Arbeit im Wandel. Homeoffice als Zukunftsmodell?


Bachelorarbeit, 2020

63 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Ziel der Arbeit
1.2 Gang der Untersuchung

2. Begriffsbestimmungen
2.1 Formen von Homeoffice
2.1.1 Ausschließliche Telearbeit
2.1.2 Alternierende Telearbeit
2.1.3 Mobile Telearbeit

3. Verbreitung von Homeoffice
3.1 Internationaler Vergleich
3.2 Nationale Verbreitung

4. Vor- und Nachteile des Homeoffice
4.1 Vorteile für den Arbeitgeber
4.2 Nachteile für den Arbeitgeber
4.3 Vorteile für den Arbeitnehmer
4.4 Nachteile für den Arbeitnehmer

5. Rechtliche Einordnung von Homeoffice in Krisenzeiten
5.1 Einführung des Homeoffice durch den Arbeitgeber
5.1.1 Direktionsrecht des Arbeitgebers
5.1.2 Änderungskündigung
5.1.3 Kollektivvertrag
5.1.4 Widerrufsrecht des Arbeitnehmers
5.1.5 Rechtsfolgen bei Verweigerung der Homeoffice-Tätigkeit
5.2 Anspruch des Arbeitnehmers auf Homeoffice
5.3 Beendigung des Homeoffice
5.4 Leistungsverweigerung aufgrund von Kinderbetreuung und Quarantäne...
5.4.1 Notwendige Kinderbetreuung
5.4.2 Quarantäne
5.5 Arbeits- und Gesundheitsschutz.
5.6 Datenschutz
5.7 Unfallschutz
5.8 Beteiligungsrechte des Betriebsrates

6. Recht auf Homeoffice

7. Zukunftsaussichten

8. Schlussfolgerung

9. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1. Anteil an Beschäftigten in der EU, die im Homeoffice arbeiten, in Prozent

Abbildung 2. Qualifikation von Beschäftigten mit beruflich hohem Homeoffice- Zugang. Quelle: ETB 2018, Sample beinhaltet Angaben abhängig Beschäftigter. Eigene Berechnungen

Abbildung 3. Anteil der Mitarbeiter, die ganz bzw. teilweise im Homeoffice arbeiten in Prozent

Abbildung 4. Prozentualer Anteil an Beschäftigten, der vor dem Ausbruch der Corona-Krise im Homeoffice gearbeitet hat, dies aktuell tut bzw. theoretisch die Möglichkeit dazu hat

Abbildung 5. Wachstum des Anteils der Aufrufe von "Remote Jobs" auf LinkedIn,

Aus Gründen der Lesbarkeit wurde im Text die männliche Formgewählt, nichtsdestoweniger beziehen sich die Angaben auf Angehörige beider Geschlechter

1. Einleitung

Ende Dezember 2019 wurde erstmals bekannt, dass sich ein Teil der Bevölkerung in der chinesischen Millionenstadt Wuhan mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 infiziert haben. Nun ist bereits fast ein Jahr verstrichen, seit dem dieser Virus unser aller Leben bestimmt. Menschen auf der ganzen Welt mussten sich schlagartig an die neuen Gegebenheiten anpassen und sich an die Abstandsregeln halten, weshalb auch die Arbeit im Homeoffice zu einem wichtigen Mittel im Kampf gegen die Corona-Pandemie wurde.

