Opferedikt und die Religionspolitik unter Kaiser Decius. Handelte es sich um eine gezielte Christenverfolgung?


Hausarbeit, 2021

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Einführung in die Thematik
1.2 Quellenlage und Methodik

2. Zur Person Decius
2.1 politischer Aufstieg
2.2 militärischer Aufstieg
2.3 Herrschaft und Fall von Decius

3. Die decische Christenverfolgung
3.1 Der Charakter der Verfolgung
3.2 Motive für die Ausrufung einer Verfolgung
3.2.1 Die christlichen Quellen
3.2.2 Die Religiosität von Decius
3.2.3 Die Bedeutung der Religionspolitik für Decius

4. Eine Christenverfolgung? – Das Opferedikt des Decius
4.1 Inhalt und Anlass des Opferedikts
4.2 Opferkommissionen, Opferlibelli und die Behörden

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

1.1 Einführung in die Thematik

Mit etwa 2,1 Milliarden Anhängern Im Jahr 20091, etwa ein ein Drittel der Erdbevölkerung, ist das Christentum vor dem Islam und den Hinduismus die weltweit verbreitete Weltreligion von den insgesamt fünf Weltreligionen. Diese Entwicklung einer einst sehr kleinen Glaubensgemeinschaft zur großen Weltreligion schritt jedoch nicht immer friedlich und gleichmäßig voran. Die christliche Religion musste im Laufe ihrer Existenzgeschichte einige Rückschläge hinnehmen, bevor sie nach der siegreichen Schlacht Konstantin I. an der Milvischen Brücke 312 und der Mailänder Vereinbarung 313 den anderen Religionen im römischen Reich gleichgestellt wurde.

Einer dieser Rückschläge war wohl die Christenverfolgung unter Kaiser Decius gewesen, die in den Jahren 250 und 251 stattgefunden haben soll. Als erste zentral organisierte und im gesamten römischen Reich durchgeführte Verfolgung von Christen galt sie allgemein betrachtet, sowie als Vorbild für spätere Verfolgungen und als Wendepunkt in der Geschichte der Christenverfolgungen.

Ein Problem ergibt sich jedoch bei der Betrachtung der Quellenlage zu dieser Zeit. Diese lassen sich sehr allgemein gesagt auf Inschriften und Papyri beschränken. Trotz eines gewissen objektiven und sicheren Charakters sind sie jedoch leider meist sehr kurz und bieten deshalb wenig Raum für Interpretationen. Die Rekonstruktion der Christenverfolgung unter Decius fand meistens eher auf der Basis der überlieferten christlichen Quellen statt. Diese sind zwar in ihrem Charakter erzählender und Umfang teils länger, jedoch ist bei ihnen die Differenz zwischen historischer Wirklichkeit und interpretierter Wahrheit sehr groß Aufgrund ihrer Subjektivität2.

Eine Tendenz vom Allgemeinen zum Detaillierten wird im Bezug auf die Forschung zur Religionspolitik des Decius ersichtlich. Beginnend mit allgemeinen Abhandlungen der Christenverfolgungen3, bis zu Forschungen der Christenverfolgungen im dritten Jahrhundert4 hat unteranderem Herr Reinhard Selinger mit seinem Werk „Die Religionspolitik des Kaiser Decius“5 die Ereignisse, ohne Hinzuziehung von christlichen Quellen, auf der Grundlage von „heidnischen“ Quellen rekonstruiert. Dadurch konnten zum Teil sehr deutliche Unterschiede von der Christlichen Sicht der Geschehnisse festgestellt werden. Deshalb ist es notwendig eine kritische Bertachtung der christlichen Quellen und der gegebenen Forschungsmeinung durchzuführen und zu überprüfen, ob es sich bei den Überlieferungen tatsächlich um eine Christenverfolgung gehandelt hat.

