Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Thematische Eingrenzung und Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Forschungsfrage
1.3 Methodische Vorgehensweise
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Grundlagen der Hidden Champions
2.1.1 Begriffsdefinition und Abgrenzung
2.1.2 Supply-Chain-Management, Wertschöpfungskette und -aktivitäten
2.1.3 Nischenmärkte und Spezialisierung
2.1.4 Strategische Ausrichtung
2.2 Begriffsdefinition Globalisierung
2.3 Grundlagen der Digitalisierung
2.4 Schlüsseltechnologien und Grundlagen von Industrie 4.0
3 Einfluss der Globalisierung und Digitalisierung auf Hidden Champions
3.1 Entwicklung und Status quo der Hidden Champions
3.2 Auswirkungen der Globalisierung auf die strategische Ausrichtung
3.3 Einfluss der Digitalisierung
3.4 Wissenschaft und Industrie - Möglichkeiten der Industrie 4.0
3.5 Praktisches Anwendungsbeispiel
4 Künftige Potenziale und Problemfelder
4.1 Potenziale und Chancen
4.2 Risiken und Problemfelder
4.3 Erfolgsfaktoren und Managementimplikationen
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Überbetrieblicher Blickwinkel auf eine klassische Lieferkette
Abbildung 2: Informations-, Material- und Finanzflüsse einer Lieferkette
Abbildung 3: generische Wettbewerbsstrategien
Abbildung 4: Exportanteil nach Unternehmensgröße
Abbildung 5: Hidden Champions im Ländervergleich
Abbildung 6: Deutsche Hidden Champions im Branchenvergleich
Abbildung 7: Architektur einer smart factory
Abbildung 8: Zentrale Erfolgskfaktoren der Hidden Champions
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: KMU-Schwellenwerte
1 Einleitung
1.1 Thematische Eingrenzung und Problemstellung
Deutsche Produkte und Dienstleistungen genießen weltweit ein besonderes Ansehen und der Begriff 'Made in Germany' verspricht hohe Qualität, für die Kunden gerne bereit sind, tiefer in die Tasche zu greifen (vgl. Haucap et al. 1997, S. 511). In der Presse wird Deutschland häufig als 'Exportweltmeister' betitelt. Insbesondere im B2B fokussieren sich zahlreiche hoch spezialisierte deutsche Unternehmen auf die internationalen Märkte und haben sich als Weltmarktführer in verschiedenen Nischen etabliert (vgl. Venohr 2015, S. 6; Schlepphorst et al. 2016, S. 3). Sie gelten als Vorreiter und Innovationsführer in unterschiedlichen Bereichen, die weltweit kein vergleichbares Äquivalent besitzen. Viele dieser Unternehmen sind in der Öffentlichkeit nur wenig bekannt und werden in der betriebswirtschaftlichen Literatur als sogenannte Hidden Champions bezeichnet (vgl. Audretsch et al. 2018, S. 3).
Aufgrund der fortschreitenden Globalisierung wächst der internationale Handel unaufhaltsam und damit der Wettbewerbsdruck für national aber auch international agierende Unternehmen. Unzählige Betriebe aus diversen Ländern versuchen, ihre Absatzmärkte zu erweitern und neue Kunden zu gewinnen. Für die Hidden Champions entstehen im Kontext der Globalisierung riesige neue Absatzmärkte, wobei sie durch ihre hohe Spezialisierung und ihr einzigartiges Know-how einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz haben (vgl. Rammer & Spielkamp 2019, S. 2f.).
Auch der digitale Wandel hat die Menschheit seit Beginn der 2000er-Jahre fest im Griff und verändert die gesamte Welt in einem nie da gewesenen Ausmaß. Die damit einhergehende Automatisierung von Prozessen und digitale Vernetzung unzähliger Systeme, Computer sowie Maschinen mittels Internet haben einschneidende Auswirkungen auf das berufliche, öffentliche und gesellschaftliche Leben (vgl. Reinsel et al. 2018, S. 2f.).
Vor diesem Hintergrund sind etliche Innovationen in Form von Softwares, Systemen, Strategien sowie Geschäftsmodellen entstanden, die den unternehmerischen Alltag maßgeblich beeinflussen und revolutionieren werden. Dabei können interne Arbeitsabläufe und Prozesse oder aber strategische, operative und taktische Entscheidungsfindungen durch den Einsatz digitaler Technologien und intelligenter Systeme nachhaltig verbessert und damit die Unternehmensperformance gefördert werden. Komplexe Algorithmen, künstliche Intelligenz und Computer werden zunehmend in wichtige Aktivitäten, Prozesse sowie Entscheidungen integriert und übernehmen immer häufiger die Kontrolle (vgl. Sharma et al. 2014, S. 439).
Sowohl die Globalisierung als auch die Digitalisierung wirken sich maßgeblich auf die Agilität, Funktionen, Prozesse sowie Aufgaben der Hidden Champions aus und erfordern künftig ein hohes Maß an Dynamik und Flexibilität. Im Zuge dieser Entwicklungen stehen zahlreiche Betriebe vor der Herausforderung, sich an die rasch wandelnde Geschäftsumwelt anzupassen und digitalen Potenziale zu identifizieren und effektiv auszuschöpfen, mit dem Ziel, den Unternehmenserfolg langfristig abzusichern (vgl. Kinkel et al. 2017, S. 324).
