Theorien über die Entstehung der menschlichen Sprache

Spracherwerbsforschung und Erstspracherwerb


Akademische Arbeit, 2021

19 Seiten, Note: 1.0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Spracherwerbsforschung

3 Das zu untersuchende Phänomen Sprache

4 Hypothesen zum Spracherwerb
4.1 Behaviorismus
4.2 Nativismus
4.3 Interaktionismus
4.4 Kognitivismus

5 Gegenüberstellung der Hypothesen

6 Fazit

7 Literaturverzeichnis

Abstract

Die Frage, ob genetische Anlagen oder äußere Einflüsse für menschliches Verhalten maßgeblich sind und wie ein Mensch Sprache erwirbt, beschäftigt nicht nur Linguisten, sondern auch Genetiker, Pädagogen, Psychologen und Biologen. Ausgehend davon wurden im letzten Jahrhundert verschiedene Hypothesen über den Spracherwerb erstellt, mit denen sich die vorliegende Arbeit befasst.

Zunächst werden die Entstehung und Entwicklung der Spracherwerbsforschung geschildert, sowie von ihr behandelte Aspekte. Im Anschluss daran wird beschrieben, welche großen Hypothesen zum Spracherwerb sich im 20. beziehungsweise 21. Jahrhundert herausgebildet haben und auf welchen Kernaussagen sie beruhen.

Eine abschließende Gegenüberstellung und ein Vergleich der Stärken und Schwächen der Hypothesen sollen eine möglichst ganzheitliche, umfassende Bearbeitung des Themas gewährleisten.

Die vorliegende Arbeit basiert ausschließlich auf Recherchearbeit, Lesen, Exzerpieren und besonders darauf, alle Quellen kritisch zu verarbeiten und miteinander zu vergleichen beziehungsweise zu verbinden. Das Ziel dieser Arbeit soll der Überblick und die kritische Auseinandersetzung über den aktuellen Forschungsstand des menschlichen Spracherwerbs sein.

1 Einleitung

Die menschliche Sprache ist ein komplex aufgebautes System mit vielen Funktionen. Durch sie kann eine rein geistige Größe, die Information, mithilfe von Materie kommuniziert werden (vgl. Gitt, 2018). Des Weiteren wirkt Sprache in jeden Lebensbereich des Menschen ein. Dadurch ist sie hochgradig verknüpft mit dem Sein und Werden. Als der fundamentale Baustein der Menschheit ist Sprache in persönlicher und kultureller Sicht unmöglich wegzudenken (vgl. Klann-Delius, 2008).

Da ich sehr viel Begeisterung für Sprache, insbesondere Kommunikation empfinde, fasziniert mich die Frage, wie der Mensch diese erwerben kann. Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, möchte ich einen Überblick über bestehende Spracherwerbstheorien nach heutigem Wissens- und Forschungsstand geben, diese vergleichen und in Beziehung setzen. Die Arbeit soll von folgenden Fragen geleitet werden: Welche Wissenschaften beschäftigen sich mit der Entstehung von Sprache? Welche Hypothesen existieren in Bezug auf Spracherwerb? Und worin unterscheiden, ergänzen beziehungsweise widersprechen sich diese Hypothesen?

Bereits Gelehrte des antiken Griechenlands beschäftigten sich mit der Frage des Sprachursprunges. Da es keine Artefakte zu gesprochener Sprache gibt, gründete sich die Frage nach deren Herkunft über Jahrtausende auf bloßen Vermutungen. Mittlerweile gibt es unzählig viele Theorien, wie die komplexe menschliche Sprache entstanden sein könnte. Zudem sind uns heute weit mehr Zusammenhänge bekannt als noch vor 100 Jahren und so können die bestehenden Beobachtungen in einen Kontext gestellt und überprüft werden. Dies ist Gegenstand der Spracherwerbsforschung, auf die zu Beginn der Arbeit ein besonderer Fokus gelegt werden soll. Im Anschluss werden vier der gängigsten Spracherwerbstheorien aus unterschiedlichen psychologischen beziehungsweise psycholinguistischen Strömungen (Behaviorismus, Nativismus, Interaktionismus und Kognitivismus) genauer beschrieben, das heißt, ihre Vertreter und ihre Kernaussagen.

Zudem bietet die Arbeit auch eine kurze Beschreibung, wo sich die Spracherwerbsforschung heute befindet und mit welchen Forschungsfragen sie sich aktuell auseinandersetzt.

In einem abschließenden Fazit werden die einzelnen Theorien und Hypothesen verglichen, deren Stärken und Schwächen aufgezeigt, sowie Kritikpunkte angeführt.

Das Ziel dieser Arbeit soll der Überblick und ein anschließender Vergleich über den aktuellen Forschungsstand des menschlichen Spracherwerbs sein.

