Die Masterarbeit handelt von den Aspekten der Wissensvermittlung in den Gedichten von Johann Wolfgang von Goethe. "Die Metamorphose der Pflanzen" und "Metamorphose der Tiere" werden dafür verwendet.
Die Struktur dieser Arbeit sieht vor, zunächst Goethes Gründe für die Wahl der Gendichtform als Vermittlungsmedium seiner naturwissenschaftlichen Studien zu erarbeiten. Darauf folgend wird Die Metamorphose der Pflanzen in den Fokus gestellt: Das heißt, es werden die Gattung „Elegie“, die intertextuellen Bezüge zu Ovids Metamorphosen sowie zu Goethes Aufsatz Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären vorgestellt. Anschließend erfolgt die Interpretation des Gedichts anhand der Frage, wie in ihm Goethes botanische Lehre vermittelt wird.
Mit dem zweiten Gedicht, der Metamorphose der Tiere, wird im daran anschließenden Kapitel auf die gleiche Weise verfahren: Das „Hexametergedicht“ wird in den historischen Kontext eingeordnet, die Bezüge zum Naturgedicht De rerum natura von Lukrez und zu Goethes Anatomieaufsatz Erster Entwurf einer allgemeinen Einleitung in die vergleichende Anatomie, ausgehend von der Osteologie5 (1795) werden herausgestellt und schließlich wird das Gedicht mit Blick auf die Art der Wissensvermittlung analysiert. Es folgt ein Kapitel, das die beiden Gedichte anhand der zuvor untersuchten Aspekte miteinander vergleicht. Abgerundet wird die Arbeit durch ein Fazit, das erstens die Ergebnisse.
Inhalt
Abkürzungen
1. Einleitung
1.1 Einordnung in den wissenschaftlichen Kontext
1.2 Goethes naturwissenschaftlicher Werdegang
2. Goethes Naturstudien in den „Metamorphosegedichten“
2.1 Gründe für die „Darstellung der Naturlehre durch einen Poeten“
2.2 Wissensvermittlung in Goethes Die Metamorphose der Pflanzen
2.2.1 Die Elegie als Lehrgedicht
2.2.2 Goethe und Ovids Metamorphosen
2.2.3 Botanische Studien - Goethes Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären
2.2.4 Poetische Vermittlung der Pflanzenmetamorphose
2.3 Wissensvermittlung in Goethes Metamorphose der Tiere
2.3.1 Das Hexametergedicht als Lehrgedicht
2.3.2 Goethe und Lukrez‘ De rerum natura
2.3.3 Der osteologische Typus
2.3.4 Poetische Vermittlung der Tiermetamorphose
3. Vergleich der „Metamorphosengedichte“
3.1 Literarische Tradition
3.2 Vermittlung der wissenschaftlichen Inhalte
4. Fazit
4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
4.2 Ausblick
Literaturverzeichnis
Primärliteratur
Sekundärliteratur
Abkürzungen
FA: Frankfurter Ausgabe: Johann Wolfgang von Goethe: Sämtliche Werke, Briefe, Tagebücher und Gespräche. Hrsg. v. Dieter Borchmeyer et al. 40 Bde. Frankfurt am Main: Deutscher Klassiker Verlag, 1985-1999,1 (Angabe mit Bandnummer in römischen Zahlen und Seitenangabe).
HA Briefe: Hamburger Ausgabe: Johann Wolfgang von Goethe: Goethes Briefe. Briefe der Jahre 1786-1805. Textkrit. durchges. u. mit Anm. vers. v. Karl Robert Mandelkow. 2. Bd. Hamburg: Wegner, 1968, (Angabe mit Bandnummer in römischen Zahlen und Seitenangabe).
LA: Leopoldina Ausgabe: Johann Wolfgang von Goethe: Die Schriften zur Naturwissenschaft. Vollst. mit Erl. vers. Ausg. im Auftrag der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina begr. von K. Lothar Wolf. Hrsg. v. Dorothea Kuhn et al. 30 Bde. Weimar: Böhlau, 1959-2007, (Angabe mit Bandnummer in römischen Zahlen und Seitenangabe).
N: Lukrez: Von der Natur der Dinge: mit dem lateinischen Text nach Wakefield's Ausgabe. Übers. u. hrsg. v. Karl Ludwig von Knebel. 2 Bde. Leipzig: Göschen, 1821, (Zitation im Text mit Angabe des Buches in römischen Zahlen sowie Versangabe).
WA: Weimarer Ausgabe: Johann Wolfgang von Goethe: Goethes Werke. Hrsg. im Auftrag der Großherzogin Sophie von Sachsen. Abtlg. I-IV. 143 Bde. Weimar: Böhlau, 1887-1919, (Angabe mit Bandnummer in römischen Zahlen und Seitenangabe).
1. Einleitung
Das Wirken Johann Wolfgang von Goethes (1749-1832) als Naturforscher gewinnt heutzutage in der Biologie mehr denn je an Aktualität: Neuste Erkenntnisse wenden sich von einem - vorrangig auf Charles Darwin (1809-1882) zurückgehenden und daher - umweltzentrierten Evolutionsgeschehen ab und zeigen, dass stattdessen Goethes Gedanke von einer Wechselwirkung zwischen Umwelt und Organismus durchaus als treffend bezeichnet werden kann.2 Das bedeutet, dass die Evolution der Lebewesen nicht allein aufgrund von Umwelteinflüssen vonstattengeht, sondern auch von den Möglichkeiten der Ausbildung, welche die Gestalt und die Organe mit sich bringen, abhängig ist. In Goethes Gedicht Metamorphose der Tiere (1795-1806) kommt dieser Gedanke wie folgt zum Ausdruck:
Also bestimmt die Gestalt die Lebensweise des Tieres, Und die Weise zu leben, sie wirkt auf alle Gestalten Mächtig zurück. (T, V. 25-27)
Dass Goethes naturwissenschaftliche Bestrebungen und Erkenntnisse heute immer wieder auf dem Prüfstein stehen, könnte man als Ausgleich dafür bezeichnen, dass er zu seiner Zeit als Naturforscher wenig bis keine Aufmerksamkeit bzw. Anerkennung erfahren hat. Obwohl er sich unermüdlich in viele Bereiche der Naturwissenschaften einarbeitete, selbst forschte, sich mit Wissenschaftlern austauschte und seine Ergebnisse veröffentlichte, wurde er nie in die Kreise der angesehenen Naturforscher aufgenommen; viel zu sehr überwog seine Bedeutung als Dichter, die ihn schon damals berühmt machte. Neben den naturwissenschaftlichen Disziplinen hat auch die Germanistik Interesse an Goethes Wirken als Naturforscher. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Verhältnis von Wissenschaft und Dichtung, das in vielen seiner Werke zum Ausdruck kommt. In den Kanon der Beiträge, die Goethe als Forscher und Dichter untersuchen, ordnet sich auch diese Arbeit ein, in deren Zentrum zwei Gedichte wissenschaftlichen Inhalts stehen: Die Metamorphose der Pflanzen (1798) und Metamorphose der Tiere 3. Unter dem Aspekt der Wissensvermittlung, genauer gesagt unter der Fragestellung, warum und wie Goethe seine naturwissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Botanik und vergleichenden Anatomie in Gedichtform vermittelt, sollen die beiden Gedichte analysiert werden.