Gerade die Digitalisierung eröffnet nie da gewesene Optimierungspotenziale, die künftig eine entscheidende Rolle bei der Schaffung von Wettbewerbsvorteilen spielen. Der wachsende internationale Wettbewerbsdruck zwingt auch die Hidden Champions dazu, Prozesse sowie Aktivitäten immer wieder hinsichtlich ihrer Effektivität und Effizienz zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen, um zum einen den Anschluss an den modernen Stand der Technik nicht zu verlieren und zum anderen ihre Position als dominierende Weltmarkt- oder Innovationsführer zu festigen (vgl. Cravotta & Grottke 2019, S. 7f.).
Im Rahmen der Ausarbeitung sollen deshalb die Einflüsse der beiden Megatrends auf die Strategie sowie die internen Prozesse der Hidden Champions dargestellt und analysiert werden.
1.2 Zielsetzung und Forschungsfrage
Im Kern fokussiert die vorliegende Bachelorthesis, die mit der Globalisierung und Digitalisierung einhergehenden Potenziale und Problemfelder. Ferner sollen die konkreten Auswirkungen auf die strategische Ausrichtung, Prozesse und Aktivitäten der Hidden Champions untersucht werden. Auf Grundlage der Erkenntnisse werden anschließend mögliche Erfolgsfaktoren und Managementimplikationen abgeleitet, die als Basis für künftige Entscheidungen bezüglich Digitalisierungsbemühungen dienen. Folgende Forschungsfrage wird vor diesem Hintergrund beantwortet:
Wie beeinflussen die Globalisierung und die Digitalisierung die strategische Ausrichtung und Wertschöpfungsprozesse der Hidden Champions in Deutschland?
1.3 Methodische Vorgehensweise
Die Ausführungen dieser Arbeit fundieren ausschließlich auf der veröffentlichten Literatur zum Themenkomplex. Mittels Verdichtung relevanter wissenschaftlicher Quellen soll ein Bild der vergangenen und aktuellen Situation der Hidden Champions skizziert werden. Auf Grundlage der erarbeiteten Erkenntnisse werden künftige Entwicklungstendenzen diskutiert, mögliche Erfolgsfaktoren identifiziert und passende Managementimplikationen abgeleitet.
Kapitel 2 beschäftigt sich mit den theoretischen Grundlagen. Der komplexe Begriff Hidden Champion wird detailliert erläutert und in seine wichtigsten Bestandteile aufgedröselt, um die verschiedenen Komponenten besser begreifen zu können. In Kapitel 2.2 und 2.3 werden zwei dominierende Megatrends der heutigen Zeit dargelegt. Sowohl die Besonderheiten und Eigenschaften der Globalisierung als auch die der Digitalisierung werden thematisiert. Im Anschluss wird das Konstrukt Industrie 4.0 präzisiert und die wichtigsten Schlüsseltechnologien, Strategien und Konzepte vermittelt. Im produzierenden Hightech- Gewerbe kann die vierte industrielle Revolution Prozesse, Abläufe und Steuerungsmechanismen einschneidend verändern, weshalb sie für Hidden Champions von herausragender Bedeutung ist.
In Kapitel 3 werden der Einfluss von Globalisierung und Digitalisierung auf die Hidden Champions konkretisiert. Kapitel 3.1 fasst zunächst die Entwicklung und den aktuellen Status quo der Hidden Champions zusammen. Die erarbeiteten Einsichten bilden das Fundament für die folgenden Kapitel. In Kapitel 3.2 und 3.3 werden die Konsequenzen der Megatrends auf die strategische Ausrichtung und internen Prozesse untersucht. Kapitel 3.4 führt die Verknüpfung von Wissenschaft und Industrie sowie Möglichkeiten der Industrie 4.0 aus. Abschließend werden die Ergebnisse in Kapitel 3.5 anhand eines praktischen Anwendungsbeispiels vertieft.
Kapitel 4 beschäftigt sich mit den Potenzialen und Problemfeldern der Megatrends. In Kapitel 4.1 werden die Chancen und Potenziale erläutert. Kapitel 4.2 befasst sich mit den einhergehenden Risiken und Problemfeldern. In Kapitel 4.3 werden die wichtigsten Erfolgsfaktoren und Managementimplikationen dargestellt.
Kapitel 5 fasst die Befunde der gesamten Ausführungen noch einmal zusammen, um auf Grundlage dessen die Forschungsfrage zu beantworten.
2 Theoretische Grundlagen
Das zweite Kapitel setzt sich mit der theoretischen Fundierung auseinander, wobei die für die anschließenden Kapitel relevanten Begrifflichkeiten, Konzepte und Megatrends erläutert werden.