Obwohl die Tätigkeit im Homeoffice bereits vor der Pandemie immer mehr an Bedeutung gewann und vielerorts auch die Voraussetzungen für diese Arbeitsform gegeben waren, lag Deutschland bei der Homeoffice-Nutzung noch deutlich unter dem europäischen Durchschnitt.1 Durch die rapide Verbreitung des Coronavirus Sars-CoV-2 erlebt das Homeoffice jedoch eine bislang nicht gekannte Hochkonjunktur.2 Um die Ausbreitung der Infektionen zu verlangsamen, hat die Bundesregierung Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie erlassen, die das Ziel verfolgen, abkömmliche Kontakte zu vermeiden und nach Möglichkeit zu Hause zu bleiben. Daraufhin sahen sich viele Unternehmen in der Pflicht, für einen großen Teil der Arbeitnehmer - sofern ihre Tätigkeit dafür geeignet ist - das Homeoffice einzuführen oder stark auszubauen.3 Außerdem hatten Schulen und Kindertageseinrichtungen geschlossen, wodurch erwerbstätige Eltern gezwungen waren, eine durchgängige Betreuung und Versorgung ihrer Kinder sicherzustellen und damit eine Doppelbelastung zwischen Kinderbetreuung und der Arbeit im Homeoffice hinzunehmen. Da die COVID-19-Pandemie (Coronavirus disease 2019) viele Beschäftigte ins Homeoffice geführt hat, wurden auch die Diskussionen zur Einführung eines Anspruchs auf eine Tätigkeit im Homeoffice entfacht.4

Damit befindet sich Deutschland im größten „Homeoffice-Experiment“ aller Zeiten, das eine Vielzahl von Unternehmen und Mitarbeitern vor ganz neue Herausforderungen stellt und mit spezifischen arbeitsrechtlichen Problemen konfrontiert.

1.1 Ziel der Arbeit

„Firmen dürfen ihre Mitarbeiter nicht einseitig dazu anweisen, dauerhaft von zu Hause aus zu arbeiten“, sagt Sebastian Schröder, Fachanwalt für Arbeitsrecht.5 Artikel 13 des Grundrechts gewährleistet das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung und die daraus resultierende fehlende Verfügungsbefugnis des Arbeitgebers über die Wohnung des Arbeitnehmers. Trotz dessen wurden viele Arbeitnehmer während der Corona-Krise und innerhalb kürzester Zeit in das Homeoffice versetzt. Unberücksichtigt blieb, ob die Mitarbeiter überhaupt aus dem Eigenheim ihren Tätigkeiten nachgehen würden.6

Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit folgender Fragestellung: „Welche arbeitsrechtlichen Aspekte sind bei einer Tätigkeit im Homeoffice in der gegenwärtigen Krisensituation zu berücksichtigen?“ Ziel dieser Arbeit es ist, mögliche Problempunkte und Fragestellungen zu untersuchen, die sich im Zusammenhang mit der Einführung, Durchführung sowie Beendigung einer Homeoffice-Tätigkeit in der gegenwärtigen Krise, unter Berücksichtigung der geltenden arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen, ergeben könnten. Die Untersuchung der spezifischen arbeitsrechtlichen Probleme soll vor allem dazu dienen, Haftungsrisiken und sonstigen Nachteile bei einer Homeoffice-Tätigkeit zu identifizieren und gegebenenfalls auf die vorhandenen Gesetzeslücken aufmerksam zu machen. Überdies soll der aktuelle Stand der politischen Debatte in Bezug auf den möglichen Rechtsanspruch der Arbeitnehmer über die Tätigkeit aus dem Homeoffice verdeutlich werden. Zur Beantwortung dieser Fragestellungen wurde eine Literaturrecherche betrieben.

1.2 Gang der Untersuchung

Die vorliegende Bachelorarbeit ist in acht Kapitel untergliedert. Im einleitenden ersten Kapitel wird der Leser in die Thematik eingeführt. Zudem wird die Problemstellung einschließlich der Zielsetzung beschrieben und daraus die zentrale Forschungsfrage abgeleitet.

In dem nach der Einleitung folgenden Kapitel werden die im Zusammenhang mit dieser Arbeit relevanten Begrifflichkeiten erläutert und voneinander abgegrenzt, da es sich bei Homeoffice bzw. Telearbeit nicht um eine einheitliche Arbeitsform handelt.

Im dritten Kapitel wird sowohl auf die gegenwärtige Verbreitung der Arbeit von zu Hause eingegangen als auch auf die Zeit vor der Krise. Dabei wird die nationale sowie die internationale Verbreitung von Arbeitstätigkeiten im Homeoffice beleuchtet.

Das nachfolgende Kapitel zeigt die Vor- und Nachteile einer Arbeit im Homeoffice aus Sicht der Arbeitnehmer.

