseph von Eichendorffs "Mondnacht", Jakob van Hoddis' "Weltende" und Hilde Domin's "Ziehende Landschaft". Diese Texte werden verglichen, um die Entwicklung des Schöpfungsverständnisses von der Antike bis in die Moderne aufzuzeigen.
Wie wird Psalm 104 behandelt?
Psalm 104 wird exegetisch und literarisch analysiert. Die Analyse umfasst die Entstehungszeit, den Kontext, die literarischen Mittel (Bildsprache, Stilistik), das Gottes- und Menschenbild und Vergleiche mit Genesis 1,1-2,4a und dem Sonnenhymnus des Echnaton.
Wie werden die Gedichte der Naturlyrik analysiert?
Die Gedichte von Eichendorff, van Hoddis und Domin werden im Hinblick auf ihre Darstellung von Natur und Schöpfung analysiert. Die Analyse berücksichtigt den historischen Kontext, die Wirkungsabsicht der Autoren und die verwendeten Stilmittel. Es wird auch untersucht, wie die jeweiligen Gedichte das Gottes- und Menschenbild widerspiegeln.
Welches Schöpfungsverständnis wird dargestellt?
Die Arbeit zeigt verschiedene Schöpfungsverständnisse auf: das biblische Verständnis (Psalm 104, Genesis), das romantische Verständnis (Eichendorff), das moderne Verständnis (van Hoddis, Domin) und die heutige Sichtweise auf die Beziehung zwischen Mensch und Natur.
Wie wird der Wandel des Schöpfungsverständnisses dargestellt?
Der Wandel wird durch den Vergleich der verschiedenen Texte und Epochen aufgezeigt. Es wird untersucht, wie sich das Verständnis von Schöpfung, Gottesbild und Menschenbild im Laufe der Zeit verändert hat, insbesondere im Kontext der ökologischen Herausforderungen der Gegenwart.
Welche methodische Vorgehensweise wird angewendet?
Die Arbeit verwendet eine kombinierte exegetische und literaturwissenschaftliche Methode. Es werden exegetische Werkzeuge zur Analyse von Psalm 104 und literaturwissenschaftliche Methoden zur Analyse der Gedichte angewendet. Die Texte werden vergleichend untersucht, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Schöpfungsverständnis aufzuzeigen.
Welche Schlüsselbegriffe sind zentral?
Zentrale Schlüsselbegriffe sind Schöpfung, Psalm 104, Naturlyrik, Gottesbild, Menschenbild, Schöpfungsglaube, Bibel, Genesis, Romantik, Moderne, Eichendorff, Van Hoddis, Hilde Domin, Ökologie, Umweltzerstörung, Natur, Literaturvergleich, Exegese und Interpretation.
- Arbeit zitieren
- Irena Kröber (Autor:in), 2008, Darstellung der Schöpfung in der Psalmdichtung und moderner Naturlyrik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115140