2.1 Grundlagen der Hidden Champions
Im Folgenden wird das Gebilde Hidden Champion in seine wesentlichen Bestandteile gegliedert und die wichtigsten Komponenten erläutert.
2.1.1 Begriffsdefinition und Abgrenzung
Der Begriff Hidden Champion wurde in den 90er-Jahren von Hermann Simon geprägt und bezeichnet in der Regel kleinere und mittelständische Betriebe, die in dem, was sie tun, sehr erfolgreich sind und weltweites Ansehen genießen. Der Zusatz 'Hidden' beschreibt den geringen öffentlichen Bekanntheitsgrad dieser hoch spezialisierten Unternehmen, die meistens in Nischenmärkten tätig sind (vgl. Simon 2007, S. 29). Simon gilt als Experte auf dem Gebiet der Hidden Champions und setzte sich intensiv mit der deutschen Unternehmenslandschaft auseinander. Er postulierte auf Grundlage seiner Recherche drei zentrale Kriterien eines Hidden Champions. Erstens muss der Betrieb eine führende Position auf dem Weltmarkt oder der Marktführer auf dem ansässigen Kontinent sein. Als Prüfgröße kann der Marktanteil herangezogen werden. Zweitens sollte der jährliche Umsatz die 3 Milliarden Euro Grenze nicht überschreiten. Aufgrund des andauernden und langfristigen Erfolges wachsen die Umsätze der Hidden Champions jedoch im Durchschnitt um jährlich etwa 8 %. Damit die Definition weiterhin ihre Gültigkeit beibehält, wurde die Umsatzgrenze immer wieder nach oben korrigiert (vgl. iwd 2019, o. S.). Drittens sind diese Unternehmen in der breiten Öffentlichkeit relativ unbekannt. Viele der Hidden Champions agieren bewusst anonym und unauffällig, mit der Intention, dass andere Unternehmen die Marktnische nicht direkt erkennen (vgl. Venohr & Meyer 2007, S. 6).
Die Zurückhaltung gegenüber der Öffentlichkeit und Presse ist nicht zu unterschätzen. Diese Haltung trägt erheblich zur Konzentration auf das eigentliche Geschäft bei. Hidden Champions besitzen in der Regel nur in ihrem Markt einen hohen Bekanntheitsgrad und eine gute Reputation. Die Kunden, Lieferanten und Partner wissen meistens bestens über die Leistungen und Produkte des Hidden Champion Bescheid. Charakteristisch sind die starken Exporte ins Ausland, die gerade in der deutschen Wirtschaft von zahlreichen mittelständischen Betrieben getragen werden. Der Erfolg auf den internationalen Märkten ist dementsprechend ausschlaggebend für die Einordnung als Hidden Champion. Darüber hinaus können die Kriterien genutzt werden, um Gemeinsamkeiten sowie Unterschiede zu identifizieren. Simon legte damit den Grundbaustein für weltweite Untersuchungen innerhalb verschiedener Länder. Die meisten Unternehmen dieser Art sind im deutschen Mittelstand zu finden (vgl. Aud- retsch et al. 2018, S. 4.). Eine genauere Betrachtung der nationalen und internationalen Verteilung der Hidden Champions wird in Kapitel 3.1 vorgenommen. Der Mittelstand wird häufig als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bezeichnet und Familienbetriebe dominieren die Struktur (vgl. ZEW & IfM 2019, S. 1).
"Der Begriff 'Mittelstand' stellt eine Besonderheit im deutschsprachigen Raum dar und wird definiert durch die Einheit von Eigentum und Leitung. Für die Zugehörigkeit eines Unternehmens zum Mittelstand ist also nicht dessen Größe ausschlaggebend. Vielmehr sind es dessen qualitative Merkmale" (IfM Bonn 2021a, o. S.).
In vielen mittelständischen Betrieben tragen die Eigentümer selber das unternehmerische Risiko, und üben persönlichen Einfluss auf Entscheidungen aus. Darüber hinaus sichert das Unternehmen die Existenz- und Erwerbsgrundlage des Eigentümers. Das Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM) verwendet die Termini Mittelstand, Familien- und Eigentümerunternehmen sowie familiengeführte Unternehmen synonym. Der Begriff KMU beschreibt ebenfalls kleine und mittelständische Unternehmen. Die definitorische Abgrenzung fundiert jedoch im Gegensatz zum Mittelstand auf quantitativen Merkmalen wie Beschäftigtenanzahl, Umsatzvolumen und Bilanzsumme. Die Abgrenzung zu anderen Betrieben wird durch quantitative Faktoren in Form von Unter- und Obergrenzen bestimmt. Sowohl das IfM als auch die EU nutzen in diesem Kontext eigene quantitative Grenzwerte. Die in Tabelle 1 dargestellten KMU-Schwellenwerte wurden von der Europäischen Kommission festgelegt (vgl. IfM Bonn 2021b, o. S.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: KMU-Schwellenwerte
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an IfM Bonn 2021b, o. S.
Betriebe mit einer Bilanzsumme von höchstens 43 Millionen Euro jährlich oder einem Umsatzvolumen von maximal 50 Millionen Euro sind demnach KMUs. Der Schwellenwert für die Beschäftigtenanzahl liegt bei 249 Angestellten für Mittelbetriebe (siehe Tabelle 1).
