Influencer Marketing als Kommunikationsinstrument für den B2B-Bereich


Bachelorarbeit, 2020

88 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Gender-Erklärung

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1.. Einleitung
1.1 Relevanz des Themas
1.2 Abgrenzung des Themas
1.3 Gang der Untersuchung

2. Grundlagen der Arbeit
2.1 Influencer Marketing
2.1.1 Die Entwicklung des klassischen Influencer Marketings zum Influencer Marketing über soziale Medien
2.1.2 Typen von Influencern
2.1.3 Funktionen von Influencern
2.2 Besonderheiten des B2B-Geschäfts und dessen Kommunikation
2.2.1 Abgrenzung von B2B- und B2C-Märkten anhand konstitutiver Merkmale
2.2.2 Charakteristika der B2B-Kommunikation
2.3 Besonderheiten von Hochschulen und deren Kommunikation
2.3.1 Besonderheiten von Hochschulen als Bildungsdienstleister
2.3.2 Charakteristika der Kommunikation von Hochschulen

3. Analyse von Funktionsweisen und Erfolgsfaktoren des IM im B2C- Bereich am Beispiel der Mode- und Reisebranche
3.1 Erläuterung und Begründung des Studiendesigns
3.2 Analyse des Influencer Marketing unter Anwendung des 4-Säulen- Modells für die Unternehmen TUI, Herolé Reisen und About You
3.2.1 Die junge Generation im Blickpunkt der Zielgruppenansprache in den sozialen Medien
3.2.2 Erstellung einer starken Marke vs. Generierung von Abverkäufen -Unterschiedliche Zielsetzungen in der Reise- und Modebranche ..
3.2.3 Arten von Content und unterschiedlicher Influencer-Formate als Determinanten bei der Auswahl geeigneter IM-Kanäle
3.2.4 Die Auswahlkriterien für Influencer auf Instagram der drei Unternehmen
3.2.4.1 Untersuchung der Reichweite als erster Ansatz zur Bewertung des medialen Einflusses eines Influencers
3.2.4.2 Der Zielgruppenfit des Influencers mit seiner Community als Bedingung für die Relevanz von Unternehmen
3.2.4.3 Die Interaktionsrate als Ausdruck für ein resonantes Interaktionsverhalten des Influencers mit seiner Community
3.2.4.4 Diverse Preismodelle zur Berechnung der Kosten der Influencer

4. Das Potenzial des Influencer Marketings in speziellen Anwendungskontexten
4.1 Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von Influencer Marketing im B2B-Bereich
4.1.1 Zielgruppendefinition im B2B anhand Customer Buyer Personas..
4.1.2 Einsatz von Influencer Marketing zur Steigerung der Markenbekanntheit, Search Engine Optimization und Employer Branding
4.1.3 Videos und Beiträge auf den Online-Plattformen YouTube und LinkedIn in Kombination mit analogen Fachmessen
4.1.4 Mitarbeiter aus dem eigenen Unternehmen, Kunden und Fach- /Branchenexperten repräsentieren potenzielle B2B-Influencer ...
4.2 Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von Influencer Marketing im Rahmen der Hochschulkommunikation
4.2.1 Abiturienten und Eltern im Fokus der Zielgruppenansprache von Hochschulen
4.2.2 Die Generierung von Aufmerksamkeit für den Hochschulstandort und des Bundeslandes als Zielsetzung
4.2.3 Ein kombinierter Einsatz der Content-Darstellungen auf den Kanälen Facebook, Instagram, YouTube, TikTok und Hochschulmessen
4.2.4 Auswahl aus externen Influencern, Studenten und Professoren ..

5. Schlussbetrachtung und Ausblick

Quellenverzeichnis

Gender-Erklärung

Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird in dieser Bachelorthesis die Sprachform des generischen Maskulinums angewandt. Es wird an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die ausschließliche Verwendung der männlichen Form geschlechtsunabhängig verstanden werden soll.

Teile des Anhangs wurden aus urheberrechtlichen Gründen vom Redaktionsteam entfernt.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Abgeleitete Nachfrage eines Spezialmaschinenherstellers

Abbildung 2: Vier-Säulenmodell der IM-Strategie

Abbildung 3: Betrachtung der Community von Ana

Abbildung 4: Interaktions-Raten der Influencer auf Instagram

Abbildung 5: Beitragspreise der Influencer auf Instagram

Abbildung 6: Buyer-Persona im B2B

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

1.1 Relevanz des Themas

Mit der digitalen Vernetzung hat sich auch das Kommunikations- und Informationsverhalten der Menschen in den letzten Jahren verändert: Text, Bild oder Video - Inhalte in allen möglichen Ausgestaltungen und Variationen werden geteilt und verbreitet, aus einem Senden wird ein Dialog.1 Dieser digitale Umbruch zwingt Unternehmen, ihr Kommunikationsverhalten dauerhaft anzupassen. Wohingegen die Nutzung des Internets zunimmt, muss die Glaubwürdigkeit der klassischen Werbung einen herben Vertrauensverlust verzeichnen.2 Durch die klassischen Medien wie Zeitungen, Fernsehen oder das Radio lässt sich insbesondere die junge Zielgruppe zunehmend schwerer erreichen. Online- Streaming-Dienste (z.B. Netflix) und Media-Sharing-Plattformen (z.B. YouTube) gewinnen stattdessen weiter an Bedeutung.3

Laut einer Nielsen-Studie aus dem Jahr 2015 empfinden weltweit 83 Prozent aller befragten Konsumenten die Empfehlungen von bekannten Personen gegenüber anderen Werbeformen als vertrauenswürdiger.4 Des Weiteren geben 70 Prozent der Onlinekäufer an, dass sie Produktinformationen vor dem Kauf auf Blogs, in Foren oder auf Empfehlungsportalen recherchieren, da sie der Meinung der Webnutzer mehr vertrauen als den Herstellerwebseiten.5 Mit der Abkehr von den klassischen Kanälen und der Zuwendung zu sozialen Medien zur Informationsbeschaffung wächst die Bedeutung von digitalen Einflussnehmern. Die sozialen Medien geben jedem Nutzer die Möglichkeit, seine Meinung öffentlich zu teilen und zu verbreiten. Die Nutzungszahlen auf den Social-Media-Plattformen steigen weiter an. In diesem Zusammenhang hat sich eine Form von Multiplikatoren herausgebildet, die in Form von YouTube-Videos, Instagram-Bildern oder Blogs eine große Fanbasis aufgebaut haben und mit ihren Beiträgen deren Meinungen und Einstellungen signifikant beeinflussen.6 Vor allem Unternehmen des Business-to-Consumer (B2C)-Bereichs haben das Potenzial der Meinungsbildner erkannt und setzen diese aktiv in ihren

