Mit dem Staatsstreich der Bolschewiki vom 25. auf den 26. Oktober (7./8. November)
und dem Sturz der provisorischen Regierung begann in Russland eine Zeit der politischen
Veränderungen.
Die Ausgangslage im Oktober 1917 war so schlecht, dass es der Bevölkerung im
Grunde genommen egal war, wer die Macht erhielt, denn schlechter konnte es für sie
nicht mehr werden. Auch Orlando Figes beschreibt, dass die Petrograder Arbeiter
kein Interesse an dem Aufstand zeigten, der die Bolschewiki an die Macht bringen
sollte – die Wirtschaftskrise war an ihrem Höhepunkt angelangt, während sich die
Menschen am allermeisten um ihre Arbeitsplätze sorgten und weniger um die Frage,
was in der Politik so vor sich ging. So war es für die Bolschewiki möglich, die Macht
zu übernehmen, auch wenn sie nicht unbedingt den Rückhalt der Bevölkerung hatten,
was sich in den Wahlen im September widerspiegelte. Auch wenn sie hier die
Mehrheit erreicht hatten, lag das weniger an ihrem überzeugenden Konzept, als an
der Tatsache, dass eine tiefe Unzufriedenheit vorherrschte und gleichzeitig die
Wahlbeteiligung sehr gering war. Die eher konservativen Wähler gingen erst gar
nicht zur Wahl. Diese Gesamtsituation nutzten die Bolschewiki geschickt für ihre eigenen
Interessen.
Nach der Machtübernahme wurde eine Reihe von Dekreten erlassen, die die Besitzverhältnisse
komplett veränderten. Als eines der wesentlichen zu nennen wäre hierbei
das „Dekret über den Grund und Boden“, das die Grundbesitzer enteignete und
das Land zum Allgemeingut erklärte. Dieses sollte nun denjenigen zur Nutzung überlassen
werden, die das Land bestellten. Das Ziel war es, die Masse der Bauern (ca.
90% der Gesamtbevölkerung) auf die Seite der Bolschewiki zu bringen, deren Vertreter
eigentlich eher die Sozialrevolutionäre waren.
Ein weiteres wichtiges Dekret war das „Dekret über den Frieden“, in welchem die
Bolschewiki den kriegführenden Nationen einen sofortigen Frieden ohne Annexionen
und Kontributionen vorschlugen. Dieses Dekret sollte unter anderem auch dabei helfen,
die Soldaten als Wähler zu gewinnen. Die „Bestimmungen über die Arbeiterkontrolle“ war ein weiteres Dekret, erlassen am
14. (27.) November 1917. Dieses soll in dieser Arbeit genauer untersucht werden
anhand der Fragestellung, wie sich dieses Dekret auf die wirtschaftliche Entwicklung
Russlands auswirkte, bevor Lenin mit seiner „Neuen Ökonomischen Politik (NEP)“
begann.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- KURZE DARSTELLUNG DER „BESTIMMUNGEN ÜBER DIE ARBEITERKONTROLLE❝
- ANALYSE DER QUELLE ANHAND AUSGEWÄHLTER LENIN-SCHRIFTEN
- DIE „BESTIMMUNGEN ÜBER DIE ARBEITERKONTROLLE“ IN DER SEKUNDÄRLITERATUR
- EIGENE INTERPRETATION DER QUELLE
- FAZIT
- LITERATURVERZEICHNIS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit den „Bestimmungen über die Arbeiterkontrolle“, einem Dekret der Bolschewiki, das im November 1917 erlassen wurde. Ziel der Arbeit ist es, die Auswirkungen dieses Dekrets auf die wirtschaftliche Entwicklung Russlands zu untersuchen, bevor Lenin seine „Neue Ökonomische Politik (NEP)“ einführte.
- Die „Bestimmungen über die Arbeiterkontrolle“ als Instrument der Bolschewiki zur Umgestaltung der russischen Wirtschaft
- Die Rolle der Arbeiterkontrolle in der Praxis und ihre Auswirkungen auf die Produktion und die Arbeitsbedingungen
- Die Beziehung zwischen Arbeiterkontrolle und Nationalisierung der Industrie
- Die Kritik an der Arbeiterkontrolle und die Herausforderungen ihrer Umsetzung
- Die Bedeutung der „Bestimmungen über die Arbeiterkontrolle“ im Kontext der frühen Sowjetgeschichte
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die historische Situation in Russland im Oktober 1917 dar und erläutert die politische und wirtschaftliche Lage, die zur Machtübernahme der Bolschewiki führte. Sie beleuchtet die schwierige Situation der Bevölkerung und die Gründe für die geringe Unterstützung der Bolschewiki durch die Bevölkerung.
Das zweite Kapitel bietet eine detaillierte Darstellung der „Bestimmungen über die Arbeiterkontrolle“, die in 14 Punkte gegliedert sind. Es werden die wichtigsten Inhalte des Dekrets erläutert, die die Einführung einer Arbeiterkontrolle über die Produktion, den Kauf und Verkauf von Erzeugnissen und Rohstoffen, deren Lagerung sowie über die finanzielle Seite des Betriebes beinhalten. Das Kapitel beschreibt auch die Bildung von örtlichen und Gesamtrussischen Räten für die Arbeiterkontrolle sowie die Rechte und Pflichten der Arbeiter und Betriebsbesitzer.
Das dritte Kapitel analysiert die „Bestimmungen über die Arbeiterkontrolle“ anhand ausgewählter Schriften von Lenin. Es wird untersucht, welche Ziele Lenin mit diesem Dekret verfolgte und welche Methoden er zur Umsetzung dieser Ziele anwandte. Das Kapitel beleuchtet auch die Bedeutung der Arbeiterkontrolle für Lenins Vision einer sozialistischen Gesellschaft.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die „Bestimmungen über die Arbeiterkontrolle“, die wirtschaftliche Entwicklung der Sowjetunion nach der Machtergreifung der Bolschewiki, die Arbeiterkontrolle über die Produktion, die Nationalisierung der Industrie, die „Neue Ökonomische Politik (NEP)“, Lenin und seine Schriften, die politische und wirtschaftliche Situation in Russland im Oktober 1917.
- Arbeit zitieren
- Medea Conrad (Autor:in), 2007, Die wirtschaftliche Entwicklung der Sowjetunion nach Machtergreifung der Bolschewiki, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115239