Da es in der Praxis häufig schwierig ist, die relevanten qualitativen Attribute des Mittelstands aus den amtlichen Unternehmensstatistiken abzulesen, wird zunächst auf die quantitativen Grenzwerte zurückgegriffen, um die volkswirtschaftliche Bedeutung abschätzen zu können. Der Großteil der KMU erfüllt zwar auch die qualitativen Kriterien der Mittelstandsdefinition, jedoch gibt es bei der Fokussierung auf die qualitativen Merkmale auch größere Betriebe, die dem Mittelstand zuzuordnen sind. Demzufolge dürfen die Begriffe Mittelstand und KMU nicht synonym verwendet werden (vgl. IfM Bonn 2021a, o. S.).
Gerade in Deutschland sticht der größere Mittelstand mit einer Beschäftigtenanzahl von 250 bis 3000 Mitarbeitern, deutlich hervor. Viele dieser Betriebe zeichnen sich durch ihren internationalen Erfolg in kleinen Marktsegmenten aus und weisen die qualitativen Merkmale des Mittelstandes auf. Demzufolge handelt es sich grundsätzlich nicht um börsennotierte, sondern größtenteils um familiengeführte Unternehmen, in denen Eigentum und Leitung eng miteinander verzahnt sind. Die meisten dieser Hidden Champions agieren weltweit und erzielen enorme Umsätze, die stetig wachsen. Dieses Wachstum ist in den meisten Fällen nicht auf kreditfinanzierte Zukäufe zurückzuführen. Darüber hinaus weisen sie eine hohe Eigenkapitalquote auf und tragen das gesamte unternehmerische Risiko, weshalb ihnen der Erfolg alleine zur Absicherung der eigenen Existenz- und Lebensgrundlage enorm wichtig ist. Auch die Mitarbeiterfluktuation ist in diesen Betrieben gering und das Führungspersonal wird deutlich seltener ausgetauscht als beispielsweise in börsennotierten Unternehmen. Durch ihre Innovationskraft, hohe Spezialisierung und starke Orientierung der Kundenanforderungen sind die Hidden Champions im produzierenden Gewerbe, aber auch in anderen Industrien in der Lage, sich gegen günstigere Massenproduzenten durchzusetzen (vgl. iwd 2019, o. S.).
Die Wertschöpfungsprozesse und -aktivitäten bilden den Kern eines jeden Unternehmens. Die richtige Gestaltung trägt einen erheblichen Beitrag zum Erfolg oder Misserfolg bei. In diesem Zusammenhang sind neben den technologischen die organisatorischen und logistischen Rahmenbedingungen von herausragender Bedeutung für eine reibungslose Abwicklung von Geschäften und die Pflege internationaler Geschäftsbeziehungen. Im nachstehenden Kapitel wird die Wichtigkeit eines funktionierenden Supply-Chain-Managements zur Koordination von Prozessen und Aktivitäten für Hidden Champions erläutert.
2.1.2 Supply-Chain-Management, Wertschöpfungskette und -aktivitäten
Wie in jedem Betrieb spielen die wertschöpfenden Prozesse und Aktivitäten innerhalb einer Lieferkette auch für die Hidden Champions eine tragende Rolle bei der Strukturierung und Organisation von Zielen, Aufgaben und Funktionen. Durch die Fokussierung auf ihre eigenen Fähigkeiten und eine solide Verknüpfung mit Lieferanten, Partnern und Kunden sind die Hidden Champions in der Lage, die Anforderungen des Marktes besser als die Mitwettbewerber zu erfüllen (Yoon 2013, S. 6258).
Die Lieferkette (Supply-Chain) bezeichnet den Zusammenschluss von Unternehmen, die ein Produkt oder eine Dienstleistung gemeinsam entwickeln, herstellen, vermarkten und ausliefern. Dementsprechend sind häufig mehrere Betriebe an einer Lieferkette beteiligt, einschließlich der Rohstofflieferanten, produzierenden Betriebe, Logistikfirmen und Endkunden (vgl. Chopra & Meindl 2013, S. 2). Dabei trägt jeder Akteur seinen Teil zur Gesamtleistung bei und Wertschöpfung entsteht entlang der gesamten Supply-Chain (vgl. Beckmann 2004, S. 4f.). Abbildung 1 visualisiert die unterschiedlichen Stufen einer traditionellen Lieferkette. Das wesentliche Ziel der involvierten Unternehmen besteht in einer ständigen Verbesserung und Optimierung wertschöpfender Aktivitäten und Prozesse (vgl. Fleig 2017, o. S.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Überbetrieblicher Blickwinkel auf eine klassische Lieferkette
Quelle: Fleig 2017, o. S.