1.2 Quellenlage und Methodik

Wie im vorherigen bereits genannt ist die Quellenlage zum Leben, zum Aufstieg und zur Herrschaft von Decius unvollständig und mit einem Raum für Interpretationen überliefert. Abseits von Inschriften und Münzen sind deshalb die Werke von Eutrop und Aurelius Victor umso interessanter. Zeitlich früher sind die Fragmente des Dexippos (etwa 2. Hälfte des 3. Jahrhunderts), später die Berichte von Zosimus (um 500) und Zonaras (12. Jahrhundert) anzusetzen. Darstellungen von Decius in der Historia Augusta und des Ammianus Marcellinus sind nicht auffindbar. Mit Ausnahme von Zonaras berichtet jedoch keine der genannten Quellen von der Christenverfolgung des Decius.

Dafür existiert eine ausgiebige Anzahl an christlichen Quellen, die einen guten Überlick zur Herrschaftszeit des Decius liefern. Ihr Hauptthema ist dabei, was geläufig als die Decische Christenverfolgung bezeichnet wird. Die wichtigsten sind die Briefe aus der Verfolgungszeit des Cyprian von Karthago, die Passio Pionii, ein Bericht über das Märtyrertum des Pionius in Smyrna, und die Zitate des Dionysios von Alexandria in der Kirchengeschichte des Eusebius. Aus den Zitaten des Dionysios konnte Zonaras seine Kenntnisse über die Christenverfolgung ziehen, weshalb er über diese Ereignisse berichten konnte. Leider ist der Quellenwert Berichtes Bericht über das Märtyrertum des Pionius in Smyrna in der Forschung allerdings umstritten. Es ist unklar, ob das Martyrium des Pionius überhaupt in der Zeit der Decischen Verfolgung stattgefunden hat, weder ist es sicher, ob Pionius den Bericht selbst verfasst hat.6

Eine weitere wichtige Quelle sind die Opferlibellli. Sie sind amtliche Zertifikate auf Papyrus, welche dafür genutzt wurden, um die Teilnahme an dem von Decius angeordneten Opfer nachweisen zu können.

Diese Arbeit wird einen umgrenzten Abschnitt der Soldatenkaiserzeit darstellen, nämlich die des Soldatenkaiser Decius. Wobei ein gesonderter Blick auf die sogenannte decische Christenverfolgung gelegt wird. Es wird folgende Fragestellung versucht zu beantworten: Handelte es sich bei dem von Kaiser Decius ausgerufenen Opferedikt um eine geplante und gezielte Verfolgung von Christen?

Dafür wird zuerst ein Überblick über die Person des Decius vorangestellt. In dieser wird der Aufstieg sowie seine Herrschaft in zusammenfassender Form dargestellt. Da im Verlauf der Arbeit teils vermehrt auf die Ereignisse der Decischen Christenverfolgung Bezug genommen wird, gewährleistet dieser Überblick zudem, dass die Darstellung nicht andauernd für längere Erläuterungen unterbrochen werden muss. Im Anschluss wird versucht eine Definition des Wortes „Christenverfolgung“ aus den Erkenntnissen christlicher Quellen herzuleiten, sowie mögliche Motive des Kaisers für eine solche Verfolgung. Daraufhin werden die Ereignisse, die dieses Opferedikt hervorbrachte mit den Erkenntnissen und der Definition der christlichen Autoren verglichen um die obige Frage zu beantworten, ob es sich bei den Ereignissen tatsächlich um eine Christenverfolgung handelte.