Der Schwerpunkt dieser Arbeit wird im fünften Kapitel beleuchtet, da die gegenwärtige Krisensituation zahlreiche arbeitsrechtliche Fragen rund um das Arbeiten im Homeoffice aufwirft. Zunächst wird genauer auf die Einführung des Homeoffice durch den Arbeitgeber eingegangen und geprüft, ob der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die Tätigkeit im Homeoffice hat. Nachfolgend wird untersucht, ob der Arbeitgeber mittels Ausübung des Weisungsrechtes das Homeoffice beenden kann. Des Weiteren wird analysiert, ob dem Arbeitnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht aus § 275 Abs. 3 BGB gegenüber dem Arbeitnehmer im Falle zwingend notwendiger Kinderbetreuung oder Quarantäne zusteht. Anschließend wird auf den Arbeits- und Gesundheitsschutz, Datenschutz sowie Unfallschutz während der Pandemie eingegangen. Am Schluss des Kapitels wird die Mitbestimmung des Betriebsrates in einer Krisensituation erläutert. Hierauf folgend beschäftigt sich Kapitel 6 mit der aktuellen politischen Debatte um ein Recht auf die Tätigkeit im Homeoffice.

Ergänzend zum Status quo soll in einem abschließenden siebten Kapitel die Frage diskutiert werden, in welcher Form sich das Homeoffice nach der Pandemie realisieren wird. Die Arbeit wird mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse und einer Schlussbetrachtung vollendet.

2. Begriffsbestimmungen

Zur Einfindung in das Thema ist es zunächst von Bedeutung, wichtige Begrifflichkeiten zu beleuchten. Der Begriff „Homeoffice“ wird in der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Forschung unterschiedlich definiert, da es sich vielmehr um einen umgangssprachlichen Begriff handelt.7 Im Allgemeinen handelt es sich beim Homeoffice um eine Arbeit, die nicht in den Geschäftsräumen des Arbeitgebers ausgeführt wird, sondern bei dem Arbeitnehmer.8 Dieser verfestigte Arbeitsplatz ist mit dem Unternehmen durch elektronische Informations- und Kommunikationstechnologien verbunden.9 Der Gesetzgeber hingegen definiert den Begriff „Telearbeit“ statt Homeoffice. Nach § 2 VIII 2 ArbStättV sind Telearbeitsplätze fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Arbeitnehmer, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat.

2.1 Formen von Homeoffice

Es gibt unterschiedliche Arten, die Telearbeit zu organisieren. Meist wird zwischen ausschließlicher, alternierender und mobiler Telearbeit differenziert.10

2.1.1 Ausschließliche Telearbeit

Die ausschließliche Telearbeit - auch Teleheimarbeit genannt - ist die traditionelle Form der Telearbeit. Diese Form der Telearbeit zeichnet sich dadurch aus, dass der Mitarbeiter seine Arbeit ausschließlich von Zuhause aus verrichtet.11 Dort hat der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz mit einem internetverbundenen Computer, mit dem eine dauerhafte Verbindung zum Firmennetzwerk hergestellt wird.12 Diese Form von Telearbeit hat keine erhebliche Verbreitung gefunden, da hierbei dem Arbeitnehmer kein Arbeitsplatz im Betrieb zur Verfügung steht und sich nur wenige Tätigkeiten für diese Form der Telearbeit grundsätzlich eignen.13

2.1.2 Alternierende Telearbeit

Bei dieser vorherrschenden Form von Telearbeit steht dem Mitarbeiter sowohl ein Arbeitsplatz im Betrieb als auch in der eigenen Wohnung zu, wobei die Arbeitsleistung abwechselnd an einem externen Telearbeitsplatz zu Hause und im Unternehmen erbracht wird.14 Diese Form der Telearbeit verbindet die Vorteile des persönlichen Kontakts zu Kollegen mit den Vorzügen der Arbeit zu Hause.15 Sowohl bei der ausschließlichen Telearbeit als auch bei der alternierenden Telearbeit spricht man nach der allgemeinen Sprachverwendung vom sog. Homeoffice, da der Arbeitnehmer in beiden Fällen, zumindest zeitweise, seine Arbeit von zu Hause verrichtet.16