In Anlehnung an Krämer und Hufnagel soll unter „Wissen“ in dieser Arbeit „naturwissenschaftliches Wissen“ verstanden werden. Das bedeutet, es werden Behauptungen umfasst, die im zeitgenössischen Wissenskontext als wahr gegolten haben und/oder nach den Regeln der damaligen Wissenschaft gerechtfertigt waren.4
Die Struktur dieser Arbeit sieht vor, zunächst Goethes Gründe für die Wahl der Gedichtform als Vermittlungsmedium seiner naturwissenschaftlichen Studien zu erarbeiten. Darauffolgend wird Die Metamorphose der Pflanzen in den Fokus gestellt: Das heißt, es werden die Gattung „Elegie“, die intertextuellen Bezüge zu Ovids (43 v. Chr.-17 n. Chr.) Metamorphosen (etwa 1-8 n. Chr.) sowie zu Goethes Aufsatz Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären (1790) vorgestellt. Anschließend erfolgt die Interpretation des Gedichts anhand der Frage, wie in ihm Goethes botanische Lehre vermittelt wird.
Mit dem zweiten Gedicht, der Metamorphose der Tiere, wird im daran anschließenden Kapitel auf die gleiche Weise verfahren: Das „Hexametergedicht“ wird in den historischen Kontext eingeordnet, die Bezüge zum Naturgedicht De rerum natura (1. Jh. v. Chr.) von Lukrez (etwa 99/94-55/53 v. Chr.) und zu Goethes Anatomieaufsatz Erster Entwurf einer allgemeinen Einleitung in die vergleichende Anatomie, ausgehend von der Osteologie 5 (1795) werden herausgestellt und schließlich wird das Gedicht mit Blick auf die Art der Wissensvermittlung analysiert.
Es folgt ein Kapitel, das die beiden Gedichte anhand der zuvor untersuchten Aspekte miteinander vergleicht. Abgerundet wird die Arbeit durch ein Fazit, das erstens die Ergebnisse zusammenführt und zweitens einen Ausblick auf mögliche weitere Studien eröffnet.
1.1 Einordnung in den wissenschaftlichen Kontext
Goethes „Metamorphosengedichte“ sind bereits vielfach in der germanistischen Forschung untersucht worden. Exemplarisch für die dabei beleuchteten Aspekte sollen im Folgenden einige Interpretationsansätze skizziert werden.
Hinsichtlich der Metamorphose der Pflanzen überwiegen interpretatorische Beiträge, die eine Verbindung von Poesie und Wissenschaft fokussieren: Richter analysiert die Metamorphose der Pflanzen hinsichtlich einer Vereinigung von Wissenschaft und Dichtung, die auf dem wissenschaftlichen Inhalt und der poetischen Form basiert. Er betont, dass in dem Pflanzengedicht die Belehrung bis zur Einsicht stufenweise abläuft und folglich mit dem Weg koinzidiert, den die Leserschaft geht, um den gegenständlichen Stil und die Symbolsprache der Klassik zu verstehen. Des Weiteren zeichnet er präzise nach, dass der Mittelteil des Gedichts inhaltlich mit Goethes wissenschaftlichem Aufsatz Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären übereinstimmt.6
Das Verhältnis von Wissen und Literatur bezogen auf Goethes Naturverständnis steht im Mittelpunkt von Stienings Ausführungen zur Metamorphose der Pflanzen. Er erklärt Goethes Drängen nach der Literatur als Medium der Wissensvermittlung mit dessen Art der Anschauung: Während in der Wissenschaft begriffliche Grenzen vorherrschen, sei die Poesie ein Reflexionsmedium, dass nicht auf Grenzen des Begriffs stoße.7
Dass es sich bei der Metamorphose der Pflanzen sowohl um ein Lehrgedicht, als auch um ein Liebesgedicht handelt, schlussfolgert Ishihara. Demnach komme das im Gedicht interagierende Paar einer Verbindung von Naturwissenschaft und Dichtung gleich, die folglich eine enge Beziehung miteinander eingehen.8
Von einer Interpretation der Metamorphose der Pflanzen aus naturwissenschaftlicher Perspektive sieht Oettinger hingegen ab. Er fokussiert stattdessen die poetischen Aspekte und die pädagogische Funktion des Gedichts. Außerdem spricht er sich für die Bezeichnung des Gedichts als „Elegie“9 anstelle von „Lehrgedicht“ aus.10
Der Metamorphose der Tiere sind zwar generell weniger Forschungsbeiträge gewidmet, diese sind jedoch thematisch diverser aufgestellt: Krämer stellt Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Erasmus Darwins (1731-1802) The Temple of Nature (1803) und Goethes Metamorphose der Tiere heraus. Er schreibt Goethes Tiergedicht eine Einheit und Geschlossenheit zu, mit der es sich in das Ideal der Weimarer Klassik einordnen lasse und somit nach einer Autonomie der Kunst strebe. Hinsichtlich der formalen Geschlossenheit des Gedichts gelinge Goethe diese Einordnung, inhaltlich jedoch sei das Gedicht ohne den Kontext seiner wissenschaftlichen Abhandlungen zur Tierwelt nicht verständlich. Mit der Hervorhebung der Schönheit eines Naturphänomens, ordne sich das Gedicht in die zeitgenössische Thematik der Lehrdichtungen ein, die höherrangige Sprecherinstanz bilde jedoch einen Kontrast zu den menschlichen Autorinstanzen der zeitgenössischen Lehrdichtung.11
Eppers rekonstruiert Goethes Vorstellungen über die natürlichen Wachstumsgrenzen, die in Metamorphose der Tiere als höchstes Gesetz präsentiert werden und bezieht sie in einem zweiten Schritt auf heutige Debatten über ökonomisches Wachstum und dessen Folgen für die Umwelt. Seine Interpretation setzt das Gedicht außerdem in engen Bezug zu Goethes Aufsatz Erster Entwurf einer allgemeinen Einleitung in die vergleichende Anatomie, ausgehend von der Osteologie.12