Marketingaktivitäten ein. Diese Trends führten zu der Entwicklung des Influencer Marketings (IM). Influencer werden hierbei in allen möglichen Branchen eingesetzt. Darunter befindet sich bspw. die Mode-, Reise-, Beauty- oder Technikbranche.7 Die amerikanische Agentur Mediakix schätzt, dass werbetreibende Unternehmen im Jahr 2019 weltweit 8 Milliarden Dollar für Werbung mit Influencern ausgegeben haben.8 Das IM befindet sich auf einem unaufhaltbaren Vormarsch und wird von einigen Unternehmen als wichtiges Kommunikationsmittel eingesetzt.9

Nicht nur im B2C-Bereich sondern auch in der Business-to-Business (B2B)- Branche ist ein Wandel in der Kommunikation erkennbar. Die sogenannten Millenials (18- bis 34-Jährigen) sind die neuen Entscheider auf der Kundenseite. In den USA sind 46% derjenigen, die B2B-Entscheidungen maßgeblich beeinflussen, unter 35 Jahre alt. In Deutschland liegt die Zahl nur leicht darunter.10 Die Millenials bevorzugen das Internet zur Beschaffung von Informationen („Googlen“) gegenüber der persönlichen Kontaktaufnahme zum Ansprechpartner im Vertrieb oder dem klassischen Katalog. Mithilfe Skype, WhatsApp oder Google Hangouts sind sie ständig erreichbar und erwarten daher Antworten zu jeder Zeit. Außerdem bauen sie Netzwerke und Beziehungen über Facebook, XING und LinkedIn auf.11 Aufgrund ihrer umfangreichen Erfahrungen mit Onlineshopping haben die Millenials bereits hohe Erwartungen an den Komfort eines Einkaufs. Diese verändern ihr Entscheidungsverhalten. Bei einer potenziellen Auftragsvergabe spielen Faktoren wie die Einfachheit des Bestellprozesses oder die Erreichbarkeit des Unternehmens heutzutage eine genauso wichtige Rolle wie detaillierte Produktspezifikationen.12 Die Entscheider im B2B-Bereich sind deshalb nicht mehr automatisch mit den klassischen Werbemaßnahmen erreichbar. Zudem dreht es sich im B2B-Bereich oftmals um komplexe Produkte und Dienstleistungen, bei denen man Bekannte oder Experten zurate ziehen muss. Deren Meinungen, Empfehlungen und Ratschläge haben mittlerweile für B2B-Marken einen hohen Stellenwert und werden von manchen B2B-Unternehmen bereits als fester Baustein in den Marketing-Mix implementiert. Trotz dieses Paradigmenwechsels zögern viele B2B-Unternehmen mit dem Einsatz von IM, da sie der unerforschten Marketingdisziplin nur schwer vertrauen und kein Gefühl dafür haben, wie man diese Art von Kommunikation konkret umsetzen kann. Es gibt Fälle, in welchen B2B-Unternehmen unüberlegt externe Influencer engagieren und auf einen automatischen Mehrwert für das Unternehmen hoffen. Oftmals sind diese überstürzten Kooperationen mit Influencern zum Scheitern verurteilt und schaden der Reputation des Unternehmens.13

Auch die internationale Hochschullandschaft hat in den vergangenen Jahren einige Veränderungen hinnehmen müssen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich die Bologna-Reform, der Einzug des New Public Managements und der gestiegene Bedarf an gesellschaftlicher Legitimation in den Strukturen der Hochschulen manifestiert. Das zeigt sich konkret in einer Ausweitung und Professionalisierung der Kommunikationsaktivitäten von Universitäten und Hochschulen sowie in einer zunehmenden Orientierung selbiger an Medien und deren Logik.14 Öffentliche Sichtbarkeit stellt eine wichtige Möglichkeit der Legitimation und eine wesentliche Stellschraube im Wettbewerb untereinander dar. Vor diesem Hintergrund ist Online-Kommunikation ein Weg für Hochschulen, ihre Botschaften direkt zu verbreiten und Stakeholder gezielt anzusprechen. Dies ist heutzutage besonders wichtig, da Hochschulen verstärkt unter Druck stehen, sich selbst, ihre Forschung und Lehre gegenüber der Gesellschaft zu legitimieren. Aus diesem Grund ist das Abschneiden in Rankings für Hochschulen von großer Bedeutung.15 Die Erkenntnis aus statistischen Prognosen, dass in Zukunft nicht die Studienplätze knapp werden, sondern die Anzahl an Studieninteressierten abnimmt, macht diese Aufgabe noch wichtiger. Denn in Zukunft werden daraus resultierend nicht mehr die Studieninteressierten in Konkurrenz um die Studienplätze stehen, sondern die Hochschulen in Konkurrenz um die Studieninteressierten. Als Konsequenz wird ein Wettbewerb der Hochschulen und der Fakultäten um die knappe „Ressource“ Studierende bzw. gute Studierende stattfinden.16 Marketingexperten sind der Meinung, dass das IM auch in der Hochschulkommunikation eine reizvolle Variante darstellt, um Studierende zu akquirieren. Allerdings ist das IM in dem Bereich der Hochschulen ein unerforschtes Gebiet und nur wenige bis gar keine Hochschulen sind auf den sozialen Netzwerken mit Influencern aktiv. Immer wieder diskutieren Bildungsverantwortliche über den Einsatz des IM und der Frage, wer als Bildungsinfluencer eingesetzt werden kann. Die populären Influencer verlangen für ihre Social-Media-Aktivitäten teilweise sehr viel Geld. Dies schreckt die finanziell limitierten, oftmals staatlichen Bildungseinrichtungen, von dem Einsatz des IM ab. Dabei bleibt ungeachtet, dass es manchmal gar nicht nötig ist, auf kostenintensive Influencer zu setzen.17

Aufgrund der eben geschilderten Beobachtungen ist es nicht verwunderlich, dass das IM in der heutigen Zeit als eines der aufstrebenden Trends der digitalen Werbewirtschaft kritisch diskutiert wird. Deshalb befasst sich die vorliegende Arbeit mit der Frage, wie B2C-Unternehmen Influencer-Marketing als Kommunikationsinstrument betreiben und inwiefern man aus diesen Erkenntnissen Rückschlüsse für die Anwendung im B2B- und Hochschulbereich ziehen kann. Es soll die Thematik aufgegriffen werden, wie man passende Influencer für B2C-und B2B-Unternehmen oder die Hochschule auswählen kann und ob zwischen den verschiedenen Anwendungsfeldern diverse Unterschiede und Parallelen bestehen.

