Nubi - Eine arabische Kreolsprache in Uganda

Ein Vergleich der Entwicklung und der Sprachstrukturen mit der "Language Bioprogram Hypothesis" von Derek Bickerton


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

18 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zum Nubi

3. Geschichte des Nubi
3.1. Geschichte des Sudan bis 1820
3.2. Die Besetzung des Sudan 1820 -1839
3.3. Etablierung von Handelsstützpunkten ab 1840
3.4. Der Aufstand des Al-Mahdi
3.5. Die Kinubi als Teil der „indirect rule“
3.6. Vom 1. Weltkrieg bis Museveni

4. Vergleich der Sprachstrukturen des Nubi mit den Annahmen Bickertons
4.1. Einleitung: Die Sprachstrukturen des Nubi
4.2. Der Artikel im Nubi
4.3. Das Nomen im Nubi
4.4. Das Verb im Nubi

5. Schlussfolgerungen

6. Glossar einiger Eigennamen aus dem Arabischen und dem Nubi

7 . Quellen

1. Einleitung

In dieser Arbeit beschäftige ich mich mit dem Nubi, einer arabischstämmigen Kreolsprache im ostafrikanischen Uganda. Hierbei kontrastiere ich seine Geschichte und seine Sprachstrukturen mit den in Derek Bickertons „Language Bioprogram Hypothesis“ festgehaltenen Annahmen zur Struktur von Kreolsprachen.

Die Diskussion über die Trennung von Kreol- und Pidginsprachen sowie die Diskussion über den Sinn einer solchen Trennung will ich an dieser Stelle nur bedingt und in Kürze aufnehmen.

Die Verwendung dieser Begriffe erfolgt hier unter der vorausgesetzten Annahme, dass diese keine starren, limitierenden Einheiten sind, sondern verschiedene Stadien in der Entwicklung einer Sprache. Jedwede Wertung oder Qualifizierung einer Sprache durch die Einteilung in Pidgin oder Kreol schließt sich demnach aus. Das Nubi bezeichne ich, diversen Autoren folgend, als Kreol, da es eine stabile Gruppe von Muttersprachlern gibt. Dies entspricht besonders Owens, der betont, dass die Unterschiede zwischen dem klassischen Arabisch, den modernen Varianten des Arabisch und den Kreolformen des Arabischen zu groß sind, um als verschiedene Stadien einer einzigen Sprache betrachtet zu werden.

Zunächst stelle ich kurz die Sprache vor, ehe ich mich intensiv der Geschichte dieser „Kreolsprache“ widme. Auch die unterschiedlichen Erklärungen zur Herleitung des Namen Nubi/ Kinubi werden hier mit einbezogen. An dieser Stelle bot es sich auch an, einige der Theorien über die Entstehung der Sprache und ihre Wurzeln einzubinden.

Dem Abriss der Geschichte wird dann eine direkte Gegenüberstellung der Strukturen des Nubi mit einzelnen Aspekten der Theorie Bickertons folgen.

Anschließend stelle ich meine Schlussfolgerungen aus der Geschichte des Nubi und dem Vergleich seiner Strukturen mit Derek Bickertons Thesen zum Sprachbioprogramm vor. Auf den vorherigen Erkenntnissen basierend folgt hier das Fazit zur Frage, ob sich das Nubi in Bickertons Theorie einbinden lässt.

Dabei widme ich mich auch der heutigen Situation der Sprache und der Sprecher eingehend. Die verschiedenen Annahmen zur zukünftigen Entwicklung des Nubi finden hier ebenfalls Raum.

2. Zum Nubi

Das Kinubi oder Nubi ist eine arabisch basierte Kreolsprache in Afrika.

Die Mehrzahl der Sprecher ist in der Region Buganda im ostafrikanischen Staat Uganda zu finden. Dort leben laut Schätzungen circa 25 000 Sprecher, einige weitere tausend in anderen Teilen Ugandas[1]. Sie stellen also in diesem Staat mit seinen knapp 24 600 000 Einwohnern eine Minorität dar und gehören zu den kleineren der 45 ethnischen Gruppen. Zudem leben sie in dem Gebiet der stark prägenden mit 28% größten Ethnie, der Buganda.[2]

Neben den ugandischen Nubi gibt es im kenianischen Nairobi eine kleinere Gruppe von Sprechern[3].