In seinem Forschungsbeitrag legt Robanus den Schwerpunkt auf die Ambivalenz zwischen der körperlichen Ähnlichkeit und der bewusstseinsmäßigen Differenz in der Beziehung zwischen Mensch und Tier. Die Interpretation der Metamorphose der Tiere erfolgt unter dem Aspekt der Harmonisierung der Mensch-Tier-Beziehung, die auch in der durch das Lehrgedicht vermittelten Einheit aus Naturwissenschaft und Dichtung wiederzufinden sei.13
Aus der Metamorphose der Tiere arbeitet Suerbaum die Bedeutung der Musen als Vermittlungsmedium heraus. Ihrer Meinung nach steht der Einsatz der Musen dafür, dass die neue von Goethe geschaffene Einheit aus Kunst und Natur frei von falschen oder künstlichen Emotionen präsentiert werden soll. Außerdem verleihen sie dem wissenschaftlichen Inhalt des Gedichts einen Wahrheitsanspruch.14
1.2 Goethes naturwissenschaftlicher Werdegang
In diesem Kapitel wird Goethes naturwissenschaftlicher Werdegang nachvollzogen, um einen Überblick über die Schwerpunkte seiner Forschungen zu geben. Zu seinen Hauptinteressen zählen die Alchemie, Chemie, Anatomie, Botanik, Geologie, Mineralogie, Meteorologie, Physik und Farbenlehre.
Der Schwerpunkt von Goethes Grundbildung - er wird von seinem Vater sowie einigen Privatlehrern unterrichtet - liegt auf dem Erlernen von Fremdsprachen, die Naturwissenschaften bleiben unbeachtet. Der junge Goethe lernt daher Latein, Französisch, Englisch, Hebräisch, Italienisch, Griechisch und Jiddisch. Ergänzt werden die Sprachen durch Zeichenunterricht, Fechten und Reiten. Außerdem weiht ihn sein Vater in juristische Grundkenntnisse ein.15 Über seine ersten Lehrjahre äußert sich Goethe wie folgt:
Von dem hingegen was eigentlich äußere Natur heißt, hatte ich gar keinen Begriff, und von ihren sogenannten drei Reichen nicht die geringste Kenntnis. Von Kindheit auf war ich gewohnt in wohleingerichteten Ziergärten den Flor der Tulpen, Ranunkeln und Nelken bewundert zu sehen; [...]. An exotische Pflanzen wurde nicht gedacht, noch viel weniger daran, Naturgeschichte in der Schule zu lehren.16
Erstes Interesse an Mineralien und Gesteinen zeigt sich bei Goethe schon im Jugendalter, als er aus der Naturaliensammlung des Vaters einen Altar baut, welcher der Natur geweiht ist.17 Von einem befreundeten Juwelier wird er darüber hinaus über die unterschiedlichen Eigenschaften der Edelsteine aufgeklärt.18 Entgegen der eigenen Vorstellung in Göttingen Naturforschung zu studieren, zieht Goethe nach Leipzig und beginnt auf Wunsch seines Vaters das Studium der Rechtswissenschaften.19 Durch die bereits vom Vater vermittelten Grundkenntnisse kann sich Goethe nach seinen eigenen Interessen weiterbilden, ohne im Jurastudium zurückzufallen. Er vertieft seine Zeichen, Mal- und Radierfähigkeiten und besucht einen Mittagstisch, der hauptsächlich von Ärzten frequentiert wird. In dieser medizinisch gebildeten Gesellschaft begegnet Goethe erstmals den botanischen und biologischen Forschungen von George-Louis de Buffon (1707-1788), Albrecht von Haller (1708-1777) und Karl von Linné (1707-1778). Seinen Wissensstand ergänzt Goethe bereits ab dem ersten Semester durch den Besuch von Physikvorlesungen; ihn interessiert vor allem die Elektrizität. Seine Studien muss er 1768 jedoch aufgrund einer schweren Erkrankung unterbrechen, in deren Genesungszeit er mit alchimistischen Experimenten in seinem Elternhaus beginnt.20 Die Alchemie beschäftigt Goethe auch noch nach seiner Genesung, als er Anfang 1770 sein Jurastudium in Straßburg weiterführt. Auch dort nimmt er an einer medizinischen Tischgesellschaft teil und vertieft durch den Besuch von Vorlesungen in Chemie und Anatomie seine naturwissenschaftlichen Kenntnisse.21 Auch das Interesse an der Erdgeschichte wird in der Straßburger Studienzeit geweckt, als Goethe auf einer Reise durch Lothringen und das Unterelsass geologische Beobachtungen macht: Er entdeckt Muschelgesteine auf den Bergen und besucht verschiedene Bergwerke und den Brennenden Berg.22 Trotz seiner Konzentration auf fachfremde Bereiche, schließt Goethe 1771 sein Jurastudium in Straßburg ab, woraufhin er nach Frankfurt zurückkehrt und mit Hilfe seines Vaters eine Anwaltskanzlei eröffnet.23 In dieser Zeit stößt Goethe auf Johann Caspar Lavaters (1741-1801) Theorie der Physiognomik24, die er zunächst kritisiert, später jedoch unterstützt und mit Lavater zusammen daran arbeitet.25 Von der Physiognomik ausgehend eröffnet sich ihm das Feld der Zoologie, da er beginnt, sich nicht nur mit menschlichen Schädeln, sondern auch mit denen von Tieren zu befassen. In Zusammenarbeit mit Justus Christian von Loder (1753-1832), einem Professor für Chemie und Anatomie, seziert Goethe Leichen, um den menschlichen Knochenbau zu analysieren.26 Im Jahr 1781 entdeckt Goethe dann den Zwischenkieferknochen beim Menschen, dessen Fehlen bis dahin als Unterscheidungsmerkmal zwischen Mensch und Tier galt. Sein Aufsatz darüber wird jedoch erst 1820 veröffentlicht und erhält nicht die erhoffte Aufmerksamkeit, da er von vielen Anatomen abgelehnt wird.27 Weitere anatomische Erkenntnisse erlangt Goethe 1790 durch den Fund eines Schafschädels: Er stellt die Theorie auf, dass der Schädelknochen sich aus Wirbelknochen geformt habe und beschreibt diese Metamorphose in seinem Aufsatz Die Wirbeltheorie des Schädels, der erst 1820 in den Schriften Zur Morphologie erscheint. Im Jahr 1795 schreibt Goethe dann den Ersten Entwurf einer allgemeinen Einleitung in die vergleichende Anatomie, ausgehend von der Osteologie, auf den sich später das Gedicht Metamorphose der Tiere bezieht.