1.2 Abgrenzung des Themas

Die vorliegende wissenschaftliche Arbeit richtet seinen Fokus in der Analyse des B2C-Bereichs auf die Anwendung des IM auf der digitalen Ebene. Dies folgt der Tatsache, dass besonders im B2C-Bereich das analoge IM weniger verbreitet ist. Darüber hinaus wird auf dem B2C-Markt nur die Reise- und Modebranche analysiert. Klassische KPIs (Key Performance Indicator), mit denen man IM- Aktivitäten kontrollieren sollte, werden in diesem Traktat keine Rolle spielen. Es gilt vielmehr abzuhandeln, wie B2C-Unternehmen passende Influencer identifizieren und auf welche spezifischen Merkmale sie dabei achten. Die Untersuchung der Influencer beschränkt sich auf den Kanal Instagram, da diesem aus Nutzersicht als einer der wesentlichen Kanäle eine große Beachtung beigemessen wird. Das Analysevorgehen soll hierbei auf eine Art und Weise stattfinden, die zur identischen Nachahmung verwendet werden kann und Chancen aufzeigt, wie professionelle Tools zur Identifizierung von Influencern eingesetzt werden können. Sämtliche Instrumente und Konstrukte, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit betrachtet werden, werden somit stets aus Anbietersicht untersucht. Aufgrund der Tatsache, dass der B2C-Bereich weitaus mehr Betrachtungspotenzial als der B2B-und der Hochschulbereich aufweist, soll aus der ausführlichen Analyse des B2C-Sektos die Anwendung des IM als Kommunikationsinstrument für diese zwei Anwendungsfelder abgeleitet werden.

Für den B2B-Bereich werden Möglichkeiten und Grenzen zur Anwendung des IM sowohl auf analoger als auch auf digitaler Ebene aufgezeigt. An dieser Stelle muss gesagt werden, dass in dieser Ausarbeitung keine Systematisierung der B2B- Branche stattfinden wird und die vorgeschlagenen Umsetzungsmöglichkeiten für das B2B-IM als allgemeingültig betrachtet werden sollen und ausschließlich auf den anwendungstypischen Besonderheiten dieses Geschäftsfeldes beruhen.

In dieser Arbeit wird im Hochschulbereich der Fokus auf dem IM des B2C- Bereichs liegen, d.h. es sollen Potenziale aufgezeigt werden, die das IM für die Generierung neuer Studierende beinhaltet. Der B2B-Bereich von Hochschulen, welcher bspw. die Ansprache von Unternehmen oder Forschungsmitarbeitern miteinschließt, wird in dieser Ausarbeitung nicht thematisiert.

1.3 Gang der Untersuchung

Die vorliegende Arbeit ist in fünf Kapitel untergliedert. Das erste Kapitel führt in die Relevanz und Abgrenzung der Thematik ein, bevor in diesem Punkt der Untersuchungsvorgang geschildert wird.

Das darauffolgende zweite Kapitel stellt eine Einführung in die elementaren theoretischen Grundlagen dar. Um ein ganzheitliches Verständnis über das IM als Kommunikationsinstrument zu erhalten, wird die Entwicklung des klassischen IM zum modernen IM, aufgezeigt. Anschließend werden die unterschiedlichen Typen und Funktionen von Influencern herausgearbeitet. Im nächsten Schritt dieses Kapitels werden die Besonderheiten des B2B-Geschäfts sowie dessen Kommunikation erläutert. Die Besonderheiten von Hochschulen und deren Kommunikation schließen das zweite Kapitel ab.

Zu Beginn des dritten Kapitels wird das zu Grunde liegende Studiendesign beschrieben. Im Anschluss werden differenzierte Funktionsweisen und Erfolgsfaktoren des IM im B2C-Bereich am Beispiel der Mode- und Reisebranche aufgezeigt. Hierbei findet eine Zuhilfenahme von Sekundärmaterial statt, die durch eine gründliche Analyse der Unternehmen TUI Deutschland, Herolé Reisen und About You ergänzt wird. In diesem Schritt werden anhand eines Vier-Säulen­Modells die Zielgruppendefinition, Zielsetzungen, Social-Media-Kanäle und die Identifikation geeigneter Influencer sowohl näher erläutert als auch vorgestellt.

Das vierte Kapitel besteht aus der Ableitung von Möglichkeiten und Grenzen für das IM im B2B-Marketing und im Hochschulbereich, die aus der Analyse des B2C- Sektos hervorgehen. Konkrete Beispiele verdeutlichen, wie eine mögliche Anwendung des IM als Kommunikationsinstrument in diesen speziellen Anwendungsfeldern ablaufen kann. Zur Veranschaulichung der Umsetzung bieten Best-Practices verschiedener Unternehmen einen zusätzlichen Orientierungsrahmen, die den Einsatz des IM erleichtern soll. Auch hier wird der Fokus auf der Zielgruppendefinition, den Zielsetzungen, den Social-Media- Kanälen und der Auswahl der Influencer liegen.

In einer abschließenden Zusammenfassung in Kapitel fünf werden die Ergebnisse in einer komprimierten Form dargestellt sowie die eingangs aufgestellte Forschungsfrage beantwortet. Ein Ausblick über die zukünftige Entwicklung des IM als Kommunikationsinstrument für die verschiedenen Branchen schließt die wissenschaftliche Arbeit ab.