Die zusammengeschlossenen Unternehmen sind in gewisser Weise voneinander abhängig und durch verschiedene Finanz-, Material- und Informationsflüsse miteinander verzahnt. Der Materialfluss umfasst den sichtbaren Teil der Lieferkette und stellt die Bewegung, Organisation und Lagerung relevanter Rohstoffe, Waren oder Güter dar. Der Informationsfluss beschreibt die Kommunikations- und Interaktionsprozesse der beteiligten Akteure. Ein reger Informationsaustausch ist hier elementar für eine systematische Planung sowie Koordination langfristiger Ziele und effiziente Steuerung der Materialflüsse (vgl. Handfield 2020, o. S). Das entscheidende Bindeglied zwischen den Unternehmen sind die Finanzflüsse, welche eine fruchtbare Zusammenarbeit innerhalb einer Lieferkette erst ermöglichen, da alle Akteure ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen können (o. A. 2020, o. S.). Abbildung 2 stellt eine klassische Lieferkette und die relevanten Flüsse noch einmal dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Informations-, Material- und Finanzflüsse einer Lieferkette
Quelle: Kuhn & Hellingrath 2002, S. 10.
Durch eine Analyse der Material-, Informations- und Finanzflüsse sind die involvierten Betriebe in der Lage, ein besseres Verständnis für die Lieferkette sowie die Schnittstellen zu entwickeln und können auf Grundlage dessen passende Optimierungsmaßnahmen ableiten, die zur Schaffung zusätzlicher Wertschöpfung beitragen und die Geschäftsbeziehungen langfristig fördern (Mentzer et al. 2001, S. 8-10).
Vor dem Hintergrund, dass sich das Geschäftsumfeld kontinuierlich wandelt, ist ein übergeordnetes Management für die gesamte Lieferkette relevant. Dieses Management wurde in der wissenschaftlichen Literatur bereits ausführlich beschrieben und wird als Supply-Chain- Management bezeichnet (vgl. Mentzer et al. 2001, S. 3). Es gibt zahlreiche verschiedene Begriffsbestimmungen. Im Rahmen dieser Ausführungen wird die Definition von Stock und Boyer genutzt. Die Autoren haben sich intensiv mit der Thematik auseinandergesetzt und formulierten folgende Definition (Stock & Boyer 2009, S. 698-705):
„The management of a network of relationships within a firm and between interdependent organizations and business units consisting of material suppliers, purchasing, production, facilities, logistics, marketing, and related systems that faciliate the forward and reverse flow of materials, services, finances and information from the priginal producer to final customer with the benefits of adding value, maximizing profitability through efficiencies, and achieving customer satisfaction“ (Stock & Boyer 2009, S. 706).
Die Zusammenarbeit mehrerer Akteure ist mit einer hohen Komplexität verbunden, da verschiedene organisatorische, technologische und möglicherweise kulturelle Besonderheiten aufeinandertreffen. Eine wesentliche Herausforderung für die Beteiligten besteht darin, diese Besonderheiten aufeinander abzustimmen und konsistent miteinander zu verknüpfen, sodass neue Potenziale freigesetzt werden. Die Gestaltung gemeinsamer, betriebsübergreifender Richtlinien und Ziele stellt einen wichtigen Schritt dar und dient als Fundament für die Integration eines übergeordneten Supply-Chain-Managements. Im Rahmen des SupplyChain-Managements ergeben sich zahlreiche Potenziale und Handlungsfelder, die eine effektivere Zusammenarbeit zwischen den Akteuren ermöglichen und neue Wertschöpfung schaffen. Häufig dockt das SCM an den Schnittstellen zwischen den Betrieben an, wobei der Bezugsrahmen die Entwicklung geeigneter Maßnahmen stark beeinflusst. Bei einer Fokussierung auf die Kunden besteht die zentrale Aufgabe darin, Lieferservice, -geschwindigkeit oder die allgemeine Flexibilität zu verbessern und die Erwartungen bzw. Anforderungen der Kunden optimal zu erfüllen. Darüber hinaus könnte das SCM zwischen den Prozessen der Unternehmen ansetzen, um beispielsweise unnötige Kosten in Form von hohen Lagerbeständen oder längeren Durchlaufzeiten zu reduzieren (vgl. Fleig 2017, o. S.). Hidden Champions zeichnen sich häufig dadurch aus, dass sie einen Großteil der Lieferkette selber kontrollieren und die Zusammenarbeit mit Dritten, wenn möglich, vermeiden. (vgl. Audretsch 2018, S. 5f.).