Besonders in seiner Position als Berater und Geheimrat des Thronfolgers Karl August (1757-1828), die ihm dessen Mutter Anna Amalia (1739-1807) im Jahr 1775 verschafft, erweitert Goethe seine naturwissenschaftlichen Kenntnisse in verschiedenen Bereichen. Oft kann er diese mit beruflichen Aufgaben verbinden: Durch Jagdausflüge, die Wiederaufnahme des Ilmenauer Bergbaus und sein Amt in der Wege- und Wasserbaukommission werden Kenntnisse der regionalen Botanik, Geologie und Mineralogie notwendig, die sich Goethe dann unter anderem auf Reisen durch das Land aneignet.28 So berichtet ein Freund über Goethe:
Bei dieser Gelegenheit sagte er, daß er höchst unwissend in allen Naturstudien hierher [SB: nach Weimar] gekommen und erst durch das Bedürfnis, dem Herzog bei seinen mancherlei Unternehmungen, Bauten, Anlagen, praktische Ratschläge geben zu können, zum Studium der Natur getrieben worden sei.29
Ab 1775 beschäftigt sich Goethe mit der Pflanzenforschung, die sich intensiviert, als er von Karl August 1776 ein Häuschen mit Garten geschenkt bekommt, in das er einzieht. Doch erst nach der Italienreise von 1786 bis 1788, auf der Goethe noch überzeugt ist, dass es eine reale Urpflanze30 gibt, entsteht sein erstes naturwissenschaftliches „Schriftchen“31 zur Botanik. Es handelt sich um den Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären, der 1790 publiziert wird. Die praktische Anwendung seines Botanikwissens gelingt beim Anlegen des Parks an der Ilm.32
Die geologische und mineralogische Bildung Goethes vertieft sich nicht nur durch den Bergbau in Ilmenau, sondern auch durch verschiedene Reisen in den Harz und in die Schweizer Alpen, auf denen er die Gesteinsvorkommnisse und -lagen dokumentiert. Im Anschluss an seine Harzreisen entstehen 1784 und 1785 beispielsweise die Aufsätze Granit I und Granit II, die den Granit als Urgestein darstellen.33 Das Interesse an der Geologie basiert auf dem Bestreben, die Erdgeschichte darzustellen, welche auch als „Geognosie“ bezeichnet wird. Sie begleitet ihn sein ganzes Leben lang; selbst im hohen Alter beschäftigen ihn noch geologische Probleme und Zusammenhänge.34 Für die Entstehung der Erde gibt es im ausgehenden 18. Jahrhundert verschiedene Hypothesen: Die Plutonisten nehmen beispielsweise an, dass die Landflächen durch Vulkanausbrüche entstanden sind, während die Neptunisten, zu denen sich auch Goethe zählt, behaupten, die Entstehung des Lands sei auf das Zurückgehen riesiger Wassermassen zurückzuführen.35 Der Granit gilt bei den Neptunisten als erstes Gestein, das sich aus dem Urmeer verfestigt hat.36
Darüber hinaus widmet Goethe sich der Wetter- und Witterungskunde. Dieses Interesse wird mutmaßlich 1787 auf seiner Italienreise durch spürbare Unterschiede des Wetters nördlich und südlich der Alpen geweckt.37 Aber erst zwei Jahrzehnte später hat Goethe die Möglichkeit, sich intensiv mit dem Wetter auseinanderzusetzen, denn 1811 plant Karl August den Bau einer Sternwarte, die auch mit meteorologischen Instrumenten, wie Thermometer, Barometer und Hygrometer ausgestattet wird. Mit dem Leiter der Sternwarte Johannes Friedrich Posselt (1764-1823) führt Goethe eine intensive Korrespondenz über die Meteorologie.38 Auf den Bau der Sternwarte folgt 1815 dann der Bau einer Wetterbeobachtungstation. Durch Karl August wird Goethe auf Luke Howards (1772-1864) Wolkenklassifikation aufmerksam, an die er nun seine Beobachtungen bindet.39 Er beobachtet jedoch nicht nur die unterschiedlichen Wolkenformationen, sondern ergänzt diese mit dem Barometerstand und der Windrichtung.40 Aus den Wetterbeobachtungen heraus entstehen unter anderem zwei Aufsätze: Über die Ursache der Barometerschwankungen (1822/23) und Versuch einer Witterungslehre (1825).41
Durch die Malerei wird Goethes Interesse an der Erforschung von Licht und Farben geweckt, die er mit Ausdauer über mehrere Jahrzehnte verfolgt. Besonders auf seiner Italienreise macht er sich hierüber Gedanken, da er dort viel mit Künstlern verkehrt.42 Die Basis bildet die Beobachtung, dass Schatten bei Sonnenlicht eher blau als schwarz erscheinen und die Frage nach der Bildung von farbintensiven Naturphänomenen.43 Nach der Rückkehr aus Italien, beschäftigt sich Goethe mit Isaac Newtons ( 1643-1727) Opticks or a treatise of the reflections, refractions, inflections and colours of light (1704) und zweifelt dessen Theorie an, dass im weißen Licht alle Farben enthalten seien. Nach Goethes Meinung entstehen die Farben an der Grenze von Hell und Dunkel, wie sich beim Blick durch ein Prisma zeigt.44 Diese Beobachtung macht Goethe zum Kritiker an Newtons Theorie. Seine eigenen Erkenntnisse verschriftlicht er zunächst in den Beiträgen zur Optik, Erstes und Zweites Stück (1791 u. 1792). Es folgen weitere Aufsätze, die er schließlich zwischen 1806 und 1810 in der Farbenlehre bündelt und publiziert.45 Er sieht seine in der Farbenlehre ausführlich dargestellten Erkenntnisse dann auch als wegweisend an und positioniert sich immer wieder vehement gegen Newton. Für ihn ist die Farbenlehre zudem bedeutsamer als alle Ergebnisse seiner dichterischen Tätigkeit, wie durch Johann Peter Eckermanns (1792-1854) Gesprächswiedergabe überliefert ist:
Auf Alles was ich als Poet geleistet habe,[...]bilde ich mir gar nichts ein. Es haben treffliche Dichter mit mir gelebt, es lebten noch Trefflichere vor mir, und es werden ihrer nach mir sein. Daß ich aber in meinem Jahrhundert in der schwierigen Wissenschaft der Farbenlehre der Einzige bin, der das Rechte weiß, darauf tue ich mir etwas zu gute, und ich habe daher ein Bewußtsein der Superiorität über Viele.46
Wie dieser Überblick zeigt, betätigt sich Goethe in den verschiedensten Feldern der Naturwissenschaft. Die Bedeutung, die er seinen Forschungen gibt, zeigt, wie ernst er diese verfolgt. Nichtsdestotrotz werden seine Erkenntnisse meist erst spät publiziert und haben auf die Wissenschaft seiner Zeit keinen nennenswerten Einfluss. Goethe wird vielmehr als Dichter anerkannt und seine Tätigkeit als Naturforscher zu seiner Zeit außerhalb seines Bekanntenkreises kaum gewürdigt.