Diese vorwissenschaftliche Arbeit basiert vollständig auf Quellenrecherche, dem Lesen sowie Zitieren, und vor allem auf der kritischen Aufarbeitung aller vorhandenen Materialien und deren Vergleich und anschließender Verknüpfung. Der Ursprung der Sprachen ist ein sehr komplexes Thema, das nicht nur Gegenstand in zahlreichen wissenschaftlichen Disziplinen ist, sondern auch viele, sich durchaus auch widersprechende und ergänzende Hypothesen und Theorien hat. Im Rahmen der Recherchearbeiten wurde ersichtlich, wie komplex das Thema wirklich ist, und es war sehr schwierig, aus der Fülle an verschiedenster Literatur, die für die vorliegende Arbeit passende auszuwählen. Um eine möglichst ganzheitliche, umfassende Bearbeitung des Themas zu gewährleisten, wurden unterschiedlichste, vielseitige, teilweise auch kontroverse Quellen aus dem Bereich der Linguistik herangezogen.

2 Die Spracherwerbsforschung

Mit der Frage, wie sich der Mensch das komplexe Konstrukt „Sprache“ aneignet, befassten sich auf empirischer Basis erstmals in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts Philosophen, Mediziner, Psychologen und Pädagogen. Ziel dieser Forschung war es damals, Natur und Wesen des Kindes durch Beobachtungen zu ergründen. Demnach wurden zu jener Zeit viele wissenschaftliche Modelle von Entwicklungsprozessen konstruiert, um nähere Informationen über den Ursprung und die Entwicklung der Menschheit herauszufinden, wie beispielsweise die Evolutionstheorie von Charles Darwin. Parallel dazu untersuchte die Psychologie zunehmend die geistige Entwicklung des Kindes, während man sich in der Linguistik mit Sprachbildung und Sprachwandel, sowie mit dem System der menschlichen Sprache beschäftigte (vgl. Klann-Delius, 2008). Die Linguistik wurde zu jenem Zeitpunkt eine eigenständige Wissenschaft mit dem Ziel, "eigenständige Entdeckungen zu machen und in die Natur der Sprachen um der Sprache selbst willen einzudringen" (Grimm, 1879, 302).

Die Spracherwerbsforschung ist eine relativ junge Forschungsrichtung. Durch die Vielschichtigkeit und Komplexität der menschlichen Sprache beteiligen sich eine Vielzahl unterschiedlicher Disziplinen an diesem Forschungsgebiet. Die wichtigsten Bezugswissenschaften sind die Linguistik sowie die Psychologie. Da die menschliche Sprache in kognitive und sozial-affektive Entwicklungsprozesse des Kindes und somit jedes Menschen eingebunden ist, ist der Spracherwerb zudem von Seiten der Neurologie, der Medizin, der Pädagogik, der Biologie und vielen weiteren wissenschaftlichen Disziplinen forschungsrelevant (vgl. Klann-Delius, 2008). Als unabhängige Wissenschaft existiert die Spracherwerbsforschung seit Mitte des 20. Jahrhunderts. Konkurrierende Vorstellungen trennten die Forschung von Sprache und Denken. Auf der einen Seite verband man die kindliche Sprachentwicklung mit der geistigen Entwicklung. Diese Richtung findet sich bis heute in der Entwicklungspsychologie von Jean Piaget (1896 - 1980), der aus der Sprachentwicklung Rückschlüsse auf die geistige Entwicklung zieht. Auf der anderen Seite beschäftigte man sich ausschließlich mit der Sprachentwicklung und versuchte, die Frage zu klären, ob Sprache durch endogene Faktoren oder durch die Umwelt erworben wird. Dieser Ansatz wird bis heute in der nativistischen Spracherwerbstheorie verfolgt (vgl. Wode, 1988). Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts versuchte man diese beiden Erklärungsansätze miteinander zu verbinden, indem untersucht wurde, ob Umwelteinflüsse endogene Faktoren aktivieren. Durch die Ende der 1950er Jahre veröffentlichte Identitätshypothese von Noam Chomsky (1959) stieg das Interesse am kindlichen Spracherwerb weiter. Bis heute gibt es eine kontroverse Diskussion zwischen der Rolle endogener und exogener Faktoren (vgl. Wode, 1988).

3 Das zu untersuchende Phänomen Sprache

Da Sprache und so auch der Spracherwerb ungreifbare komplexe Aspekte umfasst, untersucht die Spracherwerbsforschung viele verschiedene Teilbereiche (vgl. Wode, 1988).

„[Die Sprache] ist ein sehr kompliziert strukturiertes geistiges Phänomen, dessen Zusammenhänge von der Sprachwissenschaft untersucht werden. Laut und Schrift, Wort, Satz und Text sind Erscheinungsweisen der Sprache, die auf vielfältige Weise aufeinander bezogen sind. (…) Die Tatsache, dass jede Sprache mehrere, voneinander nicht unabhängig existierende Strukturebenen besitzt, hat zumeist sehr umfangreiche sprachwissenschaftliche Teilforschungsgebiete entstehen lassen“ (von Schuch, 1996, 15).