2.1.3 Mobile Telearbeit

Diese Arbeitsform wird unter anderem auch als Mobile Office bezeichnet.17 Im Gegensatz zu der Teleheimarbeit und der alternierenden Telearbeit zeichnet sich die mobile Telearbeit dadurch aus, dass sie weder an das Büro noch an einen fest installierten Arbeitsplatz zu Hause gebunden ist.18 Der Mitarbeiter erledigt seine Arbeit zwar außerhalb des Unternehmens, aber nicht an einem festen Arbeitsplatz, sondern von anderen beliebigen Orten aus.19

3. Verbreitung von Homeoffice

Im Kampf um Talente ist die Bereitstellung zeitgemäßer Technologien im Unternehmen zu einem wichtigen Faktor geworden.20 Dank der Digitalisierung können immer mehr berufliche Tätigkeiten ortsunabhängig verrichtet werden, wodurch der Anteil der Unternehmen, die Mitarbeitern die Tätigkeit im Homeoffice anbieten, seit Jahren konstant steigt.

Allerdings standen trotzdem viele Arbeitgeber und auch etliche Beschäftigte dem Homeoffice skeptisch gegenüber.21 Eine Befragung des Digitalverbands Bitkom im Jahr 2019 hat gezeigt, dass 41 % der Festangestellten bereits von zu Hause aus ihrer Tätigkeit nachgehen durften. - Jedoch lehnen dieses Angebot die meisten dankend ab. Denn während Arbeitgeber befürchten, die Leistung der Angestellten nicht überprüfen zu können, wünschen sich die Arbeitnehmer den sozialen Kontakt zu den Kollegen.22

Der Ausbruch der COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen Kontaktbeschränkungen zwangen jedoch Millionen Arbeitnehmer weltweit ins Homeoffice.23 Zur Minimierung des Infektionsrisikos mussten ganze Arbeitsfelder in die virtuelle Welt verlagert werden. Als einen positiven Nebeneffekt brachten diese Veränderungen einen enormen Schub für den digitalen Wandel und für die flächendeckende Verbreitung von Homeoffice- Tätigkeiten.24

3.1 Internationaler Vergleich

Wie bereits geschildert, müssen bedingt der Pandemie weltweit mehr Menschen als je zuvor aus dem Eigenheim ihren Tätigkeiten nachgehen. Die knapp 5000 Angestellten bei Twitter dürfen auch nach der Krise weiterhin im Homeoffice bleiben. Und auch der Konzern Siemens will für mehr als die Hälfte der Angestellten das Homeoffice zum Standard machen.25 Vor der Pandemie war das anders, wie der Blick auf das Diagramm (Abbildung 1) zeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1. Anteil an Beschäftigten in der EU, die im Homeoffice arbeiten, in Prozent. Quelle: Eurostat

Abbildung 1 zeigt die prozentuale Verteilung der Beschäftigten im Alter zwischen 15 und 64 Jahren, die von zu Hause aus arbeiten. Die Daten stammen von dem Europäischen Statistikamt Eurostat und beziehen sich auf das Jahr 2018. Angeführt wird die Liste von den Niederlanden mit 14 Prozent, während der Anteil der Beschäftigten in Deutschland, die ihre Büroarbeit zu Hause erledigen, bei 5 Prozent liegt. Am niedrigsten nutzen Bulgarien mit 0,4 Prozent und Rumänien mit 0,3 Prozent das Heimbüro. Deutlich sichtbar ist, dass die skandinavischen Länder sowie die Benelux-Staaten offener mit dem Thema Homeoffice umgehen.