2. Goethes Naturstudien in den „Metamorphosegedichten“
2.1 Gründe für die „Darstellung der Naturlehre durch einen Poeten“
Am Entstehungstag der Metamorphose der Pflanzen, dem 18. Juni 1798, notiert Goethe nicht nur deren Verfassen in seinem Tagebuch, sondern auch, dass er mit Friedrich Schiller (1759-1805) „über die Möglichkeit einer Darstellung der Naturlehre durch einen Poeten“47 gesprochen habe. Die Gründe für das Schaffen einer poetischen Naturlehre sind in dem Eintrag nicht beschrieben, sie lassen sich jedoch durch Briefaussagen Goethes darlegen. Im Folgenden soll den Gründen nachgegangen und aufgezeigt werden, warum sich Goethe mit der Darstellung seiner wissenschaftlichen Pflanzen- und Tierstudien in Gedichtform befasst hat. Zunächst soll dies in Bezug auf Die Metamorphose der Pflanzen und danach für die Metamorphose der Tiere geschehen.
Erst acht Jahre nach dem Verfassen des Versuchs die Metamorphose der Pflanzen zu erklären von 1790 schreibt Goethe das Gedicht mit dem fast gleichnamigen Titel. Zu dieser Zeit beschäftigt er sich vor allem mit den optischen Versuchen und vertieft seine botanischen Beobachtungen nicht mehr explizit.48 Warum nimmt er das Pflanzenthema wieder auf und wählt für seine Beschäftigung eine lyrische Form?
Zunächst einmal scheint der mangelnde Erfolg des Aufsatzes über die Pflanzenmetamorphose ein Grund dafür zu sein, das botanische Thema noch einmal neu zu veröffentlichen und dafür eine andere Form zu wählen. Durch das Gedicht erhofft sich Goethe einen größeren Rezeptionskreis. Er schreibt im September 1798 an seinen Freund Karl Christian Adolf Neuenhahn (1745-1807): „Vor einiger Zeit kam ich auf den Gedanken die Idee von der Metamorphose der Pflanzen, durch dichterischen Vortrag, noch weiter zu verbreiten und ich lege hier den Versuch bei.“49 Daraus lässt sich schließen, dass er die Erweiterung des Rezeptionskreises bezüglich seiner naturwissenschaftlichen Schriften anstrebt. Aber nicht nur eine größere Leserschaft, sondern auch ein besseres Verständnis soll mit der poetischen Form einhergehen,50 denn vor allem einige weibliche Bekannte Goethes haben Schwierigkeiten, den botanischen Aufsatz zu verstehen. Im Gegenteil zu diesem Fachtext, der an ein wissenschaftlich gebildetes Publikum gerichtet ist, spricht das Gedicht auch ein Laienpublikum an. Durch Alltagsvokabular anstelle von Fachbegriffen, eine sprachlich reichbebilderte Erklärung und das Thema der Liebe soll mit der Elegie vor allem ein weibliches Lesepublikum adressiert werden:
Freundinnen, welche mich schon früher den einsamen Gebirgen, der Betrachtung starrer Felsen gern entzogen hätten, waren auch mit meiner abstrakten Gärtnerei keineswegs zufrieden. Pflanzen und Blumen sollten sich, durch Gestalt, Farbe, Geruch auszeichnen, nun verschwanden sie aber zu einem gespensterhaften Schemen. Da versuchte ich diese wohlwollenden Gemüter zur Teilnahme durch eine Elegie zu locken.51
Das Pflanzengedicht soll folglich „fachliches Wissen einem nicht-fachlichen Publikum [vermitteln], das durch die poetische Einkleidung veranlaßt werden soll, sich auf diese Vermittlung einzulassen“52. Goethes Plan geht auf, denn die Reaktionen auf Die Metamorphose der Pflanzen sind meist positiv.53 Kommt dem Fachpublikum 1790 seine Naturauffassung, die er im Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären äußert, noch fremd vor, so lässt man sie als „Gegenstand eines Gedichtes [...] acht Jahre später durchaus gelten“54. Vor allem seiner Geliebten, Christiane Vulpius (1765-1816), an die er das Gedicht richtet, ist es darüber hinaus „höchst willkommen“55.