Die Phonologie beschäftigt sich mit der Lautstruktur der Sprache, wie Silben aneinandergereiht werden und ihrer jeweiligen Betonung. Sie werden in der Schrift häufig durch einen Buchstaben dargestellt. Die Morphologie betrachtet das Einbetten von Lauten in Wörter und untersucht die Struktur grammatikalischer Formen. Beispielsweise das Konjugieren der Verben oder das Deklinieren von Nomen. Die Syntax analysiert die Gesetzmäßigkeiten der Satzbildung, der Satzverknüpfung und Ähnliches. In der Semantik geht es um den Informationsaspekt einer Sprache. Sie befasst sich mit dem Wortschatz eines Menschen, sowie der Wortbedeutung, also der richtigen Zuordnung von Begriffen und den jeweiligen Gegenständen. Die Semantik beschäftigt sich mit dem, was das sprachliche Verstehen eines Satzes bewirkt. Für die Deutung des konkreten Inhalts im Kontext braucht es jedoch mehr als nur das Kennen der Wortbedeutung. Dies untersucht die Pragmatik. Sie nimmt sich dem Bereich der sprachlichen Handlung und Verwendung an (vgl. von Schuch, 1996; Hoffmann, 2019).

Beim Erwerb einer Sprache eignet sich der Mensch also sowohl ein Zeichensystem an als auch die richtige Aussprache der Laute. Zudem gilt es, sich Konventionen anzueignen, welche der Gebrauch von Sprache in einem sozialen Kontext vorschreibt. Weiterhin wird im Rahmen des Spracherwerbs die Fähigkeit zur kommunikativen Kompetenz erworben. Das bedeutet, die Verwendung bestimmter Wörter und Äußerungen zum richtigen Zeitpunkt in einer passenden Situation. Er lernt zwischen einzelnen Sprachhandlungsformen zu differenzieren und sich situationsabhängig unterschiedlich auszudrücken. Zudem lernt er, situationsadäquat in kommunikativ unterschiedlichen Kontexten zu handeln. Ein weiterer Aspekt ist die sprachliche Kompetenz. Während der sprachlichen Entwicklung baut das Kind ein Regelwerk auf und aus, das es dazu befähigt, das komplizierte System der Sprachstrukturen zu verstehen. Es lernt die Aussprache der Wörter, verknüpft sie mit Bedeutung und verbindet sie grammatikalisch korrekt zu sinnvollen Äußerungen (vgl. Klann-Delius, 2008).

Der Kernbereich der Spracherwerbstheorien gründet auf den Fragen, wie Sprachen gelernt werden, welche Prozesse dabei im Gehirn ablaufen, wie der Lernende die Impulse filtert und inwieweit der Spracherwerb mit anderen Entwicklungsbereichen tatsächlich zusammenhängt. Weitere Untersuchungsgegenstände der Spracherwerbsforschung sind außerdem die Interaktion zwischen Kindern und ihrer Umwelt beim Erwerb einer Erstsprache und die kognitiv-mentalen Vorgänge beim Prozess der Sprachaneignung (vgl. Klann-Delius, 2008). Daraus ergibt sich für Spracherwerbstheorien das Ziel, die Entstehung und den Verlauf von kommunikativer und sprachlicher Kompetenz zu erforschen und zu ermitteln (vgl. Wode, 1988).

4 Hypothesen zum Spracherwerb

Die Geschichte der Linguistik lässt sich als eine Entwicklung konkurrierender theoretischer Perspektiven beschreiben, indem die Sprache aus gegensätzlichen Blickwinkeln behandelt wurde (vgl. Klann-Delius, 2008). Im Laufe der Zeit wurden unterschiedliche Hypothesen zum Spracherwerb aufgestellt, die zu erklären versuchen, wie es dem Kind gelingt, die eigene Muttersprache zu erwerben. Die Theorien untersuchen außerdem, welche Grundausstattung und Fähigkeiten das Kind bereits mitbringt, welche Prozesse im Spracherwerbsverlauf stattfinden und welche Bedeutung dem sprachlichen Input zugeschrieben werden kann (vgl. Wode, 1988).

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Theorien über die Entstehung der menschlichen Sprache
Untertitel
Spracherwerbsforschung und Erstspracherwerb
Note
1.0
Autor
Jahr
2021
Seiten
19
Katalognummer
V1152723
ISBN (eBook)
9783346543691
ISBN (Buch)
9783346543707
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Spracherwerbsforschung, Erstspracherwerb, Herkunft der Sprache, Sprache, Behaviorismus, Nativisus, Interaktionismus, Kognitivismus
Arbeit zitieren
Joanna-Joy Olbrich (Autor:in), 2021, Theorien über die Entstehung der menschlichen Sprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1152723

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