2. Grundlagen der Arbeit

2.1 Influencer Marketing

2.1.1 Die Entwicklung des klassischen Influencer Marketings zum

Influencer Marketing über soziale Medien

Das Grundprinzip der „Meinungsmacher“ und des „Beeinflussens“ gab es schon lange vor den Zeiten der Digitalisierung. Bereits im Jahr 1760 kam Josiah Wedgwood, Gründer der bekannten Porzellanmanufaktur Wedgwood, auf den Gedanken, besondere Personen zur Verbreitung seiner Unternehmensbotschaften einzusetzen. Er ließ dabei die Königsfamilie für seine Produkte sprechen und schuf damit große Begehrlichkeiten in der Bevölkerung.18

Nach diesem ersten Ansatz des Beeinflussens wurde in den 1940er-Jahren von Lazarsfeld und Kollegen die Entdeckung des Meinungsführers an der Schnittstelle zwischen massenmedialer und interpersonaler Kommunikation mit einer soziologischen Massenkommunikationsforschung weiter untersucht. Die Forschung beruhte auf der Grundannahme, dass Meinungsführer die Meinungsbildung in ihrem sozialen Umfeld anführen und in Gesprächen die Meinungen ihrer Mitmenschen beeinflussen können. Zu dieser Zeit wurden Meinungsführer vor allem zur politischen Meinungsbildung eingesetzt.19

Die 1960er- und 1970er- Jahre gelten als die „Golden age of opinion leaders“. Zu dieser Zeit sind mehrere Hundert Studien entstanden, die sich mit dem Prinzip der Meinungsführerschaft auseinandersetzten. In dieser Phase wurden vor allem empirische Instrumente wie Meinungsführerskalen eingesetzt, die auf verschiedenen Dimensionen, wie Mediennutzung, Persönlichkeitsmerkmalen und inhaltlichen Expertisen basierten.20

Nirschl und Steinberg dagegen sehen die Quelle des Beeinflussens bei Robert Cialdini, zeitlich etwas später angesiedelt. Der Professor für Psychologie veröffentlichte 1984 das Buch „Influence: The Psychology of Persuasion“, in dem er sechs Prinzipien, die Menschen beeinflussen, erläutert.21

In den 1980er- und 1990er-Jahre, dem Hochpunkt des Fernsehkonsums, beeinflussten v.a. Personen aus dem öffentlichen Leben, z.B. aus Film und TV bekannte Sportler, Sänger und Schauspieler, die junge Zielgruppe. Hierbei fungierten Boybands, Hollywood-Stars, Show-Moderatoren oder Sport-Ikonen als Markenbotschafter für Limonaden, Sportartikel, Parfüms oder Lebensmittel. Man setzte sie in Werbesports ein, sie nutzten die Produkte und sprachen sich in der Öffentlichkeit für sie aus.22

Die unterschiedlichen Herangehensweisen zeigen, dass sich die Menschen und die Werbung schon seit langem mit dem Phänomen des Beeinflussens in Form von Meinungsführern auseinandersetzen. Diese klassischen Ansätze des Beeinflussens haben aufgrund der Entwicklung des Web 2.0 in den letzten Jahren einen Wandel vollzogen.23 Meinungsführer können mittels Social Software ihre Einstellungen digital teilen und verbreiten. Es eröffnen sich neue Dimensionen, die es theoretisch jedem mit Internetzugang ermöglichen, Influencer zu werden. Durch diese Möglichkeiten informieren sich Verbraucher zunehmend in den neuen Medien und bei authentischen Quellen, wie personenbezogenen Social-Media Accounts, über die aktuellen Trends in den unterschiedlichsten Bereichen. An dieser Stelle kommen die „modernen“ Influencer zum Tragen.24 Influencer im Allgemeinen werden als Personen bezeichnet, die andere durch ihre Interaktionen und ihr Handeln mit der Community beeinflussen. Er wird durch die Fähigkeit definiert, die Meinungen und/oder das Verhalten anderer durch seine Autorität oder Popularität zu beeinflussen. Im kommerziellen Sinne sind Influencer sogenannte Multiplikatoren oder Meinungsführer, die von sich aus Inhalte (Text, Bild, Video, Audio) als Werbebotschaften über verschiedene Kommunikationskanäle (Facebook, Instagram, YouTube, LinkedIn, Xing usw.) verbreiten und ausschließlich über soziale Medien mit ihrer Community interagieren. Influencer ragen aus der großen Masse der Social-Media Nutzer heraus, da sie mit ihren Negoziationen hohe Reichweiten erzielen können.25 In der Fachliteratur und online werden mannigfaltige Begriffe wie „Content Creator“, „Meinungsmacher“, „digitale Influencer“ oder auch „Social Influencer“ verwendet.26 Gemeint ist jedoch immer dasselbe Phänomen.

In der Fachliteratur wird das moderne IM diametral konkretisiert. Dies hängt damit zusammen, dass das Praxisfeld, so wie es heute umgesetzt wird, noch jung ist und es keine klaren, abgrenzbaren Begriffserklärungen gibt.27 Für die vorliegende Arbeit wird aber fortlaufend die Definition von Deges herangezogen, da in diversen Studien und Fachbeiträgen auf diese Darlegung verwiesen wird und als ganzheitliche Systematisierung betrachtet werden kann: „Influencer Marketing ist die Planung, Steuerung und Kontrolle des gezielten Einsatzes von Social-Media- Meinungsführern und -Multiplikatoren, um durch deren Empfehlungen die Wertigkeit von Markenbotschaften zu steigern und das Kaufverhalten der Zielgruppe positiv zu beeinflussen.“28

Jede Form von erfolgreichem Marketing oder erfolgreicher Markenkommunikation beruht auf dem Prinzip der Beeinflussung.29 Allerdings ist das IM wie alle anderen Word-of-Mouth (WOM) -Aktivitäten niemals vollständig kontrollierbar und bietet für Unternehmen nicht die Transparenz, die andere Kommunikationsmittel besitzen.30 Deshalb beschreiben Sammis et al. das IM vielmehr als beeindruckendes, einzigartiges Accessoire, dass zum weitaus bekannteren Empfehlungsmarketing oder Social-Media-Marketing gehört31 und häufig als Ergänzung zu klassischen Marketing- bzw. Kommunikationsaktivitäten verstanden werden kann.32

2.1.2 Typen von Influencern

Einige Studien haben bereits versucht, eine Typisierung von Influencern vorzunehmen. Alle untersuchenden Institute kamen dabei zu anderen Ergebnissen. Dies liegt nicht an einer unterschiedlich genauen Abgrenzung, sondern vielmehr an der grundsätzlichen Herangehensweise. Die Unterteilung von Influencern kann generell nach ihren Inhalten, nach ihrer Motivation oder nach ihrem Werdegang stattfinden.33 Es stellt sich die Frage, welche Klassifikation die Sinnvollste darstellt.