Mit der Metamorphose der Pflanzen zeigt Goethe außerdem seine Auffassung von einem gelungenen Lehrgedicht. Er stellt sich weder in die Reihe der aufklärerischen noch der gerade im Begriff zu entstehenden romantischen Lehrgedichte, sondern markiert seinen eigenen Weg als Dichter und Naturforscher.56 Er sucht eine Erneuerung der Lehrdichtung und macht sich entgegen seiner Zeitgenossen für eine Synthese aus Literatur und Naturwissenschaft stark.57 Seiner Auffassung nach sollen Lehrgedichte einen Sachverhalt verständlich präsentieren, aber gleichzeitig poetisch sein.58 Indem er die didaktische Dichtung nicht als eigene Dichtart anerkennt, sondern der poetischen unterordnet, hebt er die poetische Seite der Lehrgedichte hervor.59 Dies wird auch in einem Brief an Schiller deutlich, in dem Goethe schreibt: „Übrigens ist mit alles verhaßt, was mich bloß belehrt, ohne meine Tätigkeit zu vermehren oder unmittelbar zu beleben.“60 Die Vereinbarkeit von Wissenschaft und Dichtung steht für ihn daher außer Frage, weshalb er die zeitgenössische Meinung, dass die beiden Bereiche nur für sich stehen können, stark kritisiert:
Von andern Seiten her, vernahm ich ähnliche Klänge, nirgends wollte man zugeben, daß Wissenschaft und Poesie vereinbar seien. Man vergaß daß die Wissenschaft sich aus Poesie entwickelt habe, man bedachte nicht daß, nach einem Umschwung von Zeiten, beide sich wieder freundlich, zu beiderseitigem Vorteil, auf höherer Stelle, gar wohl wieder begegnen können.61
Goethe kritisiert darüber hinaus die Lehrdichtungen seiner Zeit aufgrund ihres Bedarfes an erklärenden Fußnoten, wie zum Beispiel Die Alpen (1729) von Haller und Erasmus Darwins The Botanic Garden (1791). Trotzdem wird von verschiedenen Seiten in der Goethe-Forschung Darwins Werk als Auslöser für das Verfassen der Metamorphose der Pflanzen bezeichnet.62 The Botanic Garden umfasst zwei Gedichte, The Economy of Vegetation und The Loves of the Plants. Goethe missfällt, dass die Lehrgedichte nicht ohne umschweifende Erklärungen in den Fußnoten auskommen, die zum Verstehen der Gedichte nötig sind. Bereits einen Tag nach Erhalt von Darwins Werks schreibt er an Schiller, dass The Botanic Garden „nicht mit einer Spur poetischen Gefühls zusammen gebunden“63 wurde. Er betont jedoch auch, dass er Darwin generell günstig gegenüberstehe und bedauert, dass er das Werk schlechter als erwartet finde.64 Die schwerwiegendste Kritik, die Goethe an The Botanic Garden, vor allem an dem ersten Gedicht The Economy of Vegetation äußert, lautet wie folgt: „Bei allen diesen Sonderbarkeiten scheint mir aber doch das sonderbarste: daß in diesem botanischen Werke alles, nur keine Vegetation, zu finden ist.“65 Schillers Antwortbrief fällt nicht wohlwollender aus: Er argumentiert, „daß der Verfasser [...] das poetische Interesse bloß in der Zutat, nicht in der Sache selbst zu erwecken gesucht“66 habe und schließt mit der Aussage, „daß es mithin das kontradiktorische Gegenteil eines guten Gedichts [sei]“67. Trotzdem unterstreicht er, dass der Stoff generell nicht unzulässig für ein Lehrgedicht sei.68 Möglicherweise ist es neben der eigenen Kritik auch diese Aussage Schillers, die Goethe anspornt, seine Pflanzenstudien poetisch darzubieten. Jedenfalls verfasst er die Metamorphose der Pflanzen nur wenige Monate nach Erhalt von Darwins Lehrgedicht.
Mit Schiller teilt Goethe folglich die Meinung, dass es in ihrer Zeit keine qualitativ überzeugenden Lehrgedichte gibt, wie auch seine Kritik an Darwins Exemplar zeigt. Goethe plant deshalb, die Gattung der Lehrdichtung, die in der Aufklärung eine zentrale Rolle gespielt hat, zu erneuern.69 Auch für Schiller ist das vollkommene Lehrgedicht eines, das erst noch geschrieben werden muss:
Noch, ich gestehe es, kenne ich kein Gedicht in dieser Gattung, weder aus älterer noch neuerer Litteratur, welches den Begriff, den es bearbeitet, rein und vollständig entweder bis zur Individualität herab oder bis zur Idee hinaufgeführt hätte. [.] Dasjenige didaktische Gedicht, worinn der Gedanke selbst poetisch wäre, und es auch bliebe, ist noch zu erwarten.70
In der Forschung wird Die Metamorphose der Pflanzen vielstimmig als Beitrag Goethes deklariert, Schillers Ansprüchen an ein Lehrgedicht gerecht zu werden.71 Aus dem Briefverkehr der beiden Dichter geht hervor, dass es das gemeinsame Bestreben ist, „die Natur in ihrer reichen Mannigfaltigkeit, Bewegung und Zusammenwirkung der Phantasie nahe zu bringen.“72 Die Metamorphose der Pflanzen ist Goethes erster Versuch, dieses Bestreben zu realisieren. Schiller lobt das Lehrgedicht und fragt, ob Goethe „das Fach didaktischer Gedichte, wozu die ,Metamorphose der Pflanzen‘ gehört, noch zu bereichern hätte[]“73. Er macht im gleichen Brief zudem deutlich, dass er Goethes neue didaktische Gedichte umgehend in seinem Musenalmanach 74 veröffentlichen könnte.75 Mit dem Pflanzengedicht erstellt Goethe folglich ein relevantes Beispiel für die von ihm und Schiller geforderten Veränderungen bezüglich des Lehrgedichts, indem er den Inhalt sowohl wissenschaftlich als auch poetisch vermittelt. Die Darstellung der Vereinbarkeit von Dichtung und Wissenschaft ist ein weiterer Grund für die Vermittlung der Botanikstudie in Gedichtform. Goethe sieht in der Metamorphose der Pflanzen einen Beitrag zur Dichtung, welcher „der Wissenschaft förderlich sein könnte[]“76. Er trägt somit nicht nur zur Verbreitung der Metamorphosenlehre bei und schafft seinerzeit ein modernes Lehrgedicht, sondern wertet das Gedicht auch als nützlichen Beitrag zur Forschung. In Bezug damit steht auch die spätere Publikation des Pflanzengedichts neben dem wissenschaftlichen Aufsatz Versuch die Metamorphose der Pflanzen zu erklären. Wenn Goethe diese Einordnung mit der besseren Verständlichkeit desselben begründet,77 so ergibt sich eine Wechselwirkung: Das Gedicht ist förderlich für die Vermittlung des wissenschaftlichen Inhalts, da es ihn verständlicher darbietet und der Aufsatz hilft wiederum dabei, das Gedicht zu verstehen, da er die nötigen wissenschaftlichen Erklärungen für das Pflanzenwachstum bietet.