Die Schätzungen der Gesamtsprecherzahl schwanken allerdings stark, von 30 000 bis 50 000 Muttersprachlern.[4]

Die Sprache und die Ethnie tragen denselben Namen, der in der Literatur entweder als Nubi (z.B. Owens) oder Ki-Nubi/ Kinubi (z.B. Verstegh) wiedergegeben wird. Die Verbindung mit dem Präfix /Ki-/ scheint hierbei auf die umliegenden Bantusprachen zurückzuführen, so steht dieser Präfix im Kiwahili für „Sprache / Sprache der“.

In dieser Arbeit verwende ich durchgehend den Begriff Nubi, da er in der Literatur am weitesten verbreitet ist.

Hierbei zeigt sich schon bei den zahlreichen Thesen zur Herleitung des Namens der Sprache und der Sprecher wie differenziert das Thema in der Forschung betrachtet wird.

Heine und andere vermuten den Namensursprung bei der Ethnie Nuba, die einen großen Teil der ägyptischen Armee des 19. Jahrhunderts stellten. Aus diesen Militärangehörigen entwickelten sich später die heutigen Nubi.

Andere wie Triningham sehen eher den Namen Nuba als namensgebend. Dieser sei als Bezeichnung der Berge und der Ethnie im sudanesischen Kordofan zum Namen des gesamten Sudan unter den Ägyptern geworden.

Soghayroun vermutet eine Bezeichnung aller schwarzafrikanischen Truppen Ägyptens als Nuba, ebenfalls von den Bergen und der Ethnie abgeleitet.

Kaye sieht eine Mischung aus diesen drei Erklärungen als wahrscheinlich an, während die umstrittene These von Kokole die Namensherkunft in der Ableitung vom umgangssprachlichen arabischen Wort Janubi für Süden vermutet. Eine weitere Idee stammt von Roth-Laly, der die arabischstämmige Bezeichnung nubâî als Name nicht-arabischer Muslime im Sudan als Quelle in Betracht zieht.

Die Frage des Namensursprungs der Ethnie und der Sprache ist also bisher nicht abschließend geklärt, auch die Sprecher können keine Erklärung anbieten.[5]

Ähnlich unklar ist auch die Frage des Ursprunges der Sprache selbst. Es ist klar, dass sich die Entwicklung hin zum Nubi spätestens ab 1840, dem Zeitpunkt der Etablierung der ägyptischen Herrschaft über den Sudan und die damit einhergehenden Gründungen neuer Handelsstützpunkte, vollzieht. Ebenso offensichtlich ist diese Entwicklung in groben Zügen bereits 1902 abgeschlossen, denn die Nachfahren der damals nach Kenia entsandten Soldaten sprechen ebenfalls Nubi. Doch es bleibt die Frage, ob Nubi eine Variante des Arabischen ist, die sich wie manche Forscher es vertreten alle aus dem Urarabischen ableiten.

Doch die Unterschiede zum klassischen Arabisch sind gewaltig, so dass auch die These, dass Nubi sich aus einer Kreolsprache des Arabischen, dem ägyptisch-sudanesischen Arabisch, entwickelte, Anklang findet.

Zur Sprachsoziologie gilt es zudem die Idee zu bedenken, dass die Herrschenden, also die Händler und die Militärführung, mit den „nubischen“ Soldaten lediglich ein vereinfachtes, nur aus Kommandos bestehendes Arabisch verwendeten, so dass diesen nur sehr begrenzter Zugang zu Hocharabisch als Sprachquelle möglich war. In diesem Punkt erscheint es jedoch widersprüchlich, dass 90%, also der größte Teil, des Lexikons arabischen Ursprunges sind. Dies kann natürlich auch auf das Wirken muslimischer Gelehrter und Prediger zurückzuführen sein, die den über reine Notwendigkeit hinausgehenden Wortschatz lieferten.

Hinzu kommt die Idee, dass das Nubi von den Sprechern bereits früh als Abgrenzung nach oben und unten verwendet wurde. Somit erhielt es schon sehr früh in seiner Entwicklung die Rolle einer Identitätsgrenze und somit des Identitätsmarkers. Diesen wichtigen sozialen Wert hat sich die Sprache bis heute bewahrt.