Als mögliche Erklärung für die ungleiche prozentuale Verteilung der Beschäftigten im Homeoffice sind die Unterschiede in der Berufsstruktur und die persönlichen Einstellungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu erwähnen. Auch das Fehlen einer entsprechenden IT-Infrastruktur kann das Potenzial für das Arbeiten von zu Hause aus mindern. Zudem ist die Bevölkerungsdichte in den skandinavischen Ländern wesentlich niedriger als beispielsweise in Deutschland, weshalb sich keine großen Ballungszentren bilden können.26 Dadurch sind Beschäftigte gezwungen, einen größeren Aufwand zu betreiben, um zu ihrem Arbeitsplatz zu gelangen. Dementsprechend ist das Interesse hoch, die Arbeit von zu Hause aus zu erledigen. Nicht zuletzt ist zu erwähnen, dass Beschäftigte in den Niederlanden seit dem Jahr 2015 einen gesetzlichen Anspruch der Ausführung ihrer Arbeitstätigkeit im Homeoffice haben. Dies könnte den hohen prozentualen Anteil der Beschäftigten im Homeoffice erklären.

3.2 Nationale Verbreitung

Seit dem Ausbruch des Corona-Virus arbeiten in Deutschland immer mehr Personen im Homeoffice. Wo Homeoffice vielerorts nur in Ausnahmefällen üblich war, gehörte es von einem Tag auf den anderen zum Alltag für Millionen von Menschen.27 Das Ergebnis einer repräsentativen Befragung von Bitkom Research, die vom 11. Bis 15. März 2020 durchgeführt wurde, hat ergeben, dass jeder Zweite berufstätige Befragte ganz oder zumindest teilweise im Homeoffice arbeitet.28 Als Folge ist eine Verschiebung der Qualifikationsstruktur von Personen zu erwarten, da bislang vor allem Beschäftigte mit höherwertigen Tätigkeiten von der Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice Gebrauch machen konnten.[29]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2. Qualifikation von Beschäftigten mit beruflich hohem Homeoffice-Zugang. Quelle: ETB 2018, Sample beinhaltet Angaben abhängig Beschäftigter. Eigene Berechnungen.

Abbildung 2 gibt Auskunft über die Qualifikationen von Beschäftigten mit beruflichem Homeoffice-Zugang. Die Daten stammen von der Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung und beziehen sich auf das Jahr 2018. Aus dem Diagramm geht hervor, dass 45 Prozent der Berufstätigen über eine duale bzw. schulische Ausbildung verfügen. Während nur 9 Prozent eine Fortbildung abgeschlossen haben. Von der Gruppe der Beschäftigten mit akademischen Abschlüssen haben 14 Prozent mit einem Bachelor und 25 Prozent mit einem Masterabschluss ihr Studium abgeschlossen. Dadurch wird deutlich, dass nicht nur Berufstätige mit einem akademischen Abschluss die Möglichkeit von zu Hause aus zu arbeiten nutzen können. Auch eine schulische Ausbildung kann durchaus zu Berufen führen, welche von zu Hause aus ausgeführt werden können. Bei dem Anteil der Arbeitnehmer, die vor dem Ausbruch der Pandemie von Zuhause arbeiteten, liegt Deutschland im Jahr 2019 mit 5 Prozent leicht unter dem EU-Durchschnitt. Auch in den Vorjahren war dieser Wert weitgehend stabil.29 30 Dies basiert unter anderem darauf, dass in deutschen Unternehmen noch immer eine starke Anwesenheitskultur herrscht. In einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), welche im Jahr 2019 durchgeführt wurde, gaben zwei Drittel der Beschäftigten an, dass ihren Führungskräften ihre Präsenz in der Arbeitsstätte so wichtig sei, dass sie nie von zu Hause aus arbeiteten. Zudem gaben 6 Prozent an, dass sie zwar von zu Hause aus arbeiten dürften, ihre Vorgesetzten jedoch überzeugt davon seien, zu Hause werde weniger geleistet.31 In Deutschland wird das Homeoffice grundsätzlich als Ergänzung zu den Präsenzzeiten im Büro des Arbeitgebers angeboten und nur wenige Arbeitnehmer nehmen diese Möglichkeit in Anspruch. Trotz dessen hat sich der deutliche Trend zur Nutzung des Homeoffice bereits vor dem Ausbruch der Pandemie gezeigt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3. Anteil der Mitarbeiter, die ganz bzw. teilweise im Homeoffice arbeiten in Prozent.