[...]
1 Die Primärtexte, Briefe und Tagebucheinträge werden, sofern dies möglich ist, aus der Frankfurter Ausgabe zitiert.
2 Vgl. Eppers, Arne: „Zwischen Biologie und Ökonomie. Goethes Vorstellungen über die Grenzen des Wachstums im Lehrgedicht 'Athroismos'“. In: Zeitschrift für Germanistik. Hrsg. v. der Philosophischen Fakultät II und den Germanistischen Instituten der Humboldt-Universität zu Berlin. Bd. 3. Bern et al. (2013): S. 524-542, hier S. 531.
3 Die Gedichte werden nach der Frankfurter Ausgabe zitiert: FA XXIV, S. 420-423 ( Die Metamorphose der Pflanzen ) und S. 472-474 ( Metamorphose der Tiere ). Die Zitation erfolgt in Klammern im Text, die das Kürzel und die Versangabe enthalten. Die Metamorphose der Pflanzen wird mit „P“, die Metamorphose der Tiere mit „T“ abgekürzt.
4 Vgl. Hufnagel, Henning und Olav Krämer (Hrsg.): Das Wissen der Poesie. Lyrik, Versepik und die Wissenschaften im 19. Jahrhundert. Linguae & litterae. Berlin/Boston: Walter de Gruyter GmbH (2015), S. 4-5.
5 Goethe stützt seine die Osteologie (Knochenlehre) betreffenden Erkenntnisse auf Untersuchungen verschiedener Tierskelette.
6 Richter, Karl: „Wissenschaft und Poesie ,auf höherer Stelle' vereint. Goethes Elegie ,Die Metamorphose der Pflanzen‘“. In: Gedichte und Interpretationen. Klassik und Romantik. Hrsg. v. Wulf Segebrecht. Stuttgart (1984): S. 156-186.
7 Stiening, Gideon: „,Und das Ganze belebt, so wie das Einzelne, sei‘. Zum Verhältnis von Wissen und Literatur am Beispiel von Goethes ,Die Metamorphose der Pflanzen'“. In: Literatur und Wissen. Theoretisch-methodische Zugänge. Hrsg. v. Tilmann Köppe. Berlin [u.a.] (2011): S. 192-213.
8 Ishihara, Aeka: Goethes Buch der Natur. Ein Beispiel der Rezeption naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in der Literatur seiner Zeit. Würzburg: Königshausen & Neumann, 2005.
9 Näheres zur Gattung „Elegie“ folgt in Kapitel 2.2.1 (S. 20).
10 Oettinger, Klaus: „Unschuldige Hochzeit. Zu Goethes Elegie 'Die Metamorphose der Pflanzen'“. In: Der Deutschunterricht. Beiträge zu seiner Praxis und wissenschaftlichen Grundlegung. Die erziehungswissenschaftliche Bücherei. Bd. 3. Seelze/Stuttgart (1986): S. 69-78.
11 Krämer, Olav: „Transformationen des wissenschaftlichen Lehrgedichts um 1800. Erasmus Darwins ,The Temple of Nature‘ und Johann Wolfgang Goethes ,Metamorphose der Tiere‘“. In: Das Wissen der Poesie. Lyrik, Versepik und die Wissenschaften im 19. Jahrhundert. Linguae & litterae. Hrsg. v. Henning Hufnagel, Olav Krämer. Berlin/Boston (2015): S. 37-67.
12 Eppers 2013: Biologie.
13 Robanus, Adrian: „,Vernunftähnliches‘ oder ,unendliche Kluft'? Die anthropologische Differenz in ,Dichtung und Wahrheit‘, ,Satyros‘, ,Metamorphose der Tiere‘ und ,Die Wahlverwandtschaften'“. In: Goethe-Jahrbuch. Hrsg. v. Frieder von Ammon, Jochen Golz, Edith Zehm. Bd. 133. Göttingen (2017): S. 23-30.
14 Suerbaum, Almut: „,Daß du schauest, nicht schwärmst': Invocations of the Muses in Goethe's Classical
Poetry“. In: Oxford German Studies. Hrsg. v. T. J. Reed, N. F. Palmer. Bd. 24. Philadelphia (1995): S. 1529.
15 Vgl. Krätz, Otto: Goethe und die Naturwissenschaften. 2. Aufl. München: Callwey, 1998, S. 8.
16 LA X, S. 320.
17 Vgl. Sachtleben, Peter: Mit den Augen denken lernen. Einführung in die Naturstudien Goethes. Schaffhausen: Novalis-Verlag, 1994, S. 19.
18 Vgl. Krätz 1998: Naturwissenschaften, S. 12.
19 Vgl. Krätz 1998: Naturwissenschaften, S. 16.
20 Vgl. Krätz 1998: Naturwissenschaften, S. 16-24.
21 Vgl. Krätz 1998: Naturwissenschaften, S. 26-30.
22 Vgl. Engelhardt, Wolf von: Goethes Weltansichten. Auch eine Biographie. Weimar: Böhlau, 2007, S. 46.
23 Vgl. Engelhardt, Wolf von: Goethes Weltansichten. Auch eine Biographie. Weimar: Böhlau, 2007, S. 55.
24 Die Lehre der Physiognomik zieht aus Merkmalen des Schädels und des Gesichts Rückschlüsse auf Charaktereigenschaften der Person.
25 Vgl. Krätz 1998: Naturwissenschaften, S. 32-36.
26 Vgl. Sachtleben 1994: Mit den Augen denken, S. 27.
27 Vgl. Sachtleben 1994: Mit den Augen denken, S. 26; Engelhardt 2007: Weltansichten, S. 136.
28 Vgl. Krätz 1998: Naturwissenschaften, S. 44; Engelhardt 2007: Weltansichten, 109;122.
29 Goethe, Johann Wolfgang von: Goethes Gespräche 1817—1825. Eine Sammlung zeitgenössischer
Berichte aus seinem Umgang. Hrsg. v. Wolfgang Herwig u. Flodoard Freiherrn von Biedermann. Zürich/Stuttgart: Artemis Verlag, 1971, S. 667, Nr. 5434.
30 Später gibt Goethe die Suche nach der Urpflanze auf und bezeichnet sie als „Idee“. Siehe dazu auch Kap. 2.2.4 (S. 29).