Funke und die Social Media Agentur tobesocial sind der Meinung, dass eine inhaltliche Betrachtung des Influencers die schlüssigste Segmentierung darstellt.34 Hierbei werden insgesamt sechs verschiedene Influencer-Typen klassifiziert. Der Aktuelle, der Lifestyler, der Entertainer, der Aktivist, der Experte und der Künstler.35

In die Kategorie der „Aktuellen“ fallen alle Influencer, die sich mit angesagten Themen auseinandersetzen. Damit sind nicht nur die Nachrichten aus aller Welt, sondern vielmehr alle Themen mit einem hohen Aktualitätswert gemeint. Korrelierend dazu beschäftigten sich diese Influencer bspw. mit Klatsch und Tratsch, den neuesten Produktvorstellungen oder den aktuellen Trends der sozialen Netzwerke.36

Unter dem „Lifestyler“ wird ein Influencer mit hohem Bezug zu Themen wie Fashion, Reisen, Sport, Gesundheit oder auch Essen verstanden. Dieser Zweig ist für viele Unternehmen einer der interessantesten, da sich sehr viele Konsumgüter bei Lifestyle-Influencern unterbringen lassen und diese gleichzeitig auch noch perfekt als Trendsetter funktionieren.37

Wohingegen der „Lifestyler“ im aktuellen Trend sein möchte, geht es dem „Entertainer“ um das reine Unterhalten seiner Community. Comedy-Formate und Parodien sind seine Fachgebiete. Er kann aber auch Videospiele spielen, sich mit Popkultur-Themen beschäftigen oder aus seinem persönlichen Alltag berichten. Seine Anhänger sind eine treue Gemeinschaft, die seine Art und seinen Humor lieben.38

Der „Aktivist“ behandelt gesellschaftliche Themen, Politik und Wirtschaft. Er versucht in jedem Fachbereich die Dinge zu hinterfragen und etwas zu bewegen. Er zeichnet sich durch seine investigative Vorgehensweise aus und beteiligt sich dementsprechend schlagfertig an Diskussionen im Netz. Kooperationen mit „Aktivisten“ sind dann sinnvoll, wenn ein politisches Engagement stattfinden soll. „Aktivisten“ werden meistens von Verbänden, Umweltschutzorganisationen oder anderen Interessenvertretungen angestellt.39

Agieren Influencer als Experten, glänzen sie mit ihrem Wissen und ihrer fundierten Meinung in bestimmten Themenfeldern. Influencer als Experten gibt es in so gut wie jeder Nische. Die Accounts der Experten werden nicht nur abonniert, weil die Community seine Meinung zu einem spezifischen Themenbereich hören möchte. Eine Vielzahl seiner Beiträge wird über Suchfunktionen gefunden, weil Personen bestimmte Inhalte suchen. Stehen Search Engine Optimization (SEO)-Influencer- Kooperationen oder erklärungsbedürftige Produkte im Spektrum der Unternehmen, ist der „Experte“ eine gute Wahl.40

Der Influencer als Künstler zeichnet sich durch seinen eigenen Stil und seiner individuellen Bildsprache aus. Des Weiteren kreiert er Inhalte auf eine neue Art, probiert aus und variiert mit Bildsprache und Design. Für ihn steht im Vordergrund, die Welt aus neuen Perspektiven zu betrachten. In der Themenfixierung ist diese Kategorie breit aufgestellt, weshalb eine Kooperation vor allem an dem künstlerischen Schaffen des Influencers festgemacht wird.41

Deges dagegen hat andere Wurzeln zur Typisierung von Influencern gesetzt. Er unterteilt die Influencer nach ihrem bespielten Social-Media-Kanal, nach ihrer Reichweite, ihrem Themenspektrum, ihrer Soziodemografie, ihrem gesellschaftlichen Status und nach jeweiligen Sonderformen.42

Bei einer Klassifizierung des Influencers hinsichtlich seines Social-Media-Kanals kann zwischen den klassischen B2C-Plattformen Facebook, Instagram, YouTube, Snapchat, Twitter oder auch eigenen Blogs differenziert werden. Des Weiteren sind, speziell für berufliche Zwecke, Influencer auf den Plattformen LinkedIn oder auch XING zu finden.43

Werden Influencer aufgrund ihrer unterschiedlichen Reichweite segmentiert, kann man diese in Mikro- und Makro-Influencer einteilen. Mikro-Influencer haben eine geringere Reichweite, sind aber eng mit ihrer Community verbunden und ermöglichen so einen intensiven Austausch mit ihren Followern. Als Mikro- Influencer gelten Personen mit einer Reichweite zwischen 5.000 und 50.000 Followern.44 Als Makro-Influencer dagegen werden Personen mit einer Follower- Zahl von mindestens 50.000 Followern bezeichnet. Bei Makro-Influencern sind höhere Streuverluste als bei Mikro-Influencern zu verzeichnen.45

Deges Unterscheidung nach dem Themenspektrum des Influencers beinhaltet die Themen Fashion, Food, Lifestyle, Beauty und Travel. In der Soziodemografie definiert er klassische Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Sprache. Hinsichtlich des gesellschaftlichen Status unterteilt Deges die Influencer in Promi-Influencer, YouTube-Stars, Testimonials oder Celebrity Testimonials.46

Des Weiteren grenzt Deges die Influencer anhand bestimmter Sonderformen ab. In diesem Umfeld gibt es sogenannte Peer Influencer, die als Stakeholder (Kunden, Lieferanten) in einem engen Kontakt zu dem Unternehmen stehen. Da sie direkte Erfahrungen mit dem Unternehmen vorweisen können, werden ihre Empfehlungen als glaubwürdig angesehen.47 Eine weitere Sonderform stellen die sogenannten Corporate Influencer dar. Unternehmen können ihre eigenen Mitarbeiter gezielt als Influencer einbinden und einsetzen. Sie sollen aus Sicht der Insider glaubwürdige und authentische Einblicke in den Arbeitsalltag des Unternehmens gewähren und damit einen attraktiven Arbeitgeber darstellen.48 Ebenso gibt es Mitarbeiter, die privat und in ihrer Freizeit als Hobby-Influencer auftreten und im jeweiligen Fachbereich des Unternehmens tätig sind. Vielreisende Mitarbeiter eines Tourismusunternehmens können bspw. auf eigene Initiative einen Reiseblog betreiben.49