Das Supply-Chain-Management ist im Kern für die strategische, taktische und operative Optimierung der Prozesse, Flüsse und Schnittstellen innerhalb der Lieferkette verantwortlich. Die Autoren Kuhn & Hellingrath (2002) definieren es als "die integrierte prozessorientierte Planung und Steuerung der Waren-, Informations- und Geldflüsse entlang der gesamten Wertschöpfungskette vom Kunden bis zum Rohstofflieferanten mit den Zielen Verbesserung der Kundenorientierung, Synchronisation der Versorgung mit dem Bedarf, Flexibilisierung und bedarfsgerechte Produktion, Abbau der Bestände entlang der Wertschöpfungskette.“ (S. 10)
Der sogenannte Wertschöpfungsprozess wird häufig auch als Ablauforganisation bezeichnet und beschreibt im Wesentlichen die Ausrichtung unternehmerischer Tätigkeiten auf die Schaffung eines Mehrwerts bzw. zusätzlicher Wertschöpfung als zentrales Unternehmensziel. Der Wertschöpfungsprozess setzt sich aus mehreren Wertschöpfungsaktivitäten zusammen, die logisch und effektiv miteinander verknüpft werden müssen, um eine verbesserte unternehmensbezogene Wertschöpfung zu erzielen. Eng mit diesem Prozess verbunden ist die interne Wertschöpfungskette, welche die Produktionsstufen aus Unternehmenssicht als eine strukturierte Aneinanderreihung verschiedener Tätigkeiten darstellt, in denen Werte geschaffen, Ressourcen verbraucht und Prozesse miteinander verknüpft werden, die letztendlich zur Erstellung eines Produktes beitragen (vgl. Kaplinsky & Morris 2001, S. 4f.).
Innerhalb der Wertkette kann zwischen Primär- und Sekundäraktivitäten differenziert werden. Ersteres umfasst die direkten wertschöpfenden Beiträge zur Fertigung eines Produktes, unter anderem durch die Bereiche Eingangslogistik, Produktion, Ausgangslogistik, Marketing und Vertrieb sowie Kundendienst. Letzteres umfasst die unterstützenden Aktivitäten, die für die Fertigung eines Produktes ebenfalls relevant und notwendig sind. Dazu zählen neben der Organisationsstruktur die Technologieentwicklung, die Rohstoffbeschaffung und die Personalwirtschaft (vgl. Porter 2001, S. 52).
Die interne Wertschöpfungskette gibt somit Aufschluss über alle relevanten wertschöpfenden Aktivitäten bzw. Prozesse, welche eine Ware während der Transformation zum Endprodukt durchläuft. Im Kern werden die anstehenden Aufgaben und Funktionen zur Leistungserbringung festgehalten. Eine funktionierende Wertschöpfungskette ist in der Regel vom Zusammenschluss mehrerer Akteure abhängig, die als verbundenes Netzwerk agieren. Sie fasst die wichtigsten Aktivitäten des Produktions- und Wertschöpfungsprozesses zusammen, einschließlich aller vor- und nachgelagerten Phasen, Maßnahmen, Informationen und Technologien, die zur Erstellung einer Dienstleistung oder eines Produktes relevant sind (vgl. Beckmann 2004, S. 1-4).
Hidden Champions können demzufolge durch die Integration eines übergreifendes SCM ihre Wettbewerbsposition stärken und ihren Vorsprung durch die Optimierung aller relevanten internen sowie externen Prozesse und Aktivitäten stetig ausbauen. Gerade die enge Zusammenarbeit mit Kunden stellt einen wichtigen Faktor für die meisten Hidden Champions dar. Als Folge ergeben sich nicht nur hoch spezialisierte, sondern auch höchst effektive Betriebe, die sich dynamisch an die ständig wandelnde Geschäftsumwelt anpassen und damit ihrer Rolle als Weltmarktführer in ihren Nischen gerecht werden. Die Konzentration auf Nischenmärkte und hohe Spezialisierung werden im nachstehenden Kapitel thematisiert.
2.1.3 Nischenmärkte und Spezialisierung
Wie bereits erwähnt, fokussieren sich die meisten Hidden Champions auf kleine Marktnischen, die in der Regel eine stärkere Spezialisierung erfordern. Durch ihre hohe Innovationskraft und ihr einzigartiges Know-how sind Hidden Champions in der Lage, die Anforderungen der Nischenmärkte optimal zu bedienen. Beide Aspekte helfen ihnen, qualitativ hochwertige und innovative Produkte herzustellen, die auf den internationalen Märkten ein hohes Ansehen genießen und besonders gefragt sind (vgl. Simon 2012, S. 11f.).
Der Begriff Nischenmarkt beschreibt ein kleineres spezifisches Segment eines größeren Marktes. Dieses Segment zeichnet sich in der Regel dadurch aus, dass es auf die speziellen Bedürfnisse eines begrenzten Kundenkreises ausgerichtet ist. Charakteristisch für einen Nischenmarkt ist die eigenständige Dynamik, die nicht mit der Dynamik der traditionellen Märkte verglichen werden kann. Unternehmen in größeren Märkten versuchen meistens, möglichst viele Kunden mit ihren Produkten zu erreichen und der Produktlebenszyklus ist in vielen Fällen deutlich geringer als in Marktnischen. Durch die Konzentration auf ausgewählte Marktsegmente sind die kleineren und mittleren Unternehmen in der Lage, ein Alleinstellungsmerkmal aufzubauen und können sich damit dem intensiveren Wettbewerbsdruck im größeren Markt entziehen. Betriebe, die einen Nischenmarkt über einen längeren Zeitraum erfolgreich bedienen, werden darüber hinaus immer besser in dem, was sie tun und können ihre Wettbewerbsposition wesentlich leichter durch gezielte Investitionen, Expertise und Innovationskraft fördern. Im Zuge dessen wächst der Spezialisierungsgrad stetig weiter und damit auch der Vorsprung gegenüber den Mitwettbewerbern (vgl. Toften & Hammervoll 2013, S. 272f.).