Die heutigen Nubi in Buganda leben vor allem von Subsistenzwirtschaft, von höherer Bildung und Positionen sind sie zumeist ausgeschlossen[6]. Die Sprache dient als Identitätsmarker, dies lässt sich daraus schließen, dass sie einen sehr hohen und exkludierenden Stellenwert in der Ethnie hat. So wird erwartet, dass einheiratende Frauen stets diese Sprache lernen und auch nur diese mit ihren eigenen Kindern sprechen. Lediglich Nubisprecher werden als Angehörige der Ethnie Nubi betrachtet werden[7].

3. Geschichte des Nubi

3.1. Geschichte des Sudan bis 1820

Die Ursprünge der heutigen Nubi sind im Sudan zu finden, das im Mittelalter den Namen Bilâd as-Sudan (arabisch: Land der Schwarzen) trug. Dieser war bereits seit dem 7. Jahrhundert durch arabische Gruppen entlang des Laufes des Oberen Nils oder nach der Überquerung des Roten Meeres besiedelt worden, in Folge dessen kam es zur Ausbreitung und der Vermischung mit indigenen Gruppen.

Der 622 n.Chr. durch die Hidschra, also die Auswanderung von Muhammad aus Mekka nach Medina, begründete Islam kam mit diesen Einwanderern. Die neue monotheistische Religion verbreitete sich schnell und existierte teilweise neben den älteren, vermutlich animistischen Glauben.[8]

Träger der Ausbreitung der arabischen Sprache und des Islams waren die Kawahla, arabische Kamelhirten, die noch vor dem 19. Jahrhundert den Tschadsee und Kordofan erreichten.

Neben den Nomadenkulturen existierten auch mächtige Reiche wie das Funj Sultanat oder das Muslimische Sultanat von Dâr Fûr, deren Macht auf Fernhandel und Pilgertum basierte. Spätestens bis 1850 war das Arabische zur lingua franca der gesamten Region geworden.[9]

3.2. Die Besetzung des Sudan 1820 -1839

Mit der osmanischen Expansion in den Sudan ab 1820 begann die Entwicklung des Nubi. Der in Ägypten herrschende Vizekönig Muhammad Ali entsendete Truppen gen Süden zur Eroberung des Sudan. Die publizierten Gründe, die Unterwerfung der aufständischen arabischsprachigen Ethnie Shâ`iqîya und die Vernichtung eines angeblichen Stützpunktes der rebellischen Mamelucken, waren hierbei jedoch sekundär. Primär war der Gewinn von Gold und Sklaven ausschlaggebend.

Dieser Feldzug war erfolgreich, alle deklarierten Ziele waren bereits 1821 erreicht. Damit war der Weg frei für den Beginn der Sklavenakquirierung. Diese erfolgte auf zwei Wegen; einerseits durch sehr hohe Steuern, die in den relativ bargeldfreien sudanesischen Gebieten oft durch Sklaven bezahlt wurden. Sklaverei war in dieser Region üblich, jedoch ohne Beteiligung an weiten Handelswegen.

[...]


[1] Vgl. Wellens 2003

[2] Vgl Kobert und Rudloff 2004

[3] Vgl Wellens 2003, Owens 2001, Holm 1989

[4] Vgl Wellens 2003

[5] Vgl Wellens 2003, Owens 2001

[6] Vgl Wellens 2003

[7] Vgl Wellens 2003

[8] Vgl Braun 1992

[9] Vgl Wellens 2003

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Nubi - Eine arabische Kreolsprache in Uganda
Untertitel
Ein Vergleich der Entwicklung und der Sprachstrukturen mit der "Language Bioprogram Hypothesis" von Derek Bickerton
Hochschule
Universität zu Köln  (Institut für Afrikanistik)
Veranstaltung
Pidgin- und Kreolsprachen
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
18
Katalognummer
V115267
ISBN (eBook)
9783640168330
ISBN (Buch)
9783640168378
Dateigröße
432 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nubi, Eine, Kreolsprache, Uganda, Pidgin-, Kreolsprachen
Arbeit zitieren
Andrea Lieske (Autor:in), 2008, Nubi - Eine arabische Kreolsprache in Uganda, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/115267

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