Abbildung 3 gibt Auskunft über das Ergebnis einer Umfrage zur Nutzung des Homeoffice in deutschen Unternehmen. Die Angaben des Balkendiagramms beziehen sich auf die Jahre 2014, 2016 und 2018. Die Daten stammen aus einer repräsentativen Befragung von 855 Geschäftsführern und Personalverantwortlichen von Unternehmen im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. Die Ergebnisse der Umfrage lassen eine deutliche Tendenz erkennen: Das ortsunabhängige Arbeiten setzt sich in immer mehr Unternehmen durch.

Während im Jahr 2014 rund 22 Prozent der deutschen Unternehmen die Arbeit im Homeoffice ermöglicht haben, waren es im Jahr 2018 bereits 39 Prozent. Die aktuelle Situation dürfte diese Tendenz rapide nach oben steigen lassen. Fakt ist, dass viele Arbeitnehmer, die momentan im Homeoffice tätig sind, früher oder später wieder zurück zu ihrem Büroarbeitsplatz zurückkehren werden. Jedoch haben viele Unternehmen in der Krise gute Erfahrungen mit der Arbeit von zu Hause gemacht, wodurch der Homeoffice Anteil nicht auf das Vorkrisenniveau fallen sollte.

4. Vor- und Nachteile des Homeoffice

Homeoffice ist ein Instrument moderner Personalpolitik, das die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit der Beschäftigten durchlässiger werden lässt.32 Dadurch erhöht sich die Flexibilität, die sowohl berufliche als auch private Vor- und Nachteile mit sich bringt, welche in diesem Kapitel vorgestellt werden.

4.1 Vorteile für den Arbeitgeber

Mit dem Angebot des Homeoffice schafft der Arbeitgeber einen Einklang zwischen Arbeit und Privatleben, wodurch sich die Arbeitgeberattraktivität zunimmt.33 Zudem verfestigt sich die Bindung qualifizierter Mitarbeiter an das Unternehmen, da die Möglichkeit im Homeoffice zu arbeiten die Zufriedenheit der Beschäftigten erhöht.34 Außerdem geht mit der Einrichtung eines Heimarbeitsplatzes eine Senkung der Kosten für die Büroausstattung, aufgrund von geteilten Arbeitsplätzen in der zentralen Arbeitsstätte, einher.35 Des Weiteren kann die Möglichkeit des Homeoffice dazu führen, dass die Beschäftigten auch beispielsweise während eines Erziehungsurlaubs oder bei einem Umzug ihrer Arbeit nachgehen können, wodurch dem Unternehmen Mitarbeiter erhalten bleiben, die ohne Telearbeit das Arbeitsverhältnis hätten beenden müssen.36 Ferner wirkt sich die Arbeit im Homeoffice positiv auf die Fehlzeitenquote aus, da die Beschäftigten ihre Ressourcen passgenau einteilen können. Dementsprechend arbeiten Beschäftigte in einem Krankheitsfall oder bei kleineren Unpässlichkeiten der Kinder weniger und holen die verlorene Arbeitszeit später nach.37 Dadurch steigert sich das Image eines familienfreundlichen Unternehmens.

Darüber hinaus zeichnen sich Mitarbeitende im Homeoffice durch eine höhere Effizienz bzw. Produktivität aus. 91 Prozent der Befragten, die von zu Hause aus tätig sind, schätzen sich im Homeoffice produktiver ein als im Büro.38 Wissenschaftler der Stanford-Universität fanden anhand einer zweijährigen Studie heraus, dass die Gründe dafür auf einer Reduzierung von Krankheitstagen, Urlaubstagen und kürzeren Pausen sowie auf einem ruhigeren Arbeitsumfeld beruhen.39 Diese Aspekte wirken sich positiv auf das Unternehmen aus, da sie die Wettbewerbsfähigkeiten steigern. Den zahlreichen Vorteilen stehen allerdings auch Nachteile gegenüber.