Die Positionierung in einer Marktnische bietet Unternehmen die Möglichkeit, Produkte oder Dienstleistungen zu erstellen, welche die Bedürfnisse einer zwar kleinen, aber dennoch zahlungsbereiten Zielgruppe befriedigt, die von den meisten Marktteilnehmern nicht wahrgenommen oder als uninteressant empfunden wird Zur Ausschöpfung einer Marktnische müssen Unternehmen zunächst die speziellen Anforderungen des kleinen Kundenkreises identifizieren. Auf Grundlage dessen werden alle unternehmerischen Tätigkeiten darauf ausgerichtet, optimale Lösungen zu entwickeln, um das Marktsegment zu dominieren und gegebenenfalls zu vergrößern. Nachstehend werden die zentralen Charakteristika von Marktnischen dargestellt, die es einem Unternehmen ermöglichen, potenzielle Nischen zu identifizieren und auszuschöpfen (vgl. Parrish et al. 2006, S.695-698).
1. Spezifische Anforderungen: Einzigartige Bedürfnisse einer kleinen Gruppe von Menschen werden fokussiert, wobei durch eine kundenorientierte Weiterentwicklung versucht wird, die Kundenanforderungen optimal zu bedienen.
2. Nischengröße: Die Marktnische muss groß genug sein, um sich als Betrieb darauf zu spezialisieren und Gewinne zu erzielen.
3. Kaufkraft: Die Kaufkraft der zahlungsbereiten Kunden muss ebenfalls ermittelt werden, bevor ein Betrieb die unternehmerischen Tätigkeiten auf eine Nische ausrichtet.
4. Wettbewerbssituation: Grundsätzlich sind in einer Marktnische nur wenige oder gar keine Mitwettbewerber vertreten. Gründe dafür sind beispielsweise das fehlende Bewusstsein oder aber das mangelnde Interesse für die möglichen Potenziale dieses Segments (vgl. Toften & Hammervoll 2013, S. 281f.).
5. Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen: Die erfolgreiche Eroberung eines Nischenmarktes ist immer von ausreichenden Ressourcen und geeigneten Fähigkeiten sowie Kompetenzen eines Unternehmens abhängig. Dementsprechend sollten Betriebe das notwendige Know-how und geeignete Struktur aufweisen, um sich innerhalb einer Nische zu etablieren.
6. Notwendigkeit einer Sonderbehandlung: In der Regel wird eine Nische durch eine spezielle Kundengruppe eingegrenzt, deren Bedürfnisse von anderen Akteuren am Markt ignoriert oder nicht wahrgenommen werden. Zur Identifikation muss sich ein Unternehmen intensiv mit den Kunden und ihren Produktvorstellungen auseinandersetzen.
7. Eintrittsbarrieren: Die Eintrittsbarrieren in einen Nischenmarkt sind durch die Spezialisierung deutlich höher, was viele Unternehmen davon abhält, in einen solchen Markt einzutreten.
8. Wachstumspotenziale: Wachstums- und Expansionsmöglichkeiten sind für Nischenmärkte essenziell und sollten vor Markteintritt bereits analysiert werden (vgl. Parrish et al. 2006, S. 697).
Die Fokussierung einer Nische ermöglicht es Unternehmen, eine dominierende Marktposition anzustreben und sich durch Spezialisierung von der breiten Masse abzuheben. Darüber hinaus sind die Gewinnspannen wesentlich höher, da die Kunden bereit sind, deutlich mehr Geld für Premiumprodukte auszugeben, die ihren besonderen Ansprüchen entsprechen. Betriebe, die in einer Nische erfolgreich sind, kennen ihre Kundengruppe bereits und legen hohen Wert auf eine offene Kommunikation. Im Zuge dessen entwickeln sie ein tiefes Verständnis für deren Anforderungen und können Produkte immer wieder kundenorientiert modifizieren. Ferner stellen sie dadurch sicher, dass sie die Bedürfnisse der Kunden langfristig befriedigen und bauen ihre Vormachtstellung im Markt durch eine hohe Spezialisierung gepaart mit einer starken Kundenorientierung kontinuierlich aus. Auch die Mitarbeiter zeichnen sich durch spezifische Kompetenzen und Know-how aus. Sie sind in der Regel Spezialisten auf ihrem Gebiet und tragen einen großen Teil zum Erfolg des Unternehmens bei (vgl. Audretsch et al. 2018, S. 5f.).
Die Konzentration auf eine Marktnische in Kombination mit Internationalisierungsansätzen ist für viele Hidden Champions ein fester Bestandteil ihrer Unternehmensstrategie und erklärt ihren internationalen Erfolg (vgl. Schenkenhofer 2020, S. 7f.). Im folgenden Kapitel sollen verschiedene Möglichkeiten der strategischen Ausrichtung näher beleuchtet werden.