2.1.3 Funktionen von Influencern

Das Idealbild eines Influencers vereint Eigenschaften wie Glaubwürdigkeit, Vertrauen, Authentizität und Ausstrahlung.50 Die Glaubwürdigkeit des Influencers liegt in seiner Expertise. Die Community erwartet, dass der Influencer nur dann Empfehlungen abgibt, wenn er von den Produkten und Dienstleistungen tatsächlich überzeugt ist und diese in seinem Alltag selbst einsetzt. Handelt er dabei noch mit spürbarem Sachverstand, wird er anerkannt und wertgeschätzt.51 Eine empirische Studie des Bundesverbands für digitale Wirtschaft belegt diese Aussage. Nach dieser Studie stehen Influencer auf Platz drei der glaubwürdigsten Quellen für Produktempfehlungen. Sie sind für die Verbraucher damit wichtiger als Zeitungen/Zeitschriften oder TV-Spots.52

Jedes Mal, wenn ein Produkt oder eine Dienstleistung gekauft wird, besteht für den Käufer das potenzielle Risiko eines „Fehlkaufs“. Das Vertrauen in die Influencer kann dies jedoch bei den einzelnen Kaufentscheidungen mindern. Die Community vertraut einem Influencer, wenn dieser als unabhängiger und neutraler Ratgeber anerkannt wird. Steht er jedoch nicht im Einklang mit seinen eigenen Empfehlungen, entsteht ein Vertrauensverlust. Es ist also wichtig, dass der werbliche Inhalt auch zum organischen Inhalt passt, dass der Influencer nicht für mehrere Unternehmen gleichzeitig wirbt und dass kein schneller Wechsel der Werbepartnerschaften in der gleichen Produktkategorie erfolgt.53

Unter der Komponente der Authentizität versteht man die Art der Kommunikation und Information. Influencer entwickeln im Laufe der Zeit ihren individuellen Stil. Dieser Stil beinhaltet die unparteiische und offene Übermittlung von Informationen. Authentizität steht für Begeisterung und Leidenschaft. Im Idealfall sollte der Influencer Fan seines eigenen Accounts sein. Wie bereits erwähnt, sprechen viele Influencer eine überwiegend junge Zielgruppe an. Deshalb geht es auch um die adäquate Sprache, Stil und Tonalität. Influencer aus der gleichen Altersgruppe wissen, wie sie auf Augenhöhe mit ihren Fans und Anhängern einen klaren Dialog führen können.54

Influencer repräsentieren Persönlichkeiten in der digitalen Welt. Aufgrund ihrer Präsenz erscheinen sie vielen Fans nicht als fremde, unzugängliche Menschen, wenn sie ehrlich und verständlich über ihr Leben berichten und ihren Anhängern das Gefühl geben, ein Teil davon zu sein. Durch eine ständige Kommunikation wird der Follower zum täglichen Begleiter des Influencers. Infolgedessen identifiziert er sich mit dem Influencer. Diese Identifikation der Community mit dem Influencer wird auch durch sein Verhalten in der Öffentlichkeit geprägt. Ein Treffen in der realen Umgebung schafft eine emotionale Verbindung, die über die digitale Präsenz hinausgeht. Dies kann bei Messen, Veranstaltungen oder Promotions der Fall sein.55

2.2 Besonderheiten des B2B-Geschäfts und dessen Kommunikation

2.2.1 Abgrenzung von B2B- und B2C-Märkten anhand konstitutiver Merkmale

Da die vorliegende Arbeit u.a. eine Untersuchung des IM als Kommunikationsinstrument für den Business-to-Business (B2B) -Bereich darstellt, soll nun der B2B-Markt vom B2C-Markt abgegrenzt werden. Dies ist wichtig, da deren Unterschiede einen erheblichen Einfluss auf den Einsatz von Kommunikationsmaßnahmen haben.56

R.T. Kreutzer et al. konkretisieren den B2B-Markt als Geschäftsbeziehungen zwischen Herstellern und den Absatz von Produkten und Dienstleistungen an organisationalen Kunden. Dazu gehören Produzenten (Industrie, Dienstleister, Landwirte, Bergbau etc.) sowie Groß- und Einzelhändler. Der B2C-Markt dagegen zielt auf die Vermarktung von Produkten an Endabnehmer und Letztverbraucher ab.57 Um den Begriff des B2B-Bereichs zu komplettieren, muss auch der Absatz an Gebietskörperschaften (Bund, Land und Kommunen) sowie Non-Profit­Organisationen (Nationale und supranationale Organisationen) miteinbezogen werden.58

Ein wesentliches Merkmal des B2B-Marktes stellt die abgeleitete Nachfrage dar.

Hierbei leitet sich die Nachfrage einer Organisation aus dem Bedarf der Kunden der Organisation ab.59

Abbildung 1: Abgeleitete Nachfrage eines Spezialmaschinenherstellers

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Walsh et al. (2020), S. 464.

Abbildung 1 verdeutlicht, dass der Hersteller von Spezialmaschinen für seine Produktion die Rohstoffe Eisen und Stahl von einer Erzverarbeitung bezieht. Die Spezialmaschinen werden an unterschiedliche Fensterhersteller weltweit verkauft, da sie zur Herstellung von Fenstern für diverse Kundengruppen benötigt werden. Die Nachfrage nach den Spezialmaschinen hängt wiederrum unmittelbar vom Nachfrageverhalten der nachgelagerten Stufen ab. Aus dieser „Reaktionskette“ wird ersichtlich, dass sich der Hersteller für Spezialmaschinen bei der Abschätzung des zukünftigen Absatzes nicht nur auf die direkten Kunden beschränken sollte. Auch die Kunden der nachgelagerten Stufen (Kunden der Kunden) sowie die Endkunden müssen berücksichtig werden.60

Ein weiterer Unterschied ist der divergierende Verlauf der Entscheidungsprozesse. Aufgrund hoher finanzieller Investitionen werden Entscheidungen in B2B-Märkten im Gegensatz zu B2C-Märkten eher rational als emotional getroffen. Der Fokus liegt hierbei auf der Leistung des Produktes und auf internen und externen formalen Vergaberichtlinien, wie bspw. Ausschreibungen. Im B2B-Marketing verliert der hedonische wie auch der symbolische Nutzen einer Marke an Einfluss.61