4.2 Nachteile für den Arbeitgeber

Da Telearbeit die ununterbrochene Präsenz der Mitarbeiter am betrieblichen Arbeitsplatz ausschließt, nehmen viele Führungskräfte an, dass sie die Kontrolle über die Mitarbeiter verlieren.40 Die Arbeitnehmer gewinnen durch die Arbeit von zu Hause an Handlungsspielraum, da die Überwachung von Leistung sowie Zeiterfassung nur schwer möglich ist.41 Das heißt, dass der Arbeitgeber Maßnahmen finden muss, um die Sicherung der Arbeitsleistung zu gewährleisten. Dabei kommt die Vereinbarung von Arbeitsergebnissen oder eine schriftliche Dokumentation des Geleisteten in Form eines wöchentlichen Reports, anstatt der klassischen Anwesenheitskontrolle, in Betracht. Aufgrund der räumlichen Distanz ist es deshalb unverzichtbar, nicht nur die Aufgaben klar zu regeln, sondern auch eine vertrauensvolle Beziehung zu den Mitarbeitern aufzubauen.

[...]


1 Alipour/Falck/Schüller, 2020, S. 30.

2 Krieger/Rudnik/Povedano Peramato, NZA 2020, 473.

3 Herrmann/Frey Cordes, 2020, S. 4.

4 Vgl. Interview vom 30.4.2020 mit Hubertus Heil.

5 Scheppe/Steinharter, 25.09.2020.

6 Pohlmann, 16.06.2020.

7 Vgl. Althoff/Bauer/Bell/Kaufmann, vom 15.07.2020

8 Kortstock in Creifelds, Rechtswörterbuch, Homeoffice.

9 Beck, Home-Office, S. 15.

10 Müller, § 1 Rn. 2.

11 Müller, § 1 Rn. 2.

12 Stowasser/Altun/Hartmann/Hille, S. 10.

13 Wank, NZA 1999, Rn. 230.

14 Müller, § 1 Rn. 2; Stowasser/Altun/Hartmann/Hille, S. 10. Wank, NZA 1999, Rn. 230.

15 Wank, NZA 1999, Rn. 230.

16 Röller in Küttner, Personalbuch, Homeoffice, Rn. 1; Müller, § 1 Rn. 2.

17 Oberthür, NZA 2013, Rn. 246.

18 Keilich/Brummer, SPA 2020, 126.

19 Oberthür, NZA 2013, Rn. 246; Müller, § 1 Rn. 2.

20 Landes/Steiner/Wittmann/Utz, S. 7.

21 Dernbach, 17.03.2020.

22 Pauly/Markert, 30.12.2019

23 Randstad-ifo-Personalleiterbefragung, 03.08.2020

24 De Santis, 06.04.2020.

25 Maeder, Google-Büros dürfen leer bleiben, 28.07.2020.

26 Heike, vom 25.10.2020.

27 Schuler, vom 03.04.2020.

28 Pauly/Markert, vom 18.03.2019.

29 Mergener, vom April 2020.

30 Börsch/Rosenbach, vom 23.07.2020.

31 Grunau/Ruf/Steffes/Wolter, IAB-Kurzbericht von 2019, S. 7.

32 Grunau/Ruf/Steffes/Wolter, IAB-Kurzbericht von 2019, S. 7 f.

33 Landes/Steiner/Wittmann/Utz, S.43.

34 Müller, § 1 Rn. 6;

35 Diese Organisationsform wird „Shared Desk“ genannt.

36 Müller, § 1 Rn. 6.

37 AOK Fehlzeiten-Report, vom 2019

38 Landes/Steiner/Wittmann/Utz, S. 12.

39 Artikel "Does working from home work? Evidence from a Chinese experiment” S. 169.

40 Landes/Steiner/Wittmann/Utz, S.43.

41 Müller, § 1 Rn. 7.

Ende der Leseprobe aus 63 Seiten

Details

Titel
Arbeit im Wandel. Homeoffice als Zukunftsmodell?
Autor
Jahr
2020
Seiten
63
Katalognummer
V1153061
ISBN (eBook)
9783346545541
ISBN (Buch)
9783346545558
Sprache
Deutsch
Schlagworte
arbeit, wandel, homeoffice, zukunftsmodell
Arbeit zitieren
Elena Khripunova (Autor:in), 2020, Arbeit im Wandel. Homeoffice als Zukunftsmodell?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1153061

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