2.1.4 Strategische Ausrichtung
Eine klare strategische Ausrichtung ist für den Erfolg eines Unternehmens unabdingbar. Im Rahmen der Strategieformulierung müssen zwei zentrale Fragen beantwortet werden: Wohin soll die Reise eines Unternehmens gehen und wie gelangt es dorthin? Das strategische Ziel besteht in der Regel in der Erlangung von Wettbewerbsvorteilen. Der Vorteil ergibt sich durch die Schaffung eines kundenseitig wahrgenommenen Mehrwerts im Vergleich zu den Konkurrenzprodukten (vgl. Porter 1997, S. 12f.).
"Competitive advantage grows fundamentally out of value a firm is able to create for its buyers that exceeds the firm's cost of creating it. Value is what buyers are willing to pay, and superior value stems from offering lower prices than competitors for equivalent benefits or providing unique benefits that more than offset a higher price. There are two basic types of competitive advantage: cost leadership and differentiation" (Porter 1985, S. 3).
Unternehmen führen demzufolge Aktivitäten durch, die Kosten verursachen, um einen Mehrwert zu schaffen. Potenzielle Wettbewerbsvorteile und Gewinne hängen maßgeblich davon ab, wie ein Unternehmen die Aktivitäten innerhalb der internen Wertschöpfungskette miteinander verknüpft. Die Art und Weise der Konfiguration ist ausschlaggebend für die strategische Ausrichtung. Beispielsweise richten Unternehmen, die sich für einen Preiswettbewerb entscheiden, ihre Aktivitäten anders aus als Betriebe, die eine Nische fokussieren. Der Wettbewerbsvorteil hängt letztendlich davon ab, wie gut die gewählte Strategie Wert generiert (vgl. Porter 2001, S. 50f.).
Wie in Abbildung 3 dargestellt, unterscheidet Porter zwischen drei grundlegenden Wettbewerbsstrategien: Kostenführerschaft, Differenzierung und Fokussierung. Das gleichzeitige Verfolgen mehrerer generischer Wettbewerbsstrategien würde dazu führen, dass ein Unternehmen Gefahr läuft, in der Mitte stecken zu bleiben oder wie Porter es nennt 'stuck in the middle' und somit innerhalb eines Marktes keinen Erfolg hat. Nichtsdestotrotz ist eine erfolgreiche Verknüpfung mehrerer Strategien möglich. Unternehmen können beispielsweise eine Produktdifferenzierungs- mit einer Marktsegmentierungsstrategie kombinieren. Die Produktstrategie, also die Angebotsseite, wird hier an die Anforderungen des Zielmarktsegmentes, die Nachfrageseite, angepasst. Beim gleichzeitigen Verfolgen eines Differenzierungsansatzes und einer Kostenführerschaft entstehen Spannungen zwischen Mehrkosten der Differenzierung und der angestrebten Kostenminimierung, weshalb eine strategische Kombination dieser Art nur schwer umzusetzen und mit Vorsicht zu genießen ist (vgl. Tanwar 2013, S. 11f.).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: generische Wettbewerbsstrategien
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Porter 1985, S. 12.
Bei der Kostenführerschaft versucht ein Betrieb, der günstigste Anbieter im Markt zu werden. Kostenvorteile können beispielsweise bei der Ressourcenbeschaffung oder durch den Einsatz effizienterer Produktionstechnologien realisiert werden. Das wesentliche Ziel besteht darin, die Kosten für alle Wertschöpfungsaktivitäten so weit wie nur möglich zu reduzieren, um dadurch die Gewinnmarge selbst bei niedrigen Stückpreisen zu erhöhen. Häufig erzielen Unternehmen, die sich auf eine Kostenführerschaft ausrichten, ihre Gewinne über die Quantität. Um Kosten einzusparen und günstige Preise anbieten zu können, wird häufig bei der Qualität gespart (vgl. Porter 1985, S. 12f.; Audretsch et al. 2018, S. 5).
Im Rahmen einer Differenzierungsstrategie versuchen Unternehmen, sich durch Alleinstellungsmerkmale von der Konkurrenz zu unterscheiden. Ein Unternehmen kann sich beispielsweise auf bestimmte Attribute oder Kundenwünsche konzentrieren, um verbesserte Produkte anzubieten, welche die Bedürfnisse der Kunden optimal erfüllen. Häufig zeichnen sich diese Produkte durch eine bessere Qualität aus, weshalb die Kunden bereit sind, höhere Preise dafür zu bezahlen. Gewinne werden demzufolge nicht unbedingt über die Quantität, sondern über die Qualität erzielt (vgl. Tanwar 2013, S. 11).
Die Fokusstrategie fußt auf der Eingrenzung eines Marktes innerhalb einer Branche. Dabei fokussiert ein Unternehmen ein spezielles Marktsegment bzw. eine Nische und passt seine unternehmerischen Bemühungen optimal an die Anforderungen des Segments und die Produktstrategie, also die Angebotsseite, wird hier an die Anforderungen des Zielmarktsegmentes, die Nachfrageseite, angepasst.
[...]