Hauptgrundlage für die Biografie des Kaiser Decius sind die Werke von Michael Sommer „Die Soldatenkaiser“ und Reinhard Selinger „Die Religionspolitik des Kaiser Decius. Anatomie einer Christenverfolgung“. Das Werk von R. Selinger eignet sich außerdem sehr gut für die Betrachtung der Christenverfolgung, da in diesem Werk die Rekonstruktion der Ereignisse auf Basis nicht- christlicher Quellen geschieht und sie somit einen differenzierten Blick geben kann. Weitere Werke, auf die ich mich unteranderem beziehen werde, sind die Aufsätze von A. Alföldi zur Christenverfolgung des Decius, die „Histoire des pérsecutions“ von P. Allard und die „Church History“ von C. P. S. Clark. Neben diesen wurden zudem die Arbeiten von J. Moreau und H. D. Stöver zu den Christenverfolgungen im Römischen Reich in Betrachtung gezogen.

Außerdem wurden noch weitere, hier im Einzelnen nicht unbedingt zu erwähnende Arbeiten oder Internetressourcen zu einen bestimmten Aspekt genutzt. Diese sind in den Fußnoten, sowie im Literaturverzeichnis vermerkt.

2. Zur Person Decius

2.1 politischer Aufstieg

Gaius Messius Quintus Decius wurde um 190 in einem Dorf nahe Sirmium in der römischen Provinz Pannonia Inferior geboren7. Er war der erste einer längeren, mit Unterbrechungen bis Galerius reichenden Reihe von Kaisern mit famliären Ursprung im Balkanraum, den Illyricum: Diese Kaiser zeichneten sich dadurch aus, das sie als Berufssoldaten Karriere gemacht hatten und sich zum Kaisertitel empor arbeiteten.

Jedoch wies Decius vor seinen Herrschaftsantritt bereits eine lange senatorische Karierre auf. Er gehörte der romanisierten illyrischen Aristokratie, dem römischen Adel, an und kam vermutlich als Teil der aus Illyrern gebildeten Leibgarde der Severer nach Rom. Dort scheint er eine normale Ämterlaufbahn durchlaufen zu haben. Im Jahre 232 hatte Decius unter Kaiser Severus Alexander mit dem Konsulat, wenngleich lediglich als Suffektkonsul, das höchste senatorische Amt bekleidete, sowie etwa 234 als Statthalter in Moesia Inferior (Niedermoesien) amtierte und zum späteren Zeitpunkt in Germania Inferior (Niedergermanien) in Hispana Tarraconensis.

Während des Sechskaiserjahrs 2388, in welchen bürgerkriegsähnlichen Zustände herrschten, schien Decius gegenüber den Kaiser Maximinus Thrax loyal zu sein, da er ihm bis zuletzt unterstützte. Den Sturz Maximinus Thrax hatte Decius unbeschadet überstanden. Dennoch war das Sechskaiserjahr nicht das Ende seiner politischen Laufbahn gewesen. Noch vor 249 wurde er zum Stadtpräfekten von Rom und damit zum Stellvertreter des Kaisers erhoben9. Den Höhepunkt seiner Karriere hatte er damit aber noch nicht erreicht.

2.2 militärischer Aufstieg

Zosimus, ein griechischer Geschichtsschreiber aus dem 6. Jahrhundert, und Zonaras, ein byzantischer Geschichtsschreiber aus dem 12. Jahrhundert, berichten in ihren Überlieferungen über den militärischen Aufstieg Decius. Unter Kaiser Philippus Arabs wurde er als Dux, als Befehlshaber der Grenztruppen, mit einem wichtigen Kommando an die Donau gesandt, um die Disziplin der dort stationierten Legionen wieder herzustellen und einen Aufstand niederzustrecken.

Decius geling es, die Situation an der Donaugrenze wieder zu stabilisieren. Die dortigen stationierten Truppen riefen ihn im Juni 249 zum neuen Kaiser aus10. Dadurch wurde er nun zum Usurpator, einen illegitimen Machtanwärter. Oder mit anderen Worten: eine Person, die die Macht eines etablierten Gebiets für sich beanspruchen will. Decius verwies zwar weiterhin ostentativ auf seine Loyalität zu Philippus hin, marschierte jedoch mit seinen Truppen, dadurch die Donaugrenze entblößend, entschlossen nach Italien. Als der rechtmäßige Kaiser, Philippus Arabs, schließlich gegen Decius vorging, kam es im September 249 in der Nähe von Verona zu einer ausgesprochen blutigen Auseinandersetzung zwischen den beiden Lagern. Decius ging als Sieger dieser Schlacht hervor, währenddessen Philippus Arabs den Tod fand11.