Eine weitere Besonderheit des B2B-Bereichs stellt die Multiorganisationalität dar. Dies bedeutet, dass an dem jeweiligen Beschaffungsprozess des B2B- Unternehmens weitere Organisationen beteiligt sind. Zur Verdeutlichung dieser Eigenschaft wird folgendes Beispiel herangezogen: Bei einer Kaufentscheidung bezieht ein großer Industriekunde die Bank in die Finanzierung einer Großanlage mit ein und beauftragt ein externes Ingenieurbüro mit der Planung dieser Großanlage. In der Praxis sind noch weitere Organisationen in diesen Kaufprozess involviert. Es wird deutlich, dass der Anbieter die externen Partner (Bank, Ingenieurbüro etc.) von Industriekunden bei einer effektiven Marktbearbeitung, insbesondere in der Kommunikationspolitik, berücksichtigen sollte.62

Während in B2C-Märkten die meisten Kaufentscheidungen von Einzelpersonen getroffen werden, sind in B2B-Märkten mehrere Personen am Kaufprozess beteiligt und Kaufentscheidungen finden nur gemeinsam statt. Die Gründe für eine Mehrpersonenbeteiligung liegen sowohl in der hohen Komplexität der Produkte als auch in einem hohen Kaufrisiko von B2B-Kaufentscheidungen. Die beteiligten Personen werden daher im sogenannten Buying-Center zusammengefasst. Mit Hilfe des Buying-Centers soll der Blick des verkaufenden Unternehmens dafür geschärft werden, wer maßgeblich an einer Einkaufentscheidung mitwirkt. Typische Rollen des Buying Centers sind Nutzer, Einkäufer, Entscheider, Einflussnehmer (Influencer) und Informationsselektierer.63

Als letzte Besonderheit des B2B-Sektors soll der hohe Grad der persönlichen Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrageorganisation genannt werden. Bei der aktiven Vermarktung von Industrie- und Investitionsgütern entstehen in einem interaktiven Prozess zwischen Anbieter und Nachfrager persönliche Kontakte, die für den Erfolg der Geschäftsbeziehung eine wichtige Rolle spielen. Die persönliche Interaktion soll auch im nächsten Unterkapitel, in dem es um die Charakteristika der B2B-Kommunikation geht, eine wichtige Bedeutung haben.64

2.2.2 Charakteristika der B2B-Kommunikation

Aus dem vorherigen Kapitel geht hervor, dass sich die Bedürfnisse von Industriekunden nicht aus dem privaten Gebrauch der Marke, sondern aus den weitreichenden, komplexen und kostenintensiven Entscheidungen, die sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit treffen und nachweisen müssen, ergeben. Daher ist ihr Informationsverhalten rationaler als das des Konsumgütersektors und die Beziehung zu der beschaffenden Leistung ist weniger persönlich. Für die Kommunikation von B2B-Unternehmen bedeutet dies eine primär rational geprägte Entwicklung der Kommunikationsinhalte. Neben der Relevanz der Funktion und Qualität des Angebots und der technologiebasierten Sichtweise ist es wichtig, das detaillierte Angebotsverständnis der einkaufenden Fachleute, die eine stärkere Geltung objektiv-rationaler Entscheidungskriterien fördern, zu beachten. Daher muss der Inhalt der Kommunikation ein hohes Informationsniveau aufweisen, um die Zielgruppe mit Argumenten zu überzeugen sowie der Komplexität und der Erklärungsbedürftigkeit der angebotenen Leistungen gerecht zu werden.65

Neben den technischen und objektiv gestalteten Kommunikationsbotschaften gab es in den letzten Jahren eine Entwicklung hin zu einer emotionaleren Ansprache und die Forderung nach mehr Kreativität in der B2B-Kommunikation. Die Ansprache der B2B-Kunden erlebt eine disruptive Veränderung, die sich zwischen emotionalen und sachlichen Elementen bewegt. In diesem Kontext müssen B2B- Unternehmen eine Gratwanderung zwischen Rationalität und Emotionalität in der Kommunikation meistern.66

Die abgeleitete Nachfrage auf den B2B-Märkten hat für die Kommunikationspolitik von Industriegütern direkte Auswirkungen. Demzufolge haben die nachgelagerten Wertschöpfungsketten und der Endnutzermarkt einen erheblichen Einfluss auf den Erfolg und müssen als relevante Zielgruppen für Kommunikationsaktivitäten angesehen werden. Der Zweck der kommunikationspolitischen Aktivitäten des Lieferanten besteht darin, langfristige Präferenzen auf allen Marktebenen festzulegen und eine Nachfrage nach eigenen Komponenten und Leistungen zu generieren. Eine in diesem Zusammenhang sinnvolle und bekannte Strategie stellt das „Ingredient Branding“ dar.67

Aufgrund der Multiorganisationalität steht die Kommunikationsarbeit des anbietenden Unternehmens vor der Aufgabe, die multiplen Informations- und Kommunikationsbedürfnisse der am Beschaffungsprozess beteiligten Organisationen in Erfahrung zu bringen und individuell, mit Hilfe gezielter kommunikationspolitischer Maßnahmen, zu bedienen. Aus diesem Grund sind alle beteiligten Marktteilnehmer in eine frühzeitige und aktive Kommunikation des Anbieters einzubinden.68

Ein weiteres Charakteristikum der B2B-Kommunikation ist die fundamentale Besonderheit der Heterogenität der Informationsbedürfnisse der unterschiedlichen Akteure im Buying Center. Die Mitglieder unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Einflussnahme, Entscheidungsverhalten, Funktionen und Qualifikationen. Daraus entsteht für die Kommunikationspolitik die Aufgabe, eine differenzierte Ansprache der einzelnen Mitglieder zu gewährleisten. Unter Berücksichtigung der individuellen Rollen sowie ihres Informations- und Entscheidungsverhaltens gilt es folglich, ihnen die passenden Kommunikationsinhalte und -botschaften zu offerieren.69