31 FA XXIV, S. 937.
32 Vgl. Engelhardt 2007: Weltansichten, S. 122.
33 Vgl. Engelhardt 2007: Weltansichten, 138; 146.
34 Vgl. Sachtleben 1994: Mit den Augen denken, S. 40-41.
35 Vgl. Sachtleben 1994: Mit den Augen denken, S. 137.
36 Vgl. Sachtleben 1994: Mit den Augen denken, S. 137.
37 Vgl. Krätz 1998: Naturwissenschaften, S. 188.
38 Vgl. Krätz 1998: Naturwissenschaften, S. 188.
39 Vgl. Krätz 1998: Naturwissenschaften, S. 188-189.
40 Vgl. Krätz 1998: Naturwissenschaften, S. 190.
41 Vgl. Krätz 1998: Naturwissenschaften, S. 194; Ishihara 2005: Buch der Natur, S. 71.
42 Vgl. Engelhardt 2007: Weltansichten, S. 247.
43 Vgl. Krätz 1998: Naturwissenschaften, S. 159-160.
44 Vgl. Engelhardt 2007: Weltansichten, S. 248.
45 Vgl. Engelhardt 2007: Weltansichten, S. 249.
46 FA XXXIX, S. 320 Gespräch am 19. Februar 1829. Aus heutiger Perspektive erstaunt die selbstbewusste Äußerung Goethes, da er sich bezüglich der Entstehung der Farben grundlegend irrte und sich Newtons Theorie bestätigt hat. Man erkennt aber auch, dass Newton und Goethe unterschiedlich an das Thema herangegangen sind: Newton erstellt eine physikalische Theorie, während Goethes Ansatz als farbpsychologisch und auf Sinneseindrücken beruhend beschrieben werden kann. Noch heute zählt vor allem in den Kunstwissenschaften Goethes Farbkreis als zentrales Element der Grundausbildung.
47 Vgl. FA XXXI, S. 560. Tagebuch, 18. Juni 1798.
48 Vgl. Sachers, Regina: Goethe's Poetry and the Philosophy of Nature. Gott und Welt 1798-1827. Bd. 7. Leeds: Legenda, 2015, S. 15.
49 HA Briefe II, S. 359, An Neuenhahn, 14. September 1798.
50 Vgl. Richter 1984: Wissenschaft und Poesie, S. 162.
51 FA XXIV, S. 420.
52 Wild, Reiner: „Die Poetik der Natur“. In: Gedichte von Johann Wolfgang Goethe. Hrsg. v. Bernd Witte. Stuttgart (1998): S. 149-168, hier S. 158.
53 Vgl. Buhrauer (Hrsg.) 1851: Goethe-Knebel, S. 201-202. An Knebel, 22. Januar 1799.
54 Overbeck, Gertrud: „Goethes Lehre von der Metamorphose der Pflanzen und ihre Widerspiegelung in seiner Dichtung“. In: Publications of the English Goethe Society. Hrsg. v. English Goethe Society. Bd. 31. Oxford (1961): S. 38-59, hier S. 40.
55 FA XXIV, S. 423.
56 Vgl. Overbeck 1961: Goethes Lehre, S. 38-39.
57 Vgl. Richter 1984: Wissenschaft und Poesie, S. 162; Neubauer, John: „Athroismos. Metamorphose der Tiere“. In: Goethe-Gedichte. Zweiunddreißig Interpretationen. Hrsg. v. Gerhard Sauder. München (1996): S. 178-188, hier S. 181.
58 Vgl. Arz, Maike: Literatur und Lebenskraft. Vitalistische Naturforschung und bürgerliche Literatur um 1800. Stuttgart: M & P Verlag für Wissenschaft und Forschung, 1996, S. 129-130.
59 Vgl. FA XXII, S. 317.
60 Seidel 1984: Schiller-Goethe, S. 181. An Schiller, 19.12.1798.
61 FA XXIV, S. 420.
62 Vgl. Ishihara 2005: Buch der Natur, S. 153; und Siegrist, Christoph: „Die Metamorphose der Pflanzen“. In: Goethe-Gedichte. Zweiunddreißig Interpretationen. Hrsg. v. Gerhard Sauder. München (1996): S. 171180, hier S. 172.
63 Seidel 1984: Schiller-Goethe, S. 32. An Schiller, 26./27. Januar 1798.
64 Vgl. Seidel 1984: Schiller-Goethe, S. 32. An Schiller, 26./27. Januar 1789.
65 Seidel 1984: Schiller-Goethe, S. 31. An Schiller, 26./27. Januar 1798.
66 Seidel 1984: Schiller-Goethe, S. 34. An Goethe, 30. Januar 1798.
67 Seidel 1984: Schiller-Goethe, S. 34. An Goethe, 30. Januar 1798.
68 Vgl. Seidel 1984: Schiller-Goethe, S. 34. An Goethe, 30. Januar1798.
69 Vgl. Otto, Regine und Bernd Witte (Hrsg.): Goethe-Handbuch. In vier Bänden. Bd. 1. Stuttgart/Weimar: J.B. Metzler Verlag (1996), S. 253.
70 Berghahn 2002: Dichtung, S. 52
71 Vgl. bsplw. Crawford, Heide: „Poetically Visualizing Urgestalten. The Union of Nature, Art, and the Love of a Woman in Goethe's 'Die Metamorphose der Pflanzen'“. In: The Enlightened Eye: Goethe and Visual Culture. Hrsg. v. Evelyn K. Moore. Amsterdam (2007): S. 279-288, hier S. 288. und Overbeck 1961: Goethes Lehre, S. 49.
72 Seidel 1984: Schiller-Goethe, S. 34. An Goethe, 30. Januar 1798.
73 Seidel 1984: Schiller-Goethe, S. 259 An Goethe, 16.08.1799.
74 Als Musenalmanach bezeichnet man einen besonders im 18. Jahrhundert beliebten Kalender, der mit Gedichten ausgestattet ist. Die Herausgabe der Almanache findet gängiger Weise im Spätjahr statt, da sie oft als Geschenk für das nächste Jahr genutzt werden, dessen Monate sie abbilden.
75 Vgl. Seidel 1984: Schiller-Goethe, S. 259 An Goethe, 16.08.1799.
76 HA Briefe II, S. 359. An Neuenhahn, 14. September 1798.
77 FA XXIV, S. 420.
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.