Decius marschierte noch Mitte des Monats nach Rom. Seine Ankunft wurde in traditioneller Manier gefeiert und auf Münzen festgehalten12 Dort angekommen empfing ihn der Senat mit überschwänglichen Begrüßungen. In Decius sahen sie nunmehr einen neuen optimus princeps und beehrten ihn mit dem Namen Traianus, nach dem idealisierten Kaiser Trajan. Der Name Traianus sollte an die senatsfreundliche Politik und militärische Sieghaftigkeit von Trajan (98-117 n. Chr.) erinnern.13 Seine Frau Herennia Cupressenia Etruscilla erhob Decius nach seiner Ernennung zum Kaiser durch den Senat zur Augusta (Kaiserin). Als dies imperii, der Tag der Ausrufung des Decius zum Kaiser durch das Heer, ernennt er den Tag seines Herrschaftsbeginns.14 Damit folgte Decius dem Vorbild früherer Vorgänger wie Vespasian und Hadrian.

[...]


1 Zahl entnommen aus (https://www.suedkurier.de/ueberregional/wissenschaft/Die-10- groessten-Religionen-und-Glaubensrichtungen;art1350069,10389587) - aufgerufen am 24.06.2021

2 Für das 3. Jahrhundert sind leider nur christliche Quellen überliefert worden, siehe: Selinger, Reinhard: The Mid- Third Century Persecutions of Decius and Valerian, Frankfurt 2002, S. 26.

3 Linsenmayer, A.: Die Bekämpfung des Christentums durch den römischen Staat bis zum Tode des Kaisers Julian (363). München 1995; Moreau, J.: Die Christenverfolgung im römischen Reich. Berlin 1961.

4 Alföldi, A.: Zu den Christenverfolgungen in der Mitte des 3. Jahrhunderts. In: Ders. (Hrsg.): Studien zur Geschichte der Weltkrise des 3. Jahrhunderts nach Christus. Darmstadt 1967, S. 285-311.

5

6 Rives, The Decree of Decius, S. 136.

7 Sommer, Michael: Die Soldatenkaiser, Darmstadt 2020, S. 57.

8 Henning, Börm: Die Herrschaft des Kaisers Maximinus Thrax und das Sechskaiserjahr 238. Der Beginn der „Reichskrise“? In: Gymnasium. Band 115, 2008, S. 69

9 Eder, W.: Decius 249-251. In: M. Clauss (Hrsg.), Die Römischen Kaiser. 55 historische Portraits von Caesar bis Justinian, München 1997, S216- 222

10 Rives, J.B.: The Decree of Decius and the Religion of Empire. In: JRS 89 (1999), S. 135-154

11 Selinger, Religionspolitik. S. 14.

12 M. Sommer: Soldatenkaiser. S. 57.

13 M. Sommer: Die Soldatenkaiser. S. 57.

14 Selinger, Religionspolitik, S. 18.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Opferedikt und die Religionspolitik unter Kaiser Decius. Handelte es sich um eine gezielte Christenverfolgung?
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald  (Historisches Institut)
Note
1,3
Autor
Jahr
2021
Seiten
17
Katalognummer
V1152417
ISBN (eBook)
9783346573674
ISBN (Buch)
9783346573681
Sprache
Deutsch
Schlagworte
opferedikt, religionspolitik, kaiser, decius, handelte, christenverfolgung
Arbeit zitieren
Mario Ziesemeier (Autor:in), 2021, Opferedikt und die Religionspolitik unter Kaiser Decius. Handelte es sich um eine gezielte Christenverfolgung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1152417

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