Die Kommunikation im B2B-Marketing zeichnet sich außerdem durch einen starken persönlichen Charakter aus. Damit geht einher, dass die Anforderungen an die Verhandlungsführer besonders hoch sind und verschiedene Aspekte im Einzelnen ausgehandelt werden müssen. Dies umfasst bspw. die Dokumentation von technischen Leistungen in Form eines spezifizierten technischen Leistungsverzeichnisses, das sogenannte Lastenheft. Aber auch betriebswirtschaftliche Konditionen, mögliche Abwicklungsprobleme und Vertragsstörungen müssen in der B2B-Kommunikation berücksichtigt werden.70 Im persönlichen Verkauf müssen vor allem bei internationalen Geschäften kulturelle Unterschiede in der Ansprache der Kunden, aber auch landesspezifische Vorschriften und technische Standards beachtet werden. Ein Beispiel soll diese Causa unterstreichen: In den USA beträgt die Stromspannung 110 bzw. 120 Volt, in der Bundesrepublik Deutschland dagegen 220 Volt.71

2.3 Besonderheiten von Hochschulen und deren Kommunikation

2.3.1 Besonderheiten von Hochschulen als Bildungsdienstleister

Die Hochschulen im Allgeneinen lassen sich in den Dienstleistungssektor einordnen. Aufgrund der Zugehörigkeit zu dieser Kategorie tangieren die Besonderheiten solcher mit denen der Bildungsdienstleistungen. Die erste Besonderheit besteht in der Notwendigkeit der Leistungsfähigkeit des Bildungsdienstleistungsanbieters bzw. der Hochschule. Meffert konkretisiert dies wie folgt: „Die Erstellung einer Dienstleistung ist nur mit spezifischen Leistungsfähigkeiten (z.B. Know-how, körperliche Fähigkeiten, Technologie) möglich.“72 Im Bereich der Hochschulen kann die Lehrveranstaltung ohne das Know-how der Professoren und in Zeiten der fortgeschrittenen Digitalisierung, ohne die Technik, nicht stattfinden.73

[...]


1 Vgl. Jahnke (2018), S. V.

2 Vgl. Walsh et al. (2020), S. 537.

3 Vgl. ebenda (2020), S. 537.

4 Vgl. The Nielsen Company (2015), S.4.

5 Vgl. Tamblé (2015), S. 11.

6 Vgl. Rabe (2020), online.

7 Vgl. Rakuten Marketing (2019), S.3.

8 Vgl. Theurer (2019), S. 26.

9 Vgl. ebenda (2019), S.28.

10 Vgl. Snyder/Hilal (2015), S. 2.

11 Vgl. ebenda (2015), S. 3.

12 Vgl. Lässig et al. (2015), S. 5.

13 Vgl. von Lewinski (2018), S. 86.

14 Vgl. Metag/Schäfer (2017), S. 163.

15 Vgl. Koenen/Meißner (2019), S. 53-54.

16 Vgl. Winter (2012), S. 37.

17 Vgl. Geu (2017), online.

18 Vgl. Levin (2020), S. 1-2.

19 Vgl. Schach (2018), S. 5.

20 Vgl. ebenda (2018), S. 5.

21 Vgl. Nirschl/Steinberg (2018), S. 5.

22 Vgl. Jahnke (2018), S. 2.

23 Vgl. Ternès/Hagemes (2018), S. 286-287.

24 Vgl. Jahnke (2018), S. 2.

25 Vgl. Deges (2018), S.14.

26 Vgl. Seeger/Kost (2019), S. 29.

27 Vgl. Borchers/Enke (2018), S. 11.

28 Deges (2018), S.35.

29 Vgl. Seeger/Kost (2019), S. 57.

30 Vgl. ebenda (2019), S. 57-58.

31 Vgl. Sammis et al. (2016), S. 173.

32 Vgl. Seeger/Kost (2019), S. 59.

33 Vgl. Funke (2019), S. 99.

34 Vgl. tobesocial (2016), online.

35 Vgl. Funke (2019), S. 99.

36 Vgl. tobesocial (2016), online.

37 Vgl. ebenda (2016), online.

38 Vgl. ebenda (2016), online.

39 Vgl. ebenda (2016), online.

40 Vgl. Funke (2019), S. 101.

41 Vgl. Funke (2019), S. 102.

42 Vgl. Deges (2018), S. 22.

43 Vgl. ebenda (2018), S. 21-22.

44 Vgl. ebenda (2018), S. 23-24.

45 Vgl. Lammers (2018), S. 111-112.

46 Vgl. Deges (2018), S. 24.

47 Vgl. Deges (2018), S. 26.

48 Vgl. Sturmer (2020), S. 2.

49 Vgl. Leischner (2019), online.

50 Vgl. Böhme et al. (2018), S. 1-6.

51 Vgl. Deges (2018), S. 16-17.

52 Vgl. BVDW (2017), S. 11.

53 Vgl. Deges (2018), S. 17-18.

54 Vgl. SocialMedia One (2020a), online.

55 Vgl. Deges (2018), S.19-20.

56 Vgl. Fuchs (2003), S. 9.

57 Vgl. Kreutzer et al. (2020), S. 21-22.

58 Vgl. ebenda (2020), S. 20.

59 Vgl. Walsh et al. (2020), S. 464.

60 Vgl. Walsh et al. (2020), S.463-464.

61 Vgl. Klarmann/Fleischmann (2014), S. 338-339.

62 Vgl. Homburg (2014), S. 301.

63 Vgl. Kreutzer et al. (2020), S. 24-25.

64 Vgl. Homburg (2014), S. 302.

65 Vgl. Bruhn (2015), S. 339-340.

66 Vgl. Bruhn (2015), S. 340.

67 Vgl. ebenda (2015), S. 340-341.

68 Vgl. ebenda (2015), S. 341.

69 Vgl. Walsh et al. (2020), S. 486.

70 Vgl. Homburg (2014), S. 310.

71 Vgl. Walsh et al. (2020), S. 486.

72 Meffert (2012), S. 36.

73 Vgl. Meffert (2012), S. 36-37.

Ende der Leseprobe aus 88 Seiten

Details

Titel
Influencer Marketing als Kommunikationsinstrument für den B2B-Bereich
Autor
Jahr
2020
Seiten
88
Katalognummer
V1151987
ISBN (eBook)
9783346571427
ISBN (Buch)
9783346571434
Sprache
Deutsch
Schlagworte
influencer, marketing, kommunikationsinstrument, b2b-bereich
Arbeit zitieren
Jan Pach (Autor:in), 2020, Influencer Marketing als Kommunikationsinstrument für den B2B-Bereich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1151987

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